OGH vom 26.02.2020, 9ObA141/19d

OGH vom 26.02.2020, 9ObA141/19d

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau und den Hofrat des Obersten Gerichtshof Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Zeitler (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) und Angela Taschek (aus dem Kreis der Arbeitgeber) als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei T***** Z*****, vertreten durch Dr. Thomas Krankl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei A***** AG, *****, vertreten durch CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 1.397.481,32 EUR netto sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 9 Ra 14/19y-44, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Der Antrag der klagenden Partei, ein Vorabentscheidungsverfahren gemäß Art 267 AEUV beim Europäischen Gerichtshof einzuleiten, wird zurückgewiesen.

2. Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die Vorinstanzen haben das Begehren des Klägers gegen die Beklagte auf Zahlung des Entgelts übereinstimmend abgewiesen, weil zwischen den Parteien im streitgegenständlichen Zeitraum kein Vertragsverhältnis bestanden habe.

Die Frage, ob zwischen bestimmten Personen schlüssig (§ 863 ABGB) ein Vertrag zustande gekommen ist, hängt typischerweise von den Umständen des Einzelfalls ab und stellt daher idR keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar (9 ObA 67/18w Pkt I.2.2.; RS0081754 [T8]; vgl RS0042936 [T43]). Nur bei einer – hier allerdings nicht vorliegenden – groben Fehlbeurteilung ist die Frage, ob ein Vertrag schlüssig zustande gekommen ist, revisibel (RS0043253 [T7]).

Nach den bindenden Feststellungen stand der Kläger mit Ausnahme eines kurzen – hier nicht streitgegenständlichen – Zeitraums in keinem direkten Vertragsverhältnis zur Beklagten. Vielmehr erbrachte er Leistungen für die Beklagte auf der Grundlage von verschiedenen zwischen der Beklagten und dritten Auftragnehmern abgeschlossenen Verträgen.

Das in der außerordentlichen Revision betonte Argument des Klägers, er habe Leistungen im Zusammenhang mit dem internen Kontrollsystem (IKS) der Beklagten (vgl § 82 AktG) erbracht und müsse deshalb schon aufgrund der dafür erforderlich gewesenen organisatorischen Eingliederung in das Unternehmen der Beklagten ein Angestelltendienstverhältnis bejaht werden, greift zu kurz. Diese Überlegung löst nicht die Frage, wen die Beklagte mit bestimmten Leistungen beauftragte und in wessen Auftrag der Kläger tätig wurde. Feststeht, dass der Kläger mehrmals das Anbot der Beklagten, mit ihr ein Dienstverhältnis abzuschließen, aus finanziellen Erwägungen ablehnte.

Die erstmals in der außerordentlichen Revision angestellte Überlegung, bei derartig langen Tätigkeiten (13 Jahre) könne nicht mehr von einer Überlassung gesprochen werden, sondern es sei von einem Dienstverhältnis auszugehen, widerspricht dem Vorbringen des Klägers im erstinstanzlichen Verfahren, wonach es niemals eine Arbeitskräfteüberlassungsvereinbarung gegeben habe. Sie verstößt daher gegen das Neuerungsverbot des § 504 Abs 1 ZPO.

Mangels einer für das Klagebegehren relevanten Vertragsbeziehung zwischen den Parteien kommt es auf die weiteren in der außerordentlichen Revision relevierten Fragen der vom Kläger behaupteten fachlichen und disziplinären Verpflichtungen gegenüber der Beklagten im Zusammenhang mit seiner Leistungserbringung im Rahmen des IKS, seiner mangelnden generellen Vertretungsmöglichkeit und der „Beendigung des Dienstvertrags“ nicht an. Soweit der Kläger Feststellungen darüber vermisst, aufgrund welcher Verpflichtung er in der Zeit von bis fallweise in den Büroräumlichkeiten der Beklagten tätig gewesen sei, übersieht er, dass die Beklagte schon zuvor eine eine weitere Zusammenarbeit mit ihm abgelehnt hatte und ihm dies auch bekannt war.

Die geltend gemachte Aktenwidrigkeit des Berufungsverfahrens bildet schon mangels Relevanz nicht den Revisionsgrund nach § 503 Z 3 ZPO (RS0043265).

Der ausdrückliche Antrag des Klägers auf Anrufung des Europäischen Gerichtshofs gemäß Art 267 AEUV (exArt 234 EGV) ist zurückzuweisen, weil den Parteien kein diesbezügliches Antragsrecht zukommt. Die Parteien können nur ein entsprechendes Ersuchen anregen (RS0058452). Auch bei einer Deutung des Antrags als bloße Anregung ist hier für weitere Erwägungen zu einem Vorabentscheidungsersuchen gemäß Art 267 AEUV kein Raum, weil die vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfragen im Zusammenhang mit der 8. EU Richtlinie (Abschlussprüfungs-Richtlinie 2006/43/EG) in Ermangelung eines zwischen den Parteien bestandenen Vertragsverhältnisses nicht entscheidungsrelevant sind.

Mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision des Klägers zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf diese Zurückweisung nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2020:009OBA00141.19D.0226.000

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