OGH vom 16.03.2004, 10ObS25/04f

OGH vom 16.03.2004, 10ObS25/04f

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Hoch als weitere Richter (Senat nach § 11a ASGG) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Ing. Walter O. B*****, Pensionist, H-*****, vertreten durch Dr. Franz Sturm, Rechtsanwalt in Wien, dieser vertreten durch Dr. Helmut Denck, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, wegen EUR 142.442 sA, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Rs 90/03m-18, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 2 Abs 1 ASGG iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass sich das vorliegende Rechtsmittel, wie bereits das Rekursgericht in seinem Beschluss vom (ON 29) über die Zurückweisung des Antrages des Klägers auf Änderung des Zulässigkeitsausspruches zutreffend dargelegt hat, als außerordentlicher Revisionsrekurs darstellt. Nach der seit der ZVN 2002, BGBl I 2002/76, auch in Arbeits- und Sozialrechtssachen anwendbaren Bestimmung des § 528 Abs 1 ZPO ist der Revisionsrekurs gegen den Beschluss des Rekursgerichtes nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Rekursgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist.

Rechtliche Beurteilung

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

Nach § 353 ASVG gliedern sich die in diesem Teil geregelten Verfahren in Leistungssachen und in Verfahren in Verwaltungssachen. Leistungssachen sind nach der taxativen Aufzählung der Bestimmung des § 354 ASVG die Angelegenheiten, in denen es sich handelt um

1. die Feststellung des Bestandes, des Umfanges oder des Ruhens eines Anspruches auf eine Versicherungsleistung einschließlich einer Feststellung nach § 367 Abs 1, soweit nicht hiebei die Versicherungszugehörigkeit (§§ 13 bis 15), die Versicherungszuständigkeit (§§ 26 bis 30), die Leistungszugehörigkeit (§ 245) oder die Leistungszuständigkeit (§ 246) in Frage steht;

2. Feststellung der Verpflichtung zum Rückersatz einer zu Unrecht empfangenen Versicherungsleistung,

3. Streitigkeiten über Ersatzansprüche der Träger der Sozialhilfe gemäß Abschnitt II des Fünften Teiles,

4. Feststellung von Versicherungszeiten der Pensionsversicherung außerhalb des Leistungsfeststellungsverfahrens auf Antrag des Versicherten (§ 247).

Alle nicht gemäß § 354 ASVG als Leistungssachen geltenden Angelegenheiten, für die nach § 352 ASVG die Bestimmungen dieses Teiles gelten, sind Verwaltungssachen. Insbesondere gehören zu den Verwaltungssachen die

1. Feststellung der Versicherungspflicht, der Versicherungsberechtigung sowie des Beginnes und Endes der Versicherung,

2. Feststellung der Versicherungszugehörigkeit und -zuständigkeit, in der Pensionsversicherung auch der Leistungszugehörigkeit und -zuständigkeit,

3. Angelegenheiten der Beiträge der Versicherten und ihrer Dienstgeber, einschließlich der Beitragszuschläge nach § 113,

4. Angelegenheiten der Überweisungen in der Pensionsversicherung bei Aufnahme in ein pensionsversicherungsfreies Dienstverhältnis oder beim Ausscheiden aus einem solchen,

5. Streitigkeiten zwischen den Versicherungsträgern bzw den Versicherungsträgern und dem Hauptverband aus der Durchführung dieses Bundesgesetzes, insbesondere solche gemäß Abschnitt I des Fünften Teiles.

Nach § 65 Abs 1 Z 1 ASGG sind Sozialrechtssachen Rechtsstreitigkeiten über den Bestand, den Umfang oder das Ruhen eines Anspruchs auf Versicherungs- oder Pflegegeldleistungen, soweit hiebei nicht die Versicherungszugehörigkeit, die Versicherungszuständigkeit, die Leistungszugehörigkeit oder die Leistungszuständigkeit in Frage stehen. Nach § 65 Abs 1 Z 4 ASGG sind Sozialrechtssachen auch Rechtsstreitigkeiten über den Bestand von Versicherungszeiten der Pensionsversicherung (§§ 247, 247a ASVG ...), soweit diese Rechtsstreitigkeiten nicht Teil einer Rechtsstreitigkeit nach Z 1 sind (§ 354 Z 4 ASVG ...).

Wie der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen hat, geht es sowohl bei der Erstattung entrichteter Beiträge als auch bei der Anrechnung von entrichteten Beiträgen für die Höherversicherung nicht um Angelegenheiten, bei denen es sich um die Feststellung des Bestandes, des Umfanges oder des Ruhens eines Anspruches auf eine Versicherungsleistung oder die Feststellung von Versicherungszeiten der Pensionsversicherung außerhalb des Leistungsfeststellungsverfahrens auf Antrag des Versicherten (§ 247 ASVG) handelt (die anderen Fälle des § 65 Abs 1 ASGG kommen keinesfalls in Frage), also um keine Leistungssachen iSd § 354 ASVG und damit auch um keine Sozialrechtssachen im Sinne des § 65 ASGG. Ein solches Begehren betrifft vielmehr eine Angelegenheit der Beiträge des Versicherten und damit eine Verwaltungssache iSd § 355 Z 3 ASVG (SSV-NF 6/139; 2/61).

Nichts anderes kann im vorliegenden Fall gelten, in welchem der Kläger sein Begehren vorrangig darauf stützt, dass die beklagte Partei über seinen im Jahr 1996 gestellten Antrag auf Nachzahlung fehlender Versicherungszeiten bisher nicht entschieden habe. Hätte die beklagte Partei dem Kläger den Nachkauf von Versicherungsmonaten ermöglicht, würde der Kläger nunmehr eine höhere Pension beziehen. Dem Kläger ist nach seinem Klagsvorbringen durch die Nichterledigung seines Antrages durch die beklagte Partei ein Vermögensschaden in Höhe des Klagsbetrages entstanden. Obwohl sich nachgekaufte Versicherungsmonate auf die Höhe einer Pension auswirken, handelt es sich dennoch derzeit noch nicht um eine Rechtsstreitigkeit über den Umfang eines Anspruches auf eine Versicherungsleistung iSd § 354 Z 1 ASVG und § 65 Abs 1 Z 1 ASGG (vgl SSV-NF 6/139 mwN). Die Rechtsstreitigkeit betrifft aber auch nicht den Bestand von Versicherungszeiten iSd Z 4 dieser Gesetzesstellen, weil es nicht darum, sondern vorerst nur um die Möglichkeit eines Nachkaufs von Versicherungsmonaten geht. Streitigkeiten über den Nachkauf von Versicherungsmonaten gehören vielmehr zu den Verwaltungssachen und fallen daher nicht in die Zuständigkeit der Arbeits- und Sozialgerichte (Fink, Die sukzessive Zuständigkeit im Verfahren in Sozialrechtssachen 116; vgl auch ; , 98/08/0143; , 90/08/0228 uva).

Auch ein mit der Klage allenfalls geltend gemachter Schadenersatzanspruch gegen die beklagte Partei nach dem AHG fällt nicht in die Zuständigkeit der Arbeits- und Sozialgerichte. Eine (amtswegige) Überweisung der Klage an die zuständige Verwaltungsbehörde oder das Amtshaftungsgericht ist auch im Verfahren in Sozialrechtssachen nicht vorgesehen. Schließlich ist der weitere Einwand des Klägers, er habe keine Möglichkeit, sich gegen eine Untätigkeit eines Sozialversicherungsträgers zur Wehr zu setzen, ebenfalls nicht berechtigt, da die über Antrag des Versicherten in Verwaltungssachen zu erlassenden Bescheide zur Feststellung der sich für den Antragsteller aus dem Sozialversicherungsrecht ergebenden Rechte und Pflichten ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber 6 Monate nach Einlangen des Antrages zu erlassen sind. Wird der Partei innerhalb dieser Frist der Bescheid nicht zugestellt, so geht auf ihr schriftliches Verlangen die Zuständigkeit zur Entscheidung an den Landeshauptmann über (§ 410 Abs 2 ASVG).

Da der Rechtsmittelwerber somit keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO aufzeigen konnte, ist der außerordentliche Revisionsrekurs zurückzuweisen.