VfGH vom 21.06.2007, B3664/05
Sammlungsnummer
18162
Leitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die Abweisung der Beschwerde der Nachbarn gegen die Erteilung der Baubewilligung für einen Stallgebäude-Ersatzbau; keine Gesetzwidrigkeit einer Flächenwidmungsplanänderung betreffend Festlegung der Hofstelle eines landwirtschaftlichen Betriebes als Dorfgebiet innerhalb eines reinen Wohngebietes angesichts des seit langem bestehenden rechtmäßig errichteten Betriebs; keine gesetzwidrige Inselwidmung; ausreichende Interessenabwägung zwischen den Interessen des Bauwerbers an der Durchführung notwendiger Ausbau- und Sanierungsmaßnahmen und den Interessen der Nachbarn am Immissionsschutz
Spruch
Die Beschwerdeführer sind durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten, ob die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt worden sind.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit Bescheid vom , Z 131-9-47/2003, erteilte der Bürgermeister der Gemeinde St. Margarethen an der Raab unter Vorschreibung von Auflagen die Baubewilligung für einen Stallgebäude-Ersatzbau auf dem Grundstück 1243/4, EZ 34, KG Sulz.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung vom brachten ua. die nunmehrigen Beschwerdeführer vor, dass Verfahrensvorschriften dadurch verletzt worden seien, dass der Sachverständige bei der Erstattung des immissionstechnischen Gutachtens übersehen habe, dass Lärm- und Geruchsbelästigungen nicht nur durch den Viehbestand und den Betrieb der Anlagen, sondern auch durch die mit der Vergrößerung einhergehenden landwirtschaftlichen Tätigkeiten wesentlich erhöht werden würden. Der erstinstanzliche Bescheid leide auch an inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weil er sich auf die rechtswidrige Widmung des Hofbereiches des Bauwerbers als Dorfgebiet stütze.
Mit Bescheid vom , Z 131-9-47/2003, wies der Gemeinderat der Gemeinde St. Margarethen an der Raab die Berufung als unbegründet ab.
Gegen diesen Bescheid erhoben ua. die nunmehrigen Beschwerdeführer am Vorstellung an die Aufsichtsbehörde, in der sie die Mangelhaftigkeit des Verfahrens behaupteten. Die Offizialmaxime und der Grundsatz der materiellen Wahrheit seien verletzt worden, weil die erkennende Behörde von Amts wegen Erkundungen hätte einholen müssen, ob durch den zusätzlichen (vergrößerten) Arbeitsaufwand auch zusätzliche Lärm- und Geruchsbelastungen verursacht würden, die auch die im Dorfgebiet vorgesehenen Grenzwerte überschreiten würden. Darüber hinaus sei der Berufungsbescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weil bei der Beurteilung, ob Immissionen eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung oder Gefährdung der Nachbarn herbeiführen würden, nicht nur von einem am Widmungsgrundstück orientierten Durchschnittsmaßstab auszugehen, sondern auch die Widmungskategorie der Nachbargrundstücke zur Prüfung heranzuziehen sei. Schließlich verstoße die rechtswidrig erfolgte Punktwidmung gegen die Bestandsgarantie und den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Vertrauensgrundsatz.
2. Mit dem angefochtenen Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , FA13B-12.10 M 3 - 05/56, wurde die dagegen erhobene Vorstellung als unbegründet abgewiesen:
Die Berufungsbehörde habe richtigerweise ausgeführt, dass den Vorstellungswerbern auf die Einhaltung der Widmung "Dorfgebiet" kein Nachbarrecht zukomme, weil in dieser Widmung kein Immissionsschutz iSd § 26 Abs 1 Z 1 des Gesetzes vom , mit dem Bauvorschriften für das Land Steiermark erlassen werden (Steiermärkisches Baugesetz; in der Folge: Stmk. BauG), LGBl. 59, enthalten sei. Die Vorstellungswerber hätten in keiner Phase des Verfahrens gemäß § 13 Abs 12 iVm § 26 Abs 1 Z 2 Stmk. BauG zulässigerweise unzumutbare Geruchsimmissionen geltend gemacht und die Einhaltung größerer Abstände gefordert, sondern lediglich ein allgemeines Vorbringen diesbezüglich erstattet.
Die Vorstellungswerber würden nicht aufzeigen, dass der Schallschutz des § 43 Abs 2 Z 5 iVm § 26 Abs 1 Z 3 Stmk. BauG (für das Gebäude selbst) nicht eingehalten werde, sondern würden im Zuge der Stallerrichtung mit Lärmentwicklungen außerhalb des Gebäudes rechnen.
Zur Forderung der Vorstellungswerber nach einer Prüfung, wie sich die Schall- und Geruchsimmissionen auf jene Nachbarn auswirken würden, deren Liegenschaften nicht als "Dorfgebiet", sondern als "Allgemeines Wohngebiet" gewidmet seien, sei auszuführen, dass es nach der Judikatur bei der Prüfung der widmungsgemäßen Verwendung von Grundflächen nach dem Flächenwidmungsplan allein auf die Widmung des zu bebauenden Grundstückes und nicht auf jene der benachbarten Grundstücke ankomme.
Schließlich sei es der Aufsichtsbehörde verwehrt, die Rechtmäßigkeit des Flächenwidmungsplanes Nr. 4.00 der Gemeinde St. Margarethen an der Raab zu prüfen. Diese Kompetenz komme allein dem Verfassungsgerichtshof zu.
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG) und auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG) sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen Verordnung behauptet und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
Einen Verstoß gegen ihr verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG) erblicken die Beschwerdeführer darin, dass die Flächenwidmungsplanänderung lediglich den wirtschaftlichen Interessen des Bauwerbers Rechnung trage und die erhöhte Bestandsgarantie von solchen Plänen sowie die damit einhergehende Rechtssicherheit verhindert werde. Die Änderung des Flächenwidmungsplanes sei unter dem Aspekt des Vertrauensschutzes keineswegs zu rechtfertigen, weil bloß punktuellen Zielsetzungen Rechnung getragen worden sei und eine sachlich nicht gerechtfertigte Differenzierung zwischen Gebieten, die seit jeher als "reines Wohngebiet" ausgewiesen worden seien, vorgenommen worden sei. Der angefochtene Bescheid stütze sich daher auf eine gleichheitswidrige Rechtsgrundlage.
Willkür in der Vollziehung liege im vorliegenden Fall in Form der gehäuften und völligen Verkennung der Rechtslage, in der qualifizierten Verletzung von Verfahrensvorschriften durch das Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit und in der unsachlichen Benachteiligung vor.
Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht der Beschwerdeführer auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG) sei durch den angefochtenen Bescheid verletzt, weil die vorgenommene Flächenwidmungsplanänderung einer Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht standhalte, weder durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt sei, noch ein geeignetes Mittel zur Zielerreichung darstelle sowie dem Erforderlichkeits- und Adäquanzgebot nicht entspreche.
Die Beschwerdeführer machen darüber hinaus auch die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung geltend:
Es möge zwar richtig sein, dass insbesondere bei einer Betriebserweiterung seitens des Verordnungsgebers zu überprüfen sei, ob nicht innerhalb der Widmungskategorie Differenzierungen hinsichtlich des zulässigen Emissionsverhaltens möglich seien, welche einen Konflikt zwischen unterschiedlichen Widmungskategorien vermeiden könnten. Eine gänzliche Umwidmung zur Rechtfertigung einer nachträglich erteilten Baubewilligung für einen konsenslos im "reinen Wohngebiet" errichteten Betrieb könne jedoch keinesfalls eine solche Betriebserweiterung, die eine Änderung der Widmung rechtfertigen würde, darstellen (unter Hinweis auf VfSlg. 17.015/2003).
Die Inselwidmung sei unzulässig, entspreche nicht dem Gebot der Zweckmäßigkeit und diene dazu, eine Betriebsansiedlung ins reine Wohngebiet mit beinahe 14-jähriger Verspätung zu legitimieren.
Durch die Änderung des Flächenwidmungsplanes sei kein rechtswidriger Zustand beseitigt, sondern unter Berücksichtigung bloßer Einzelinteressen ein solcher geschaffen worden. Sie sei lediglich zum Zweck erfolgt, den wirtschaftlichen Interessen des Bauwerbers Rechnung zu tragen, das Verfahren abzukürzen und der Baubehörde die endgültige Entscheidung über einen Sachverhalt zu vereinfachen.
4. Der Bauwerber erstattete eine Äußerung, in der er darauf hinwies, dass das Baugrundstück seit jeher als Bauernhof benutzt worden sei und dass die Widmung als reines Wohngebiet im Flächenwidmungsplan Nr. 1.00 eine Inselwidmung für die aus dem bäuerlichen Bestand herrührenden Siedler gewesen sei. Bei der Erstellung dieses Flächenwidmungsplanes sei die örtliche Situation nicht beachtet worden. Unsinnigerweise und offensichtlich durch einen Fehler der Behörde sei diese bäuerliche Liegenschaft als Inselwidmung in ein reines Wohngebiet ausgewiesen worden, obwohl rechts und links Freiland liege. In den Flächenwidmungsplänen Nr. 2.00 und Nr. 3.00 sei der ländlichen Struktur Rechnung getragen und seien die Flächen im Wohngebiet reduziert worden. Die Behauptungen der Beschwerdeführer, mit denen ein immissionsintensiver Betrieb im Wohngebiet verhindert werden soll, seien nicht relevant, weil die Nachbarn ihre Häuser in unmittelbarer Nähe zum Bauernhof errichtet und von Anfang an gewusst hätten, dass dort Geruchsimmissionen landwirtschaftlicher Art und Weise auftreten würden. Die Erlassung des Flächenwidmungsplanes Nr. 4.00 habe der Sanierung einer ursprünglich rechtswidrigen Vorgangsweise gedient. Eine Inselwidmung liege nicht vor, weil die in der benachbarten Katastralgemeinde liegenden und an die Hofstelle angrenzenden Grundstücke im Freiland gelegen seien.
5. Die belangte Behörde legte die Bezug habenden Verwaltungsakten vor und erstatte eine Gegenschrift, in der sie berichtet, dass sich die Aufsichtsbehörde im Zuge der Entwurfsauflage zum Revisionsverfahren 4.00 hinsichtlich der punktuellen Dorfgebietswidmung kritisch geäußert habe, da aus den Verfahrensunterlagen keinerlei planungsfachliche Begründungen für ein Abgehen vom langfristigen Planungsziel einer einheitlichen Baugebietsfestlegung mit reinem Wohngebiet ableitbar gewesen sei. Im Zuge der Endbeschlussfassung des örtlichen Entwicklungskonzeptes und des Flächenwidmungsplanes Nr. 4.00 habe der Gemeinderat jedoch seine Planungsentscheidung folgendermaßen dargelegt:
"Entflechtung der Funktionsüberlagerungen im Ortsteil Sulzbergen-West durch Rücksichtnahme auf die bäuerlichen Betriebsstrukturen und Bedachtnahme auf deren mittel- bis langfristige Betriebserhaltung durch entsprechende Festlegungen im Flächenwidmungsplan."
Das graphische Siedlungsleitbild sei zum relevanten Bereich wie folgt erörtert worden:
"Detaillierte Darstellung bzw. Änderung der Funktionsbereiche in Sulzbergen aufgrund gegebener Bestandsituation (landwirtschaftlicher Betrieb F[.]), dies sind gegenüber dem Siedlungsleitbild 3.0 die Festlegung von Wohnbereichen mit überwiegender Wohnnutzung, sowie die Festlegung eines dörflichen Funktionsbereiches im Bereich der landwirtschaftlichen Hofstelle."
Außerdem sei eine Begründung für die Festlegung der Hofstelle des landwirtschaftlichen Betriebes C. und J. F. im Ortsteil Sulzbergen als Dorfgebiet vorgelegt worden, sodass die Genehmigungsbehörde der Meinung gewesen sei, dass die Planungsentscheidung des Gemeinderates durch ausreichende Grundlagen, Befundung und planungsfachliche Ableitbarkeit abgesichert sei. Die belangte Behörde sei daher von einer rechtmäßigen Ausübung des Planungsermessens des Verordnungsgebers ausgegangen und habe den Flächenwidmungsplan Nr. 4.00 aufsichtsbehördlich genehmigt.
II. 1. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
2. Die maßgebliche Rechtslage nach dem Stmk. BauG, LGBl. 59/1995 idF LGBl. 78/2003, stellt sich wie folgt dar:
"§4
Begriffsbestimmungen
Die nachstehenden Begriffe haben in diesem Gesetz folgende Bedeutung:
[...]
41. Nachbar: Eigentümer oder Inhaber eines Baurechtes (Bauberechtigter) der an den Bauplatz angrenzenden Grundflächen sowie jener Grundflächen, die zum vorgesehenen Bauplatz in einem solchen räumlichen Naheverhältnis stehen, dass vom geplanten Bau oder dessen konsensgemäßer Benützung Einwirkungen auf diese Grundflächen ausgehen können, gegen welche die Bestimmungen dieses Gesetzes Schutz gewähren, oder dass von seiner genehmigten gewerblichen oder landwirtschaftlichen oder forstwirtschaftlichen Betriebsanlage Einwirkungen auf den Bauplatz ausgehen können;
[...]
§13
Abstände
[...]
(12) Läßt der Verwendungszweck von baulichen Anlagen eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung oder Gesundheitsgefährdung der Nachbarschaft erwarten oder ist dies zum Schutz des Ortsbildes erforderlich, hat die Behörde größere Abstände vorzuschreiben.
[...]
§26
Nachbarrechte
(1) Der Nachbar kann gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen (subjektiv-öffentlichrechtliche Einwendungen). Das sind Bestimmungen über
1. die Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan, einem Bebauungsplan und mit Bebauungsrichtlinien, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist;
2. die Abstände (§13);
3. den Schallschutz (§43 Abs 2 Z. 5);
[...]
§43
Allgemeine Anforderungen
[...]
(2) Allgemeine Anforderungen an Bauwerke sind:
[...]
5. Schallschutz
Das Bauwerk muß derart geplant und ausgeführt sein, daß der von den Benützern oder von Nachbarn wahrgenommene Schall auf einem Pegel gehalten wird, der nicht gesundheitsgefährdend ist und bei dem zufriedenstellende Wohn- und Arbeitsbedingungen sichergestellt sind.
[...]"
Die maßgebliche Rechtslage nach dem Gesetz vom über die Raumordnung im Lande Steiermark (Steiermärkisches Raumordnungsgesetz 1974; in der Folge: Stmk. RaumOG 1974), LGBl. 127 idF LGBl. 7/2002, stellt sich folgendermaßen dar:
"§3
Raumordnungsgrundsätze
[...]
(12) Auf eine dem Wohl der Bevölkerung dienende Ordnung der Landschaft durch deren Gestaltung, Erhaltung und Pflege sowie auf den Schutz vor Beeinträchtigungen ist Bedacht zu nehmen. Insbesondere gilt dies für Gebiete, die als Landschaftstypus oder als Kulturlandschaft charakteristisch sind. Eine Zersiedelung der Landschaft ist zu vermeiden.
[...]
§4
Bestandsaufnahme
(1) Als Grundlage für die überörtliche Raumordnung hat die Landesregierung und für die örtliche Raumordnung die Gemeinde die jeweils hiefür bedeutsamen natürlichen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Gegebenheiten sowie die der Landesverteidigung einschließlich der bisherigen Entwicklung zu erheben und unter Berücksichtigung der voraussehbaren Veränderungen in Bestandsaufnahmen festzuhalten. Diese Bestandsaufnahmen sind jeweils auf dem letzten Stand zu halten.
[...]
§18
Aufgabe
Aufgabe der örtlichen Raumordnung ist es, insbesondere
1. auf Grund der Bestandsaufnahme die örtliche zusammenfassende Planung für eine den Raumordnungsgrundsätzen entsprechende Ordnung des Gemeindegebietes aufzustellen und der Entwicklung anzupassen;
2. raumbedeutsame Maßnahmen der Gemeinde sowie anderer Planungsträger und Unternehmungen von besonderer Bedeutung (§4 Abs 2) unter Zugrundelegung der Raumordnungsgrundsätze aufeinander abzustimmen (Koordinierung);
3. bei der Raumordnung und den Fachplanungen des Bundes und des Landes sowie bei der Raumordnung der angrenzenden Gemeinden auf die Wahrung der Belange der örtlichen Raumordnung der Gemeinde hinzuwirken.
§23
Bauland
[...]
(5) Im Bauland sind entsprechend den örtlichen Erfordernissen Baugebiete festzulegen. Als Baugebiete kommen hiebei in Betracht:
a) reine Wohngebiete, das sind Flächen, die ausschließlich für Wohnbauten bestimmt sind, wobei auch Nutzungen, die zur Deckung der täglichen Bedürfnisse der Bewohner des Gebietes dienen (Kindergärten, Schulen, Kirchen u. dgl.) oder die dem Gebietscharakter nicht widersprechen, zulässig sind;
[...]
f) Dorfgebiete, das sind Flächen, die vornehmlich für Bauten land- und forstwirtschaftlicher Betriebe in verdichteter Anordnung bestimmt sind, wobei auch Wohngebäude und Gebäude, die den wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und kulturellen Bedürfnissen der Bewohner dienen, errichtet werden können;
[...]
[...]
(15) Bei bestehenden Betrieben in Wohngebieten sind bauliche Maßnahmen zulässig, wenn sie mit keiner Erweiterung der bestehenden Nutzung oder mit einer Verringerung der Immissionen verbunden sind; Betriebe, die dem Baugebietscharakter entsprechen, bleiben hievon unberührt.
[...]
§30
Fortführung und Änderung des örtlichen
Entwicklungskonzeptes, des Flächenwidmungsplanes und
der Bebauungspläne
(1) Die örtliche Raumplanung ist nach Rechtswirksamkeit des örtlichen Entwicklungskonzeptes, des Flächenwidmungsplanes und der Bebauungspläne nach Maßgabe der räumlichen Entwicklung fortzuführen.
(2) Der Bürgermeister hat spätestens alle fünf Jahre öffentlich aufzufordern, Anregungen auf Änderungen des örtlichen Entwicklungskonzeptes, des Flächenwidmungsplanes, der Bebauungspläne und der Bebauungsrichtlinien einzubringen (Revision). Diese Frist ist jeweils vom Zeitpunkt des Inkrafttretens des durch die Revision geänderten Flächenwidmungsplanes zu berechnen (§29 Abs 11). Zieht die Revision keine Änderung des Flächenwidmungsplanes nach sich, so hat der Gemeinderat den Abschluß der Revision zu beschließen und den Beschluß der Landesregierung zur Genehmigung vorzulegen. Die vorgenannte Frist beginnt in diesen Fällen vom Zeitpunkt der Vorlage an die Landesregierung zu laufen.
(3) Eine Änderung des örtlichen Entwicklungskonzeptes, des Flächenwidmungsplanes und der Bebauungspläne ist jedenfalls vorzunehmen, wenn dies
a) durch eine wesentliche Änderung der Planungsvoraussetzungen,
b) zur Vermeidung oder Behebung von Widersprüchen zu Gesetzen und Verordnungen des Bundes und des Landes,
[...]
erforderlich ist.
[...]"
3. Zur Änderung des Flächenwidmungsplanes:
3.1. Die "Verordnung über den vom Gemeinderat der Gemeinde St. Margarethen an der Raab am beschlossenen Flächenwidmungsplan Nr. 4.00 einschließlich des Nachtragsbeschlusses vom nach mündlicher und schriftlicher Anhörung der Aufsichtsbehörde und der betroffenen Grundeigentümer, samt zeichnerischer Darstellung" hat auszugsweise folgenden Wortlaut:
"§1
(Plangrundlage)
Die zeichnerische Darstellung (in der Beilage), verfasst von DI M[.] P[.], Ing.Konsulent für Raumplanung und Raumordnung, GZ: 028FR20 vom , basierend auf der Planunterlage M 1:5.000 mit Katasterstand und einzelnen Gebäudenachträgen (Gemeindeangaben) vom Juni 2001, bildet einen integrierten Bestandteil dieser Verordnung und stellt die räumliche Gliederung des Gemeindegebietes in Bauland, Verkehrsflächen und Freiland dar.
[...]
§10
(Inkrafttreten)
Nach Genehmigung des Flächenwidmungsplanes durch die Landesregierung beginnt seine Rechtswirksamkeit mit dem auf den Ablauf der Kundmachungsfrist folgenden Tag."
3.2. Diese Änderung des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde St. Margarethen an der Raab wurde mit Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Z FA13A-10.10 M 25-2002/101, aufsichtsbehördlich genehmigt und durch Auflage zur öffentlichen Einsichtnahme vom bis kundgemacht.
3.3. Im Erläuterungsbericht zum Wortlaut des Flächenwidmungsplanes Nr. 4.00 der Gemeinde St. Margarethen an der Raab heißt es unter der Überschrift "2. Kurzbeschreibung und Begründung der Änderungen gegenüber Stammplan Nr. 3.00 i.d.F.
Nr. 3.13" unter dem Punkt "2.5 Ortsteil Sulzbergen-West: (Bild 2)":
"a) Festlegung eines kleinräumigen, auf die Hofstelle bezogenen Dorfgebietes im Bereich des vorhandenen landwirtschaftlichen Betriebes, Beibehaltung der Baulandkategorie Reines Wohngebiet (WR) im Nahbereich zum landwirtschaftlichen Betrieb.
Im Flächenwidmungsplan Nr. 1.00 Festlegung eines Reinen Wohngebietes im gesamten Ortsbereich einschließlich der landwirtschaftlichen Betriebe in den Randlagen sowie der Hofstelle des Betriebes F[.].
Im Flächenwidmungsplan Nr. 2.00 Beibehaltung der Festlegung Reines Wohngebiet in Sulzbergen.
Im Flächenwidmungsplan Nr. 3.00 Rückführung der beiden, im Randbereich des Ortsteiles gelegenen landwirtschaftlichen Betriebe in Freiland, Beibehaltung der Festlegung Reines Wohngebiet im übrigen Ortsbereich einschließlich des landwirtschaftlichen Anwesens der Familien F[.].
(Eine detaillierte Darstellung betreffend die Festlegungen im Ortsteil Sulzbergen erfolgt in einer eigenen Abhandlung im Anhang)."
3.4. In dieser Begründung der Festlegung der Hofstelle des landwirtschaftlichen Betriebes C. und J. F. im Ortsteil Sulzbergen als Dorfgebiet wird als Ausgangssituation beschrieben, dass der landwirtschaftliche Vollerwerbsbetrieb F. innerhalb des im Ortsteil Sulzbergen festgelegten Reinen Wohngebietes (WR) liege und daher nach der geltenden Rechtslage für den Landwirt - trotz betriebswirtschaftlicher Notwendigkeit - keine Möglichkeit bestehe, den Betrieb auszubauen. Die in § 23 Abs 15 Stmk. RaumOG 1974 vorgesehene Möglichkeit, bauliche Maßnahmen am bestehenden Betrieb vorzunehmen, wenn sie mit keiner Erweiterung der bestehenden Nutzung oder mit einer Verringerung der Immissionen verbunden sei, sei nicht ausreichend, da neben der Veränderung der Wirtschaftsgebäude auch zusätzliche bauliche Maßnahmen notwendig seien.
Unter der Überschrift "Genesis" wird die Entwicklung der Widmung des Baugrundstückes geschildert:
Im Zuge der Erstellung des ersten Flächenwidmungsplanes (Nr. 1.00 [1982]) der Gemeinde St. Margarethen an der Raab sei der gesamte Siedlungsraum des Ortsteiles Sulzbergen einschließlich der drei zum damaligen Zeitpunkt bestehenden landwirtschaftlichen Betriebe zur Gänze als Reines Wohngebiet festgelegt worden, weil offensichtlich davon ausgegangen worden sei, dass der damals stillgelegte Betrieb F. nicht mehr aufleben werde.
Bei der Erstellung des Flächenwidmungsplanes Nr. 2.00 (1986) der Gemeinde St. Margarethen an der Raab habe der beauftragte Raumplaner auf die konfliktträchtige Situation aufmerksam gemacht, dass die Festlegung der Baugebietskategorie Reines Wohngebiet (WR) im gesamten Ortsteil Sulzbergen einschließlich der drei landwirtschaftlichen Betriebe nicht mit den tatsächlichen Nutzungen vereinbar sei und entsprechend der vorliegenden Bestandssituation für die landwirtschaftlichen Betriebsstätten Dorfgebiet festzulegen wäre. Seitens des Gemeinderates habe kein Interesse an der Adaptierung des Flächenwidmungsplanes bestanden, sodass die Festlegung als Reines Wohngebiet beibehalten worden sei.
Die im Vorfeld zum Flächenwidmungsplan Nr. 3.00 (1994) geführten intensiven politischen Diskussionen bezüglich einer notwendigen Nutzungsentflechtung im Siedlungsbereich von Sulzbergen hätten nicht die qualifizierte Mehrheit im Gemeinderat gefunden, sodass im Ergebnis die beiden am Rand gelegenen landwirtschaftlichen Betriebe zum Schutz derselben in Freiland zurückgeführt worden seien, die Festlegung des Reinen Wohngebietes im übrigen Bereich einschließlich des landwirtschaftlichen Anwesens F. und der unmittelbar angrenzenden Wohngebäude jedoch beibehalten worden sei. Im Siedlungsleitbild Nr. 3.00, welches die Bestandssituation widerspiegle, sei der Ortsteil Sulzbergen als "dörflicher Ortskern - Wohnnutzung mit untergeordneter landwirtschaftlicher Nutzung" festgelegt worden, während Gebiete, die tatsächlich als Reine Wohngebiete bestimmt seien, als "Wohnbereiche mit überwiegender Wohnnutzung" dargestellt worden seien.
Im Zuge der Erstellung des Flächenwidmungsplanes Nr. 4.00 (2002) der Gemeinde St. Margarethen an der Raab sei die Baugebietskategorie Reines Wohngebiet im Ortsteil Sulzbergen eingehend auf fachlicher Ebene diskutiert und eine fachliche Gleichbehandlung aller landwirtschaftlichen Betriebe durch eine Dorfgebietsfestlegung im Bereich der Hofstelle des Betriebes F. (das betriebszugehörige Wohngebäude sei unverändert im Reinen Wohngebiet geblieben, um einen entsprechenden Abstand zum betroffenen Anrainergrundstück sicherzustellen) hergestellt worden.
Der Betriebsinhaber habe nun die Möglichkeit, die betriebswirtschaftlich notwendigen Ausbau- und Sanierungsmaßnahmen durchzuführen, die seitens der Baubehörde genehmigungsfähig seien, weil sie in keinem Widerspruch zum Stmk. RaumOG 1974 stehen würden. Für die Bewohner des Reinen Wohngebietes entstehe mit dieser Festlegung keine Schlechterstellung gegenüber dem davor herrschenden Zustand, da der landwirtschaftliche Betrieb die für Reines Wohngebiet geltenden Immissionsgrenzwerte an der Grundgrenze einzuhalten habe.
4. Soweit die Beschwerdeführer die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG) mit dem Argument geltend machen, dass die Änderung des Flächenwidmungsplanes unter dem Aspekt des Vertrauensschutzes keineswegs zu rechtfertigen sei, weil bloß punktuellen Zielsetzungen Rechnung getragen worden sei und eine sachlich nicht gerechtfertigte Differenzierung zwischen Gebieten, die seit jeher als "reines Wohngebiet" ausgewiesen worden seien, vorgenommen worden sei, ist ihnen zu entgegnen, dass sie damit - wie sie selbst ausführen - die Anwendung einer gesetzwidrigen Rechtsgrundlage relevieren (siehe unten II.5.).
Wenn die Beschwerdeführer vorbringen, dass Willkür in der Vollziehung in Form der gehäuften und völligen Verkennung der Rechtslage, in der qualifizierten Verletzung von Verfahrensvorschriften durch das Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit und in der unsachlichen Benachteiligung vorliege, so ist diese Behauptung nicht ausreichend durch die Schilderung von Tatsachen substantiiert; es werden vielmehr losgelöst vom konkreten Fall Stehsätze der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zitiert.
Hinsichtlich der von den Beschwerdeführern behaupteten Verletzung in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG) dadurch, dass die vorgenommene Flächenwidmungsplanänderung einer Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht standhalte, weder durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt sei, noch ein geeignetes Mittel zur Zielerreichung darstelle sowie dem Erforderlichkeits- und Adäquanzgebot nicht entspreche, ist auszuführen, dass sie sich wiederum auf die Anwendung einer vermeintlich gesetzwidrigen Verordnung stützt (siehe sogleich II.5.).
5. Soweit die Beschwerdeführer behaupten, in Rechten wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung verletzt worden zu sein, so ist ihnen Folgendes zu entgegnen:
Dem Argument, dass eine gänzliche Umwidmung zur Rechtfertigung einer nachträglich erteilten Baubewilligung für einen konsenslos im "reinen Wohngebiet" errichteten Betrieb keinesfalls eine Betriebserweiterung darstellen könne, die eine Änderung der Widmung rechtfertigen würde, und jenem, dass die Inselwidmung unzulässig sei, dem Gebot der Zweckmäßigkeit nicht entspreche und dazu diene, eine Betriebsansiedlung ins reine Wohngebiet mit beinahe 14-jähriger Verspätung zu legitimieren, ist Folgendes entgegenzuhalten: Der bereits lange bestehende Betrieb gilt (spätestens) auf Grund des gemäß § 40 Abs 1 Stmk. BauG erlassenen Feststellungsbescheides des Bürgermeisters der Gemeinde St. Margarethen an der Raab vom , Z 131-9-18/2002, als rechtmäßig errichtet; die Änderung des Flächenwidmungsplanes trägt dem (rechtmäßigen) Bestand in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise Rechnung (vgl. VfSlg. 13.180/1992). Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass der Verfassungsgerichtshof nicht darüber zu befinden hat, welche der dem Verordnungsgeber im Rahmen des Gestaltungsspielraums offen stehenden Möglichkeiten die zweckmäßigste ist; sie muss (nur) mit dem Gesetz in Einklang stehen (vgl. VfSlg. 17.656/2005).
Schließlich bringen die Beschwerdeführer vor, dass durch die Änderung des Flächenwidmungsplanes kein rechtswidriger Zustand beseitigt, sondern unter Berücksichtigung bloßer Einzelinteressen ein solcher geschaffen worden sei, und sie lediglich zum Zweck erfolgt sei, den wirtschaftlichen Interessen des Bauwerbers Rechnung zu tragen, das Verfahren abzukürzen und der Baubehörde die endgültige Entscheidung über einen Sachverhalt zu vereinfachen. Auch dieses Vorbringen geht ins Leere, weil bei der Änderung des Flächenwidmungsplanes nach der vorgenommenen Grundlagenforschung eine ausreichende Abwägung der Interessen des Bauwerbers an der Durchführung der betriebswirtschaftlich notwendigen Ausbau- und Sanierungsmaßnahmen einerseits und jenen der Nachbarn am Immissionsschutz anderseits stattgefunden hat. Dazu kommt, dass sich die Nachbarn auf die Abstandsvorschrift des § 13 Abs 12 Stmk. BauG stützen können, nach dem die Behörde größere Abstände vorzuschreiben hat, wenn der Verwendungszweck von baulichen Anlagen eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung oder Gesundheitsgefährdung der Nachbarschaft erwarten lässt oder dies zum Schutz des Ortsbildes erforderlich ist (vgl. ).
6. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.
7. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass die Beschwerdeführer in von ihnen nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurden. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, dass sie in ihren Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurden.
8. Die Beschwerde war daher abzuweisen und gemäß Art 144 Abs 3 B-VG antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten.
9. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.