OGH vom 21.12.2000, 8Ob235/00t

OGH vom 21.12.2000, 8Ob235/00t

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Spenling und Dr. Kuras als weitere Richter im Konkurs über das Vermögen der S***** GmbH, ***** infolge Revisionsrekurses der Gläubigerin Wohnungseigentumsgemeinschaft der Liegenschaft *****, vertreten durch Dr. Hermann Geissler, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom , GZ 28 R 97/00s-59, und der Gläubigerin Wohnungseigentumsgemeinschaft der Liegenschaft *****, vertreten durch Dr. Hermann Geissler, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom , GZ 28 R 98/00p-60, womit die Beschlüsse des Handelsgerichtes Wien vom , GZ 41 S 33/00b-29, und 41 S 33/00b-30, bestätigt wurden, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Den Revisionsrekursen wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Das Erstgericht eröffnete mit Beschluss vom den Konkurs über das Vermögen der Gemeinschuldnerin und bestellte Dr. Peter Pullez, Rechtsanwalt in Wien, zum Masseverwalter.

Zum Vermögen der Gemeinschuldnerin zählen zahlreiche Eigentumswohnugen. Mit Schriftsatz vom meldeten die beiden nunmehr Revisionsrekurs erhebenden Wohnungseigentumsgemeinschaften hinsichtlich einiger dieser Eigentumswohnungen Forderungen an rückständigen Betriebskosten und Kostenbeiträgen für die Sanierung des jeweiligen Hauses für die Monate Oktober 1999 bis März 2000 im Gesamtbetrag von S 107.619,17 und S 272.065,69 als Konkursforderungen an. Unter einem beantragten sie unter Geltendmachung des gesetzlichen Pfandrechtes gemäß § 13c WEG die Anmeldung der einzelnen Forderungen bei den jeweiligen gemeinschuldnerischen Anteilen im Grundbuch anzumerken.

Das Erstgericht wies diese Anträge als unzulässig zurück. Eine Forderungsanmeldung im Konkurs erfülle nicht den Tatbestand des § 13c Abs 4 WEG. Das Absonderungsrecht könne mit Klage gegen den Masseverwalter geltend gemacht werden.

Das Gericht zweiter Instanz gab den dagegen erhobenen Revisionsrekursen der beiden Wohnungseigentumsgemeinschaften nicht Folge und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Gemäß § 13c Abs 3 Z 1 WEG bestehe an jedem Miteigentumsanteil in dem durch § 216 Abs 1 Z 3 EO bestimmten Ausmaß ein gesetzliches Vorzugspfandrecht zu Gunsten der Forderungen der Wohnungseigentümergemeinschaft gegen den Eigentümer des Anteils. Das Vorzugspfandrecht komme nach § 13c Abs 4 WEG dem Forderungsberechtigten nur zu, wenn er die Forderung samt dem Pfandrecht binnen sechs Monaten mit Klage geltend mache und die Anmerkung der Klage beim Miteigentumsanteil des Beklagten beantrage. Forderungen, die der Wohnungseigentümergemeinschaft gegen den in Konkurs verfallenen Mit- und Wohnungseigentümer zur Zeit der Konkurseröffnung zustehen, seien Konkursforderungen. Kraft des gesetzlichen Vorzugspfandrechts zu Gunsten dieser Forderungen sei die Wohnungseigentümergemeinschaft auch Absonderungsgläubigerin. Absonderungsrechte seien im Konkurs nicht anzumelden, sondern durch Klage geltend zu machen. Die beiden Wohnungseigentümergemeinschaften machten mit ihrer Forderungsanmeldung nur die persönliche Schuld der Gemeinschuldnerin geltend, ohne dadurch Befriedigung aus den Pfandsachen der Gemeinschuldnerin erreichen zu können. Demnach sei im Wege der Forderungsanmeldung die vom § 13c Abs 4 WEG verlangte Geltendmachung der Forderung samt dem Pfandrecht im Konkurs ausgeschlossen. Ziel der Forderungsanmeldung sei die positive Feststellung der angemeldeten Forderung als Konkursforderung im anschließenden Prüfungsverfahren, dessen Gegenstand nur die Forderung, nicht aber der Anspruch auf Befriedigung der festzustellenden Forderung aus der Pfandsache sei. Das gesetzliche Vorzugspfandrecht sei mittels Pfandrechtsklage gegen den Masseverwalter geltend zu machen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobenen Revisionsrekurse der beiden Wohnungseigentümergemeinschaften sind zwar gemäß § 126 GBG zulässig (SZ 58/71; 5 Ob 92/00s ua), es kommt ihnen aber keine Berechtigung zu.

Gemäß § 13c Abs 3 Z 1 WEG besteht an jedem Miteigentumsanteil in dem durch § 216 Abs 1 Z 3 der EO bestimmten Ausmaß ein gesetzliches Vorzugspfandrecht zu Gunsten der Forderungen der Wohnungseigentümergemeinschaft gegen den Eigentümer des Anteils. Das Vorzugspfandrecht kommt gemäß Abs 4 der genannten Gesetzesstelle dem Forderungsberechtigten nur zu, wenn er die Forderung samt dem Pfandrecht binnen sechs Monaten mit Klage geltend macht und die Anmerkung der Klage im Grundbuch beim Miteigentumsanteil des Beklagten beantragt.

Das durch Art III Z 3 WEG 1999 im § 13c Abs 3 bis 5 WEG neu geschaffene gesetzliche Vorzugspfandrecht ist in seinem Bestand weder von einer vertraglichen Einräumung abhängig noch von einer Eintragung im Grundbuch, dies abgesehen von der im § 13c Abs 4 WEG konzipierten Einschränkung. Danach ist Voraussetzung für die Geltendmachung des Vorzugspfandrechtes für die jeweiligen Forderungen, dass für diese innerhalb von sechs Monaten ab Fälligkeit die Klage mit dem Antrag auf Anmerkung im Grundbuch eingebracht wird. Diese Anmerkung ist zwar im Gegensatz zur Streitanmerkung für den Rang bedeutungslos, hat aber ähnlich wie diese eine Warnfunktion. Sind die formellen Voraussetzungen der Klagseinbringung mit Anmerkung im Grundbuch erfüllt, genügt für die Geltendmachung der bevorrangten Forderung die Anmeldung zur Meistbotsverteilung (WoBl 2000, 242; immolex 2000, 205; immolex 2000, 249; 5 Ob 249/00d). Für die Geltendmachung des "latenten" gesetzlichen Vorzugspfandrechts des § 13c Abs 3 WEG wurde das Einbringen einer Mahnklage als ausreichend angesehen, in der gestützt auf § 13c Abs 4 WEG die grundbücherliche Anmerkung der Klage beim Miteigentumsanteil des Beklagten beantragt wird. Eines in das Urteilsbegehren aufzunehmenden Zusatzes, dass bei Nichtzahlung Exekution in die Pfandsache geführt wird, bedürfe es wegen der sich ohnehin auf das ganze Vermögen erstreckenden Haftung des beklagten Wohnungseigentümers nicht (WoBl 2000, 191 mit zustimmender Glosse Call).

Zum hier zu lösenden Problem, ob die in § 13c Abs 4 WEG genannte Klage durch die Forderungsanmeldung im Konkurs ersetzt wird und die grundbücherliche Anmerkung einer derartigen Anmeldung bewilligt werden kann, hat die Rechtsprechung bislang nicht Stellung genommen. Call (Anmerkungen zum gesetzlichen Vorzugspfandrecht gemäß § 13c Abs 3 bis 5 WEG im Rahmen der Wohnrechtsnovelle 1999, WoBl 1999, 358), der für die Geltendmachung des Vorzugspfandrechts die Mahnklage fast immer als den richtigen Rechtsbehelf ansieht, sieht die Einbringung einer Hypothekarklage in Fn 17 für den Fall als erforderlich an, dass der Kläger im Insolvenzfall des Mit- und Wohnungseigentümers sein Absonderungsrecht geltend machen wollte. Stabentheiner (Zu Einzelfragen des wohnungseigentumsrechtlichen Vorzugspfandrechts, immolex 2000, 116) führt zu dem hier interessierenden Problemkreis aus, dass die Fragestellung, ob die Anerkennung der Forderung durch den Masseverwalter im Konkurs des Miteigentümers das im § 13c Abs 4 WEG genannte Erfordernis einer Klage samt Klagsanmerkung zu ersetzen vermöge, verfehlt sei. Beim wohnungseigentumsrechtlichen Vorzugspfandrecht handle es sich um ein Absonderungsrecht im Sinne der §§ 10 ff KO und der §§ 10 ff AO. Absonderungsrechte würden durch die Konkurseröffnung bzw die Eröffnung des Ausgleichsverfahrens nicht berührt. Rechtsstreitigkeiten über Absonderungsansprüche könnten auch nach einer Konkurseröffnung - wenngleich nur gegen den Masseverwalter - anhängig gemacht und fortgesetzt werden. Der Konkurs des Miteigentümers ändere somit an der im § 13c Abs 4 WEG vorgesehenen Art der Inanspruchnahme des Vorzugspfandrechts durch Klage und Klagsanmerkung nur insofern etwas, als diese Klage gegen den Masseverwalter zu richten bzw das vor Konkurseröffnung eingeleitete Verfahren gegen den Masseverwalter fortzusetzen sei. Dem durch das Vorzugspfandrecht besicherten Forderungsberechtigten bleibe es aber gemäß § 48 Abs 3 KO unbenommen, im Konkurs des Miteigentümers ihre Forderung gleichzeitig als Konkursgläubiger geltend zu machen (aaO 117).

Diesen Ausführungen ist grundsätzlich zuzustimmen, jedoch darauf zu verweisen, dass der Oberste Gerichtshof den Absonderungsberechtigten nicht in allen Fällen auf die Klagserhebung verwiesen hat. Ein in der Praxis sehr wichtiges Absonderungsrecht ist das gesetzliche Bestandgeberpfandrecht (Illatenpfandrecht) nach § 1101 ABGB. Der Vermieter realisiert sein Pfandrecht durch pfandweise Beschreibung der nach dem gemäß Artikel XIII Z 6 EGEO weiterhin in Geltung stehenden Hofdekret vom 5. November 1819, JGS Nr 1621, die Bestandzinsklage vorauszugehen hat. In seiner Entscheidung JBl 1980, 480 hat der Oberste Gerichtshof die Anmeldung der Forderung im Konkurs einer derartigen Bestandzinsklage gleichgesetzt. § 300a Abs 2 EO sieht vor, dass das vertragliche Pfandrecht nur Bezüge erfasst, die fällig geworden sind, nachdem der Anspruch gerichtlich geltend gemacht oder der Gläubiger - auf Grund einer mit dem Schuldner getroffenen Vereinbarung - einen Verwertungsanspruch hat und dies dem Drittschuldner angezeigt wurde. In 8 Ob 312/98k hat der erkennende Senat ausgesprochen, dass als gerichtliche Geltendmachung im Konkurs die Anmeldung der Forderung anzusehen sei.

Eine diesen Rechtssätzen entsprechende Auslegung des § 13c Abs 4 WEG scheitert allerdings bereits am klaren Gesetzeswortlaut, ist doch danach - worauf bereits das Rekursgericht zutreffend hingewiesen hat - die Forderung samt dem Pfandrecht mit Klage geltend zu machen und die Anmerkung der Klage im Grundbuch zu beantragen. Damit nähert sich aber das Rechtsinstitut seinem Wesen nach der Hypothekarklage stark an, die dem Gesetzgeber als Vorbild für die Klagsanmerkung nach § 13c Abs 4 WEG diente (WoBl 2000, 190; immolex 2000/127). Es ist nun aber völlig unstrittig, dass die exekutive Durchsetzung eines vertragsmäßigen Pfandrechts (soweit kein vollstreckbarer Notariatsakt vorliegt) der Klage bedarf (EvBl 1953/19; ÖBA 1993, 665 ua). Es hat daher dabei zu verbleiben, dass in einem derartigen Fall der Absonderungsgläubiger die Rechte und Pflichten einer Doppelstellung hat, indem er den vollen Betrag im Konkurs anmelden kann, die Realisierung seines Absonderungsrechtes jedoch dessen Durchsetzung im Prozessweg erfordert (ÖBA 1990, 722; SZ 64/185; 8 Ob 198/99x; 8 Ob 341/99a). Dass auch der Gesetzgeber keine andere Sicht der Dinge hatte, ergibt sich aus dem Ausschussbericht (2056 BlgNR XX. GP, 9), wo ausdrücklich auf die Zahlungsunfähigkeit eines Miteigentümers abgestellt wird, ohne jedoch der Wohnungseigentümergemeinschaft eine insolvenzrechtliche Sonderstellung einzuräumen.

Auch darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass anders als in den beiden vorzitierten Fällen über den Antrag auf Klagsanmerkung im Grundbuchsverfahren zu entscheiden ist (5 Ob 122/00b). Zu den als Eintragungsgrundlage heranzuziehenden Bestimmungen der §§ 20 lit b, 73 GBG ist es gesicherte Rechtsprechung, dass grundbücherliche Anmerkungen nur erfolgen dürfen, wenn eine spezielle gesetzliche Vorschrift die Eintragung ermöglicht und zugleich deren Wirkungen festlegt. Anmerkungen, die kein Gesetz erwähnt, sind also unzulässig. Es bedarf einer ausdrücklichen gesetzlichen Determinierung, sei es im Grundbuchsgesetz oder in einem anderen Gesetz (EvBl 1997/130; EvBl 1994/149; EvBl 1995/86; NZ 2000, 24). Eine gesetzliche Anordnung, wonach auf Grund einer Forderungsanmeldung eine grundbücherliche Anmerkung vorzunehmen wäre, besteht aber nicht.

Durch die Verweigerung der Anmerkung einer Forderungsanmeldung im Grundbuch entsteht auch kein Rechtsschutzdefizit. Der Oberste Gerichtshof hat jüngst in seiner Entscheidung 5 Ob 305/00i zum Vorzugspfandrecht des § 13c Abs 3 WEG ausgesprochen, dass kein Hindernis bestehe, Rechtsstreitigkeiten über Absonderungsansprüche nach der Konkurseröffnung einzuleiten. Jede Klage, die zur Ausübung des gesetzlichen Vorzugspfandrechts erhoben werde, privilegierte Forderungen zum Gegenstand habe und einen Antrag auf Anmerkung der Klage nach § 13c Abs 4 WEG enthalte, sei ein zulässiger Rechtsbehelf zur Geltendmachung des Absonderungsrechts, falls man sie mit diesen Besonderheiten nicht ohnehin als Hypothekarklage begreife. Die Prozesssperre des § 6 Abs 1 KO bestehe für eine solche Klage nicht.

Den Revisionsrekursen ist ein Erfolg zu versagen.