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OGH vom 10.04.2018, 11Os32/18t

OGH vom 10.04.2018, 11Os32/18t

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Albu als Schriftführer in der Strafsache gegen Daniel J***** wegen des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom , GZ 13 Hv 78/17t-39, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Daniel J***** des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs 2 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am in S***** an einer eigenen Sache eine Feuersbrunst verursacht und dadurch eine Gefahr für Leib und Leben eines Dritten, nämlich seiner Mutter sowie der umliegenden Nachbarn und für das Eigentum von Dritten in großem Ausmaß herbeigeführt, indem er das in seinem Alleineigentum stehende Wirtschaftsgebäude (einem Freilaufstall mit Einstreu und einem darüber liegenden Tennenbereich mit Heu und Stroh) durch Einbringen einer offenen Flamme entzündete.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4 und 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurden durch Abweisung (ON 38 S 21) der in der Hauptverhandlung am gestellten Anträge auf Verlesung des Privatgutachtens des Johann H***** und Einholung eines weiteren brandtechnischen Sachverständigengutachtens, jeweils zum Beweis eines bloß singulären Brandherds und der mangelnden Verwendung von Brandbeschleunigern sowie auf Beiziehung eines elektrotechnischen Sachverständigen zum Beweis fehlender Ausschließbarkeit eines durch einen Kabelschaden verursachten Brandgeschehens, Verteidigungsrechte nicht verletzt.

Die Anträge lassen nicht erkennen, dass sie mit den Beweisthemen eines bloß singulären Brandherds und fehlender Verwendung von Brandbeschleunigern eine für die Lösung der Schuld- oder der Subsumtionsfrage erhebliche Tatsache betreffen (RIS-Justiz RS0116503, RS0099473, RS0099117; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 321). Aus welchem Grund die begehrten Beweisaufnahmen das intendierte Beweisergebnis konkret erwarten ließen, wurde in den Anträgen ebensowenig dargelegt. Eine Beweisführung mit dem Ziel, abzuklären, ob von bestimmten Beweisen eine weitere Aufklärung zu erwarten ist, ist in der Hauptverhandlung nicht statthaft und bildet solcherart bloß einen unzulässigen Erkundungsbeweis (RIS-Justiz RS0099421, RS0118123, RS0118444, RS0099353; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 327, 330 f). Das in der Beschwerde als Versuch einer Antragsfundierung Nachgetragene ist prozessual verspätet (RIS-Justiz RS0099618; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 325).

Da Privatgutachtern, die ausschließlich über von ihnen erhobene Befundtatsachen – wie gegenständlich hinsichtlich Johann H***** erfolgt (ON 38 S 13) – als Zeugen vernommen werden können, nicht die prozessuale Stellung eines bestellten Sachverständigen (§§ 126 ff StPO) zukommt, ist die Ablehnung des undifferenzierten (11 Os 14/17v, auch 11 Os 26/16g) Antrags auf Verlesung des Privatgutachtens im Übrigen nicht zu beanstanden (zu deren prozessualem Stellenwert vgl im Übrigen RIS-Justiz RS0118421, RS0097292, RS0097540, RS0097545; Hinterhofer, WK-StPO § 125 Rz 18 f, 25 ff; Danek/Mann, WK-StPO § 222 Rz 5/1 ff; Kirchbacher, WK-StPO § 154 Rz 8, § 252 Rz 41; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 351, 351/1, 435).

Zum Antrag auf „Einholung eines weiteren Gutachtens eines Sachverständigen aus dem Brandfach“ (ON 38 S 21) ist im Übrigen anzumerken, dass gemäß § 127 Abs 3 erster Satz StPO – soweit hier von Bedeutung – ein weiterer Sachverständiger (nur dann) beizuziehen ist, wenn der Befund unbestimmt oder das Gutachten widersprüchlich oder sonst mangelhaft ist und sich die Bedenken nicht durch Befragung beseitigen lassen.

Derartige Mängel des in der Hauptverhandlung aufrecht erhaltenen schriftlichen Befundes und Gutachtens des gerichtlich bestellten Brandsachverständigen (ON 18 iVm ON 38 S 12 und 16 ff, 22), der seine Expertise, insbesondere auch zur Frage der Zahl der Brandherde, der Verwendung brandunterstützender Mittel und des (Nicht-)Vorliegens eines elektrischen Defekts ausführlich erläuterte und auch seitens des Verteidigers des Angeklagten eingehend befragt wurde, zeigte der Beschwerdeführer nicht auf.

Die die Gesamtheit der beweiswürdigenden Erwägungen nicht beachtende Tatsachenrüge (Z 5a) vermag mit ihrem die (im Übrigen jeweils nicht entscheidende; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 391, 470, 474) Verwendung brandbeschleunigender Substanzen und die als unnotwendig bezeichnete Brandlegung an zwei Stellen in Zweifel ziehenden Vorbringen, den Hinweisen, dass das T-Shirt des Angeklagten beim Brandgeschehen nicht in Mitleidenschaft gezogen worden wäre, beim Angeklagten eine Rauchgasvergiftung diagnostiziert worden sei, der (ihn belastende) Inhalt des aufgezeichneten Notrufs seiner Mutter infolge deren Schockzustands und Alkoholisierung keine ausreichende Grundlage für die getroffenen Feststellungen bilde, der medizinische Sachverständige die Entstehung der erlittenen Verletzungen des Angeklagten (erst) durch das Betreten eines bereits brennenden Gebäudes nicht ausschließen könne und der Angeklagte kein Motiv zur Tatbegehung hätte, erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen nicht zu wecken. Nur über dieser Schwelle liegende Bedenken sind aber Maßstab des in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrundes, will doch die Tatsachenrüge nur geradezu unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden (also schuld- oder subsumtionserheblichen) Tatsachen und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung – was im Übrigen durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiserwägungen geltend zu machen ist – verhindern (RIS-Justiz RS0119583, RS0118780). Der Umstand, dass aus den von den Tatrichtern angeführten Prämissen auch andere, für den Angeklagten günstigere Schlüsse hätten gezogen werden können, stellt den Nichtigkeitsgrund nicht her (RIS-Justiz RS0099674).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bei nichtöffentlicher Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2018:0110OS00032.18T.0410.000

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