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OGH vom 14.02.2014, 16Ok9/13

OGH vom 14.02.2014, 16Ok9/13

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Kartellrechtssachen durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Univ.-Prof Dr. Kodek und Dr. E. Solé als weitere Richter in der Kartellrechtssache der Antragstellerin Bundeswettbewerbsbehörde, Praterstraße 31, 1020 Wien, gegen die Antragsgegnerinnen 1. S*****-AG, 2. S***** H***** AG und 3. L***** GmbH, *****, alle vertreten durch Dr. Daniel Bräunlich Rechtsanwalt GmbH in Salzburg, und der weiteren Amtspartei Bundeskartellanwalt, Schmerlingplatz 11, 1016 Wien, wegen Hausdurchsuchung (§ 12 WettbG), über die Rekurse 1. der Erstantragsgegnerin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Kartellgericht vom , GZ 26 Kt 88/13-2, sowie 2. aller Antragsgegnerinnen gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Kartellgericht vom , GZ 26 Kt 88, 101, 102/13-4, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Beiden Rekursen wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Mit Beschluss vom (ON 2) erließ das Kartellgericht einen Hausdurchsuchungsbefehl gegen die Erstantragsgegnerin wegen des begründeten Verdachts der Teilnahme an wettbewerbswidrigen Vereinbarungen und/oder abgestimmten Verhaltensweisen, die gegen § 1 Kartellgesetz bzw Art 101 AEUV verstoßen, betreffend vertikale Preisabstimmungen der Erstantragsgegnerin mit Unternehmen der Brauereiwirtschaft sowie horizontale Preisabstimmungen des Einzelhandels über Unternehmen der Brauereiwirtschaft. Der Hausdurchsuchungsbefehl bezog sich auf einen Standort der Antragsgegnerin in K*****.

Die Antragsgegnerin habe ihren Sitz in S*****, eine Zweigniederlassung befinde sich in K*****. Aus Schrift- bzw E-Mail-Verkehr von Angestellten dieses Standorts in K***** und den vereinigten K***** Brauereien ergebe sich der begründete Verdacht einer vertikalen Preisabsprache zwischen Brauereiunternehmen und der Erstantragsgegnerin, weil sich der Schriftverkehr auf Endverkaufspreise beziehe. Weiters ergebe sich der Verdacht horizontaler Absprachen zwischen Einzelhandelsunternehmen in Form eines Sternkartells, weil preisbezogene Informationen, die Lieferanten aus ihren Vertragsverhältnissen mit einem Händler gewonnen hätten, an andere Händler übermittelt worden seien. Es sei daher die Hausdurchsuchung sowohl erforderlich als auch verhältnismäßig im Sinne der von der Judikatur des Kartellobergerichts aufgestellten Kriterien.

Im Zuge der Hausdurchsuchung stellte sich heraus, dass IT-Daten der Mitarbeiter des Standorts K***** am Hauptsitz des Konzerns der Antragsgegnerinnen in S***** gespeichert waren. Die Erstantragsgegnerin lehnte allerdings eine Ausfolgung dieser Daten ab, sofern die Antragstellerin nicht vorab einer Versiegelung gemäß § 12 Abs 5 WettbG zustimme. Daraufhin beantragte die Antragstellerin die Erweiterung der Hausdurchsuchung einerseits räumlich auf die Zentrale der Erstantragsgegnerin und, da dort auch Zweit- und Drittantragsgegnerin als Konzerngesellschaften ihren Sitz haben, andererseits den betroffenen Unternehmen nach auch auf diese beiden Konzernunternehmen.

Mit Beschluss vom (ON 4) erweiterte das Kartellgericht den Hausdurchsuchungsbefehl antragsgemäß. Die Erstantragsgegnerin verweigere die elektronische Übermittlung von Daten ihrer Mitarbeiter in K***** an die Antragstellerin, sofern diese nicht einer - im Gesetz nicht mehr vorgesehenen - Versiegelung zustimme. Die Drittantragsgegnerin sei Alleinaktionärin der Erstantragsgegnerin, die Zweitantragsgegnerin Alleingesellschafterin der Drittantragsgegnerin. Der Vorstand der Erst- und Zweitantragsgegnerin bestehe aus den selben vier Personen, die auch Geschäftsführer der Drittantragsgegnerin seien. Da die Erstantragsgegnerin die IT-Daten am Standort in K***** nicht freiwillig zur Verfügung stelle bzw dies von einer im Gesetz nicht mehr vorgesehenen Versiegelung abhängig mache, sei der Hausdurchsuchungsbefehl antragsgemäß zu erweitern, und zwar - wegen der gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen der Erst- mit der Zweit- und Drittantragsgegnerin, die ihren Sitz an der selben Adresse hätten - auch auf Zweit- und Drittantragsgegnerin. Hinsichtlich der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der Hausdurchsuchung werde zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Begründung des ursprünglichen Hausdurchsuchungsbefehls vom verwiesen.

Gegen den Hausdurchsuchungsbefehl vom (ON 2) richtet sich der Rekurs der Erstantragsgegnerin mit dem Antrag, den Beschluss als nichtig aufzuheben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrenswiederholung an das Kartellgericht zurückzuverweisen.

Gegen die Erweiterung des Hausdurchsuchungsbefehls (ON 4) richtet sich der Rekurs sämtlicher drei Antragsgegnerinnen mit dem Abänderungsantrag, die Erweiterung der Hausdurchsuchung abzuweisen, in eventu, den Beschluss wegen Nichtigkeit aufzuheben und zur neuerlichen Entscheidung an das Kartellgericht zurückzuverweisen. Aus „advokatorischer Vorsicht“ wird auch hinsichtlich des Beschlusses vom die Aufhebung wegen Nichtigkeit und Zurückverweisung an das Kartellgericht beantragt.

Die Antragstellerin beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, „dem Rekurs“ nicht Folge zu geben.

Beide Rekurse sind nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

I. Zum Rekurs gegen den Hausdurchsuchungsbefehl (ON 2)

I.1. Die Rekurswerberin macht einen Verstoß gegen die Zuständigkeitsregelung des § 12 Abs 3 WettbG geltend, wonach die Hausdurchsuchung vom Senatsvorsitzenden anzuordnen ist. Solches sei hier nicht der Fall, da der Beschluss von einem zur Beschlussfassung nicht berufenen Senatsmitglied gefasst und damit das verfassungsgesetzliche Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt worden sei. Dies bewirke Nichtigkeit des Beschlusses. Auch wenn die Geschäftsverteilung des Kartellgerichts eine Vertretungsregelung enthalte, gehe eine solche aus der jüngeren Bestimmung des § 12 Abs 3 WettbG nicht hervor. Selbst wenn eine Vertretungsregelung grundsätzlich anwendbar wäre, setze sie eine in diesem Punkt nachvollziehbare Begründung voraus, weshalb der Senatsvorsitzende an der Fassung der Entscheidung verhindert gewesen sei; eine solche Begründung fehle.

I.2. Nach Art 87 Abs 3 B-VG sind die gerichtlichen Geschäfte für eine bestimmte Zeit im Voraus zu verteilen. Dadurch wird das Recht auf den gesetzlichen Richter präzisiert. Die Verfassung verbürgt ein „Recht auf ein Verfahren vor dem geschäftsverteilungsgemäßen Richter“ (Piska in Korinek/Holoubek, Österreichisches Bundesverfassungsrecht [Loseblatt] Art 87/3 B-VG Rz 12; 4 Ob 143/10y mwN). Ein Verstoß gegen die Geschäftsverteilung bedeutet daher regelmäßig auch einen Verstoß gegen das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Kodek in Fasching/Konecny² III § 260 ZPO Rz 46 mwN).

I.3. Die Geschäftsverteilung hat auch Regelungen für die Vertretung der einzelnen Gerichtsabteilungen zu enthalten, wobei jedem Leiter einer Gerichtsabteilung eine ausreichende Zahl von Vertretern und die Reihenfolge in der die Vertreter einzutreten haben, zu bestimmen ist. Der Vertretungsfall tritt bei jedweder Abwesenheit des ursprünglich zuständigen Richters ein. Handelt der Vertreter im Vertretungsfall, wird das Recht der Parteien auf den gesetzlichen Richter nicht verletzt (vgl 15 Os 152/07b = RIS-Justiz RS0123066 zur Haftverhandlung). Ob in der Begründung der Entscheidung auf den Vertretungsfall Bezug genommen wird, ist unerheblich, weil es für die Rechtsverletzung allein darauf ankommt, ob der Vertretungsfall gegeben war oder nicht.

I.4. Im Außerstreitgesetz sind die Folgen eines Verstoßes gegen die Geschäftsverteilung nicht ausdrücklich angeführt (vgl §§ 56, 58 Abs 4 AußStrG). Im Schrifttum wird einhellig der Größenschluss gezogen, dass dann, wenn nach dem Willen des historischen Gesetzgebers sogar die Entscheidung durch ein örtlich unzuständiges Gericht sanktionslos bleibt, dies umso mehr auch gelten muss, wenn nur gegen die Geschäftsverteilung verstoßen wurde (Nachweise bei Kodek in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG § 56 Rn 17; ebenso Kodek aaO § 58 Rn 42 unter Hinweis auf die Materialien). Dieser auch vom Obersten Gerichtshof schon vertretenen Auffassung (6 Ob 51/09g) schließt sich der Senat an.

I.5. Dass § 12 Abs 3 WettbG allein den Senatsvorsitzenden zur Entscheidung über eine Hausdurchsuchung beruft und auf einen Vertretungsfall nicht Bezug nimmt, ändert an der aufgezeigten Rechtslage nichts, haben doch die auf Verfassungsrecht beruhenden Vertretungsregelungen für alle gerichtlichen Zuständigkeitsvorschriften - und damit auch für jene des KartG und des WettbG - Gültigkeit.

I.6. Aus dem Gesagten folgt, dass selbst ein allfälliger Verstoß gegen die Geschäftsverteilung bei Anordnung der Hausdurchsuchung sanktionslos wäre.

Davon abgesehen ergibt sich aber nach der Aktenlage ohnehin, dass der von der Rechtsmittelwerberin in Frage gestellte Vertretungsfall bei Erlassung des angefochtenen Beschlusses tatsächlich vorlag: Nach dem Aktenvermerk vom (ON 10) war die Vorsitzende des zuständigen Senats des Kartellgerichts urlaubsbedingt an der Bearbeitung des Antrags auf Bewilligung der Hausdurchsuchung gehindert, weshalb der angefochtene Beschluss von ihrer Stellvertreterin erlassen worden ist. Eine Rechtsverletzung liegt damit nicht vor.

Dem Rekurs war deshalb ein Erfolg zu versagen.

II. Zum Rekurs gegen die Erweiterung des Hausdurchsuchungsbefehles (ON 4)

II.1. Die Antragsgegnerinnen machen geltend, dass eine Würdigung der Bescheinigungsmittel fehle; dies habe eine Nichtigkeit im Sinne des § 477 Abs 1 Z 9 ZPO zur Folge.

Auch finde nach § 9 Abs 1 AußStrG die Ausdehnung des Begehrens bei einer bereits ergangenen Entscheidung im Gesetz keine Deckung. Ein bereits ausgefertigter Beschluss könne inhaltlich nicht abgeändert werden, vielmehr sei das Gericht gemäß § 40 AußStrG an seine Beschlüsse gebunden.

Dem Antrag fehle ein ausreichend bestimmtes Begehren, müsse doch im Hinblick auf § 9 AußStrG zumindest der maßgebliche Sachverhalt angegeben werden. Der Antrag vom enthalte aber kein Vorbringen, aus dem der begründete Verdacht eines kartellrechtswidrigen Verhaltens abgeleitet werden könne; er entspreche daher nicht den Voraussetzungen für die Anordnung einer Hausdurchsuchung. Auch habe das Erstgericht kein Verhalten als bescheinigt angenommen, das einen begründeten Verdacht rechtfertige.

Entgegen der Rechtsansicht des Erstgerichts sei die Versiegelung im Sinne des § 12 Abs 5 WettbG weiterhin im Gesetz vorgesehen; die Hausdurchsuchung auf deren Entfall zu stützen, verkenne die Rechtslage.

Weiters werde Nichtigkeit gemäß § 477 Abs 1 Z 4 ZPO geltend gemacht, weil sich der ursprüngliche Antrag lediglich gegen die Erstantragsgegnerin gerichtet habe und Zweit- und Drittantragsgegnerinnen an diesem Verfahren nicht beteiligt gewesen seien; letzteren sei weder der verfahrenseinleitende Antrag noch der Beschluss des Kartellgerichts vom zugestellt worden. Gemäß § 15 AußStrG sei aber den Parteien Gelegenheit zur Kenntnis- und Stellungnahme zu geben. Die hier gewählte Vorgangsweise verletze das rechtliche Gehör auch deswegen, weil das Erstgericht zur Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der Hausdurchsuchung nur auf den Beschluss vom verwiesen habe; damit fehle es für die angefochtene Entscheidung vom an den Entscheidungsgrundlagen.

II.2. Dem - nicht näher dargelegten - Vorwurf der Rekurswerberinnen, das Erstgericht habe auf die Würdigung der von der Antragstellerin angebotenen Bescheinigungen verzichtet, ist entgegenzuhalten, dass die Prüfung, ob zur Gewinnung der erforderlichen Feststellungen noch weitere Beweise notwendig sind, ein Akt der Beweiswürdigung ist (RIS-Justiz RS0043414). Auch im kartellgerichtlichen Verfahren ist eine Überprüfung der Beweiswürdigung des Erstgerichts durch den Obersten Gerichtshof als Rekursgericht aber ausgeschlossen. Der Oberste Gerichtshof wird auch als Kartellobergericht im kartellrechtlichen Verfahren ausschließlich als Rechtsinstanz tätig (RIS-Justiz RS0109206 [T5a, T 5b]).

Im Übrigen ist nicht ersichtlich, welche angeblich unterlassene Würdigung welcher Bescheinigungsmittel im Rechtsmittel gemeint ist, behaupten die Rechtsmittelwerberinnen doch nicht einmal im Rekurs die Unrichtigkeit der wesentlichen Sachverhaltsfeststellungen des angefochtenen Erweiterungsbeschlusses betreffend den Speicherort der elektronischen Daten, die Verweigerung der elektronischen Übermittlung und die gesellschaftsrechtlichen und personellen Verflechtungen der Antragsgegnerinnen.

II.3. Richtig ist, dass nach § 9 Abs 1 AußStrG - trotz der geringeren Formstrenge des AußStrG - ein Antrag zumindest hinreichend erkennen lassen muss, welche Entscheidung oder sonstige gerichtliche Tätigkeit der Antragsteller anstrebt und aus welchem Sachverhalt er dies ableitet (Kodek in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG § 9 Rn 5 mwN). Wird allerdings im Antrag von vornherein ein bestimmtes Begehren angegeben, so ist auch nur dieses Verfahrensgegenstand (Rechberger in Rechberger AußStrG² § 9 Rn 3). Richtig ist auch, dass das Gericht gemäß § 40 AußStrG an seine - nicht verfahrensleitenden - Beschlüsse, sei es mit deren mündlicher Verkündung, sei es mit der Abgabe der schriftlichen Abfassung zur Ausfertigung, gebunden ist.

Im Gegensatz zu den - offensichtlich weitgehend vom streitigen Zivilprozess geprägten - Vorstellungen der Rechtsmittelwerberinnen ist es im außerstreitigen Verfahren aber nicht ausgeschlossen, dass in einem anhängigen Außerstreitverfahren nach einer (Sach-)Entscheidung noch weitere (Sach-)Entscheidungen getroffen werden. So werden etwa in - mitunter jahrzehntelang andauernden - Sachwalterschafts- oder Pflegschaftsverfahren eine Vielzahl gerichtlicher Sachbeschlüsse getroffen. Mehrere Beschlüsse im selben Verfahren verstoßen daher nicht gegen die Bindungswirkung früherer Entscheidungen im selben Verfahren, sofern sie nur - wie auch hier - einen anderen Entscheidungsgegenstand zum Inhalt haben.

Wie der Senat erst jüngst zu 16 Ok 5/13 ausgesprochen hat, liegt die Frage, ob kartellrechtliche Verfahren getrennt oder verbunden geführt werden sollen, in der Ingerenz des Gerichts, das sich bei seiner Entscheidung an der Verfahrensvereinfachung bzw -beschleunigung zu orientieren hat. Dies gilt im Zusammenhang mit der Erlassung von Hausdurchsuchungsbefehlen mit der Einschränkung, dass die durch den Zweck des Verwertungsverbots garantierten Rechte dadurch nicht beeinträchtigt werden dürfen.

Der angefochtene Beschluss verstößt hier schon deshalb nicht gegen die Bindungswirkung des ursprünglichen Hausdurchsuchungsbefehls oder gegen § 9 Abs 1 AußStrG, weil er über einen anderen Verfahrensgegenstand als der ursprüngliche Hausdurchsuchungsbefehl abspricht, was die betroffenen Räumlichkeiten und teilweise auch Unternehmen betrifft.

Dass ein Hausdurchsuchungsbefehl grundsätzlich auch auf Mutter- bzw Schwester- und Holdinggesellschaften mit gleichem Sitz erweitert werden kann, hat der Senat bereits ausgesprochen (16 Ok 5/11, 16 Ok 7/13).

II.4. Die Bundeswettbewerbsbehörde hat in ihrem Antrag auf Erweiterung des Hausdurchsuchungsbefehls ausdrücklich auf die bereits in Gang gesetzte Hausdurchsuchung verwiesen und vorgebracht, dass die von ihr benötigten IT-Daten der Mitarbeiter nach den während der Hausdurchsuchung erlangten Erkenntnissen nicht am Standort in K*****, sondern am Hauptsitz des Unternehmens in S***** gespeichert seien.

Weshalb es im Hinblick auf dieses ergänzende Vorbringen, das ja nicht den Kartellrechtsverstoß als solchen, sondern bloß die Verwahrung darauf Bezug habender Beweismittel betrifft, im Antrag einer Wiederholung des (bereits vom Kartellgericht als begründet beurteilten) Vorbringens zum Tatverdacht der Zuwiderhandlung gegen Wettbewerbsrecht sowie zum zugrundeliegenden Sachverhalt bedurft hätte, ist jedenfalls der Erstantragsgegnerin gegenüber (zur Zweit- und Drittantragsgegnerin siehe gleich Pkt II.6.) nicht nachvollziehbar.

II.5 . Im Hinblick auf § 21 Abs 5 WettbG ist auf den hier vorliegenden Sachverhalt bereits das WettbG in der Fassung der Novelle BGBl I Nr 13/2013 (in Kraft getreten mit ) anzuwenden.

Nach § 12 Abs 5 WettbG in der geltenden Fassung sind bei einer Hausdurchsuchung Unterlagen auf geeignete Art und Weise gegen unbefugte Einsichtnahme oder Veränderung zu sichern und dem Kartellgericht vorzulegen, wenn der von der Hausdurchsuchung Betroffene der Einsichtnahme in einzelne bezeichnete Unterlagen oder ihrer Beschlagnahme unter Berufung auf eine ihn treffende gesetzlich anerkannte Pflicht zur Verschwiegenheit oder ein ihm zustehendes Recht zur Verweigerung der Aussage gemäß § 157 Abs 1 Z 2 bis 5 StPO widerspricht.

Nach den Materialien zu dieser Bestimmung (EB abgedruckt bei Hoffer/Barbist, Das neue Kartellrecht, 157) hat sich das zuvor gesetzlich bestehende unbeschränkte Widerspruchsrecht als „nicht praktikabel“ erwiesen und sollte daher durch die Neuregelung bewusst auf die Fälle der Pflicht zur Verschwiegenheit bzw des Rechts zur Aussageverweigerung eingeschränkt werden. Nur in diesen Fällen ist nunmehr eine „Versiegelung“ zulässig.

Dass einer dieser beiden gesetzlichen Ausnahmefälle im Anlassfall vorliege, behaupten die Rekurswerberinnen nicht. Dem Erstgericht ist daher kein Rechtsirrtum vorzuwerfen, wenn es die aufgezeigte Rechtslage im angefochtenen Beschluss dahingehend zusammengefasst hat, dass somit eine Versiegelung (im vorliegenden Fall) nicht (mehr) vorgesehen sei.

II.6. Richtig ist, dass Zweit- und Drittantragsgegnerin von der Erlassung des ursprünglichen Hausdurchsuchungsbefehls vom nicht betroffen und an diesem Verfahren auch nicht beteiligt waren. Dennoch wurde das rechtliche Gehör der Rechtsmittelwerberinnen im Verfahren zur Erlassung des angefochtenen Beschlusses nicht verletzt.

§ 12 WettbG - der insoweit als Spezialnorm zu § 15 AußStrG anzusehen ist - regelt die Verteidigungsrechte und die Mitwirkungspflicht der betroffenen Unternehmen im Fall einer Hausdurchsuchung. Der von einer Hausdurchsuchung Betroffene ist unmittelbar vor deren Beginn zu den Voraussetzungen zu befragen, sofern dies nicht den Ermittlungserfolg wegen Gefahr in Verzug gefährden würde (§ 12 Abs 5 WettbG).

Im Fall einer Hausdurchsuchung steht dem Betroffenen somit das in § 15 AußStrG geregelte Recht der Kenntnis- und Stellungnahme vor Erlassung einer gerichtlichen Entscheidung - und insoweit also das rechtliche Gehör - nur eingeschränkt zu. Dem betroffenen Unternehmen ist auch - wie der Senat jüngst in 16 Ok 5/13 ausgesprochen hat - keine besondere Vorbereitungsfrist, etwa für Überlegungen, ob ein Kronzeugenantrag gestellt werden soll, einzuräumen.

Die Rechtsmittelwerberinnen sind auch nicht dadurch in ihrem rechtlichen Gehör verletzt, dass im angefochtenen Beschluss hinsichtlich Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der Hausdurchsuchung auf den Beschluss vom verwiesen wird, der Zweit- und Drittantragsgegnerin nicht zugestellt worden ist.

Nach den Feststellungen besteht Personenidentität zwischen dem Vorstand der Erst- und Zweitantragsgegnerin und der Geschäftsführung der Drittantragsgegnerin. Alle drei Antragsgegnerinnen hatten daher vom ursprünglichen Hausdurchsuchungsbefehl zurechenbar Kenntnis, auch wenn diese Entscheidung der Zweit- und Drittantragsgegnerin nicht zugestellt worden ist. Bei diesem Sachverhalt und der objektiv gegebenen Kenntnislage bedurfte es im angefochtenen Beschluss keiner weiteren oder wiederholenden Begründung der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der Hausdurchsuchung.

Dazu kommt, dass gemäß § 58 Abs 1 Z 1 AußStrG ein Beschluss auch dann zur Gänze zu bestätigen ist, wenn einer Partei zwar das rechtliche Gehör verwehrt worden ist, der Beschluss aber aufgrund der Angaben im Rekursverfahren dennoch zu bestätigten ist. Konkrete Ausführungen dahin, welches Vorbringen die Rekurswerberinnen im Rahmen des rechtlichen Gehörs erstattet hätten, das zu einer anderen Entscheidung geführt hätte (also zur Relevanz des behaupteten Verfahrensverstoßes; vgl RIS-Justiz RS0123872), enthält das Rechtsmittel nicht.

II.7. Auch die behauptete Verletzung des rechtlichen Gehörs der Erstantragsgegnerin durch Nichtanhörung vor Beschlussfassung (§ 15 AußStrG) liegt im Hinblick die in § 12 Abs 5 WettbG normierte besondere Verfahrensvorschrift nicht vor. Dass die BWB diese Bestimmung bei Durchführung der Hausdurchsuchung nicht eingehalten hätte, wurde nicht behauptet.

II.8. Nichtigkeit der Entscheidung läge nur bei völligem Fehlen einer Begründung vor (RIS-Justiz RS0007484, RS0042133; 16 Ok 7/11). Davon kann im vorliegenden Fall keine Rede sein.

Der beantragten Zurückverweisung an das Erstgericht steht im Übrigen der in den §§ 57 und 58 AußStrG zum Ausdruck kommende Grundsatz des Vorrangs der Sachentscheidung durch das Rekursgericht entgegen (6 Ob 191/11y). Ein Begründungsmangel führt nämlich nur dann zur Aufhebung der Entscheidung, wenn auch aufgrund der Aktenlage die Erwägungen des Erstgerichts nicht nachvollzogen werden können (6 Ob 174/11y, 6 Ob 246/07f).

Im vorliegenden Fall ist aus dem Gesamtzusammenhang des Verfahrens klar ersichtlich, dass nach Auffassung des Erstgerichts - was die Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit betrifft - seit der Erlassung des ursprünglichen Hausdurchsuchungsbefehls keine Änderung der Umstände eingetreten ist, weshalb die genannten Kriterien auch im Hinblick auf die durch die Weigerung der Übermittlung von IT-Daten erweiterte Untersuchungsbasis weiterhin vorliegen. Der Senat stimmt dieser Beurteilung im Hinblick auf seine Rechtsprechung zu Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit sowie zum begründeten Tatverdacht (vgl 16 Ok 7/11; 16 Ok 1/13) zu.

II.9. Zum wiederholten Vorbringen betreffend die Nichtigkeit des Beschlusses vom ist auf das bereits zuvor zu Punkt I. Gesagte zu verweisen.

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ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2014:0160OK00008.130.0214.000