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VfGH vom 11.10.2006, B389/05

VfGH vom 11.10.2006, B389/05

Sammlungsnummer

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Spruch

Die Beschwerdeführer sind durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes sowie einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundesministerin für Justiz) ist schuldig, den Beschwerdeführern zuhanden ihrer Rechtsvertreter, und zwar dem IVA-Interessenverband für Anleger sowie Mag. Dr. Wilhelm Rasinger die mit insgesamt € 2.556,-- bestimmten Prozesskosten und der BU Industrieholding GmbH die mit € 2.340,-- bestimmten Prozesskosten, binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1. Mit Bescheid vom stellte die Übernahmekommission fest, dass die BU Industrieholding GmbH im Firmenbuch unter FN 193960 k eingetragen, mit Sitz in Wien (im Folgenden: BUI), eine kontrollierende Beteiligung iSd Übernahmegesetzes an der Böhler Uddeholm AG, im Firmenbuch unter FN 78368 t eingetragen, mit Sitz in Wien (im Folgenden: BUD), erlangt und es pflichtwidrig unterlassen hat, eine Mitteilung über den Sachverhalt an die Übernahmekommission zu erstatten, weshalb ihr Stimmrecht aus den Aktien der BUD gemäß § 34 Abs 1 Z 2 Übernahmegesetz spätestens seit ruhe; ferner hob die Übernahmekommission diese von Gesetzes wegen eingetretene Sanktion des Ruhens der Stimmrechte gemäß § 34 Abs 6 leg. cit. unter näher bestimmten Bedingungen auf und wies u.a. den Antrag der BUI auf Feststellung der mangelnden Parteistellung von Hon. Prof. Mag. Dr. Wilhelm Rasinger (im Folgenden: Dr. Rasinger) und des IVA Interessenverbandes für Anleger (im Folgenden: IVA) unter Auferlegung betragsmäßig bestimmter Verfahrenskosten ab.

2. Gegen diesen Bescheid richten sich die auf Art 144 B-VG gestützten Beschwerden des IVA (zu B389/05 protokolliert), des Dr. Rasinger (zu B390/05 protokolliert) und der BUI (zu B393/05 protokolliert) an den Verfassungsgerichtshof, in denen jeweils die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte sowie die Verletzung in ihren Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes geltend gemacht wird.

3. Aus Anlass dieser Beschwerden sind beim Verfassungsgerichtshof Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des § 22 Abs 1, 2, 5 und 6, des § 25 Abs 1 und 2, des § 34 Abs 1, 2 und 6 des Übernahmegesetzes, BGBl. I Nr. 127/1998 (im Folgenden: ÜbG), sowie ob der Gesetzmäßigkeit des § 3 Abs 1 und des § 6 der Verordnung der Übernahmekommission vom zum Übernahmegesetz (1. Übernahmeverordnung - 1. ÜbV; im Folgenden: 1. ÜbV), entstanden.

Zur Prüfung der Verfassungs- und Gesetzmäßigkeit dieser Bestimmungen hat der Verfassungsgerichtshof daher mit Beschluss vom ein Gesetzes- und Verordnungsprüfungsverfahren eingeleitet.

2. Mit Erkenntnis vom stellte der Verfassungsgerichtshof fest, dass § 22 Abs 1, 2, 5 und 6 sowie § 25 Abs 1 und 2 des Übernahmegesetzes, BGBl. I Nr. 127/1998, verfassungswidrig waren. Ferner hob er die Wortfolge "oder 2. seiner Verpflichtung zur Stellung eines Angebots (§§22 bis 25) oder zur Mitteilung (§25 Abs 1) nach dem 3. Teil dieses Bundesgesetzes nicht entsprochen" als verfassungswidrig auf. Auch stellte er fest, dass die

1. Übernahmeverordnung, kundgemacht im Veröffentlichungsblatt der Wiener Börse AG vom , Veröffentlichung Nr. 115, gesetzwidrig war.

3. Die belangte Behörde hat ein verfassungswidriges Gesetz bzw. eine gesetzwidrige Verordnung angewendet. Es ist nach Lage des Falles nicht ausgeschlossen, dass ihre Anwendung für die Rechtsstellung die beschwerdeführenden Parteien nachteilig war.

Die beschwerdeführenden Parteien wurden also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung rechtswidriger Normen in ihren Rechten verletzt (z.B. VfSlg. 10.303/1984, 10.515/1985).

Der Bescheid war daher aufzuheben.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 88 VfGG. Da es für die Beschwerdeführer zu B389/05 und B390/05 möglich und zumutbar gewesen wäre, eine gemeinsame Beschwerde einzubringen, war lediglich ein Beschwerdeschriftsatz mit einem Pauschalsatz (zuzüglich des Streitgenossenzuschlages gemäß § 15 RATG) zu honorieren (vgl. das hg. Erk. vom , B953/03 und B954/03). In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 360,-- (B393/05) und € 396,-- (B389/05 und B390/05) sowie jeweils eine Eingabegebühr gemäß § 17a VfGG in der Höhe von je € 180,-- enthalten.