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OGH vom 03.03.2008, 9ObA27/08y

OGH vom 03.03.2008, 9ObA27/08y

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Rolf Gleißner und Mag. Michael Zawodsky als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Reinhard B*****, Journalist, *****, vertreten durch Dr. Robert Palka, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei A*****Verlags GmbH, *****, vertreten durch Dr. Tassilo Wallentin, Rechtsanwalt in Wien, wegen 10.125 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 10 Ra 109/07h-13, womit das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom , GZ 19 Cga 119/06t-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 742,27 EUR (darin 123,71 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war seit bei der Beklagten, die eine Gratistageszeitung herausgibt, als Redakteur beschäftigt. Zu Punkt 1 des schriftlichen Anstellungsvertrags wurde ausdrücklich festgehalten, dass der erste Monat des Arbeitsverhältnisses als Probemonat gilt und das Arbeitsverhältnis daher von beiden Seiten jederzeit ohne Angabe von Gründen gelöst werden kann. Nur wenn das Arbeitsverhältnis über die Probezeit hinaus fortgesetzt werden sollte, gelte es als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Schon sehr bald gab es Auseinandersetzungen zwischen dem Kläger und seinem direkten Vorgesetzten, dem Chefredakteur für Niederösterreich. Dieser hielt daher mit den beiden kollektivvertretungsbefugten Geschäftsführern der Beklagten Rücksprache und erhielt von beiden den dezidierten Auftrag, wenn sich die Probleme mit dem Kläger nicht besserten, dann solle er (= der Chefredakteur) in der Probezeit „die Kündigung" aussprechen bzw das Dienstverhältnis des Klägers in der Probezeit beenden.

Am kam es erneut zu einer Meinungsverschiedenheit zwischen dem Kläger und dem Chefredakteur wegen der Veröffentlichung eines Fotos. Der Chefredakteur beendete das Gespräch schließlich mit den Worten „Herr B*****, ich lasse mich nicht mehr von ihnen papierln. Packen sie ihre Sachen zusammen, ich will sie nicht mehr sehen. Den Junigehalt können sie auch behalten (Anmerkung: dieser war dem Kläger bereits überwiesen worden)". Der Kläger verstand die Worte des Beklagten so, wie sie gemeint waren, nämlich, dass der Chefredakteur das Dienstverhältnis des Klägers in der Probezeit mit sofortiger Wirkung beenden wollte. In der Folge wandte sich der Kläger noch an einen der Geschäftsführer und erhielt von diesem die Mitteilung, dass das Dienstverhältnis beendet sei und es nichts mehr zu besprechen gebe.

§ 41 des hier anzuwendenden Kollektivvertrags für Tageszeitungen/Redakteure und Reporter lautet auszugsweise wie folgt:

„§ 41 Kündigung

Z 1 Kündigung durch den Dienstgeber:

Ist das Dienstverhältnis ohne Zeitbestimmung eingegangen oder fortgesetzt worden, so kann es durch Kündigung nach folgenden

Bestimmungen gelöst werden:

a) Mangels einer für den Dienstnehmer günstigeren Vereinbarung kann der Dienstgeber das Dienstverhältnis mit Ablauf eines jedes Kalendervierteljahres durch vorgängige Kündigung lösen. Die Kündigungsfrist muss mindestens drei Monate betragen, sie erhöht sich nach fünfjähriger ununterbrochener Dauer des Dienstverhältnisses mit jedem Dienstjahr um einen Monat bis zum Höchstausmaß von einem Jahr.

b) Diese Kündigungsfristen können durch Vereinbarung nicht unter die oben bestimmte Dauer herabgesetzt werden.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
2.)
Kündigung durch den Dienstnehmer ....
3.)
Freizeit zur Postensuche ....
4.)
Einstellung des Dienstes vor Ablauf der Kündigungsfrist ....
5.)
Form der Kündigung
Kündigungen müssen beiderseits schriftlich erfolgen. Der Kündigungsbrief kann persönlich oder eingeschrieben per Post zugestellt werden."
Mit seiner Klage begehrt der Kläger Kündigungsentschädigung für die Zeit vom 1. 7. bis samt anteiligen Sonderzahlungen. Er habe am ein Schreiben erhalten, dass sein Dienstverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist im Probemonat aufgelöst werde. Da er das Schreiben erst mit und somit nach Ablauf des Probemonats erhalten habe, liege eine fristwidrige Kündigung vor, sodass er Anspruch auf Kündigungsentschädigung habe. Selbst eine vorzeitige Auflösung während des Probemonats hätte schriftlich erfolgen müssen.

Rechtliche Beurteilung

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichts. Es hat dabei die Frage, ob das Dienstverhältnis des Klägers wirksam während des Probemonats zur Auflösung gebracht wurde, zutreffend bejaht. Es kann daher insoweit auf die Richtigkeit der eingehenden Begründung des angefochtenen Urteils verwiesen werden (§ 510 Abs 3 ZPO). Lediglich ergänzend ist den Ausführungen des Revisionswerbers entgegenzuhalten:

Zu 8 ObA 86/06i hatte sich der Oberste Gerichtshof mit Art XI Punkt 2 des Kollektivvertrags für das Güterbeförderungsgewerbe auseinanderzusetzen. In dieser Bestimmung ist geregelt, dass ein Dienstverhältnis (nach einmonatiger Betriebszugehörigkeit) nur schriftlich gekündigt werden kann. Dem Fall lag der Sachverhalt zugrunde, dass es nur formlose Erklärungen betreffend die einvernehmliche Auflösung eines Dienstverhältnisses gegeben hatte. Unter Zitierung der ständigen Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0008828) führte der Oberste Gerichtshof aus, dass den Kollektivvertragsparteien grundsätzlich zu unterstellen ist, dass sie eine vernünftige, zweckentsprechende und praktisch durchführbare Regelung treffen und das Schriftformgebot nur für Kündigungserklärungen normieren wollten. Den Kollektivvertragsparteien könne nicht unterstellt werden, dass ihnen nicht bekannt war, dass neben der (formlos möglichen) einvernehmlichen Beendigung einerseits und der ordentlichen Kündigung des Dienstverhältnisses andererseits auch die Möglichkeit einer vorzeitigen Auflösung des Dienstverhältnisses aus wichtigem Grund besteht. Daraus folge, dass Art XI Punkt 2 des Kollektivvertrags für das Güterbeförderungsgewerbe dahin auszulegen sei, dass das Schriftformgebot nur für Kündigungserklärungen, nicht aber für die Erklärung des vorzeitigen Austritts bzw für die Entlassung eines Dienstnehmers zu gelten hat.

Diese Erwägungen lassen sich auch auf § 41 des hier anzuwendenden Kollektivvertrags für Redakteure und Reporter von Tageszeitungen übertragen. Auch hier ist den Kollektivvertragsparteien zu unterstellen, dass ihnen die Möglichkeit anderer Beendigungsmöglichkeiten bekannt war, das Schriftlichkeitsgebot daher ausdrücklich nur für die Kündigung Geltung haben sollte. Insbesondere musste den Kollektivvertragsparteien auch die Beendigung des Dienstverhältnisses in einem zulässigerweise vereinbarten Probemonat präsent gewesen sein. Somit kann nicht unterstellt werden, dass die Kollektivvertragsparteien die jederzeit und ohne Angaben von Gründen gegebene Auflösbarkeit eines Probedienstverhältnisses dadurch erschweren wollten, dass auch dafür die Formvorschrift wie für eine frist- und termingebundene Kündigung Geltung haben sollte. Damit bedurfte es im vorliegenden Fall keiner schriftlichen Auflösungserklärung.

Die Einwendungen zur angeblich mangelnden Kompetenz des Chefredakteurs, ein Probedienstverhältnis aufzulösen, gehen an der ausdrücklichen Feststellung vorbei, dass der Vorgesetzte des Klägers von beiden Geschäftsführern ermächtigt war, während der Probezeit das Dienstverhältnis mit dem Kläger jederzeit aufzulösen. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.