OGH vom 20.04.1993, 11Os30/93
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rzeszut, Dr. Hager, Dr. Schindler und Dr. Mayrhofer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Hautz als Schriftführer, in der Strafsache gegen Peter B***** wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach dem _ 33 Abs 2 lit a und b FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom , GZ 25 Vr 2711/91-62, sowie über die Beschwerde des Angeklagten gegen den gemäß dem _ 494a Abs 4 StPO gleichzeitig mit diesem Urteil gefaßten Beschluß nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr. Raunig, des Angeklagten Peter B***** und des Verteidigers Dr. Holzinger zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird dahin Folge gegeben, daß die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auf 4 (vier) und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 2 (zwei) Monate herabgesetzt werden. Im übrigen wird der Berufung und der Beschwerde nicht Folge gegeben.
Gemäß dem _ 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Peter B***** des Vergehens der Abgabenhinterziehung nach den __ 33 Abs 2 lit a (1.) und lit b (2.) FinStrG schuldig erkannt.
Darnach hat er in K*****
1. in der Zeit vom bis zum , vom bis zum sowie vom bis zum (fortgesetzt) vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem _ 21 UStG 1972 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für die Monate Jänner 1988 bis Juli 1989, September 1989 bis Dezember 1989 und April 1990 bis März 1991 in der Höhe von insgesamt 671.800 S sowie
2. in der Zeit vom bis zum unter Verletzung der Verpflichtung zur Führung von dem _ 76 EStG entsprechenden Lohnkonten eine Verkürzung an Lohnsteuer und Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen im Gesamtbetrag von 379.163 S
bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiß gehalten.
Rechtliche Beurteilung
Dieses Urteil wird vom Angeklagten mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 4 und 9 lit a des _ 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft. Gegen den Strafausspruch und einen gleichzeitig mit dem Urteil verkündeten und ausgefertigten Widerrufsbeschluß richten sich die Berufung und die Beschwerde des Angeklagten.
Die Nichtigkeitsbeschwerde erweist sich als unbegründet:
Als Verfahrensmangel (Z 4) rügt der Angeklagte, daß sein in der Hauptverhandlung vom gestellter Antrag auf zeugenschaftliche Einvernahme seiner Gattin Maria B*****, des (erst in der Rechtsmittelschrift als zuständiger Referent der Bezirkshauptmannschaft K***** für das Campingwesen bezeichneten) Dr. Hans Walter S***** und des Gemeindesekretärs Herbert H***** (271) nicht entsprochen worden sei.
Zwar hat das Erstgericht über diesen Antrag, mit dem die angenommene Auslastung eines vom Angeklagten betriebenen Campingplatzes und demzufolge auch die hierauf gegründete Einschätzung entsprechender Entnahmen seitens der Finanzbehörde als überhöht dargetan werden sollte, entgegen der Bestimmung des _ 238 StPO nicht in der betreffenden, zum Urteil führenden Hauptverhandlung entschieden, sondern lediglich im Urteil nachgetragen, weswegen es den unerledigt gelassenen Beweisantrag für unbegründet erachtete (US 10). Ungeachtet dessen ist jedoch unzweifelhaft erkennbar, daß diese (in der Beschwerde zudem nicht gerügte) Formverletzung keinen dem Angeklagten nachteiligen Einfluß auf die Entscheidung ausüben konnte, weil sich der Beweisantrag inhaltlich als verfehlt erweist (_ 281 Abs 3 StPO).
Abgesehen davon, daß das Erstgericht hinsichtlich der Einkünfte aus dem Campingplatzbetrieb ohnehin keineswegs uneingeschränkt den Berechnungen der Finanzbehörde, sondern vielmehr dem im Ergebnis auch insoweit für den Angeklagten günstigeren Gutachten des Buchsachverständigen Dkfm. Walter B***** (107 ff, 113 ff, 133 ff, 270 f iVm US 8 f) folgte (welcher zwar einerseits grundsätzlich von den als denkbar beurteilten Ansätzen der Finanzbehörde ausging und zu höheren Campingplatzerlösen für die Jahre 1989 und 1990 als diese Behörde gelangte, andererseits aber die Erzielung derartiger Einkünfte für 1991 verneinte und seiner Beurteilung generell den für den Angeklagten günstigsten Fall zugrundelegte), unterließ der Angeklagte die gegenständlich gebotene nähere Spezifizierung seines Beweisbegehrens. Die Tätigkeit der Zeugen Dr. S***** und Herbert H***** als zuständige Organwalter der Bezirkshauptmannschaft bzw der Ortsgemeinde indiziert nämlich lediglich eine - für die Ermittlung der aktuellen Einkünfte nicht ausreichende - stichprobenweise Überprüfungsmöglichkeit. Weder ist den Akten zu entnehmen noch wurde im Rahmen der Antragstellung oder in der Beschwerde dargetan, daß die erwähnten Organwalter gleichsam lückenlose, tägliche Beobachtungen erfordernde Wahrnehmungen (unter allfälliger Herstellung entsprechender Aufzeichnungen) über die Auslastung des - vom Angeklagten während der fraglichen Zeit trotz behördlicher Sperre weiter benützten - Campingplatzes zu machen in der Lage gewesen wären. Nur für diesen Fall hätte aber von ihnen eine auf tauglichen Grundlagen beruhende Bestätigung der Angaben des Angeklagten erwartet werden können. Nichts anderes gilt aber auch für die beantragte Aussage der Gattin des Angeklagten, mag diese auch stets in dessen Betrieb mitgearbeitet haben. Schon durch die Umlegung der (mit 30 Tagen pro Jahr) ohnedies sinnfällig gering veranschlagten Vollauslastung des Platzes auf den jeweiligen Zeitraum eines Jahres wird bei jedem Beobachter der Eindruck hervorgerufen, daß der Platz insgesamt nur wenig besucht war. Daß Maria B***** auf Grund einer spezifischen innerbetrieblichen Tätigkeit, wie etwa der Befassung mit buchhalterischen Arbeiten oder der Erstellung sonstiger bezughabender Unterlagen ausreichende Detailkenntnisse von den tatsächlichen Auslastungsverhältnissen erworben und daher auch zur Bestätigung der Behauptungen des Angeklagten in der Lage gewesen wäre, wurde bei der Antragstellung nicht behauptet.
Das nach Lage des Falles mithin insgesamt untaugliche Beweisbegehren konnte demnach ohne Hintansetzung entscheidender Verteidigungsinteressen auf sich beruhen.
Aber auch die Rechtsrüge (Z 9 lit a), mit der sich der Angeklagte auf die gänzliche Abdeckung des ihm angelasteten Hinterziehungsbetrages durch die Einräumung von Bankgarantien und einer hypothekarischen Sicherstellung beruft, versagt.
Das Finanzvergehen nach _ 32 Abs 2 lit a FinStrG ist nämlich bereits (technisch) vollendet, wenn die Umsatzsteuervorauszahlung bis zum spätesten nach den abgabenrechtlichen Vorschriften zulässigen Zeitpunkt, das heißt gemäß _ 21 Abs 1 UStG 1972 binnen der Frist von einem Kalendermonat und zehn Tagen nach Ablauf des jeweils als Voranmeldungszeitraum in Betracht kommenden Kalendermonats, innerhalb deren auch die zu entrichtende Umsatzsteuervorauszahlung zu berechnen und eine entsprechende Voranmeldung bei dem für die Umsatzsteuereinhebung zuständigen Finanzamt einzureichen sind, nicht oder nicht zur Gänze entrichtet wird. Die dem Angeklagten zur Last liegende Abgabenverkürzung nach _ 33 Abs 2 lit a FinStrG war demnach bereits mit der nicht rechtzeitigen Entrichtung der betreffenden, selbst zu berechnenden Abgabe bewirkt (_ 33 Abs 3 lit b FinStrG; vgl hiezu MGA Erl 9, E 1 mwN).
Gleiches gilt für den Vergehenstatbestand nach dem _ 33 Abs 2 lit b FinStrG für jene Zeit, in welcher der Angeklagte unter Verletzung seiner Verpflichtung zur Führung von dem _ 76 EStG 1972 (nunmehr 1988 iVm _ 43 Abs 2 FLAG 1976) entsprechenden Lohnkonten, die ebenfalls selbst zu berechnende Lohnsteuer sowie die ebenso zu ermittelnden Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfe nicht fristgerecht an das Finanzamt seiner Betriebsstätte abführte und damit die Abgabenverkürzung bewirkte (vgl abermals MGA, aaO, Anm 8 und 8a).
Der Beschwerdeauffassung zuwider hinderte demnach - worauf schon im Ersturteil zutreffenderweise hingewiesen wurde - das Vorhandensein von Bankgarantien und einer hypothekarischen Sicherstellung, deren Realisierung nach den bezughabenden Urteilsfeststellungen zudem (auch) die ständig wiederholten Erklärungen des Angeklagten, neue Unterlagen über die Höhe seiner Steuerschuld beibringen zu wollen, entgegenstanden (US 7), keineswegs die jeweilige Tatbestandsverwirklichung. Den Bankgarantien und der Hypothek könnte demnach bei - im vorliegenden Fall nicht gegebener (US 7) - Realisierung lediglich Bedeutung unter dem Gesichtspunkt einer nachträglichen Schadensgutmachung in der Bedeutung des Milderungsgrundes nach _ 34 Z 14 StGB (iVm _ 23 Abs 2 FinStrG) zukommen.
Soweit die Rüge aus der Erbringung der Bankgarantien und der hypothekarischen Sicherstellung auch das Fehlen der subjektiven Tatseite abzuleiten sucht, negligiert sie die ausdrücklich Wissentlichkeit (_ 5 Abs 3 StGB iVm _ 33 Abs 2 FinStrG) des Angeklagten in bezug auf den Verkürzungserfolg sowie vorsätzliches Handeln (_ 5 Abs 1 StGB, _ 8 Abs 1 FinStrG) bejahenden Urteilsfeststellungen (US 7, 10 und 11) und erweist sich damit insofern als nicht gesetzeskonform ausgeführt.
Schließlich ebenfalls zu Unrecht behauptet der Angeklagte - formell unter dem Gesichtspunkt der Z 9 lit a, der Sache nach der Z 11 des _ 281 Abs 1 StPO, daß das Erstgericht bei der Strafbemessung auf das (seit dem rechtskräftige) Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom , GZ 24 Vr 2034/88, Hv 169/88-29, mit dem er gleichfalls des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach _ 33 Abs 2 lit a und lit b FinStrG schuldig erkannt worden war, Bedacht nehmen und daher im gegenständlichen Verfahren eine Zusatzstrafe gemäß dem _ 21 Abs 3 FinStrG hätte verhängen müssen. Eine derartige Bedachtnahme verlangt allerdings, daß die der späteren Verurteilung zugrundeliegenden Finanzdelikte in einem gemeinsamen Strafverfahren hätten abgeurteilt werden können und demnach alle den Gegenstand des neuen Urteils bildenden Straftaten schon vor der Fällung des früheren, gemäß _ 21 Abs 3 FinStrG zu berücksichtigenden Urteils begangen wurden. Im Hinblick auf die bis zum reichende Tatzeit im nunmehrigen (späteren) Verfahren sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, sodaß die Nichtigkeitsbeschwerde auch in diesem Punkt - unabhängig von der Frage, inwieweit das Vorbringen überhaupt einen Nichtigkeitsgrund behauptet - unberechtigt ist.
Die sohin zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Der Berufung, mit welcher der Angeklagte die bedingte Nachsicht der Geldstrafe und die Herabsetzung der Freiheitsstrafe begehrt, kommt hingegen teilweise, und zwar hinsichtlich des zuletzt genannten Begehrens, Berechtigung zu.
Peter B***** wurde mit dem angefochtenen Urteil nach den __ 33 Abs 5 FinStrG unter Anwendung der __ 21, 15 Abs 2 und 26 FinStrG zu einer Geldstrafe von 400.000 S und einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten sowie gemäß _ 20 FinStrG für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt. Die Freiheitsstrafe in der Dauer von fünf Monaten wurde gemäß dem _ 26 FinStrG (_ 43a Abs 2 StGB) unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Mit einem gemäß _ 494a Abs 4 StPO gemeinsam mit dem Urteil verkündeten und ausgefertigten Beschluß wurde zudem die bedingte Nachsicht eines Teiles der Geldstrafe in der Höhe von 600.000 S, die mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom , GZ 24 Vr 2034/88, Hv 169/88-29, gewährt worden war, widerrufen und der Vollzug auch dieser Geldstrafe angeordnet.
Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht als mildernd nur den Umstand, daß jener Wert, bei dem die gerichtliche Strafbarkeit beginnt, nur geringfügig überschritten wurde, als erschwerend nahm es hingegen an, daß der Angeklagte das Vergehen der Abgabenverkürzung in zwei Deliktsformen beging, einschläg vorbestraft ist und rasch rückfällig wurde, daß darüberhinaus zahlreiche verwaltungsbehördliche Vorstrafen wegen Finanzdelikten vorliegen sowie den langen Tatzeitraum.
Angesichts der Tatsache, daß der Angeklagte unmittelbar nach seiner Verurteilung durch das Landesgericht Innsbruck vom , AZ 24 Vr 2034/88, Hv 169/88-29, womit ein Teil der über ihn verhängten Geldstrafe im Ausmaß von 600.000 S bedingt nachgesehen worden war, sein strafbares Verhalten fortgesetzt hat, erachtete das Erstgericht auch den Widerruf der damals gewährten teilbedingten Strafnachsicht zusätzlich zur neuerlichen Verurteilung für geboten.
Im Rahmen der Ausführungen zur Berufung übergeht der Beschwerdeführer zunächst die Feststellungen des angefochtenen Urteiles zum Fortsetzungszusammenhang und behauptet unsubstantiiert, daß - ungeachtet der kontinuierlich fortgesetzten Delinquenz nach der Vorverurteilung - von einem raschen Rückfall nicht gesprochen werden könne. Mit der Behauptung schließlich, es sei durch die Tat des Angeklagten kein Schaden entstanden, verkennt er - wie bereits im Rahmen der Nichtigkeitsbeschwerde - neuerlich das Wesen der ihm zur Last liegenden Vergehen, vernachlässigt die Konstatierungen zum Schaden (neuerlich US 7) und übersieht zudem, daß die erkennenden Richter als mildernd ohnedies berücksichtigten, daß der die gerichtliche Zuständigkeit begründende Verkürzungsbetrag nur geringfügig überschritten wurde. Nach Auffassung des Obersten Gerichtshofes ist in diesem Zusammenhang allerdings zusätzlich als mildernd zu berücksichtigen, daß die Einbringung der Steuerschuld durch Bankgarantien und eine Hypothek sichergestellt ist, weswegen die bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe auf 4 (vier) und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 2 (zwei) Monate als tatschuldadäquat herabgesetzt werden konnten. Auf Grund des raschen Rückfalls und des langen Tatzeitraumes bestand hingegen für die - ebenfalls begehrte - bedingte Nachsicht der Geldstrafe allein aus spezialpräventiver Sicht keine Möglichkeit.
Die von der im vorangegangenen Verfahren gewährten bedingten Nachsicht eines Teiles der Geldstrafe unbeeindruckte Fortsetzung des deliktischen Verhaltens durch den Angeklagten läßt aber - im Gegensatz zu seiner Auffassung - auch den Widerruf dieser teilbedingten Strafnachsicht zusätzlich zur abermaligen Verurteilung geboten erscheinen, weswegen die Beschwerde erfolglos bleiben mußte.
Der Vollzug einer Freiheitsstrafe ist entgegen den - insofern mißverständlichen - Ausführungen der Beschwerde derzeit nicht aktuell.
Die Kostenentscheidung ist in der angeführten Gesetzesstelle begründet.