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VfGH vom 24.02.1998, b365/97

VfGH vom 24.02.1998, b365/97

Sammlungsnummer

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Leitsatz

Anlaßfallwirkung der Aufhebung der Wortfolge "eines Dienst- oder" in § 9 Abs 4 EStG 1988 idF BGBl 818/1993 (Jubiläumsgeldrückstellung) mit E v , G403/97.

Die von der Beschwerdeführerin für die Erstattung der Replik begehrten Kosten waren nicht zuzusprechen, da es sich um keinen abverlangten Schriftsatz handelt und die Erstattung der Gegenäußerung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht geboten war (VfSlg. 11491/1987, 13308/1992).

Spruch

Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Finanzen) ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zu Handen ihrer Rechtsvertreter die mit S 18.000,- bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die Beschwerdeführerin rechnete in ihrer Körperschaftsteuererklärung für 1994 die Dotierung der Jubiläumsgeldrückstellung in näher bestimmter Höhe gemäß § 9 Abs 4 EStG 1988 idF Steuerreformgesetz 1993, BGBl. 818/1993, außerbilanzmäßig hinzu. Die Körperschaftsteuer wurde vom Finanzamt für Körperschaften erklärungsgemäß mit Becheid vom festgesetzt. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung, in der sie darauf abstellte, § 9 Abs 4 EStG 1988 idF des Steuerreformgesetzes 1993, BGBl. 818/1993, verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz und das Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Eigentums.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom wies die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Körperschaftsteuerbescheid 1994 ab.

2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende, auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides beantragt wird.

3. Die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland als belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II. Die Beschwerde ist im Ergebnis begründet.

1. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom , G403/97, die Wortfolge "eines Dienst- oder" in § 9 Abs 4 EStG 1988, BGBl. 400/1988, idF des ArtI Z 6 des Steuerreformgesetzes 1993, BGBl. 818/1993, als verfassungswidrig aufgehoben.

2. Gemäß Art 140 Abs 7 B-VG wirkt die Aufhebung eines Gesetzes auf den Anlaßfall zurück. Es ist daher hinsichtlich des Anlaßfalles so vorzugehen, als ob die als verfassungswidrig erkannte Norm bereits im Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Bescheid zugrundegelegten Tatbestandes nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte (VfSlg. 12676/1991).

Dem in Art 140 Abs 1 B-VG genannten Anlaßfall (im engeren Sinn), anläßlich dessen das Gesetzesprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist, sind all jene Beschwerdefälle gleichzuhalten, die im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Gesetzesprüfungsverfahren (bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung) beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren (zB VfSlg. 13067/1992, 13225/1992, 13313/1992, 13566/1993).

3. Die nichtöffentliche Beratung im Gesetzesprüfungsverfahren fand am statt. Die vorliegende Beschwerde ist beim Verfassungsgerichtshof am eingelangt, war also im Zeitpunkt der nichtöffentlichen Beratung schon anhängig. Der Fall ist somit einem Anlaßfall gleichzuhalten.

Die belangte Behörde wandte bei Erlassung des angefochtenen Bescheides die als verfassungswidrig aufgehobene Gesetzesbestimmung an. Es ist nach Lage des Falles nicht von vornherein ausgeschlossen, daß sich diese Gesetzesanwendung für die Beschwerdeführerin als nachteilig erweist.

Es ist daher auszusprechen, daß die Beschwerdeführerin durch den bekämpften Bescheid wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in ihren Rechten verletzt wurde (vgl. etwa VfSlg. 10736/1985, ).

Der Bescheid ist daher aufzuheben.

III. 1. Die Kostenentscheidung

beruht auf § 88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von S 3.000,- enthalten.

2. Dies konnte gemäß § 19 Abs 4 Z 3 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung entschieden werden.

Fundstelle(n):
FAAAD-97550