VfGH vom 06.06.2006, B3593/05
Sammlungsnummer
17821
Leitsatz
Feststellung einer Verletzung des beschwerdeführenden Rechtsanwalts im Recht auf Entscheidung in angemessener Zeit aufgrund überlanger Verfahrensdauer durch die Verhängung einer Disziplinarstrafe wegen unsachlicher Ausdrucksweise in einem Schriftsatz; keine Verletzung sonstiger verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte, insbesondere nicht des Klarheitsgebotes und der Meinungsäußerungsfreiheit; keine Willkür; denkmögliche Gesetzesanwendung
Spruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid in seinem gemäß Art 6 Abs 1 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Entscheidung innerhalb angemessener Frist verletzt worden.
Der Bescheid wird im Strafausspruch aufgehoben.
Im Übrigen ist der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt worden. Insofern wird die Beschwerde abgewiesen.
Die Tiroler Rechtsanwaltskammer ist schuldig, dem Beschwerdeführer die mit € 1.260,- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1.1. Der Beschwerdeführer ist Rechtsanwalt in Tirol. Am wurde er beim Disziplinarrat der Tiroler Rechtsanwaltskammer (im Folgenden: Disziplinarrat) angezeigt. Der Anzeige lag der Vorwurf zugrunde, er habe sich in einem Schreiben an eine Gegenpartei einer unsachlichen Ausdrucksweise bedient. Mit Schreiben des Disziplinarrates vom wurde der Beschwerdeführer von der Disziplinaranzeige und der Bestellung eines Untersuchungskommissärs verständigt und zur Abgabe einer Stellungnahme aufgefordert (§27 Abs 2 DSt 1990). Am fasste der Disziplinarrat folgenden Einleitungsbeschluss, Zl. D 00-38:
"Es besteht Grund zur Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen RA. Dr. R K, ..., weil der Verdacht besteht, er habe die Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes dadurch begangen, dass er als Vertreter seiner Mandantschaft ... an M U ... und F E vom ein Schreiben richtete, in welchem er vorbringt:
Ich habe meiner Mandantschaft empfohlen[,] die Konsequenzen zu ziehen, indem meine Kanzlei mit allen rechtlichen Mitteln gegen Sie vorgeht[,] insbesondere:
a) Einleitung des strafgerichtlichen Verfahrens gegen Sie, wegen der begangenen Kredit-, Rufschädigung und Verleumdung und Betreibung des Strafverfahrens bis zu Ihrer Verurteilung. Sie sind dann vorbestraft, was entsprechende Auswirkungen auf Ihre Berechtigungen und künftig geplanten Karrieren entfalten kann.
b) Einbringung der gerichtlichen Unterlassungsklage bei entsprechend breitbandiger Prozessführung, die ich, wie Sie gewiss sein dürfen, gerade in Ihrem Fall mit besonderer Sorgfalt betreiben werde, bewegen sich allein die Kosten eine derartigen Verfahrens in sechsstelliger Höhe."
1.2. Der Disziplinarrat beraumte für den eine Verhandlung an. In dieser wurde der Beschluss auf "gemeinsame Verhandlung der Disziplinarsachen D 57/98 und D 00-38" gefasst. Dem Verfahren Zl. D 57/98 lag der Vorwurf zugrunde, der Beschwerdeführer habe einem ehemaligen Mandanten in einem Schreiben einerseits mitgeteilt, den Konkurs über das Vermögen seiner GmbH beantragt zu haben und ihm anderseits eine Strafanzeige wegen des Verdachts der betrügerischen und fahrlässigen Krida nach § 156 und § 159 StGB angedroht, wodurch der Beschwerdeführer unangemessenen Druck betreffend Zahlung der verglichenen Honorarforderung ausgeübt habe.
Mit Erkenntnis des Disziplinarrates vom wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe die Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes dadurch begangen, dass er
"a. im Schreiben von an Herrn K G ohne vorherige, sorgfältige und kritische Prüfung des Sachverhaltes eine Strafanzeige wegen des Verdachtes der betrügerischen Krida und fahrlässigen Krida nach § 156 und § 159 StGB androhte und
b. als Vertreter seiner Mandantschaft ... an G U ... und F E vom ein Schreiben richtete, in welchem er ausführte: Ich habe meiner Mandantschaft empfohlen, die Konsequenzen zu ziehen, indem meine Kanzlei mit allen rechtlichen Mitteln gegen Sie vorgeht, insbesondere
a) Einleitung des strafgerichtlichen Verfahrens gegen Sie, wegen der begangenen Kredit-, Rufschädigung und Verleumdung und Betreibung des Strafverfahrens bis zu Ihrer Verurteilung. Sie sind dann vorbestraft, was entsprechende Auswirkungen auf Ihre Berechtigungen und künftig geplanten Karrieren entfalten kann.
b) Einbringung der gerichtlichen Unerlassensklage wegen der begangenen, nachweislichen Ruf- und Kreditschädigung samt nachfolgender Exekutionsführung nach weiterer Verbreitung der inkriminierten Tatsachenbehauptung. Bei entsprechend breitbandiger Prozessführung, die ich, wie Sie gewiss sein dürfen, gerade in Ihrem Fall mit besonderer Sorgfalt betreiben werde, bewegen sich allein die Kosten eines derartigen Verfahrens in sechsstelliger Höhe.
Es wird hierfür über ihn gemäss § 16 Abs 1 Z[l] 2 DSt 1990 die Disziplinarstrafe einer Geldbuße in Betrag von ATS 50.000,00 verhängt."
1.3. Der dagegen erhobenen Berufung vom wurde mit Erkenntnis der Obersten Berufungs- und Disziplinarkommission für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter (im Folgenden: OBDK) vom Folge gegeben, das Erkenntnis des Disziplinarrates und die diesem vorangegangene Disziplinarverhandlung als nichtig aufgehoben und die Sache an den Disziplinarrat zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
1.4. Die in der Folge für den anberaumte Verhandlung des Disziplinarrates wurde aufgrund eines Verlegungsantrages des Beschwerdeführers vom abberaumt und eine neuerliche Verhandlung für den anberaumt. Diese wurde aufgrund der Mitteilung des Beschwerdeführers vom , dass er an der Verhandlung nicht teilnehmen werde, in seiner Abwesenheit durchgeführt.
Mit Erkenntnis des Disziplinarrates vom wurde der Beschwerdeführer von dem zu D 57/98 erhobenen Vorwurf freigesprochen. Hinsichtlich der zu D 00-38 erhobenen Vorwürfe wurde er schuldig erkannt und über ihn eine Geldbuße in Höhe von € 2.500,-
verhängt.
1.5. Der dagegen erhobenen Berufung wegen Schuld wurde mit Erkenntnis der OBDK vom nicht Folge gegeben. Hingegen wurde der Berufung wegen Strafe dahingehend Folge gegeben, dass eine Geldstrafe von € 2.000,- als Zusatzstrafe zu den Vorverurteilungen D 98-51, DV 99-31 und D 01-16, DV 01-07 verhängt wurde.
2. Gegen dieses als Bescheid zu wertende Erkenntnis der OBDK richtet sich die vorliegende, auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf Freiheit der Meinungsäußerung und auf Entscheidung innerhalb angemessener Frist geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides begehrt wird.
3. Die OBDK legte die Verwaltungsakten vor, erstattete jedoch keine Gegenschrift.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Der Beschwerdeführer hat gegen die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Rechtsvorschriften keine verfassungsrechtlichen Bedenken vorgebracht. Auch beim Verfassungsgerichtshof sind solche aus Anlass des vorliegenden Beschwerdefalles nicht entstanden.
2.1. Der Beschwerdeführer wirft der belangten Behörde zunächst Willkür bei der Strafbemessung vor, weil sie unberücksichtigt gelassen habe, dass der Disziplinarrat entgegen der Verantwortung des Beschwerdeführers als strafverschärfend gesehen habe, dass seine Vorgangsweise "auch in dem an ihn erteilten Auftrag keine Deckung" finde. Die Höhe der verhängten Geldstrafe sei ohne Erhebung seiner Einkommensverhältnisse festgesetzt worden und darüber hinaus exzessiv hoch. Schließlich fehle im angefochtenen Bescheid der konkrete Vorwurf, worin das Disziplinarvergehen bestehe. Der angefochtene Bescheid beeinträchtige ihn daher im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und in dem aus Art 7 EMRK erfließenden Recht.
2.2. Das Fehlen eines konkretisierten Vorwurfes, worin die Verletzung von Berufspflichten bzw. von Ehre und Ansehen des Standes zur erblicken sei, belastet einen Bescheid mit Willkür (vgl. VfSlg. 11.776/1988). Ein solcher Fall liegt jedoch offenkundig nicht vor. Die belangte Behörde führt im angefochtenen Bescheid unter anderem aus, dass die Adressaten des inkriminierten Schreibens mit der als sicher dargestellten strafrechtlichen Verurteilung und deren nachteiligen Folgen auf ihre Karrieren sowie mit einer "breitbandigen" Prozessführung bedroht würden. Dieses Verhalten des Beschwerdeführers würde gegen die in § 2 RL-BA normierte Berufspflicht "sachlich nicht gerechtfertigte Druckmittel zur Anspruchsdurchsetzung anzukündigen bzw. anzuwenden" verstoßen. Die belangte Behörde legt somit im Einzelnen dar, welcher disziplinäre Vorwurf dem Beschwerdeführer aufgrund des festgestellten Sachverhaltes gemacht wird.
Im Hinblick auf die weiteren unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes aufgeworfenen Bedenken ist auszuführen, dass diese Rechtsverletzungen nach den Beschwerdebehauptungen allenfalls nur die Folge einer unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes wären.
Die behauptete Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes bzw. des Art 7 EMRK liegt somit nicht vor.
3.1. Der Beschwerdeführer erachtet sich überdies in seinem Recht auf Freiheit der Meinungsäußerung verletzt. Begründend wird ausgeführt, dass die Behörde § 9 Abs 1 Rechtsanwaltsordnung (im Folgenden: RAO) denkunmöglich angewendet habe. Der Beschwerdeführer habe in seinem Schreiben lediglich die gesetzlichen Konsequenzen einer unwahren rufschädigenden Tatsachenbehauptung wiedergegeben. Die Darstellung dieser Konsequenzen könne keineswegs das Disziplinarvergehen der Ausübung unzulässigen Drucks darstellen.
3.2. Nach Art 10 Abs 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf freie Meinungsäußerung. Vom Schutzumfang dieser Bestimmung, die das Recht der Freiheit der Meinung und der Freiheit zum Empfang und zur Mitteilung von Nachrichten und Ideen ohne Eingriffe öffentlicher Behörden einschließt, werden sowohl reine Meinungskundgaben als auch Tatsachenäußerungen, aber auch Werbemaßnahmen erfasst. Art 10 Abs 2 EMRK sieht allerdings im Hinblick darauf, dass die Ausübung dieser Freiheit Pflichten und Verantwortung mit sich bringt, die Möglichkeit von Formvorschriften, Bedingungen, Einschränkungen oder Strafdrohungen vor, wie sie in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen Sicherheit, der territorialen Unversehrtheit oder der öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verbrechensverhütung, des Schutzes der Gesundheit und der Moral, des Schutzes des guten Rufes und der Rechte anderer, zur Verhinderung der Verbreitung von vertraulichen Nachrichten oder zur Gewährleistung des Ansehens und der Unparteilichkeit der Rechtsprechung notwendig sind.
Da sich die im angefochtenen Bescheid ausgesprochene Verhängung der Disziplinarstrafe über den Beschwerdeführer auf verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsvorschriften stützt, könnte die behauptete Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Freiheit der Meinungsäußerung nur dann stattgefunden haben, wenn dem Gesetz fälschlicherweise ein verfassungswidriger Inhalt unterstellt oder wenn das Gesetz denkunmöglich angewendet worden wäre, was aber nur dann der Fall wäre, wenn die Behörde einen einer Gesetzlosigkeit gleichkommenden Fehler begangen hätte (vgl. VfSlg. 7907/1976 mwN, 14.005/1995, 16.265/2001).
Derartiges kann der belangten Behörde, die aufgrund der sachverhaltsmäßig unbestrittenen Äußerungen des Beschwerdeführers den Tatbestand eines Disziplinarvergehens als verwirklicht angesehen hat, jedenfalls nicht vorgeworfen werden. Wenn die belangte Behörde § 9 Abs 1 RAO dahin versteht, dass die Bestimmung "kein Freibrief für leichtfertige Anschuldigungen und ausufernde Drohungen" ist, wird damit dem Gesetz weder ein verfassungswidriger, gegen Art 10 EMRK verstoßender Inhalt unterstellt noch denkunmöglich vorgegangen. Ob von der belangten Behörde das Gesetz in jede Richtung richtig angewendet wurde, hat der Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen.
Im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Meinungsäußerung ist der Beschwerdeführer somit nicht verletzt.
4. Die Beschwerde ist jedoch insofern berechtigt, als sie die Nichtberücksichtigung der überlangen Dauer des Disziplinarverfahrens behauptet:
4.1. Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes hat das Verfahren vor den Disziplinarbehörden der Rechtsanwälte die Entscheidung über eine "strafrechtliche Anklage" im Sinne des Art 6 EMRK zum Gegenstand (vgl. zB VfSlg. 11.512/1987, 15.495/1999, 15.840/2000, 16.268/2001, 17.339/2004). Die Beschwerde ist daher im Lichte der besonderen Garantien des Art 6 Abs 1 EMRK zu beurteilen. Demnach besteht ein Anspruch auf Erledigung eines Strafverfahrens binnen "angemessener Frist".
Nach dieser Rechtsprechung berechnet sich der Beginn der zu beurteilenden Verfahrensdauer mit jenem Zeitpunkt, in dem der Beschwerdeführer (hier: im Wege der Aufforderung des Disziplinarrates zur Stellungnahme) Kenntnis von der gegen ihn eingeleiteten Untersuchung erlangt hat (vgl. VfSlg. 16.385/2001, 16.436/2002, 17.339/2004 sowie Frowein/Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention², Rz. 138 zu Art 6 EMRK und die dort zitierte Judikatur des EGMR, sowie EGMR vom , Coëme ua. gg. Belgien, Zl. 32492/96, Rn. 133, und EGMR vom , Malek gg. Österreich, ÖJZ 2003, 855).
4.2. Die Aufforderung zur Stellungnahme durch den Disziplinarrat im Verfahren D 00-38 erging laut Akteninhalt am ; als Anfangszeitpunkt des Verfahrens ist daher dieser Tag anzusehen.
Das Verfahren endete in erster Instanz mit dem Disziplinarerkenntnis vom und wurde in zweiter Instanz mit dem angefochtenen Bescheid abgeschlossen, der dem Beschwerdeführer am zugestellt wurde.
Die zu beurteilende Verfahrensdauer beträgt sohin 5 Jahre und 12 Tage.
4.3. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer ist nach der Rechtsprechung des EGMR nicht abstrakt, sondern im Lichte der besonderen Umstände jedes einzelnen Falles zu beurteilen. Die besonderen Umstände des Einzelfalles ergeben sich aus dem Verhältnis und der Wechselwirkung verschiedener Faktoren. Neben Faktoren, welche die Verfahrensdauer beeinflussen, nämlich die Schwierigkeit des Falles, das Verhalten des Beschwerdeführers und das Verhalten der Behörden in dem bemängelten Verfahren, spielt die Bedeutung der Sache für den Beschwerdeführer als subjektives Element eine wichtige Rolle (vgl. EGMR , König gg. Deutschland, EuGRZ 1978, 406 [417]; , Buchholz gg. Deutschland, EuGRZ 1981, 490 [493]; , Zimmermann und Steiner gg. die Schweiz, EuGRZ 1983, 482 [483]). Nicht die Verfahrensdauer schlechthin führt zu einer Verletzung, sondern nur eine Verzögerung, die auf Versäumnisse der Behörden zurückzuführen ist. Der Rechtsprechung des EGMR ist daher keine fixe Obergrenze für die Angemessenheit einer Verfahrensdauer zu entnehmen, ab deren Überschreitung jedenfalls eine Verletzung des Art 6 Abs 1 EMRK anzunehmen wäre (vgl. VfSlg. 16.385/2001, 17.307/2004, ).
4.4. Im Fall des Beschwerdeführers fällt ins Gewicht, dass der Disziplinarrat nach der Aufhebung seines Erkenntnisses vom durch das Erkenntnis der OBDK vom erst am im fortgesetzten Verfahren über die dem Beschwerdeführer angelasteten Disziplinarvergehen entschieden hat. Zwischen April 2002 und November 2004 hat der Disziplinarrat nach dem Inhalt der Verwaltungsakten keine Verfahrensschritte gesetzt.
Die ungewöhnliche Länge des Verfahrens ist allein dem Verhalten der Disziplinarbehörden zuzuschreiben; insbesondere kann dem Beschwerdeführer kein Vorwurf gemacht werden, das Verfahren unnötig verzögert zu haben. Für den Beschwerdeführer bestanden darüber hinaus keine rechtlichen Möglichkeiten, auf die Beschleunigung des Verfahrens hinzuwirken.
Da nach der Aktenlage weder Art und Umfang des Sachverhalts noch die zu beurteilenden Rechtsfragen die Behandlung dieser Rechtssache als ungewöhnlich komplex oder schwierig erscheinen lassen, im vorliegenden Beschwerdeverfahren aber auch keine weiteren besonderen Umstände hervorgekommen sind, welche die Dauer des Verfahrens, insbesondere nach Aufhebung des im ersten Rechtsgang erlassenen Bescheides des Disziplinarrates durch die ODBK, rechtfertigen könnten, ist die Dauer des Verfahrens von insgesamt mehr als 5 Jahren bis zur Zustellung des angefochtenen Bescheides nicht mehr als angemessen iSd. Art 6 Abs 1 EMRK zu beurteilen.
5. Der angefochtene Bescheid war nur im Umfang des Strafausspruches aufzuheben, weil die festgestellte Rechtsverletzung den Ausspruch über die Schuld unberührt lässt und eine Änderung nur im Rahmen der Strafbemessung gemäß § 16 Abs 6 DSt 1990 in Betracht kommt, insbesondere durch verfassungskonforme Berücksichtigung der überlangen Verfahrensdauer als Milderungsgrund und der sinngemäßen Anwendung des § 34 Abs 2 StGB (vgl. VfSlg. 16.385/2001, 17.339/2004).
6. Ob die belangte Behörde (im Umfang des Ausspruches über die Schuld) das Gesetz hingegen in jeder Hinsicht richtig angewendet hat, ist vom Verfassungsgerichtshof im Rahmen der Beschwerde gemäß Art 144 B-VG nicht zu beurteilen, und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde - wie im vorliegenden Fall - gegen die Entscheidung einer Kollegialbehörde nach Art 133 Z 4 B-VG richtet, die beim Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft werden kann (vgl. zB VfSlg. 10.659/1985, 12.915/1991, 14.408/1996, 16.570/2002 und 16.795/2003).
7. Da der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in keinem sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden ist und angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen, war die Beschwerde im Übrigen abzuweisen.
8. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 88 VfGG. Sie beruht auf dem Umstand, dass die Beschwerde nur teilweise erfolgreich war (vgl. VfSlg. 14.492/1996, 16.385/2001, 17.339/2004). Im zugesprochenen Betrag ist USt in Höhe von € 180,- enthalten.
9. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.