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OGH vom 13.11.2001, 10ObS253/01f

OGH vom 13.11.2001, 10ObS253/01f

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Waltraud Bauer und Dr. Peter Wolf (beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Alois M*****, im Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wider die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der Bauern, Ghegastraße 1, 1031 Wien, vertreten durch Dr. Christian Preschitz und Dr. Michael Stögerer, wegen Erwerbsunfähigkeitspension/vorzeitiger Alterspension wegen Erwerbsunfähigkeit, über den Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Rs 253/00f-27, womit infolge der als Rekurs behandelten Berufung der klagenden Partei der im Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 30 Cgs 260/98d-23, enthaltene Beschluss abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass die erstgerichliche Abweisung der beantragten Klageänderung (Punkt 1. des Urteilsspruches) mit der Maßgabe wiederhergestellt wird, dass darüber folgender "Beschluss" gefasst wird:

"Die Änderung des Klagebegehrens auf Gewährung einer vorzeitigen Alterspension wegen Erwerbsunfähigkeit wird nicht zugelassen."

Text

Begründung:

Der am geborene Kläger stellte am bei der beklagten Partei den Antrag auf Gewährung einer Erwerbsunfähigkeitspension.

Mit Bescheid der beklagten Partei vom wurde dieser Antrag mit der Begründung abgelehnt, dass die Erwerbsunfähigkeit nicht gegeben sei. Gleichzeitig wurde dem Kläger mitgeteilt, dass die medizinischen Voraussetzungen für eine vorzeitige Alterspension wegen Erwerbsunfähigkeit nach der derzeitigen Rechtslage gegeben seien; ob er die übrigen Voraussetzungen für eine vorzeitige Alterspension wegen Erwerbsunfähigkeit erfülle, könne erst nach Vollendung des 57. Lebensjahres und nach einer neuerlichen Antragstellung, die auch kurz davor möglich sei, festgestellt werden.

Mit der gegen diesen Bescheid erhobenen Klage begehrte der Kläger zunächst die Gewährung der Erwerbsunfähigkeitspension ab und brachte vor, er sei aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes nicht mehr erwerbsfähig.

Nach Einholung der medizinischen und berufskundlichen Gutachten vereinbarten die Parteien in der Verhandlung vom (ON 15) "im Hinblick auf das beim EuGH anhängige Verfahren" Ruhen des Verfahrens.

Dabei bezogen sie sich offenbar auf das Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) Rs C 104/98, Buchner. In diesem Verfahren sprach der EuGH schließlich mit Urteil vom - unter anderem veröffentlicht in DRdA 2000, 499 ff [Panhölzl] und WBl 2000, 313 - aus, dass das unterschiedliche Pensionsalter für Männer und Frauen von 57 bzw 55 Jahren für die vorzeitige Alterspension wegen Erwerbsunfähigkeit (§ 122c BSVG in der Fassung des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl 1996/201) gegen Art 7 der RL 79/7/EWG des Rates vom zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit (im folgenden kurz: RL) verstoße, und dass er keinen Anlass sehe, die Wirkungen seiner Entscheidungen zeitlich zu begrenzen, weshalb sein Erkenntnis sofort wirksam war, auch alle gleichartigen Tatbestände im ASVG und GSVG umfasste und dazu führte, dass aufgrund des Anwendungsvorranges des Gemeinschaftsrechtes die durch das Strukturanpassungsgesetz 1996 mit Wirksamkeit vom im Bereich der vorzeitigen Alterspensionen wegen Erwerbsunfähigkeit [§ 122c BSVG] eingeführte Erhöhung des Anfallsalters für Männer von bisher 55 auf 57 Jahre unbeachtlich war, womit auch Männer diese Pensionsart bis zum Wirksamwerden einer mit dem Gemeinschaftsrecht übereinstimmenden neuen Regelung bereits nach Vollendung des 55. Lebensjahres in Anspruch nehmen konnten (10 ObS 200/00k ua; 10 ObS 150/01h mwN).

Daraufhin begehrte der Kläger mit Schriftsatz vom (ON 21) nunmehr die Gewährung einer vorzeitigen Alterspension wegen Erwerbsunfähigkeit ab und brachte dazu vor, durch das habe sich nachträglich herausgestellt, dass zum Zeitpunkt der Antragstellung () die Anspruchsvoraussetzungen für eine vorzeitige Alterspension wegen Erwerbsunfähigkeit erfüllt gewesen seien. Da zu diesem Zeitpunkt aufgrund der gesetzlichen Regelung (Anfallsalter [für Männer] 57. Lebensjahr) nur der Antrag auf Erwerbsunfähigkeitspension möglich gewesen sei, handle es sich nicht um ein aliud, wenn nunmehr aufgrund des EuGH-Urteiles die vorzeitige Alterspension wegen Erwerbsunfähigkeit zuerkannt werde. Die Änderung der Rechtslage im Nachhinein durch eine höchstgerichtliche Entscheidung müsse anders beurteilt werden, als wenn nach dem Stichtag die Anspruchsvoraussetzungen (Alter) einer anderen Pension erreicht würden. Sonst komme man zu dem unbilligen Ergebnis, dass jemand, der ausdrücklich entgegen der Rechtslage vor dem EuGH-Urteil den Antrag auf die vorzeitige Alterspension wegen Erwerbsunfähigkeit gestellt habe, bei gleichen Anspruchsvoraussetzungen die Pension erhalte, während bei ursprünglich richtiger Antragstellung auf Erwerbsunfähigkeitspension eine Ablehnung erfolge. Eine solche "juristische Spitzfindigkeit" sei den Versicherten nicht zumutbar. Außerdem hänge die konkrete Antragstellung erfahrungsgemäß häufig von der Beratung ab, da den Versicherten die Unterschiede der einzelnen Pensionen nicht bekannt seien.

Die beklagte Partei beantragte Klagsabweisung und führte zur Klageänderung aus, dass die Zuerkennung einer vorzeitigen Alterspension wegen Erwerbsunfähigkeit mangels Antrages nicht möglich sei. Die beklagte Partei habe bisher keine Gelegenheit gehabt, über einen derartigen Antrag zu entscheiden (ON 22).

Mit Urteil vom , 30 Cgs 260/98d-23, wies das Erstgericht sowohl die "Änderung des Klagebegehrens" auf Gewährung einer vorzeitigen Alterspension wegen Erwerbsunfähigkeit (ab ) als auch das Klagebegehren, dem Kläger ab die Erwerbsunfähigkeitspension in der gesetzlichen Höhe zu gewähren, ab (Punkt 1. und 2. des Urteilsspruches). Die Einbeziehung eines neuen, bisher nicht verfahrensgegenständlichen Versicherungsfalles sei (nach ständiger Rechtsprechung) unzulässig. Außerdem liege keine Zustimmung der beklagten Partei zur Klageänderung vor. Die Voraussetzungen der Erwerbsunfähigkeit gemäß § 124 BSVG seien nicht erfüllt.

Das Berufungsgericht gab der dagegen erhobenen Berufung des Klägers, die als Rekurs behandelt wurde, weil sie sich inhaltlich ausschließlich gegen die Abweisung der Zulassung der Klageänderung richte, Folge. Es änderte den "angefochtenen Beschluss" dahin ab, dass die Änderung des Klagebegehrens auf Gewährung einer Erwerbsunfähigkeitspension in ein solches auf Gewährung einer vorzeitigen Alterspension wegen Erwerbsunfähigkeit ab "" (richtig: ) zugelassen wurde. Dem Erstgericht wurde die Fortsetzung der Verhandlung und neuerliche Entscheidung über das geänderte Klagebegehren aufgetragen und ausgesprochen, dass der Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Der Oberste Gerichtshof vertrete zwar in ständiger Rechtsprechung die Ansicht, dass es sich bei der Erwerbsunfähigkeitspension (Invaliditätspension, Berufsunfähigkeitspension) einerseits und der vorzeitigen Alterspension gemäß § 122c BSVG (§ 131c GSVG,§ 253d ASVG) andererseits um zwei unterschiedliche Versicherungsfälle handle, die nicht ausgetauscht werden könnten, weil letztere - im Unterschied zum Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit - zu den Versicherungsfällen des Alters nach § 222 Abs 1 Z 1 ASVG zähle, und der Rechtsweg für ein Begehren auf vorzeitige Alterspension wegen Erwerbsunfähigkeit daher nicht offenstehe, wenn der Versicherungsträger nur über den Anspruch auf eine Erwerbsunfähigkeitspension entschieden habe. Im Urteil vom Rs C 104/98 habe der EuGH jedoch in der vorzeitigen Alterspension wegen Erwerbsunfähigkeit einen Versicherungsfall der Invalidität gesehen und ausgesprochen, dass eine derartige Leistung keine Altersrente iSd als Ausnahmebestimmung nach ständiger Rechtsprechung (angesichts der wesentlichen Bedeutung der Grundsätze der Gleichbehandlung) eng auszulegenden Bestimmung des Art 7 Abs 1 lit a der RL sei.

Wenn es sich bei der vorzeitigen Alterspension aber nicht um eine Alterspension, sondern eine Invaliditätsleistung handle, dann liege in einer Änderung des Begehrens von Erwerbsunfähigkeitspension auf vorzeitige Alterspension wegen Erwerbsunfähigkeit nur eine qualitative Änderung aufgrund desselben Versicherungsfalles, der den Gegenstand des verwaltungsbehördlichen und des gerichtlichen Verfahrens bilde, und über den der Versicherungsträger mit Bescheid erkannt habe. Damit sei auch die sukzessive Kompetenz des Gerichtes zur Entscheidung über das geänderte Begehren gegeben.

Klageänderungen durch die die Zuständigkeit des Prozessgerichtes nicht überschritten werden, seien - ungeachtet der Einwendungen des Gegners - tunlichst zuzulassen, wobei es ausschließlich darauf ankomme, ob sie ein geeignetes Mittel darstellten, den konkreten Streit zu beenden. Da der Kläger eine Erwerbsunfähigkeitspension anstrebe, also wegen seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen eine Pension von der Beklagten begehre, sei die Klageänderung auf vorzeitige Alterspension wegen Erwerbsunfähigkeit zuzulassen und dem Erstgericht die Entscheidung über das geänderte Begehren aufzutragen.

Infolge Abweichens des Berufungsgerichtes von der bisherigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Klageänderung von Erwerbsunfähigkeitspension auf die Alterspension nach § 122c BSVG sei der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zuzulassen.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Abänderungsantrag, die erstgerichtliche Entscheidung wiederherzustellen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.

Zu Recht weist die beklagte Partei darauf hin, dass die auf die Begründung des , Buchner, gestützte Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, wonach es sich bei der vorzeitigen Alterspension wegen Erwerbsunfähigkeit nicht um eine Leistung aus dem Versicherungsfall des Alters sondern um eine Invaliditätsleistung handle, nach der bisherigen und auch weiterhin anzuwendenden Judikatur des Obersten Gerichtshofes nicht geteilt werden kann. Der erkennende Senat hat sich bereits in seiner Entscheidung vom , 10 ObS 154/98i(SSV-NF 12/65) ausführlich mit einer derartigen Klageänderung befasst und dazu folgendes ausgeführt:

Die Bestimmung des § 253d ASVG wurde in ihrer ursprünglichen Form durch die 51. ASVG-Novelle BGBl 1993/335 geschaffen und galt seit . Wenn auch die dort normierten Anspruchsvoraussetzungen im Wesentlichen denjenigen entsprachen, die zuvor für den Sonderfall der Invalidität nach § 255 Abs 4 ASVG (aF) bzw der Berufsunfähigkeit nach § 273 Abs 3 ASVG (aF) normiert waren, handelt es sich doch bei der neuen Leistung nicht mehr um eine Invaliditätspension im Sinne des § 254 ASVG bzw um eine Berufsunfähigkeitspension im Sinne des § 271 ZPO, sondern um eine vorzeitige Alterspension gemäß den §§ 253 ff ASVG, also um einen anderen Versicherungsfall (Versicherungsfälle des Alters nach § 222 Abs 1 Z 1 ASVG im Unterschied zu den Versicherungsfällen der geminderten Arbeitsfähigkeit nach § 222 Abs 1 Z 2 ASVG). Es ist daher unbestreitbar, dass die vorzeitige Alterspension gemäß § 253d ASVG terminologisch und im Hinblick auf die Gesetzessystematik den Versicherungsfällen des Alters zuzuordnen ist (SSV-NF 9/31 = SZ 68/68; 10 ObS 136/97s; 10 ObS 208/97d; 10 ObS 370/97b; insoweit auch Proksch, Klagsänderung bei Pensionen wegen geminderter Arbeitsfähigkeit, ZAS 1997, 161, 164, der allerdings meint, es sei nicht gerechtfertigt, die vorzeitige Alterspension gänzlich von den Leistungen aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit abzugrenzen und ausschließlich zu den Alterspensionen zu zählen, wogegen unter anderem die unterschiedlichen Wartezeitregelungen sowie die verschiedenen besonderen versicherungsrechtlichen Anspruchsvoraussetzungen sprechen würden).

Die Zulässigkeit des Rechtswegs für eine Bescheidklage setzt nach § 67 Abs 1 Z 1 ASGG (und § 69 ASGG) voraus, dass der Versicherungsträger darüber bereits mit Bescheid entschieden hat. An diesem Erfordernis kann wegen des zwingenden Charakters der §§ 67, 69 und 73 ASGG auch ein allfälliges Einverständnis des beklagten Versicherungsträgers mit einer sofortigen Anrufung des Gerichtes nichts ändern. Aus dem Zweck der sukzessiven Zuständigkeit, vorerst den Sozialversicherungsträger mit der Sache zu befassen und den Gerichten nur die wirklich streitigen Fälle zuzuführen, aber auch aus der Diktion dieser Normen (arg: "darüber" bzw "hierüber") ist abzuleiten, dass nur eine meritorische Entscheidung des Sozialversicherungsträgers über den der betreffenden Leistungssache zugrundeliegenden Anspruch des Versicherten den Weg zum Sozialgericht ebnet. Liegt eine solche nicht vor, ist grundsätzlich - von § 68 ASGG und anderen hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen - der Rechtsweg versperrt (Fink, Die sukzessive Zuständigkeit im Verfahren in Sozialrechtssachen, 276 mwN bei FN 113 und 114; 10 ObS 45/97h).

Das dargestellte Erfordernis ("darüber" bzw "hierüber") bewirkt überdies in Fällen, in denen die Klage zulässig ist, eine Eingrenzung des möglichen Streitgegenstands: Dieser kann grundsätzlich nur Ansprüche umfassen, über die der Sozialversicherungsträger bescheidmäßig abgesprochen hat. Die Klage darf daher im Vergleich zum vorangegangenen Antrag weder die rechtserzeugenden Tatsachen auswechseln noch auf Leistungen (Feststellungen, Gestaltungen) gerichtet sein, über die der Versicherungsträger im bekämpften Bescheid gar nicht erkannt hat (Fink aaO mwN bei FN 116 und 117; 10 ObS 45/97h, 10 ObS 136/97s; 10 ObS 208/97d; vgl auch SSV-NF 8/94 sowie die bei Fink aaO 277 dargestellten Beispiele aus der Rechtsprechung). Daraus ergibt sich, dass jedenfalls ein "Austausch" des Versicherungsfalls oder der Art der begehrten Leistungen im gerichtlichen Verfahren nicht zulässig ist; für solche Begehren fehlt es an einer "darüber" ergangenen Entscheidung des Versicherungsträgers. Diesfalls ist auch eine Klageänderung im Sinn des § 86 ASGG nicht zulässig: Da im Fall einer Klageänderung für das neue Begehren alle Prozessvoraussetzungen gegeben sein müssen (Rechberger ZPO § 235 Rz 5), für das auf Gewährung einer vorzeitigen Alterspension geänderte Begehren jedoch der Rechtsweg unzulässig wäre, liegen auch die Voraussetzungen für eine Klageänderung nach § 235 ZPO nicht vor (10 ObS 208/97d; aA Proksch aaO 165, der allerdings einräumt, dass eine Klageänderung dort ausgeschlossen ist, wo die geänderte Klage unter anderem wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges ausgeschlossen ist). Unter Berücksichtigung der bisher dargestellten Grundsätze muss auch der Versuch scheitern, die Klageänderung mit dem Argument zuzulassen, dass das Rechtsschutzziel der begehrten Leistungen gleich sei (Proksch aaO 166): Wenngleich Sinn und Zweck sowohl der Invaliditäts- bzw Berufungsunfähigkeitspension auf der einen Seite und der vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit auf der anderen Seite darin liegen mag, den Ersatz des während der Arbeitsunfähigkeit bzw eingeschränkten Arbeitsfähigkeit weggefallenen Erwerbseinkommens zu bilden (so Proksch aaO), kann doch nicht daran vorbeigegangen werden, dass es sich auch nach der erklärten Absicht des Gesetzgebers um zwei verschiedene Versicherungsfälle handelt, die in einem Verfahren nicht gegeneinander ausgetauscht werden können (10 ObS 154/98i = SSV-NF 12/65).

Daran wurde auch zuletzt (in der Entscheidung vom , 10 ObS 328/00h, die nach der zitierten Entscheidung des EuGH erging) festgehalten und zu dem hier gegenständlichen Fall der Klageänderung ausdrücklich folgendes ausgesprochen:

Selbst wenn aber eine "Umstellung des Klagebegehrens" dahin, dem Kläger eine "vorzeitige Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit" zuzusprechen, erfolgt wäre, hätte diese Änderung des Klagebegehrens nicht zugelassen werden dürfen:

Die Zulässigkeit des Rechtsweges für eine Bescheidklage setzt nach § 67 Abs 1 Z 1 ASGG (und § 69 ASGG) voraus, dass der Versicherungsträger darüber bereits mit Bescheid entschieden hat. Liegt eine meritorische Entscheidung des Versicherungsträgers über den geltend gemachten Anspruch des Versicherten nicht vor, ist der Rechtsweg - von § 68 ASGG und anderen hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen - ausgeschlossen. Auch der Austausch des Versicherungsfalls oder der Art der begehrten Leistungen im gerichtlichen Verfahren ist nicht zulässig, weil es für solche Begehren an einer "darüber" ergangenen Entscheidung des Sozialversicherungsträgers fehlt (10 ObS 335/99h; SSV-NF 12/65 mwN ua).

Da im Fall einer Klageänderung für das neue Begehren alle Prozessvoraussetzungen gegeben sein müssen (Rechberger/Frauenberger in Rechberger2 Rz 5 zu § 235 ZPO), bei bescheidmäßiger Entscheidung über eine Berufsunfähigkeitspension jedoch der Rechtsweg für das auf Gewährung einer vorzeitigen Alterspension geänderte Begehren unzulässig wäre, sind die Voraussetzungen für eine Klageänderung nach § 235 ZPO nicht erfüllt (SSV-NF 12/65 mwN). .... In jedem Fall hat das Erstgericht zutreffend die Sachentscheidung über das ursprüngliche, nur auf Berufsunfähigkeitspension gerichtete Klagebegehren getroffen (SSV-NF 12/65 mwN).

Der richtige Weg der Anspruchsverfolgung hinsichtlich der nunmehr begehrten "vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Ewerbsfähigkeit" besteht hier in der Stellung eines neuen Antrags im vorgeschalteten Verwaltungsverfahren (10 ObS 328/00h).

Nichts anderes kann im vorliegenden Fall gelten. Ein Abgehen von dieser gefestigten Rechtsprechung ist mit dem Hinweis auf die abweichende Beurteilung des Versicherungsfalls der vorzeitigen Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit durch den EuGH schon deshalb nicht zu rechtfertigen, weil der dort vertretene Standpunkt - wie das Berufungsgericht selbst festhält - ausdrücklich mit dem Hinweis auf die (im Hinblick auf die wesentliche Bedeutung des Gleichbehandlungsgrundsatzes gebotene) enge Auslegung des Begriffes "Altersrente" in der Ausnahmebestimmung des Art 7 Abs 1 lit a der RL begründet wird. Mit der Frage, wie die vorzeitige Alterspension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit im Rahmen der hier maßgebenden Bestimmungen (§ 122c BSVG im Verhältnis zu § 124 BSVG) zu beurteilen ist, hatte sich der EuGH somit gar nicht zu befassen.

Auch wenn der EuGH die in § 124c BSVG vorgesehen gewesene Leistung unter Anlegung einer von den Anspruchsvoraussetzungen ausgehenden weitgehenden materiellen Betrachtungsweise zum Ergebnis gelangte, dass es sich nicht um eine Alterspension im Sinne der in Frage stehenden Richtlinie handelt, ändert dies nichts daran, dass diese Leistung nach dem BSVG den Pensionsfällen des Alters zugeordnet war und ein Anspruch hierauf nur dann Gegenstand der gerichtlichen Prüfung sein kann, wenn der Versicherungsträger über einen entsprechenden Antrag entschieden hat.

Die erstinstanzliche Nichtzulassung der begehrten Klageänderung war daher mit der Maßgabe wiederherzustellen, dass sie in Beschlussform zu erfolgen hatte.