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OGH vom 16.11.2005, 8ObA37/05g

OGH vom 16.11.2005, 8ObA37/05g

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Kuras sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Ernst Galutschek und Thomas Albrecht als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Parteien 1.) Anton M*****, 2.) Waltraud Z*****, beide vertreten durch Freimüller/Noll/Obereder/Pilz & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wider die beklagte Partei Dr. Martina S*****, vertreten durch Dr. Michael Buresch und Dr. Ilse Korenjak, Rechtsanwälte in Wien, wegen zu 1.) EUR 5.637,34 und zu 2.) EUR 2.501,22 jeweils brutto sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 10 Ra 5/05m-27, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Im Wesentlichen lassen sich die hier maßgeblichen Feststellungen dahin zusammenfassen, dass die beiden klagenden Parteien nach dem am über das Vermögen ihres früheren Arbeitgebers eröffneten Konkurs weiter arbeiteten. Die beklagte Masseverwalterin verwies bei Gesprächen über ausständige Löhne darauf, dass das Geld erst nach Einlangen ausreichender Beträge nach Maßgabe der Masse bezahlt werden könne. Eine Zusage, dass die Löhne unabhängig vom jeweiligen Stand der Masse ausbezahlt würden bzw die Masse zur Begleichung der offenen Lohnforderung ausreiche, wurde nicht gegeben. Die klagenden Arbeitnehmer waren rechtskundig vertreten und wurden von der Masseverwalterin hinsichtlich allfälliger Fragen an diese Vertretung verwiesen. Im Zuge des Konkursverfahrens wurde am ein Zwangsausgleich angenommen und es kam auch zu erheblichen Zahlungseingängen. Ende März 2002 konnten die geforderten Kennzahlen nicht erreicht werden, jedoch sollte noch eine Baustelle abgeschlossen werden. Ende April 2002 brachte die Masseverwalterin den Antrag auf Schließung des Unternehmens ein, die dann mit vorgenommen wurde. Die beiden klagenden Parteien waren zu dieser Zeit (ab etwa zwei Wochen) im Krankenstand. Der Erstkläger wurde am von der Beklagten gemäß § 25 KO gekündigt und die Zweitklägerin trat am gemäß § 25 KO berechtigt aus. Das Entgelt konnte beiden mangels ausreichenden Massevermögens im Wesentlichen ab März 2002 nicht mehr bezahlt werden.

Rechtliche Beurteilung

Die Vorinstanzen haben übereinstimmend den geltend gemachten Schadenersatzanspruch wegen unterlassener Aufklärung durch die beklagte Masseverwalterin über die Voraussetzungen des Anspruchs auf Insolvenz-Ausfallgeld nach den §§ 3a Abs 2 Z 5 und 3a Abs 3 IESG und angeblicher Zusicherung der Beklagten hinsichtlich der Zahlungsfähigkeit bzw der überwiegenden Wahrscheinlichkeit der Massezulänglichkeit abgewiesen.

Soweit es nunmehr die klagenden Parteien als erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO relevieren, inwieweit der Masseverwalter bei Masseunzulänglichkeit im Hinblick auf §§ 3a Abs 2 Z 5 und 3a Abs 3 IESG zur Aufklärung verpflichtet sei, ist auf die bereits vorliegende Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zum Umfang der Aufklärungspflichten des Masseverwalters zu verweisen. Danach ist der Masseverwalter nach der KO nicht verpflichtet, die Dienstnehmer des Gemeinschuldners von der Konkurseröffnung zu verständigen; der Umfang allfälliger aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers im Sinne dieser Rechtsprechung ableitbarer Ansprüche der Arbeitnehmer auf Aufklärung ist nach den konkreten Umständen des Einzelfalles zu bestimmen (vgl RIS-Justiz RS0065247 = = SZ 61/128). Hier relevieren die klagenden Parteien im Wesentlichen, dass es an der beklagten Masseverwalterin gelegen wäre, ihnen klar zu machen, dass ein Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld für laufendes Entgelt nach der Konkurseröffnung nur dann besteht, wenn die Arbeitnehmer infolge der ersten nicht vollständigen Zahlung des ihnen zukommenden Entgeltes wegen ungebührlicher Schmälerung oder Vorenthaltung des gebührenden Entgeltes berechtigt vorzeitig austreten oder das Arbeitsverhältnis aus anderen Gründen gelöst wird (vgl § 3a Abs 2 Z 5 IESG). Wenn die Vorinstanzen davon ausgegangen sind, dass bei rechtskundig vertretenen Arbeitnehmern, die von der Masseverwalterin darauf hingewiesen werden, dass weitere Entgeltzahlungen von Zahlungseingängen abhängig sind und die hinsichtlich allfälliger Rechtsfragen auf ihre Rechtsvertretung verwiesen wurden, eine weitere Belehrung durch die Masseverwalterin hier nicht erforderlich war, so kann darin keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung gesehen werden, sondern trifft dies zu.

Im Hinblick darauf kommt es aber auf die von den klagenden Parteien bekämpfte Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, dass ein Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld gegeben gewesen wäre, gar nicht an. Dementsprechend bedarf es auch keines näheren Eingehens darauf, dass die klagenden Parteien zutreffend aufzeigen, dass die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom zu 8 ObS 316/01f sich nur auf Zeiträume nach einer bereits erfolgten Auflösung durch den Masseverwalter bezogen hat. Ebenso wenig maßgeblich ist damit die vom Berufungsgericht vertretene Rechtsansicht, wonach eine allfällige Verletzung der Aufklärungspflicht nicht kausal für ein entgangenes Insolvenz-Ausfallgeld sein könnte.

Für die „Obliegenheit" zum Austritt im Sinne des § 3a Abs 2 Z 5 IESG bzw das Austrittsrecht des Arbeitnehmers im Sinne des § 26 Z 2 AngG oder § 82a lit d GewO ist es auch ohne Belang, warum der Arbeitgeber nicht rechtzeitig das Entgelt ausbezahlt (vgl RIS-Justiz RS0028879 mwN zuletzt 9 ObA 7/04a), sodass auch eine etwaige Einschätzung des Arbeitgebers - der Masseverwalterin - zu den Gründen für die mangelnde Bezahlung nicht ausschlaggebend ist. Die mangelnde Bezahlung als solche ist für den Arbeitnehmer ohnehin evident. Dazu, dass die Bestimmung des § 3a Abs 2 Z 5 IESG als solche anders auszulegen wäre, wenn der Arbeitgeber früher - immer etwas verspätet - im Ergebnis aber doch bezahlt hätte, finden sich keine Anhaltspunkte und auch keine näheren Ausführungen der klagenden Parteien. Insoweit kann aber auch der Umstand, dass dies nach ihren Ausführungen wiederholt erfolgte, hinsichtlich des dem Schadenersatz zugrundegelegten Verlustes des Anspruchs auf Insolvenz-Ausfallgeld keine andere Einschätzung bewirken.

Bei diesem Ergebnis bedarf es auch keines näheren Eingehens auf die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, dass auch die offenen Ansprüche auf Überstundenentgelt der Sicherung entsprechend § 3a Abs 2 Z 5 IESG entgegen gestanden wären (vgl zu den Sonderzahlungen ).

Insgesamt vermag es die Revision jedenfalls nicht, eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO die für die Entscheidung im konkreten Fall relevant wäre, darzustellen.