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OGH vom 21.10.1999, 8Ob245/99h

OGH vom 21.10.1999, 8Ob245/99h

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Adamovic und Dr. Spenling als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Einlagensicherung der Banken und Bankiers Gesellschaft mbH, 1013 Wien, Börsegasse 11, vertreten durch Hügel, Dallmann & Partner, Rechtsanwälte in Mödling, wider die beklagte Partei Bausparkasse Wüstenrot AG, 5020 Salzburg, Alpenstraße 70, vertreten durch Raits, Ebner & Partner, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen S 31,648.436,87 s. A. und Feststellung (S 100.000,--), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom , GZ 3 R 224/98b-35, womit über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom , GZ 12 Cg 19/97g-30, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

1) Der Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Revisionsverhandlung wird abgewiesen.

2) Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 69.635,38 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 11.605,89 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

§ 93 des am in Kraft getretenen Bankwesengesetzes (BGBl 532/1993) hat - soweit hier von Interesse - folgenden Wortlaut:

"(Abs 1) Kreditinstitute, die Einlagen auf Konten von Verbrauchern oder Spareinlagen natürlicher Personen entgegennehmen, haben der Einlagensicherung im Rahmen ihres Fachverbandes anzugehören. Gehört ein solches Kreditinstitut einer Einlagensicherungseinrichtung nicht an, erlischt seine Berechtigung (Konzession) zum Betrieb des Einlagengeschäftes; § 7 Abs 2 ist anzuwenden.

(Abs 2) Jeder Fachverband hat eine Einlagensicherungseinrichtung zu unterhalten, die alle diesem Fachverband angehörenden Kreditinstitute mit der Berechtigung zur Entgegennahme von gemäß Abs 1 sicherungspflichtigen Einlagen aufzunehmen hat. Die Einlagensicherungseinrichtungen sind in Form von Haftungsgesellschaften als juristische Personen zu betreiben. Die Einlagensicherungseinrichtungen haben insgesamt zu gewährleisten, dass, falls über ein Mitgliedsinstitut der Konkurs eröffnet wird, die Geschäftsaufsicht angeordnet wird (§ 83) oder hinsichtlich der gesicherten Einlagen eine Zahlungseinstellung behördlich verfügt wird, die Einlagen gemäß Abs 1 bis zu einem Höchstbetrag von S 200.000,- (seit der Nov. BGBl 338/1995 S 260.000.-) oder Gegenwert in fremder Währung pro natürlicher Person auf deren Verlangen und nach Legitimierung innerhalb von längstens drei Monaten ausbezahlt werden;

........

(Abs 3) Die Einlagensicherungseinrichtung hat ihre Mitgliedsinstitute zu verpflichten, für den Fall einer Auszahlung gesicherter Einlagen unverzüglich anteilsmäßige Beiträge zu leisten, die nach dem Anteil der übrigen Mitgliedsinstitute zum vorhergehenden Bilanzstichtag an der Summe dieser gesicherten Einlagen zu bemessen sind. Die Mitgliedsinstitute sind jedoch im Geschäftsjahr höchstens zu Beitragsleistungen im Ausmaß eines Drittels der Haftrücklage zum letzten Bilanzstichtag verpflichtet."

Der Inhalt dieser Bestimmungen entspricht im Wesentlichen der vor ihrem Inkrafttreten bestehenden, durch § 31 Kreditwesengesetz (KWG) bestimmten Rechtslage; ihre Änderungen durch die Novellen BGBl 445/1996, 753/1996 und I 63/1999 sind hier nicht von Interesse.

Die Klägerin ist die Einlagensicherungseinrichtung des Fachverbandes der Banken und Bankiers. Dessen Mitgliedsinstitute übernahmen am Mindestkapital der Klägerin von S 500.000.- Stammeinlagen im Verhältnis zu den Volumina der jeweils zu sichernden Einlagen, wobei jedoch ein Mindestanteil von S 2.000,- vorgesehen war.

Das Bausparkassengeschäft war gemäß § 2 Abs 2 Z 1 KWG von der Anwendbarkeit des KWG ausgenommen. Trotzdem war die Beklagte, die hauptsächlich das Bauspargeschäft betreibt, der Klägerin beigetreten, weil sie in geringem Umfang auch Einlagen auf Sparbücher und Giralkonten entgegennahm. Wegen des geringen Umfanges ihrer sicherungspflichtigen Einlagen übernahm sie lediglich einen Mindestgesellschaftsanteil von S 2.000,-.

Da die Klägerin über keine liquiden Geldmittel verfügt, müssen die im Einlagensicherungsfall erforderlichen Beträge von den einzelnen Mitgliedsinstituten nach dem in § 93 Abs 3 BWG (nunmehr § 93a Abs 1 BWG) vorgesehenen Schlüssel aufgebracht werden.

Im Gesellschaftsvertrag der Klägerin finden sich die Abwicklung im Haftungsfall regelnde Bestimmungen in den §§ 3 und 4. § 3 betrifft ausschließlich die Verpflichtungen der Klägerin, nicht aber die Beitragspflicht der Mitgliedsbanken.

§ 4 des Gesellschaftsvertrages hat folgenden Wortlaut:

"Regress

(1) Die Gesellschaft hat das Recht für im Sinne des § 3 Abs 1 geleistete Entschädigungszahlungen von der Bank, für die die Zahlungen geleistet wurden, Ersatz zu begehren (Regress).

(2) Die Gesellschaft ihrerseits ist verpflichtet, gemäß Abs 1 erhaltene Regresszahlungen denjenigen Banken anteilsmäßig zurückzuzahlen, die bei der Aufbringung der Mittel mitgewirkt hatten."

Die Klägerin verlangte ihren Gesellschaftern Verpflichtungserklärungen nachstehenden Wortlautes ab:

"Verpflichtungserklärung

Zur Erfüllung der gesetzlichen Pflichten der "Einlagensicherung der Banken und Bankiers GesmbH" treffen deren Mitgliedsbanken (mit Ausnahme der die Zahlung einstellenden) im Haftungsfall folgende Verpflichtungen:

1. In Anbetracht der Tatsache, dass die Feststellung des exakten Beitragsschlüssels gemäß § 31 Abs 3 KWG längere Zeit in Anspruch nimmt, hat die Gesellschaft zunächst Akontozahlungen auf der Basis der Anteile der Spareinlagen der einzelnen Mitgliedsbanken (mit Ausnahme der die Zahlung einstellenden) an der Summe dieser Spareinlagen aller Mitgliedsbanken vorzuschreiben. Hiebei ist von den letztverfügbaren Zahlen auszugehen.

2. Im weiteren ist der gesetzliche Beitragsschlüssel gemäß § 31 Abs. 3 KWG exakt zu bemessen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
-
zunächst haben die übrigen Mitgliedsbanken der Gesellschaft die Höhe ihrer gesicherten Einlagen mitzuteilen. Diese Meldungen sind vom jeweiligen Bankprüfer zu bestätigen.

Sodann ist von der Gesellschaft der Beitragsschlüssel zu bemessen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
-
schließlich sind die aus den Akontozahlungen resultierenden positiven und negativen Verrechnungssalden unter den Mitgliedsbanken auszugleichen, wobei für den Zeitraum zwischen der Akontozahlung und dem Ausgleich der jeweilige Geldmarktsatz zugrundegelegt wird ...."

Weil im KWG die Bausparkassen, soweit es das Bauspargeschäft anlangt, ausdrücklich von der Einlagensicherung ausgenommen worden waren, wollte die Beklagte dies ausdrücklich auch zur besseren Transparenz gegenüber den anderen Gesellschaftern durch einen Zusatz zu dieser Verpflichtungserklärung zum Ausdruck bringen und setzte als einziger Gesellschafter diesem Verpflichtungserklärungstext einen Punkt 3. mit nachstehendem Wortlaut hinzu:

"Gemäß § 2 Abs 2 Z 1 KWG sind die Einlagensicherungsvorschriften des § 31 KWG für Einlagen von Bausparern auf Grund abgeschlossener Bausparverträge (Ansparguthaben) nicht anzuwenden."

Die Beklagte unterfertigte sodann die Verpflichtungserklärung mit diesem Zusatz. Alle anderen Gesellschafter gaben die Verpflichtungserklärungen im Sinne des von der Klägerin vorgegebenen Textes ab. Die Beklagte war zum Gründungszeitpunkt und auch später die einzige Bausparkasse, welche Gesellschafterin der Klägerin geworden ist.

Mit trag das BWG in Kraft; gleichzeitig trat das KWG außer Kraft. Im BWG findet sich keine dem § 2 Abs 2 Z 1 KWG vergleichbare Ausnahme für das Bauspargeschäft. Vielmehr zählt § 1 Abs 1 Z 12 BWG "die Entgegennahme von Bauspareinlagen und die Vergabe von Bauspardarlehen nach dem Bausparkassengesetz (Bauspargeschäft)" zu den Bankgeschäften. Als "Einlagengeschäft" definiert § 1 Abs 1 Z 1 BWG mit "Entgegennahme fremder Gelder zur Verwaltung oder als Einlage".

Seither ist zwischen den Streitteilen strittig, ob nach der dargestellten (mittlerweile überholten) Rechtslage auch Bauspareinlagen sicherungspflichtige (und gesicherte) Einlagen iS § 93 Abs 1 BWG sind.

Im Februar 1995 wurde über eine der Klägerin angehörende Bank die Geschäftsaufsicht angeordnet; im März wurde über das Vermögen dieser Bank der Konkurs eröffnet. Die Klägerin zahlte bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung auf von Einlegern dieser Bank erhobene Ansprüche auf Grund gesicherter Einlagen S 709,036.436,56. Der Masseverwalter im Konkurs der Bank anerkannte eine entsprechende Regressforderung der Klägerin und schüttete bislang S 531,133.572,74 auf diese Regressforderung aus. Für diesen Einlagensicherungsfall sind der Klägerin bis Kosten von S 11,230.609,19 entstanden.

Auf der Grundlage nur der Spar- und Giraleinlagen der Beklagten errechnet sich ihr Anteil an der Summe aller sicherungspflichtigen Einlagen mit 0,116 %; bei Berücksichtigung auch der Bauspareinlagen errechnet sich ein Anteil von 14,303 %.

Seit der BWG-Nov. 445/1996 besteht zwischen den Parteien Einvernehmen, dass auch Bauspareinlagen sicherungspflichtige (und gesicherte) Einlagen iS § 93 Abs 1 BWG sind. Mit Schreiben vom teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie Punkt 3. ihrer Verpflichtungserklärung vom nunmehr zurückziehe.

Die Klägerin begehrt im vorliegenden Verfahren von der Beklagten zuletzt S 31,648.436,87 samt 5 % Zinsen aus S 25,204.965,53 seit sowie die Feststellung, dass die Beklagte der Klägerin 14,303 % der Differenz zwischen den von der Klägerin im beschriebenen Sicherungsfall noch zu leistenden Beträgen und den im Konkurs der betroffenen Bank auf die Regressforderung der Klägerin auszuschüttenden Beträgen zu ersetzen habe.

Die Klägerin brachte im Wesentlichen folgendes vor:

Aus dem Gesellschaftsvertrag über die Mitgliedschaft der Beklagten bei der Klägerin (insbesondere aus dessen § 4 Abs 1), aber auch auf Grund der von der Klägerin auf Basis der gesetzlichen Regelungen bzw des Gesellschaftsvertrages eingeholten individuellen Verpflichtungserklärungen ergebe sich eine anteilige Deckungspflicht der Mitgliedsbanken der Klägerin für die von dieser auf Grund der Einlagensicherung geleistete Auszahlungen. Die Beklagte habe in ihrer seinerzeitigen Verpflichtungserklärung unter Hinweis auf die einschlägigen Vorschriften des KWG ausdrücklich auf die Ausnahme der Bauspareinlagen vom Begriff der sicherungspflichtigen Einlagen hingewiesen. Seit dem Inkrafttreten des BWG gehörten aber auch Bauspareinlagen zu den sicherungspflichtigen Einlagen, weshalb die von der Beklagten unter Punkt 3. ihrer Verpflichtungserklärung vorgenommene Einschränkung seit Inkrafttreten des BWG gegenstandslos geworden sei. Da die Mitgliedsbanken bei Eintritt eines Einlagensicherungsfalles verpflichtet seien, auf die Auszahlungen der Klägerin Beiträge zu leisten, die dem Anteil ihrer gesicherten Einlagen an der Gesamtsumme der gesicherten Einlagen aller Mitgliedsbanken entsprechen, seien bei der Bestimmung dieses Aufteilungsschlüssels auch die Bauspareinlagen der Beklagten zu berücksichtigen. Trotzdem vertrete die Beklagte den Standpunkt, dass sich ihr Anteil am Sicherungsfall ohne Berücksichtigung der Bauspareinlagen berechne.

Im übrigen ergebe sich die von der Klägerin geltend gemachte Regress- oder Beitragsverpflichtung bereits unmittelbar aus § 93 Abs 1 BWG (aF); die zitierte Bestimmung müsse in diesem Sinn ausgelegt werden, weil es sonst jedes Kreditinstitut in der Hand habe, zwar der Klägerin beizutreten, aber die Übernahme der Regressverpflichtung abzulehnen und auf diese Weise die Sanktionsmöglichkeit des § 93 Abs 1 Satz 2 BWG zu vermeiden. Zudem zähle die Abwicklung von Einlagensicherungsfällen zum Unternehmensgegenstand der Gesellschaft, sodass die damit im Zusammenhang stehenden Verpflichtungen - auch wenn sie nicht wörtlich im Gesellschaftsvertrag erwähnt seien - auf Grund der allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht geschuldet würden.

Das Zahlungsbegehren ergebe sich aus dem von der Beklagten auf die ungedeckte Differenz von S 177,902.890,82 entsprechend ihrem Anteil von 14,303 % zu leistenden Beitrag abzüglich der von ihr (unter Zugrundelegung eines Anteils von 0,1352%) tatsächlich geleisteten Beiträge. Dazu kämen kapitalisierte Zinsen von 5% bis in Höhe von S 4,852.338,59 sowie der ebenfalls auf Basis 14,303% zu berechnende Anteil der Beklagten an den Kosten der Klägerin (somit S 1,591.132,96).

Da aus dem in Rede stehenden Sicherungsfall noch nicht alle sicherungspflichtigen Einlagen ausgezahlt worden seien, weil noch nicht alle Kontoinhaber ihre Ansprüche geltend gemacht hätten, habe die Klägerin weiters ein rechtliches Interesse an der Feststellung der dem obigen Schlüssel entsprechenden Beitragspflicht der Beklagten für künftige Auszahlungen.

Die Beklagte stellte die rechnerische Richtigkeit des Klagebetrages, der kapitalisierten Zinsen sowie die Höhe der von der Klägerin geltend gemachten Kosten für den Einlagensicherungsfall außer Streit, bestritt jedoch die Richtigkeit der Einbeziehung der Bauspareinlagen zur Berechnung des Beitragsschlüssels, die Anwendbarkeit eines Zinssatzes von 5% sowie das rechtliche Interesse der Klägerin an der angestrebten Feststellung und begehrt kostenpflichtige Klageabweisung. Sie brachte im wesentlichen folgendes vor:

Das Statut der Klägerin enthalte keine Verpflichtung der Gesellschafter, der Gesellschaft für den Fall einer Auszahlung gesicherter Einlagen Beiträge zu leisten. Die Umsetzung der an die Einlagensicherungseinrichtung gerichteten gesetzlichen Anordnung des § 31 Abs 3 KWG sei vielmehr durch die individuellen, von der Klägerin eingeholten Verpflichtungserklärungen erfolgt. Der von der Klägerin vorbereiteten Verpflichtungserklärung habe die Beklagte den Punkt 3. beigefügt, in welchem sie auf die Ausnahme der Bauspareinlagen von der Ermittlung des Regressanteiles hingewiesen habe. Im übrigen ergebe sich aber nicht einmal aus dieser Verpflichtungserklärung eine Zahlungsverpflichtung der Beklagten gegenüber der Klägerin, sondern nur gegenüber anderen Mitgliedsbanken, die im Zuge der zunächst zu leistenden Akontozahlungen höhere als die ihrem Anteil entsprechenden Zahlungen geleistet hätten.

Durch das Inkrafttreten des BWG habe sich keine Änderung in Bezug auf den Umfang der sicherungspflichtigen Einlagen ergeben, weil die zwischen den Parteien strittigen Bauspareinlagen nicht zu den im § 93 Abs 1 BWG angeführten "Einlagen auf Konten von Verbrauchern oder Spareinlagen natürlicher Personen" zu zählen seien. Auch aus dem Verweis der Sanktionsvorschrift des § 93 Abs 1 BWG (Verlust der Konzession) auf das "Einlagengeschäft" (§ 1 Abs 1 Z 1 BWG) sei zu folgern, dass damit nur normale Einlagen, nicht aber Bauspareinlagen gemeint seien, welche im § 1 Abs 1 Z 12 BWG ausdrücklich als "Bauspargeschäft" definiert würden. Erst durch die BWG-Novelle 1996, mit der die Richtlinie 94/19/EG über Einlagensicherungssysteme umgesetzt worden sei, sei die Ausnahme für Bauspareinlagen beseitigt worden. Dementsprechend habe die Beklagte auch mit diesem Zeitpunkt die Erweiterung ihrer Verpflichtung zur Beitragsleistung anerkannt.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es vertrat die Rechtsauffassung, dass die Klägerin aktiv legitimiert sei, von ihren Gesellschaftern anteiligen Ersatz der von ihr getätigten Auszahlungen zu verlangen. Trotz der nicht eindeutigen Textierung der gesetzlichen Grundlagen und des Gesellschaftsvertrages sei bei vernünftigem Verständnis davon auszugehen, dass die Einlagensicherungsgesellschaft die von ihr ausgezahlten Gelder aliquot von den Gesellschaftern bzw Mitgliedern einfordern dürfe. Dieser Anspruch der Klägerin resultiere aus einem Handelsgeschäft, sodass im Falle der Säumigkeit von der Beklagten 5% Zinsen zu bezahlen seien. Punkt 3. der von der Beklagten abgegebenen Verpflichtungserklärung sei nicht als Aushandlung einer Sonderstellung gegenüber den anderen Gesellschaftern zu verstehen, sondern lediglich als Festschreibung der zum damaligen Zeitpunkt geltenden Gesetzeslage. Durch die Änderung dieser Gesetzeslage sei auch die damalige Einschränkung gegenstandslos. § 93 BWG sei so zu interpretieren, dass der Gesetzgeber die Ausnahme der Bauspareinlagen von den sicherungspflichtigen Einlagen beseitigen habe wollen. Die BWG-Nov 1996 habe diese schon aus der Stammfassung des Bankwesengesetzes erkennbare Absicht des Gesetzgebers lediglich verdeutlicht.

Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens ab und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Unter ausführlicher Erörterung der in Betracht kommenden Gesetzestellen und der dazu vorliegenden Materialien vertrat es ebenfalls die Rechtsauffassung, dass Bauspareinlagen nicht zu den sicherungspflichtigen Einlagen nach § 93 Abs 1 BWG (aF) zählten. Damit könne aber umso weniger aus der von der Beklagten abgegebenen Verpflichtungserklärung (trotz des zwischenzeitigen Wegfalles des darin angeführten KWG) oder dem Gesellschaftsvertrag der Klägerin ein Anhaltspunkt dafür gewonnen werden, dass der Anteil der Beklagten unter Zugrundelegung ihrer Bauspareinlagen berechnet werden müsse. Vielmehr wäre es Sache der Klägerin gewesen, ein allenfalls nicht mit dem Wortlaut des BWG und der bisherigen Verpflichtungserklärung im Einklang stehendes eigenes Verständnis des Einlagenumfanges der Beklagten zur Kenntnis zu bringen und im Wege der Bankenaufsicht (Erlöschen der Konzession!) zu klären. Da dies nicht geschehen sei, habe die Beklagte darauf vertrauen dürfen, dass die von ihr bekannt gegebene Einschränkung weiterhin gelten werde.

Die ordentliche Revision sei zuzulassen, weil die zu entscheidende Auslegungsfrage von erheblicher Bedeutung sei und eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung iS der Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern.

Die Beklagte beantragt, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht angeführten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.

Die den Schwerpunkt der Revisionsausführungen bildende Frage, ob in der Zeit zwischen dem Inkrafttreten des BWG bis zu dessen Änderung durch die Novelle BGBl 445/1996 Bauspareinlagen sicherungspflichtige und gesicherte Einlagen iS § 93 BWG waren, braucht nicht geklärt zu werden, weil selbst bei Bejahung dieser Frage eine die behauptete Zahlungspflicht der Beklagten rechtfertigende Grundlage fehlt.

Dem Standpunkt der Klägerin, dass sich unmittelbar aus § 93 BWG eine Zahlungspflicht der Beklagten ergebe, ist das Berufungsgericht zu Recht nicht gefolgt. Für eine derartige Annahme fehlt es im Gesetzestext an jeglicher Grundlage. Im Gegenteil: Die in § 93 Abs 3 BWG (aF) enthaltene Regelung, wonach die Einlagensicherungseinrichtung ihre Mitgliedsinstitute "zu verpflichten" hat, für den Fall einer Auszahlung gesicherter Einlagen unverzüglich anteilsmäßige Beiträge zu leisten, verbietet die von der Klägerin gewünschte Auslegung, nach der diese Regelung überflüssig wäre. Hätte der Gesetzgeber - wie die Revisionswerberin meint - der Einlagensicherung nur die nähere Ausgestaltung einer ohnedies gesetzlich normierten Beitragspflicht überlassen wollen, hätte er dies durch entsprechende Formulierungen zum Ausdruck gebracht. Die Formulierung des letzten Satzes des § 93 Abs 3 BWG (aF), nach der die Verpflichtung der Mitglieder im dort geregelten Maße begrenzt ist, steht mit diesem Ergebnis nicht in Widerspruch, weil diese Bestimmung nach ihrem Sinn, aber auch nach ihrer Systematik, eine Höchstgrenze normiert, über die hinaus die Einlagensicherungseinrichtung ihre Mitglieder nicht zu Beitragsleistungen verpflichten darf. Dass die hier vertretene Rechtsauffassung zu einem unhaltbaren Ergebnis führen würde, trifft nicht zu: Im Gegensatz zur Meinung der Revisionswerberin hat die Klägerin die Möglichkeit, nur solche Kreditinstitute als Mitglieder zu akzeptieren, die zur Übernahme der in § 93 Abs 3 BWG (aF) genannten Verpflichtung bereit sind. Abgesehen davon, dass dies schon bei der Aufnahme des Mitgliedes durch geeignete Vereinbarungen sichergestellt werden kann, kann § 93 Abs 1 letzter Satz BWG (aF) sinnvollerweise nur dahin verstanden werden, dass der dort angedrohte Konzessionsverlust nicht durch eine (Schein-)mitgliedschaft ohne Übernahme der damit notwendigerweise verbundenen Verpflichtungen abgewendet werden kann. Dass der Eigentümer einer geschützten Einlage einen kraft Gesetzes bestehenden Rechtsanspruch auf die Leistung der Einlagensicherungseinrichtung hat (Fremuth/Laurer/Linc/Pötzelberger/Ruess, BWG, Rz 8 zu § 93) trifft zu, rechtfertigt aber nicht die von der Revisionswerberin daraus gezogenen Schlüsse: Dafür finden sich nämlich im BWG klare Anhaltspunkte, das in seinem § 93 Abs 2 (nunmehr § 93 Abs 3) den Einlagensicherungseinrichtungen - wenn auch mit den Worten, sie "haben insgesamt zu gewährleisten" - eine entsprechende Verpflichtung auferlegt und diese durch Normierung von Voraussetzungen, Höchstgrenzen, der Notwendigkeit von Antragstellung und Legitimierung sowie einer Leistungsfrist hinreichend determiniert. Vergleichbare Hinweise im Gesetzestext, die die von der Revisionswerberin gewünschte Annahme einer unmittelbar vom Gesetz angeordneten Beitragsverpflichtung der Mitgliedsinstitute rechtfertigen könnten, fehlen hingegen völlig.

Im hier zu beurteilenden Fall erweist sich daher die von der Beklagten abgegebene Verpflichtungserklärung als einzige mögliche Haftungsgrundlage. Durch den dieser Erklärung beigefügten Punkt 3. hat aber die Beklagte unmissverständlich klargelegt, damit nur die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen ohne Berücksichtigung der Einlagen von Bausparern zu übernehmen. Dass sie damit der damals geltenden Rechtslage Rechnung trug, trifft zu. Dessen ungeachtet ist es nicht möglich, der Verpflichtungserklärung, die eine in ihrem Umfang klar umschriebene Verpflichtung zum Gegenstand hat, im Falle einer Änderung der Rechtslage im Auslegungsweg einen anderen (hier erweiterten) Inhalt zu geben. Im Wege der von der Revisionswerberin angestrebten "ergänzenden Vertragsauslegung" kann nicht eine Verpflichtung begründet werden, die nie übernommen wurde und die ursprünglich übernommene Verpflichtung um ein Vielfaches übersteigt.

Es wäre daher Sache der Klägerin gewesen, bei Inkrafttreten des BWG geeignete Schritte zu unternehmen, ihrer Rechtsauffassung zum Durchbruch zu verhelfen und - nach Klarstellung der Rechtslage - eine erweiterte Verpflichtungserklärung der Beklagten zu erreichen. Da sie dies nicht getan hat, fehlt es bis zu jenem Zeitpunkt, zu dem die Beklagte - der Nov. 445/1996 Rechnung tragend - den Punkt 3. ihrer Verpflichtungserklärung zurückgezogen und damit eine erweiterte Verpflichtung übernommen hat - für eine über den ursprünglichen Umfang der Verpflichtungserklärung hinausgehende Haftung der Beklagten an einer rechtfertigenden Grundlage.

Auch auf die gesellschaftliche Treuepflicht kann sich die Revisionswerberin nicht mit Erfolg berufen. Aus dieser Treuepflicht (zum Begriff: Reich-Rohrwig, GmbH-Recht 358 ff; Koppensteiner, GmbH-Gesetz, Rz 8 ff zu § 61, jeweils mit zahlreichen Beispielen) kann eine Verpflichtung der Beklagten, unter Hintansetzung des eigenen Rechtsstandpunktes von sich aus eine erweiterte Verpflichtungserklärung abzugeben, nicht abgeleitet werden. Umso weniger kann damit eine unmittelbare Zahlungsverpflichtung, deren Begründung die Gesellschaft unterlassen hat, begründet werden. Die von der Revision ins Treffen geführte Verpflichtung zur Rücksichtnahme unter den Gesellschaftern umfasst nicht die Verpflichtung, dass jeder einzelne ihm obliegende Pflichten gegenüber der Gesellschaft einhält (Koppensteiner, aaO, Rz 19 zu § 61) mwN). Auf eine Treuepflichtverletzung gestützte Schadenersatzansprüche scheiden überdies schon deshalb aus, weil die Klägerin einen ihr selbst (nicht den Gesellschaftern!) erwachsenen Schaden nicht schlüssig geltend gemacht.

Die zur behaupteten Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens vorgebrachten Überlegungen sind für die Entscheidung nicht von Bedeutung.

Die Abhaltung einer Revisionsverhandlung steht im Ermessen des Obersten Gerichtshofs (SZ 66/97; SZ 67/215; zuletzt 2 Ob 188/97d). Da der erkennende Senat eine mündliche Revisionsverhandlung nicht für erforderlich hält, war der darauf gerichtete Antrag der Revisionswerberin abzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Die Beklagte begehrt - ebenso wie die Klägerin - unter Hinweis auf § 2 Abs 2 RATG (richtig wohl § 21 Abs 2 RATG) wegen der ungewöhnlichen Komplexität der Rechtsfragen, der mehrmals geänderten Rechtslage und der Relevanz der Gesetzesmaterialien und des Gemeinschaftsrechtes einen Zuschlag zum Honoraranspruch gemäß TP 3C in Form des 4-fachen Einheitssatzes. Der erkennende Senat kann aber keine solche besondere Schwierigkeit erkennen, die den verzeichneten oder einen geringeren Zuschlag rechtfertigen könnte. Dies muss umso mehr gelten, als gerade im hier zu beurteilenden Fall wegen des außerordentlich hohen Streitwertes nicht davon gesprochen werden kann, dass das tarifmäßige Honorar (hier incl. Umsatzsteuer S 69.635,38) zur erbrachten Leistung in einem korrekturbedürftigen Missverhältnis stünde.