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OGH vom 30.03.2006, 8Ob25/06v

OGH vom 30.03.2006, 8Ob25/06v

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Kuras und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Arno S*****, vertreten durch Dr. Dieter Klien, Rechtsanwalt in Dornbirn, wider die beklagte Partei Bettina I*****, vertreten durch Dr. Peter Strele, Rechtsanwalt in Bregenz, als Verfahrenshelfer, wegen Räumung, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 159/05w-34, womit über Berufung der Beklagten das Urteil des Bezirksgerichtes Bregenz vom , GZ 4 C 1313/03b-30, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der Kläger erwarb im Juni 2002 durch Zwangsversteigerung 47/2452 Anteile an einer in B***** gelegenen Liegenschaft, mit welchen Wohnungseigentum an der Wohnung top Nr 15 untrennbar verbunden ist. Die Wohnung top 15 liegt im 3. Obergeschoss einer nach 1945 neu errichteten Wohnhausanlage. Sie weist eine Nutzfläche von 63,16 m² auf, besteht aus zwei Zimmern und Nebenräumen und verfügt über einen Balkon.

Im November 1996 überließ der Voreigentümer der Beklagten - der er sehr nahe stand - die Wohnung zum Gebrauch. Eine Lebensgemeinschaft zwischen dem Voreigentümer und der Beklagten bestand nie. Die beiden haben jedoch mittlerweile einen gemeinsamen Sohn.

Der Voreigentümer vereinbarte mit der Beklagten, dass sie in der Wohnung bleiben könne, solange sie wolle. Sie habe ihn jedoch von sämtlichen Kosten, die die Wohnung für ihn mit sich bringe, freizuhalten. Eine „Miete" im klassischen Sinn verlangte der Voreigentümer nicht. Er wollte nur, dass die Beklagte sämtliche Kosten für die Wohnung trägt. Ein „Wohnrecht" der Beklagten wurde nicht verbüchert.

Der Voreigentümer bürgte zum Überlassungszeitpunkt für Geschäftsschulden des - in der Folge insolventen - Unternehmens seines Vaters. Die Wohnung diente als Sicherheit für die kreditierenden Banken. Der Vater des Voreigentümers befand sich bereits im November 1996 in wirtschaftlichen Schwierigkeiten, von denen sowohl sein Sohn als auch die Beklagte wussten. Die Beklagte zahlte nach ihrem Einzug, spätestens ab Anfang des Jahres 1997 die Betriebskostenvorschreibungen für das Objekt.

Sie trug 1997 folgende Kosten im Zusammenhang mit der Wohnung:

Grundsteuer 96,37 EUR

Gebäudeversicherung 66,34 EUR

Rücklagen Reparaturfonds 291,94 EUR*

Hausverwaltung 124,56 EUR

Hausbetreuung 111,29 EUR

Überwasser 1,73 EUR

Strom allgemein 5,18 EUR

Grünanlagen 5,49 EUR

Hauszubehör 17,32 EUR

Kleinreparaturen 13,79 EUR

Liftkosten 54,48 EUR

Bank/Buchungsgebühren 10,07 EUR

Grundkosten Heizung 261,02 EUR

Grundkosten Warmwasser 215,67 EUR

Sonstige Kosten 14,35 EUR

(* vom Berufungsgericht ergänzend festgestellt)

jährlich gesamt 1.289,60 EUR (monatlich durchschnittlich 107,5 EUR)

Welche Beträge die Beklagte 1997 für Wasser-, Kanal- und Müllgebühren

und für Grundpreis Strom aufwendete, ist nicht feststellbar.

Die Beklagte leiste monatliche Akontozahlungen, die ihr über den Voreigentümer von der Hausverwaltung vorgeschrieben wurden und deren Höhe sich aus der Betriebskostenabrechnung des jeweiligen Vorjahres ergab. Daneben bezahlte sie ihre eigenen Heiz- und Warmwasserkosten, die über die Grundkosten hinausgingen und am Ende der Abrechnungsperiode abgerechnet wurden. Sanierungsarbeiten am Haus wurden seit 1996 zur Gänze aus dem Reparaturrücklagenfonds beglichen. Derzeit wendet die Beklagte 186,18 EUR monatlich für die oben dargestellten Positionen auf. Diesen Betrag sieht die Beklagte als Mietzins an.

Im Juni 1999 kam es zur Zwangsverwaltung der Liegenschaftsanteile des Voreigentümers. Ein vom damaligen Zwangsverwalter auf Widerruf eines Prekariums gestütztes Räumungsbegehren gegen die Beklagte wurde mit der Begründung rechtskräftig abgewiesen, dass eine jederzeitige Widerruflichkeit des Benüzungsverhältnisses nicht vereinbart worden sei. Dieses Urteil war dem Kläger bei Erwerb der Liegenschaftsanteile in der Zwangsversteigerung nicht bekannt.

Im Zwangsversteigerungsverfahren erfolgte eine Schätzung der Wohnung. In einem Ergänzungsgutachten vom schätzte der Sachverständige im Zwangsversteigerungsverfahren einen fiktiv erzielbaren Mietzins für die Wohnung von 6.316 S monatlich (459 EUR). Der Kläger nahm vor Ersteigerung der Wohnung in den Zwangsversteigerungsakt Einsicht und ging davon aus, dass er einen monatlichen Mietzins von 6.316 S von der Beklagten lukrieren könne. Ein Hinweis darauf, dass ein Gebrauchsrecht der Beklagten vom Ersteher übernommen werden müsse, fand sich in den Versteigerungsbedingungen nicht.

Ein Anbot des Klägers, die Wohnung zu 80 S pro m² zuzüglich USt und Betriebskosten zu mieten, lehnte die Beklagte ab.

Der Kläger begehrt die Räumung der Wohnung. Ein Mietverhältnis der Beklagten zum Voreigentümer, das der Kläger übernehmen müsse, sei nicht begründet worden. Vielmehr sei das Rechtsverhältnis zwischen der Beklagten und dem Voreigentümer entweder als familienrechtliches Verhältnis oder als Einräumung eines obligatorischen Gebrauchsrechtes zu qualifizieren. Das Gebrauchsüberlassungsverhältnis sei als unentgeltlich zu beurteilen. Der Unentgeltlichkeit stehe es gleich, wenn bloß ein Anerkennungszins oder ein so niedriges Entgelt zu leisten sei, dass es gegenüber dem Wert der Benützung praktisch nicht ins Gewicht falle. Das sei hier der Fall.

Die Beklagte wendet ein, zwischen ihr und dem Voreigentümer sei ein Mietverhältnis begründet worden, das der Kläger zu übernehmen habe. Die Beklagte habe sich als Mieterin verpflichtet, nicht nur die mit der Benützung der Wohnung verbundenen Kosten zu tragen, sondern auch sämtliche Ausgaben zu übernehmen, die den Vermieter als Wohnungseigentümer träfen. Von der Unentgeltlichkeit des Gebrauchsüberlassungsverhältnisses könne im Hinblick auf die von der Beklagten übernommenen Zahlungen keine Rede sein.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im zweiten Rechtsgang statt. Rechtlich beurteilte es das Gebrauchsüberlassungsverhältnis zwischen der Beklagten und dem Voreigentümer als Leihvertrag. Trage nämlich der Entlehner nur jenen Aufwand, der mit dem vertragsgemäßen Gebrauch und der ordentlichen Erhaltung der Sache verbunden sei und dessen Notwendigkeit sich aus der Pflicht zur unversehrten Rückgabe der entlehnten Sache ergebe, sei kein Mietverhältnis anzunehmen. Als Entgelt für die Benutzung der Wohnung könnten nur Zahlungen, die nicht einem Mieter, sondern dem Hauseigentümer oblegen wären, in Frage kommen. Ob durch die Überwälzung derartiger Kosten ein Mietverhältnis entstehe, hänge von der Höhe dieser Kosten ab. Der Unentgeltlichkeit stehe es gleich, wenn bloß ein Anerkennungszins oder ein so niedriges Entgelt zu leisten sei, das gegenüber dem Wert der Benützung praktisch nicht mehr ins Gewicht falle. Die Bezahlung der Betriebskosten allein könne die für den Bestandvertrag essentielle Entgeltlichkeit nicht begründen. Zur Beurteilung der Unentgeltlichkeit der Gebrauchsüberlassung müsse auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses im November 1996 abgestellt werden. Nur die damals bezahlten Kosten für den Rücklagen-Reparaturfonds sowie die Bank/Buchungsgebühren stellten eine Entlastung des Wohnungseigentümers dar und seien als Entgelt für die Gebrauchsüberlassung zu werten. Kein Entgelt stelle hingegen die Übernahme der in § 21 Abs 1 MRG taxativ aufgezählten Betriebskosten dar. Stelle man die danach zu berücksichtigenden Aufwendungen in ein Verhältnis zum ortsüblich erzielbaren Mietzins (459 EUR monatlich), fielen diese Kosten kaum ins Gewicht. Ein Mietverhältnis liege daher nicht vor.

Der Kläger müsse das obligatorische Rechtsverhältnis des Voreigentümers zur Beklagten mangels Überbindung nicht übernehmen. Das Berufungsgericht gab der dagegen von der Beklagten erhobenen Berufung nicht Folge, sprach (nachträglich) aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes 20.000 EUR übersteige und dass die ordentliche Revision zulässig sei.

Inhaltlich billigte das Berufungsgericht die Rechtsauffassung des Erstgerichtes. Selbst unter Zugrundelegung der von der Beklagten behaupteten weiteren Aufwendungen in Höhe von 30 EUR jährlich im Jahr 1997 für Strom, Wasser, Kanal und Müll sei das insgesamt von der Beklagten 1997 geleistete Entgelt so geringfügig, dass es nicht als Miete zu qualifizieren sei. Die Entrichtung der mit dem Gebrauch ordentlicherweise verbundenen Kosten (etwa Wassergebühr und Grundsteuer) oder bloß der anteiligen Betriebskosten stelle keine entgeltliche Benützung dar. Eine solche liege nur vor, wenn mehr als der tatsächliche Aufwand oder andere Betriebskostenanteile übernommen würden. Hier seien daher nur die Zahlungen für den Rücklagenreparaturfonds und die Bank/Buchungsgebühren als Entgelt zu qualifizieren. Das ergebe einen als Entgelt zu qualifizierenden Anteil der Zahlungen der Beklagten von 35,02 EUR monatlich (rechnerisch richtig: 25,17 EUR), wobei dieser Betrag zum ortsüblichen Mietzins von 459 EUR in einem Verhältnis 1 : 13 (rechnerisch richtig: 1:18) stehe. Damit sei mit der Judikatur von einem der Unentgeltlichkeit gleichzusetzenden bloßen Anerkennungsmietzins auszugehen.

Die dagegen von der Beklagten erhobene Revision ist zulässig, weil es einer Auseinandersetzung mit der in der Rechtsprechung unterschiedlich beantworteten Frage bedarf, ob die Übernahme von Betriebskosten im Sinne der wohnrechtlichen Vorschriften jedenfalls als Entgelt für die Gebrauchsüberlassung zu qualifizieren ist. Die Revision ist im Sinne des in ihrem Abänderungsantrag enthaltenen Aufhebungsantrages berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Ist das Gebrauchsüberlassungsverhältnis zwischen der Beklagten und dem Voreigentümer als Leihvertrag zu qualifizieren, ist das Räumungsbegehren mangels Anwendbarkeit des § 1121 ABGB aus den vom Erstgericht zutreffend angeführten Gründen berechtigt. Ein Bestandvertrag besteht in der Überlassung des Gebrauchs einer unverbrauchbaren Sache gegen Entgelt auf gewisse Zeit. Die Entgeltlichkeit der Gebrauchsüberlassung ist wesentliches Unterscheidungsmerkmal gegenüber der Leihe. Wird als Gegenleistung für die Gebrauchsüberlassung die Verpflichtung des Gebrauchsnehmers zur Zahlung eines Entgelts vereinbart, liegt somit grundsätzlich ein Bestandvertrag vor. Allerdings steht die Verpflichtung zur Zahlung eines Entgelts der Annahme eines Leihvertrages dann nicht entgegen, wenn das geleistete Entgelt so niedrig gehalten ist, dass es gegenüber dem Wert der Benützung praktisch nicht mehr ins Gewicht fällt (Würth in Rummel ABGB I³ § 1090 Rz 3; Binder in Schwimann ABGB³ V § 1090 Rz 34; SZ 63/31; 1 Ob 184/99m). Für die Abgrenzung eines Bestandvertrages von anderen Vertragstypen ist in erster Linie die Absicht der Parteien maßgeblich. Es entscheidet somit der Parteiwille darüber, ob die Gegenleistung des Benützungsberechtigten Entgelt oder bloßer „Anerkennungszins" sein soll, soferne nicht die Umgehung mieter- oder pächterschutzrechtlicher Vorschriften eine andere

Betrachtungsweise gebietet (1 Ob 618/88 = MietSlg 40.099; 1 Ob 729/81

= MietSlg 33.145). Ergibt sich eine Absicht der vertragsschließenden

Parteien, dem Benützer zur Sicherung seiner Wohnversorgung die Stellung eines Hauptmieters einzuräumen, dann ist die Höhe des zu entrichtenden Entgeltes ohne rechtserhebliche Bedeutung. In diesem Fall ist auch dann, wenn das vereinbarte Entgelt gegenüber dem Wert der Benützung praktisch nicht mehr ins Gewicht fällt, ein Mietverhältnis anzunehmen (1 Ob 729/81). Wird hingegen für die Überlassung einer Sache zum Gebrauch ein Entgelt bedungen, das nicht so niedrig ist, dass es gegenüber dem Wert der Benützung praktisch nicht ins Gewicht fällt, liegt auch dann ein Mietvertrag vor, wenn die Absicht der Parteien nicht auf die Begründung eines Mietverhältnisses gerichtet war: Liegt nämlich eine Gebrauchsüberlassung gegen ein der Höhe nach nicht zu vernachlässigendes Entgelt vor, wäre eine Bezeichnung des Gebrauchsüberlassungsverhältnisses etwa als „Leihvertrag" mit dem tatsächlichen Vertragsinhalt nicht in Einklang zu bringen. Typische Vertragsfiguren ziehen grundsätzlich typisierte Rechtswirkungen nach sich (1 Ob 729/81 ua).

Hier hat der Voreigentümer der Beklagten die Wohnung zum Gebrauch, „solange die Beklagte wolle" gegen Übernahme sämtlicher ihn treffender Kosten für die Wohnung überlassen. Anhaltspunkte dafür, dass der Voreigentümer der Beklagten die Stellung einer Hauptmieterin einräumen wollte, lassen sich dem festgestellten Sachverhalt nicht entnehmen. Insofern unterscheidet sich der hier zu beurteilende Fall von der in der Revision zitierten Entscheidung 1 Ob 729/81: Es ist davon auszugehen, dass den Voreigentümer die Wohnung - die für Schulden des Unternehmens des Vaters des Voreigentümers, der sich damals bereits in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befand, haftete - nicht sonderlich interessierte; er wollte lediglich sichergestellt haben, dass er selbst nicht mit Kosten für die Wohnung belastet würde. Eine Einordnung des Vertragsverhältnisses zwischen dem Voreigentümer und der Beklagten als Mietvertrag unabhängig von der Höhe des geleisteten Entgeltes wegen einer gemeinsamen Parteienabsicht, der Beklagten die Stellung als Hauptmieterin zu verschaffen, scheidet also aus.

Damit kommt es aber - wie die Vorinstanzen zutreffend erkannten - darauf an, ob das von der Beklagten geleistete Entgelt als bloßer „Anerkennungszins" zu werten ist, was zur Konsequenz hätte, dass mit den Vorinstanzen von der Einordnung des Gebrauchsüberlassungsverhältnisses als Leihvertrag auszugehen ist (mangels Bestehens einer Lebensgemeinschaft zwischen dem Voreigentümer und der Beklagten, die zum Zeitpunkt der Gebrauchsüberlassung auch noch kein gemeinsames Kind hatten, fehlt es an ausreichenden Anhaltspunkten für eine aus familienrechtlichen Gegebenheiten entspringende Gebrauchsüberlassung). Den Vorinstanzen ist auch darin beizupflichten, dass für die Beurteilung, ob das entrichtete Entgelt gegenüber dem Wert der Benutzung nicht ins Gewicht fällt, auf die Verhältnisse zum Gebrauchsüberlassungszeitpunkt abzustellen ist (Würth aaO Rz 13; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht21 § 1 MRG Rz 13; 5 Ob 31/00w = wobl 2001/188). Maßgeblich sind somit die von der Beklagten zum Zeitpunkt der Gebrauchsüberlassung übernommenen Kosten für die Wohnung, die sich auch im Laufe der folgenden Jahre nicht entscheidend erhöhten. Allerdings sind die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses auch dafür maßgeblich, welcher ortsübliche Hauptmietzins zuzüglich Betriebskosten für das Objekt damals erzielbar war: Hier ist unstrittig, dass die im Wohnungseigentum stehende Wohnung dem § 1 Abs 4 Z 3 MRG unterliegt und somit vom Vollanwendungsbereich des MRG ausgenommen ist. Das führt - wie die Vorinstanzen ebenfalls zutreffend erkannten - dazu, dass das von der Beklagten geleistete Entgelt wegen der Zulässigkeit einer freien Zinsvereinbarung dem ortsüblichen Mietzins für das Objekt gegenüberzustellen ist. Der von den Vorinstanzen festgestellte „ortsübliche Mietzins" von 459 EUR wurde allerdings durch ein im November 2001 ergänztes Sachverständigengutachten ermittelt. Es steht nicht fest, welcher Mietzins zum maßgeblichen Zeitpunkt der Gebrauchsüberlassung (November 1996) erzielbar war. Insofern leiden die Urteile der Vorinstanzen an einem Feststellungsmangel: Der im Ergänzungsgutachten 2001 vom Sachverständigen ermittelte „erzielbare" Mietzins für das Objekt von 459 EUR ist nicht ohne weiteres dem im November 1996 erzielbaren ortsüblichen Mietzins gleichzusetzen. Das Erstgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren, sollte keine Außerstreitstellung erfolgen, den im November 1996 für das Objekt konkret erzielbaren Mietzins festzustellen haben. Insofern ist eine Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen unumgänglich. Zur Frage, welche von der Beklagten getragene Kosten in die Verhältnismäßigkeitsprüfung einzubeziehen sind, ist zunächst von § 981 ABGB auszugehen. Danach hat der Entlehner die mit dem Gebrauch ordentlicher Weise verbundenen Kosten selbst zu bestreiten. Das wird von der Lehre (Stanzl in Klang IV/1² 679; Bernat in Korinek/Krejci, HBzMRG 100; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht21, § 1 MRG Rz 12; Binder in Schwimann, ABGB³ IV § 981 Rz 1; Griss in KBB, § 981 Rz

2) dahin verstanden, dass jener Aufwand, der schon aus der Bereitstellung der Sache, somit auch ohne das konkrete Benützungsverhältnis entsteht, nicht zu den den Entlehner treffenden Kosten gehört. Auch in der Rechtsprechung wird betont, dass nur die Übernahme jenes Aufwandes, der mit dem vertragsgemäßen Gebrauch und der ordentlichen Erhaltung der Sache verbunden ist und deren Notwendigkeit sich aus der Pflicht zur unversehrten Rückgabe der entlehnten Sache ergibt, kein Entgelt im Sinne des § 1090 ABGB darstellt (3 Ob 599/85 = SZ 58/163; 1 Ob 695/86 = JBl 1987, 320; 8 Ob 510/91 ua).

Uneinigkeit besteht in der Rechtsprechung, ob die Tragung sämtlicher „Betriebskosten" als Tragung von Gebrauchskosten im Sinne des § 981 ABGB oder als Entgelt im Sinne des § 1090 ABGB zu qualifizieren ist:

In der Entscheidung SZ 58/163 (ebenfalls eine Eigentumswohnung betreffend) wurde die Zahlung der auf das Objekt entfallenden Betriebskosten undifferenziert dem § 981 ABGB unterstellt. Auch in SZ 63/31 wurde die Entrichtung der mit dem Gebrauch ordentlicherweise verbundenen Kosten (zB Wassergebühr und Grundsteuer) oder bloß der anteiligen Betriebskosten noch nicht als entgeltliche Benützung angesehen. Eine solche liege nur vor, wenn mehr als der tatsächliche Aufwand oder andere Betriebskostenanteile übernommen würden. In 5 Ob 62/05m wurde die Übernahme von „Betriebskosten bzw Grundsteuer, Wasser und Abwassergebühren" als der Qualifizierung als Leihe nicht hinderlich angesehen. In 8 Ob 510/91 wurde die Zahlung der „eigentlichen Betriebskosten allein" nicht als Entgelt gewertet. Davon abweichend scheint die Entscheidung 3 Ob 1569/95 davon auszugehen, dass die Überwälzung sämtlicher den Wohnungseigentümer treffenden Kosten (also auch Betriebskosten) Entgeltlichkeit des Gebrauchsüberlassungsverhältnisses bewirkt. Dort allerdings lag überdies eine Wertsicherungsvereinbarung vor.

In 9 Ob 708/91 (eine Gebrauchsüberlassung durch einen Hauptmieter betreffend) wurde die Erbringung aller mit der Erhaltung und Benützung der Wohnung verbundenen Zahlungen wie Mietzins und Betriebskosten als Entgelt beurteilt. Der Hauptmieter werde durch diese Zahlungen von Kosten befreit, wenn der Benützer ein über die allein durch den Gebrauch der Sache (wie Energie- und Telefonkosten) hinausgehendes Entgelt leiste.

Die Entscheidung 1 Ob 695/86 (JBl 1987, 320) differenziert ausdrücklich: Kosten, die dem Eigentümer unabhängig davon, ob er sein Grundstück zum Gebrauch überlässt oder nicht, erwachsen, seien weder Gebrauchs- noch Erhaltungskosten im Sinne des § 981 ABGB. Durch die vertragliche Überwälzung solcher Aufwendungen werde der Eigentümer von seiner Verpflichtung zu nicht mit dem Gebrauch der Grundstücke verbundenen Geld- oder geldwerten Leistungen, die er ohne Gebrauchsverhältnis aus seinem Vermögen zu tragen hätte, befreit. Insoweit leiste der Gebrauchsberechtigte Entgelt. Gleiches gelte für die überwälzte Grundsteuer. Diese Abgabe sei vom Grundbesitz zu entrichten und treffe den Grundeigentümer, gleichgültig, ob an dem Grundbesitz ein Gebrauchsverhältnis begründet sei oder nicht. Letzterer Auffassung ist beizupflichten. Grundsätzlich stellt nämlich im Sinne der zitierten Ausführungen der Lehre jener Aufwand, der schon aus der Bereitstellung der Sache, somit auch ohne das konkrete Benützungsverhältnis entsteht, keinen unter § 981 ABGB zu subsumierenden Aufwand dar. Daraus resultiert zunächst, dass, wie in der Entscheidung JBl 1987, 320 zutreffend hervorgehoben wurde, die Übernahme der Grundsteuer als Entgelt zu qualifizieren ist, weil die Grundsteuer unabhängig vom konkreten Gebrauch einer Liegenschaft (oder einer Eigentumswohnung) anfällt. Das gilt ebenso für die von der Beklagten geleisteten Zahlungen für die Rücklage, die der Finanzierung insbesondere der Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten dient (Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht21, § 31 WEG Rz 3). Im konkreten Fall bedarf es überdies eines Eingehens auf die in der Revision angestellten Überlegungen, wonach bei Überlassung eines Wohnungseigentumsobjektes zum Gebrauch sämtliche Betriebskostenvorschreibungen deshalb als Entgelt im Sinn des § 1090 ABGB zu qualifizieren sind, weil diese Betriebskosten vom Wohnungseigentümer unabhängig davon getragen werden, ob das konkrete Objekt benützt wird oder nicht (§ 32 Abs 1 WEG). Insoweit ist der Wohnungseigentümer mit dem Hauptmieter einer Wohnung vergleichbar, der an der Verteilung der Betriebskosten und öffentlichen Abgaben nach dem gesetzlichen Verteilungsschlüssel des § 17 Abs 1 MRG unabhängig davon teilnimmt, ob das konkrete Objekt benützt wird. Eine Durchbrechung der Verteilungsgrundsätze des § 17 Abs 1 MRG wird nur in Ausnahmefällen aus Billigkeitsgründen von der Rechtsprechung gestattet (vgl die Details dazu bei Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht21 § 17 MRG Rz 6 mwN). Würth/Zingher/Kovany, (Miet- und Wohnrecht21, § 1 MRG Rz 12) verweisen in diesem Zusammenhang darauf, dass die „Betriebskosten" einer Eigentumswohnung in der Regel für eine leerstehende Wohnung in gleicher Weise entstünden wie für eine benützte Wohnung, weshalb die für die Eigentumswohnung entrichteten Betriebskosten nicht als „mit dem ordentlichen Gebrauch verbundene Kosten" zu bezeichnen seien. Stanzl (Klang IV/1² 971) meint hinsichtlich der Betriebskosten (bezogen auf das Hauptmietverhältnis), dass sie einen Bestandteil des gesetzlichen Mietzinses bildeten und es sich dabei zum erheblichen Teil nicht um einen Aufwand handle, der unmittelbar mit dem Gebrauch der Sache verbunden sei, sondern um einen solchen, der auch ohne das konkrete Benützungsverhältnis entstehe (ähnlich: 9 Ob 708/91 ebenfalls bei Überlassung durch den Hauptmieter).

Nach Auffassung des Senates ist in dieser Frage wie folgt zu differenzieren:

Die im WEG für Wohnungseigentumsobjekte (ebenso wie im Mietrecht für gänzlich dem MRG unterliegende Objekte) verankerte gesetzliche Pflicht des einzelnen Wohnungseigentümers (Hauptmieters), die Betriebskosten eines Hauses nach einem festgelegten, vom tatsächlichen Gebrauch des Objektes unabhängigen Schlüssel mitzutragen, entspricht insbesondere dem Bedürfnis nach einer Abrechnungsvereinfachung. Die entsprechenden gesetzlichen Regeln gehen somit von der Fiktion aus, dass der gesetzliche Verteilungsschlüssel den tatsächlichen Nutzungsverhältnissen entspricht. Nur bei objektiv krass unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeiten sind Ausnahmen von dem gesetzlichen Verteilungssschlüssel vorgesehen. Diese aus dem WEG (MRG) resultierende Verpflichtung des Wohnungseigentümers (Hauptmieters), unabhängig von der tatsächlichen Benützung des Objektes Gebrauchskosten anteilig mitzufinanzieren, ändert aber nichts am grundsätzlichen Charakter „echter" Betriebskosten als Gebrauchskosten. Unterstellte man - wie von der Revision angestrebt -, dass die Tragung sämtlicher für ein Wohnungseigentumsobjekt entstehender Betriebskosten durch einen Gebrauchsberechtigten Entgelt im Sinne des § 1090 ABGB darstellt, weil der Wohnungseigentümer dadurch von einer Zahlungspflicht entlastet wird, führte das zu einer unsachlichen Ungleichbehandlung des Wohnungseigentümers gegenüber dem Eigentümer eines Einfamilienhauses: Letzterer kann, wenn das Einfamilienhaus nicht genutzt wird, seine Gebrauchskosten (Stiegenhausreinigung etc) verringern und wird dadurch von Gebrauchskosten entlastet. Überlässt er das Einfamilienhaus bloß gegen Tragung der - erst dann tatsächlich entstehenden - Gebrauchskosten, ist das zugrunde liegende Vertragsverhältnis unzweifelhaft als Leihe zu qualifizieren.

Für die Beurteilung, ob Gebrauchskosten im Sinne des § 981 ABGB vorliegen oder Entgelt für eine Gebrauchsüberlassung erbracht wird, ist daher ausschließlich darauf abzustellen, ob die übernommenen Kosten ihrer Natur nach - auch wenn sie wie im Wohnungseigentumsrecht gesetzlich typisiert vorgeschrieben werden - aus dem Gebrauch resultieren oder ob sie den Liegenschafts(mit-)eigentümer unabhängig von jedem Gebrauch der Liegenschaft aufgrund seiner (Mit)Eigentümerstellung treffen.

Daraus folgt, dass jene von der Beklagten übernommenen Aufwendungen, die ihrer Natur nach als Gebrauchskosten zu qualifizieren sind (Grundkosten Warmwasser, Grundkosten Heizung, Liftbetriebskosten, Hausverwaltung/Hausbetreuung) kein Entgelt im Sinn des § 1090 ABGB darstellen. Die Übernahme jener Kosten hingegen, die ihrer Natur keine Gebrauchskosten darstellen, (Grundsteuer, Bankgebühren, „Hauszubehör", „Kleinreparaturkosten", schließlich im Regelfall auch Kosten für die Versicherung der Liegenschaft) ist als Entgelt zu werten.

Im fortgesetzten Verfahren wird daher zunächst der ortsübliche Hauptmietzins für das Wohnungseigentumsobjekt zum maßgeblichen Zeitpunkt (November 1996) zu ermitteln sein. Danach werden nach den dargestellten Grundsätzen nur jene Positionen als „Entgelt" zu berücksichtigen sein, die ihrer Natur nicht als Gebrauchskosten im Sinne des § 981 ABGB zu qualifizieren sind. Erst dann wird eine Gegenüberstellung der als Entgelt zu wertenden Beträge zu dem im November 1996 ortsüblich erzielbaren Hauptmietzins (zuzüglich Betriebskosten jener „Betriebskostenanteile", die im Sinn der dargelegten Grundsätze als Entgeltbestandteile zu qualifizieren sind) beurteilen lassen, ob das von der Beklagten geleistete Entgelt seiner Natur nach so wenig ins Gewicht fällt, dass die Annahme eines Leihverhältnisses gerechtfertigt ist. Dabei wird im Sinne der Rechtsprechung zu ortsüblich vermietbaren Objekten der Entgeltcharakter etwa ab bei einem Verhältnis 1 : 10 zu verneinen sein (vgl dazu die Rechtsprechungsnachweise bei Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht21 § 1 MRG Rz 13 mwN). Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.