OGH vom 28.05.2001, 8Ob250/00y

OGH vom 28.05.2001, 8Ob250/00y

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Spenling und Dr. Kuras als weitere Richter in der Schuldenregulierungssache des Bilal U*****, vertreten durch Mag. Norbert Abel und Mag. Johanna Abel-Winkler, Rechtsanwälte in Wien, infolge Revisionsrekurses des Schuldners gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 47 R 600/00h-28, womit infolge Rekurses der Gläubigerin W*****, der Beschluss des Bezirksgerichtes Hietzing vom , GZ 13 S 1/00f-24, ersatzlos behoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

In seinem Antrag auf Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens bot der Gemeinschuldner den Konkursgläubigern einen Zahlungsplan an, wonach diese in mehreren Teilquoten ingesamt 10 % ihrer Forderungen erhalten sollten. In der dem Antrag angeschlossenen Gläubigerliste schien unter anderem auch die im Kopf dieser Entscheidung genannte Konkursgläubigerin auf. Das Erstgericht eröffnete mit Beschluss vom das Schuldenregulierungsverfahren über das Vermögen des Gemeinschuldners, bestimmte, dass Konkursforderungen bis spätestens anzumelden seien und beraumte die Prüfungstagsatzung für an. Mit Schriftsatz vom meldete die Konkursgläubigerin ihre Forderung an und beantragte deren Feststellung als Konkursforderung. Diese Forderungsanmeldung langte am beim Erstgericht ein und wurde dort irrtümlich in einen falschen Akt eingelegt. Im Zeitpunkt der Prüfungstagsatzung befand sich daher die Forderungsanmeldung nicht im erstgerichtlichen Akt; die Konkursgläubigerin war bei der Tagsatzung nicht anwesend. Der Gemeinschuldner verbesserte in der Tagsatzung den Zahlungsplan dahingehend, dass er sich verpflichtete, seinen Gläubigern 20 % der Forderung, aufgeteilt auf bestimmte Teilquoten, zu bezahlen. Der Zahlungsplan wurde daraufhin einstimmig angenommen und mit - in Rechtskraft erwachsenem - Beschluss vom bestätigt.

Am wurde die Forderungsanmeldung der Konkursgläubigerin im falschen Akt vorgefunden. Dies teilte das Erstgericht der Konkursgläubigerin mit Note vom mit und beraumte eine nachträgliche Prüfungstagsatzung für den an. Dort anerkannte der Gemeinschuldner die Forderung der Konkursgläubigerin zur Gänze. Die Konkursgläubigerin beantragte, ihre angemeldete Forderung bei Erfüllung des Zahlungsplanes mit zu berücksichtigen.

Das Erstgericht fasste den Beschluss, es sei die Forderung der Konkursgläubigerin gemäß § 197 KO in der zu zahlenden Quote nach dem Zahlungsplan nur insoweit zu berücksichtigen, als diese der Einkommens- und Vermögenslage des Schuldners entspreche. In der Prüfungstagsatzung vom sei die Erhöhung der Quote des angebotenen Zahlungsplans mit dem Argument gefordert und durchgesetzt worden, dass auf Grund der unterbliebenen Forderungsanmeldung die Leistung an die übrigen Gläubiger erhöht werden könne. Die Konkursgläubigerin habe trotz Verständigung durch das Gericht innerhalb der Rechtsmittelfrist gegen den den Zahlungsplan bestätigenden Beschluss nicht rekuriert. Auf Grund der verspäteten Forderungsanmeldung und wegen des unterlassenen Rekurses sei der Gläubigerin ein Verschulden anzulasten, sodass - wenn § 197 KO nicht direkt zur Anwendung komme - nach dem Schutzzweck dieser Bestimmung im Wege der Analogie die planwidrige Gesetzeslücke zu schließen sei.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem dagegen erhobenen Rekurs der Konkursgläubigerin Folge und behob den angefochtenen Beschluss ersatzlos. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000 übersteige und dass der Revisionsrekurs zulässig sei. Schon nach dem Wortlaut des § 197 KO sei diese Bestimmung auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden, weil die Forderungsanmeldung noch am , somit mehr als eine Woche vor der Prüfungstagsatzung, bei Gericht eingelangt sei. Die Forderung habe als "bei Abstimmung über den Zahlungsplan angemeldet" zu gelten. Das Konkursgericht sei nicht befugt, über das Zurechtbestehen einer Konkursforderung zu entscheiden. Es sei auch nicht zuständig, darüber abzusprechen, ob und inwiefern eine angemeldete Konkursforderung bei Erfüllung eines bestätigten Zahlungsplans zu berücksichtigen sei. Der Fall, dass eine rechtzeitig vor der Abstimmung über den Zahlungsplan vom Gläubiger abgesendete, jedoch bei Gericht nicht eingelangte oder mangels Zukommens der zuständigen Gerichtsabteilung im Zahlungsplan nicht berücksichtigte Forderung dazu führe, dass der Schuldner den Zahlungsplan nicht erfüllen könne, unterliege der Bestimmung des § 198 KO. Die Konkursgläubigerin habe Anspruch auf quotenmäßige Befriedigung nach dem Zahlungsplan ohne weitere Einschränkungen; dem Schuldner stehe die Möglichkeit eines Antrages nach § 198 Abs 1 KO offen.

Rechtliche Beurteilung

Dem dagegen erhobenen Revisionsrekurs des Gemeinschuldners kommt keine Berechtigung zu.

Gemäß § 197 KO haben Konkursgläubiger, die ihre Forderungen bei Abstimmung über den Zahlungsplan nicht angemeldet haben, Anspruch auf die nach dem Zahlungsplan zu zahlende Quote nur insoweit, als diese der Einkommens- und Vermögenslage des Schuldners entspricht. Dem Rekursgericht ist darin zu folgen, dass es bei dem gegebenen Sachverhalt für die Anwendung dieser Bestimmung an der Voraussetzung der Nichtanmeldung der Forderung mangelt. Die Anmeldung stellt gleichsam die Klage im Verfahren zur Feststellung der Konkursforderung dar. § 103 KO, der spezielle Inhaltserfordernisse enthält, wurde bewusst dem § 226 ZPO über den Klagsinhalt angepasst (Denkschrift 94). Die Regelungen über die Klage bilden die Vorbildsnormen, die über § 171 KO im Konkursverfahren sinngemäß anzuwenden sind (Konecny in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze § 103 KO Rz 1). Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Forderung als bei Gericht angemeldet zu gelten hat, kann daher die insbesondere im Zusammenhang mit der Verjährungsunterbrechung gemäß § 1497 ABGB entwickelte Judikatur herangezogen werden. Danach ist für die Wahrung der Verjährungsfrist der Tag des Einlangens der Klage "bei Gericht" maßgebend (SZ 66/80 mwH). Die Gerichtshängigkeit der Klage wird nach ständiger Rechtsprechung mit deren Einlangen in der Einlaufstelle begründet (SZ 45/110; SZ 56/157; SZ 60/35; SZ 66/80; JBl 2000, 803). Die Verjährung wird mit der Gerichtshängigkeit unterbrochen, selbst wenn die Klage beim unzuständigen Gericht eingebracht wurde und sie an das zuständige Gericht gemäß § 230a ZPO oder § 261 Abs 6 ZPO überwiesen wurde bzw die Klage unzustellbar war (1 Ob 653/79; 7 Ob 554/92; JBl 2000, 803 ua). In seiner Entscheidung JBl 2000, 803 hat der Oberste Gerichtshof zuletzt ausgesprochen, dass dann, wenn ein gar nicht angerufenes Gericht, bei dem die Klage infolge eines Versehens der Postverwaltung einlangt, diese pflichtgemäß anzunehmen und weiterzuleiten hat, die Unterbrechung der Verjährung schon mit dem Einlangen der Klage bei diesem (unzuständigen) Gericht eintritt. Es wäre wertungswidersprüchlich, wollte man die Anmeldung einer Konkursforderung und die daran geknüpften Folgen anders beurteilen, zumal hier die Forderungsanmeldung ohnedies an das zuständige Gericht gesandt und lediglich durch ein Versehen nach Passieren der Enlaufstelle in einen falschen Akt gelegt wurde.

Gemäß § 198 Abs 1 KO kann der Schuldner, wenn sich seine Einkommens- und Vermögenslage ohne sein Verschulden ändert, sodass er fällige Verbindlichkeiten des Zahlungsplans nicht erfüllen kann, und im Zahlungsplan nicht darauf Bedacht genommen worden ist, binnen 14 Tagen nach Mahnung durch den Gläubiger neuerlich die Abstimmung über einen Zahlungsplan und die Einleitung eines Abschöpfungsverfahrens beantragen. Das Vermögen wird auch durch das Hervorkommen von Verbindlichkeiten geändert (vgl § 185 KO). Die Änderung der Einkommens- und Vermögenslage ist für den Zeitpunkt der Annahme des Zahlungsplans zu beurteilen (Mohr in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze § 198 KO Rz 2). Wenngleich dem Gemeinschuldner - wie sich bereits aus dem Eröffnungsantrag ergibt - die Forderung der Konkursgläubigerin bekannt war, konnte er zu diesem Zeitpunkt ohne Verschulden davon ausgehen, dass sie im Konkursverfahren keine Anmeldung erstattet habe. Durch das nachträgliche Auffinden der Forderungsanmeldung kam es im Vergleich zu der die Basis für den verbesserten Zahlungsplan bildenden Einkommens- und Vermögenslage zu einer Änderung, die die Anwendung des § 198 Abs 1 KO rechtfertigt, wie dies auch Mohr aaO Rz 4 - allerdings ohne weitere Begründung - vertritt.

Dem Revisionsrekurs ist ein Erfolg zu versagen.