VfGH vom 10.12.1997, B3553/95

VfGH vom 10.12.1997, B3553/95

Sammlungsnummer

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Leitsatz

Anlaßfallwirkung der Aufhebung der Wortfolge ", 2. bei Erdölprodukten 6 vH der Bemessungsgrundlage" in § 4 des BG BGBl 554/1980, mit dem eine Sonderabgabe von Erdöl erhoben wird (=SEG), idF BGBl 681/1994 mit E v , G23-26/97.

Spruch

Die beschwerdeführenden Parteien sind durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.

Die Bescheide werden aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Finanzen) ist schuldig, den beschwerdeführenden Parteien zu Handen ihres Rechtsvertreters die mit je S 18.000,- bestimmten Prozeßkosten in 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I.1. Mit den im Instanzenzug ergangenen Bescheiden der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland wurden die Anträge der beschwerdeführenden Gesellschaften, die Sonderabgabe von Erdöl für den Zeitraum Jänner bis April 1995 - abweichend von den von ihnen gemäß § 5 Abs 1 in Verbindung mit § 4 Z 2 des Bundesgesetzes vom , mit dem eine Sonderabgabe von Erdöl erhoben wird, BGBl. Nr. 554 idF BGBl. Nr. 681/1994, (im folgenden: SEG) eingereichten Anmeldungen - mit S 0,- festzusetzen bzw. die für diese Zeiträume entrichtete Sonderabgabe von Erdöl rückzuerstatten, abgewiesen. In den auf Art 144 B-VG gestützten, beim Verfassungsgerichtshof zu B2955/95, B3553/95, B570/96 und B1741/96 protokollierten Beschwerden erachten sich die beschwerdeführenden Gesellschaften durch die angefochtenen Bescheide im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums durch die Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes, nämlich des § 4 SEG, verletzt. Die beschwerdeführenden Gesellschaften bringen überdies vor, daß die Sonderabgabe von Erdöl nicht mit Art 33 der sechsten Richtlinie des Rates vom zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage, 77/388/EWG, vereinbar sei und dieser Umstand unter dem Blickwinkel des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unverletzlichkeit des Eigentums dem Eigentumseingriff mittels gesetzlosen Bescheides gleichzuhalten sei. Die beschwerdeführenden Gesellschaften beantragen die kostenpflichtige Aufhebung der Bescheide.

2. Die belangte Behörde hat von der Erstattung einer Gegenschrift im Hinblick darauf, daß die angefochtenen Bescheide bereits Ausführungen zur verfassungsrechtlichen Problematik enthielten, Abstand genommen.

II.1. Aus Anlaß der vorliegenden Beschwerden hat der Verfassungsgerichtshof am beschlossen, die Verfassungsmäßigkeit der Wortfolge "2. bei Erdölprodukten 6 vH der Bemessungsgrundlage" in § 4 SEG von Amts wegen zu prüfen.

Mit Erkenntnis vom , G23-26/97, hat der Verfassungsgerichtshof die bezeichnete Wortfolge als verfassungswidrig aufgehoben.

2. Die belangte Behörde hat bei Erlassung der angefochtenen Bescheide in der Annahme, daß sich die Selbstberechnung als richtig erwiesen habe und daher gemäß § 201 BAO ein Abgabenbescheid nicht zu erlassen gewesen sei, ein verfassungswidriges Gesetz, nämlich § 4 Z 2 SEG angewendet. Es ist nach Lage der Beschwerdefälle offenkundig, daß dessen Anwendung für die Rechtsstellung der beschwerdeführenden Gesellschaften nachteilig war.

Die beschwerdeführenden Gesellschaften wurden also durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt.

3. Die Bescheide waren daher aufzuheben.

4. Dies konnte gemäß § 19 Abs 4 Z 3 VerfGG 1953 ohne

mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 88 VerfGG 1953. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von je

S 3.000,- enthalten.