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OGH vom 21.06.2011, 17Ob14/11z

OGH vom 21.06.2011, 17Ob14/11z

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Präsidentin Hon. Prof. Dr. Griss als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) D***** B.V. *****, 2.) W***** Limited, *****, und 3.) S***** Association, *****, alle vertreten durch Sattler Schanda, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagten Parteien 1.) H***** GmbH, und 2.) Mag. P***** P*****, beide vertreten durch Dr. Wilfried Ludwig Weh, Rechtsanwalt in Bregenz, wegen 386.705,50 EUR sA, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom , GZ 2 R 22/11v, 23/11s, 24/11p und 25/11k 134, womit der Rekurs der beklagten Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch vom , GZ 8 Cg 177/06y 108, zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 526 Abs 2 erster Satz ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Der Antrag der beklagten Parteien, die Wortfolge „oder ein Sachverständiger wegen Ablehnung enthoben“ aus § 366 Abs 2 ZPO beim Verfassungsgerichtshof anzufechten, wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Mit Beschluss vom (ON 108) enthob das Erstgericht die mit der Gutachtenserstattung über den den Klägern entgangenen Gewinn betraute Sachverständige mit der Begründung, bei objektiver Betrachtungsweise sei die Befundaufnahme im Beisein nur der Beklagten und ihres Vertreters geeignet, die Unbefangenheit der Sachverständigen in Zweifel zu ziehen.

Das Rekursgericht wies den von den Beklagten gegen diesen Beschluss erhobenen Rekurs mit der Begründung zurück, gemäß § 366 Abs 2 ZPO könne ein Beschluss, mit welchem ein Sachverständiger wegen Ablehnung enthoben werde, nicht angefochten werden. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs im Hinblick auf den klaren Wortlaut des § 366 Abs 2 ZPO nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Beklagten ist nicht zulässig.

Die Beklagten machen als erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO geltend, dass der Rechtsmittelausschluss des § 366 Abs 2 ZPO infolge Verstoßes gegen das Sachlichkeitsgebot verfassungswidrig sei und mit den Verfahrensgarantien der EMRK im Widerspruch stehe. Die Beklagten beantragen daher auch die Anfechtung dieser Bestimmung beim Verfassungsgerichtshof wegen Verfassungswidrigkeit.

Der Oberste Gerichtshof hat gegen die Verfassungsmäßigkeit des Rechtsmittelausschlusses nach § 366 Abs 2 ZPO keine Bedenken. Nach dieser Bestimmung ist die Entscheidung des Gerichts über die Anzahl der zu bestellenden Sachverständigen, der Beschluss, durch welchen die Bestellung der Sachverständigen dem beauftragten Richter überlassen oder ein Sachverständiger wegen Ablehnung enthoben wird, die über die Beeidigung eines Sachverständigen gefassten Beschlüsse, endlich die Beschlüsse, durch welche für die Abgabe des Gutachtens gemäß § 360 ZPO eine Tagsatzung anberaumt oder eine Frist bestimmt wird, nicht anfechtbar. Die Argumentation der Beklagten lässt unberücksichtigt, dass Art 6 Abs 1 MRK weder das Recht auf einen Instanzenzug noch den Zugang zu einem Höchstgericht gewährt (RIS Justiz RS0043962, RS0074833 [T2], RS0074613 [T1]). Weder aus Art 92 Abs 1 B VG noch aus Art 6 Abs 1 MRK sind Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit von Rechtsmittelbeschränkungen abzuleiten (RIS Justiz RS0044057).

Die Enthebung eines Sachverständigen wegen Ablehnung mag, wenn sie unberechtigter Weise erfolgt, durch die Notwendigkeit der Bestellung eines anderen Sachverständigen das Verfahren verzögern und den Verfahrensaufwand erhöhen, die inhaltliche Richtigkeit des in der Folge zu erstellenden Befundes und Gutachtens und damit die inhaltliche Richtigkeit der Entscheidung werden dadurch aber nicht beeinflusst. Der Rechtsmittelausschluss erscheint daher in diesem Fall im Hinblick auf die Vermeidung weiterer Verfahrensverzögerungen sachgerecht im Vergleich zur wenn auch gemäß § 366 Abs 1 ZPO eingeschränkten Überprüfungsmöglichkeit der Verwerfung der Ablehnung eines Sachverständigen, wo im Fall der unrichtigen Entscheidung die inhaltliche Richtigkeit der Begutachtung in Zweifel zu ziehen sein mag.

Die Beklagten vermögen mangels Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des Rechtsmittelausschlusses nach § 366 Abs 2 ZPO keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.

Ein Antrag einer Partei auf Befassung des Verfassungsgerichtshofs ist zurückzuweisen, weil den Parteien diesbezüglich kein Antragsrecht zukommt (RIS Justiz RS0056514).