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OGH vom 13.11.1980, 12Os98/80

OGH vom 13.11.1980, 12Os98/80

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Köck als Schriftführerin in der Strafsache gegen Alois A ua wegen des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs. 3 ua StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten Walter B gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom , GZ. 6 a Vr 4243/78-292, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung sowie über die vom Angeklagten Gert C erhobene Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, der Ausführungen des Verteidigers des Angeklagten Walter B, Dr. Erhard Doczekal, und des Verteidigers des Angeklagten Gert C, Dr. Alois Pavich und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Tschulik zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Walter B wird verworfen. Seiner Berufung wird nicht Folge gegeben. Der Berufung des Angeklagten Gert C wird teilweise Folge gegeben und die über ihn verhängte Freiheitsstrafe gemäß § 43 Abs. 2 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen; im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen beiden Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde ua der am geborene Autoverkäufer Walter B des Verbrechens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147

Abs. 3 StGB (Punkt A/1. des Urteilssatzes) und des Vergehens nach dem § 48 KWG (Punkt M/ des Urteilssatzes) schuldig erkannt. Nur im letztgenannten Schuldspruch bekämpft der Angeklagte Walter B das Urteil mit Nichtigkeitsbeschwerde, in der er die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs. 1 Z 5 und 9 lit. a StPO geltend macht.

Nach dem Inhalt dieses Schuldspruchs gaben Walter B und der Mitangeklagte Alois A am in Wien bei der D, - Zweiganstalt Margareten, zur Erlangung eines Kredites von 160.000 S wissentlich falsche Erklärungen über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditnehmers Alois A ab, indem sie eine Lohnbestätigung vorlegten, in der Alois A fälschlich als Arbeitnehmer der Firma E, -

Handel mit keramischen Fliesen, mit einem Wochennettogehalt von 2.093,30 S angegeben wurde.

Rechtliche Beurteilung

Sowohl der auf die Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO gestützte Beschwerdeeinwand, das Erstgericht habe sich nicht mit allen Beweisergebnissen auseinandergesetzt und diesen Schuldspruch unzureichend begründet, als auch der Vorwurf eines Feststellungsmangels, weil keine Konstatierungen darüber getroffen worden seien, daß der Beschwerdeführer von der inhaltlichen Unrichtigkeit der vorgelegten Gehaltsbestätigung der Firma E - Kenntnis gehabt habe, erweist sich als unzutreffend; das Erstgericht schenkte den Angaben des Beschwerdeführers vor dem Sicherheitsbüro der Bundespolizeidirektion Wien Glauben, wonach er gewußt hat, daß Alois A keiner (geregelten) Beschäftigung nachgehe (sondern laut den Angaben des Viktor F vor der Polizei bei diesem nur 'ausgeholfen' habe) und sich eine inhaltlich unrichtige Lohnbestätigung der Firma E -verschafft habe (vgl. Band VI, S 55 f in Verbindung mit Band I, S 483 d.A). Auf Grund dieser Verfahrensergebnisse erachtete es die gegenteilige Verantwortung des Beschwerdeführers sowie jene der Mitangeklagten Alois A und Viktor F in der Hauptverhandlung für widerlegt. Mit seinem Vorbringen, es sei im Hinblick auf die Angaben des Mitangeklagten Viktor F keineswegs als sicher anzunehmen, daß ihm dieser Umstand bekannt gewesen sei, zieht der Beschwerdeführer nur in im Nichtigkeitsverfahren unzulässiger und daher unbeachtlicher Weise die schlüssig und zureichend begründete erstrichterliche Beweiswürdigung in Zweifel, ohne formelle Begründungsmängel in der Bedeutung des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO aufzuzeigen.

Der Sache nach Nichtigkeit im Sinne der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO relevierend, verweist der Beschwerdeführer ferner darauf, daß der Mitangeklagte Alois A, wie das Erstgericht ohnedies feststellte, den Kredit laufend zurückgezahlt und ihm sohin Bereicherungsvorsatz gemangelt habe. Er übersieht hiebei, daß der Tatbestand des § 48 KWG keineswegs den Vorsatz des Täters, durch die Erlangung eines Kredites den Kreditgeber oder einen Dritten zu schädigen, bzw. sich oder einen Dritten dadurch unrechtmäßig zu bereichern, erforderte. Wesentlich war, wie das Erstgericht richtig erkannte, vielmehr nur die Täuschung eines Kreditinstitutes über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditwerbers oder eines Dritten, welche die Grundlage der Entscheidung über die angestrebte Kreditgewährung sind. Diese Voraussetzungen treffen aber zu, wenn, wie im vorliegenden Fall, das - für eine Kreditgewährung wesentliche - Bestehen eines geregelten Beschäftigungsverhältnisses des Kreditnehmers vorgetäuscht wird. Das festgestellte Tatverhalten des Beschwerdeführers wurde sohin rechtsrichtig dem Tatbestand des § 48 KWG unterstellt.

Schließlich vertritt der Beschwerdeführer in Ausführung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO die Ansicht, daß eine Verurteilung wegen des Vergehens nach dem § 48 KWG infolge der inzwischen eingetretenen Gesetzesänderung nicht mehr möglich sei.

Auch damit ist er nicht im Recht. Es trifft zwar zu, daß der § 48 des Reichsgesetzes vom über das Kreditwesen (KWG), DRGBl. I, S 1955 (GBl§ Nr. 1390/1939), durch das - keine entsprechende Strafbestimmung enthaltende - Bundesgesetz vom

über das Kreditwesen, BGBl. Nr. 63/1979, mit aufgehoben worden ist (vgl. dessen § 36 Abs. 1 und Abs. 5 Z 1). Im Zeitpunkt der Urteilsfällung in erster Instanz stand diese Bestimmung aber noch in Geltung und war daher vom Erstgericht anzuwenden. Die erst während des Rechtsmittelverfahrens eingetretene Gesetzesänderung bildet an sich keinen Grund zur Anfechtung des vorher ergangenen Urteils und hat daher im Nichtigkeitsverfahren grundsätzlich außer Betracht zu bleiben. Eine Rückwirkung der neuen - milderen - Gesetzeslage tritt im Verfahren über eine Nichtigkeitsbeschwerde nicht eo ipso ein (vgl. auch SSt 43/9); eine solche kommt nur dann in Betracht, wenn das Urteil erster Instanz aufgehoben wird und das Rechtsmittelgericht oder das Erstgericht nach Verfahrenserneuerung in der Sache selbst zu entscheiden hat (iudicium novum - vgl. auch § 323 Abs. 2 StGB).

Dem bekämpften Schuldspruch haftet demnach ein Rechtsirrtum nicht an. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Walter B war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten Walter B nach § 147 Abs. 3 StGB unter Anwendung des § 28

StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 16 Monaten; bei der Strafzumessung nahm es als erschwerend die einschlägigen Vorstrafen und das Zusammentreffen zweier Delikte, als mildernd keinen Umstand an.

Der Angeklagte Gert C hingegen wurde nach § 147 Abs. 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 20 Monaten verurteilt, wobei das Erstgericht bei der Strafzumessung als erschwerend die Wiederholung der Straftaten, als mildernd den bisher ordentlichen Lebenswandel wertete.

Letzterer Angeklagte wurde unter J und K des Urteilssatzes des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges als Beteiligter nach §§ 12, 146, 147 Abs. 1 Z 1, Abs. 3 auch 15 StGB schuldig erkannt, weil er I.) den Karl G in Wien zur Ausführung folgender Handlungen bestimmte und zwar:

zu dem im Urteilssatz unter A)2) angeführten Betrugs, indem er ihn am aufforderte, die von Gerhard H errechneten und per Telefon durchzugebenden fingierten Gehaltsdaten des Franz I in den Vordruck einer Gehaltsbestätigung einzusetzen, und ihn mit der Kreditaufnahme betraute;

II. zu dem zu A)3) des Urteilssatzes angeführten Betrug, indem er diesem am mit der Durchführung der Kreditaufnahme beauftragte;

III.zu dem zu B)2) des Urteilssatzes angeführten versuchten Betrug, indem er Ende März 1977 die von Gerhard H errechneten und per Telefon durchgegebenen fingierten Gehaltsdaten der Brigitte J zuleitete und ihn mit der Kreditaufnahme zunächst bei der N -und dann über die Kreditvermittlung K bei der L betra;

IV. ferner zur Ausführung der zu A)4) des Urteilssatzes angeführten strafbaren Handlungen beigetragen, indem er den Kreditbetrag von S 15.000 festsetzte und Manfred M an die O -Kreditvermittlungs Ges. m. b.H. weiterverwies.

1.) Zur Berufung des Angeklagten Walter B:

Dieser Angeklagte strebt eine Herabsetzung des Strafausmaßes im wesentlichen mit der Begründung an, daß er zu AZ 6 c Vr 7672/77-Hv 148/79 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien mit Urteil vom wegen ähnlicher Straftaten nach §§ 146 ff StGB zu einer exemplarischen Strafe in der Dauer von sechs Jahren verurteilt wurde, bei einer gemeinsamen Aburteilung unter Anwendung der §§ 31, 40 StGB kaum eine Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und vier Monaten verhängt worden wäre. Bei einer gemeinsamen Aburteilung der Straftaten, insbesondere auch im Rechtsmittelverfahren wäre eine solche Strafe bei einer Gesamtbeurteilung seiner Straftaten nicht so hoch ausgefallen. Abgesehen davon müßte die Leichtfertigkeit der Kreditgewährung im damaligen Zeitraum als aufstoßende Gelegenheit mildernd beurteilt werden.

Die Berufung ist unbegründet.

Eine gemeinsame Aburteilung der Straftaten sowohl in erster und zweiter Instanz wäre nicht möglich gewesen, da der Angeklagte eine im diesbezüglichen Strafverfahren begangene Straftat nach dem Urteil erster Instanz begangen hat, sodaß eine gemeinsame Aburteilung im Sinne des § 56 StPO nicht möglich gewesen wäre. Im übrigen hat das Erstgericht die vorliegenden Strafzumessungsgründe nicht nur richtig angeführt, sondern auch zutreffend gewürdigt, sodaß zu einer Herabsetzung des Strafausmaßes des einschlägig vorbestraften Angeklagten nach Lage des Falles und unter Prüfung aller Umstände kein Anlaß gefunden werden konnte.

Insoweit mußte der Berufung ein Erfolg versagt werden.

II.) Zur Berufung des Gert C:

Dieser Angeklagte strebt Herabsetzung des Strafausmaßes, allenfalls Anwendung der bedingten Strafnachsicht nach § 43 Abs. 2 StGB an. Seine Berufung ist teilweise begründet.

Zu einer Herabsetzung der Strafdauer sah sich der Oberste Gerichtshof nicht veranlaßt, weil die zutreffend erkannten, aber auch richtig gewürdigten Strafzumessungsgründe dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Straftaten des Angeklagten durchaus gerecht werden.

Im Hinblick auf den bisher ordentlichen Lebenswandel des Angeklagten, der nicht allzu intensiven Tatbeteiligungen und dem geringen Vorteil aus den Straftaten liegen aber nach Auffassung des Senates besondere Gründe vor, die Gewähr dafür bieten, daß sich der Angeklagte in Zukunft keine weiteren strafbaren Handlungen zu schulden kommen lassen werde. Dies insbesonders deswegen, weil sich der Angeklagte nach Begehung der Straftaten durch längere Zeit wohl verhalten hat, er durch Verbüßung einer wenn auch geringen U-Haftdauer das Strafübel bereits verspürt hat und auch sein persönlicher Eindruck dafür spricht, daß er durch andere Personen aus falsch verstandener Verbundenheit zu den Straftaten verleitet wurde.

Es war demgemäß seiner Berufung teilweise Folge zu geben und spruchgemäß zu erkennen.

Die Kostenentscheidung beider Angeklagter beruht auf der angeführten Gesetzesstelle.