Suchen Hilfe
OGH vom 08.06.2000, 8Ob246/99f

OGH vom 08.06.2000, 8Ob246/99f

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Adamovic und Dr. Spenling als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B*****-Bank AG, *****, vertreten durch Dr. Harald Bisanz, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei P*****-GesmbH, *****, vertreten durch Dr. Hermann Graus, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen DEM 95.523,14 = S 668.661,98 sA über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 133/99i-23, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Der Antrag auf Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung wird gemäß § 508a Abs 2 Satz 2 ZPO abgewiesen.

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Zur Begleichung eines Rechnungsbetrages von DM 95.523,14 übersandte die Kundin der Beklagten an diese einen Scheck über den Rechnungsbetrag und gleichzeitig einen mit datierten, am fälligen Wechsel über denselben Betrag, der die Kundin der Beklagten als Bezogene auswies und von dieser bereits akzeptiert war. Die Beklagte löste den Scheck bei der Klägerin ein, unterfertigte den Wechsel als Ausstellerin, indossierte den Wechsel an die Order ihrer Kundin (und Akzeptantin des Wechsels) und sandte ihn wieder an ihre Kundin zurück. Diese indossierte den Wechsel sodann an die Klägerin und reichte ihn spätestens am bei dieser zum Diskont ein, worauf ihr die Diskontkreditsumme von der Klägerin gutgeschrieben wurde. Die Bezahlung der Warenlieferungen an diese Kundin, mit der die Beklagte seit 1996 in Geschäftsverbindung stand, war bis dahin gleichfalls auf diese Weise im sogenannten Wechsel-Scheck-Verfahren erfolgt. Nach Protest mangels Zahlung nahm die Klägerin die Beklagte mit der vorliegenden Wechselklage als Ausstellerin in Anspruch.

Den durchaus umfassenden Einwendungen der Beklagten kann nur entnommen werden, dass die klagende Bank nach ihrer Meinung gegen die Aufklärungspflicht über die Zahlungsunfähigkeit bzw Überschuldung des Akzeptanten oder dessen unmittelbar bevorstehenden wirtschaftlichen Zusammenbruch, die auch für Diskontverträge gelte, verstoßen habe (SZ 53/13; 61/26; 64/169 uva; zuletzt 8 Ob 214/97x), nicht aber, dass die Beklagte damit auch zum Ausdruck bringen wollte, dass die klagende Bank bei Hereinnahme des Wechsels zur Diskontierung durch den Akzeptanten, an den der Wechsel von der Beklagten indossiert worden war, bewusst zum Nachteil der Beklagten gehandelt habe.

Die Erörterung der hier nur theoretischen Frage, ob bei unklarem Vorbringen das Vorliegen der Voraussetzungen des Art 17 WG vom Erstgericht im Rahmen seiner Manuduktionspflicht auch mit anwaltlich vertretenen Parteien hätte erörtert werden müssen, kann vorliegendenfalls schon deshalb unterbleiben, weil nicht festgestellt werden konnte, dass die Bank von dem unmittelbar bevorstehenden wirtschaftlichen Zusammenbruch des Käufers wusste; ist dies nicht der Fall, kann die klagende Bank hiedurch auch nicht bewusst zum Nachteil der Beklagten bei Hereinnahme des Wechsels zur Diskontierung gehandelt haben.

Es wurde im Gegenteil festgestellt, dass die Beklagte bereits vor Ausstellung des Wechsels von den finanziellen Schwierigkeiten ihres Kunden wusste. Es wäre daher vor allem Sache der Beklagten gewesen, das finanzielle Risiko abzuschätzen, die Bezahlung der Waren wie bisher in sog "Wechsel-Scheck-Verfahren" abzuwickeln, anstatt eine sichere Vorgangsweise (zB Lieferung nur gegen Barzahlung) zu wählen, oder, wenn eine solche nicht möglich gewesen sein sollte, von dem Geschäft überhaupt Abstand zu nehmen. Dass die Beklagte nicht gewusst hätte, dass im Falle der Nichtbegleichung der Wechselschuld durch ihren Kunden als Akzeptanten es zu einem Rückgriff der Bank gegen sie als Ausstellerin des Wechsels kommen könnte, behauptet sie nicht einmal, und wäre dies auch nicht relevant, weil sie sich als Kaufmann ein solches Wissen jedenfalls zurechnen lassen müsste.

Es ist stets Sache des Beklagten, Einwendungen zu erheben und hiefür Beweismittel anzubieten. Dazu gehört gegebenenfalls auch der Antrag, einen Sachverständigenbeweis darüber einzuholen, dass die klagende Bank bei ordnungsgemäßer Sorgfalt aus den ihr bekannten Unterlagen hätte erkennen müssen, dass der unmittelbare wirtschaftliche Zusammenbruch des Akzeptanten bevorstand. Dass das Gericht dieses Erkennenmüssen verneinte, kann für die Beklagte nach Durchführung der beantragten Vernehmungen nicht überraschend gewesen sein. Das Berufungsgericht hat plausibel dargelegt, dass infolge des Verkaufs der Lebensmittelkette, die zum Konzern gehörte, zu der auch der Kunde der Beklagten gehörte, ein positives außerordentliches Ergebnis erzielt wurde, welches das negative Betriebsergebnis mehr als wett machte und sohin insgesamt zu einem erheblichen Bilanzüberschuss des Konzerns für das Jahr 1996 führte.

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass die Entscheidung des Berufungsgerichtes im Einklang mit der höchstgerichtlichen Rechtsprechung steht. Die von der Beklagten behaupteten erheblichen Rechtsfragen sind entweder bereits geklärt oder nicht entscheidungsrelevant. Die Beklagte versucht vielmehr mit ihrer außerordentlichen Revision vergeblich, das Risiko, das sie bei Beibehaltung der bisherigen Vorgangsweise zur Begleichung der Kaufsumme einging, obwohl ihr inzwischen die finanziellen Schwierigkeiten des Kunden bereits bekannt geworden waren, auf die den Kaufpreis vorfinanzierende Bank zu überwälzen, für die aber bei dem ihr bekannten Sachverhalt jedenfalls kein Anlass für eine besondere Warnung der Beklagten bestand, sodass dahingestellt bleiben kann, ob im vorliegenden Fall die klagende Bank gegenüber der Beklagten, mit der sie in keinerlei Rechtsbeziehung stand, weil der Wechsel ja nicht von dieser, sondern vom Akzeptanten zur Diskontierung eingereicht wurde, überhaupt eine Aufklärungspflicht getroffen hätte.

Fundstelle(n):
MAAAD-97821