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OGH vom 10.10.2001, 9ObA140/01f

OGH vom 10.10.2001, 9ObA140/01f

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter OLWR Dr. Peter Hübner und Franz Gansch als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Gabriele L*****, Lehrerin, *****, vertreten durch Dr. Bernhard Kettl, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei Land Oberösterreich, Klosterstraße 7, 4021 Linz, vertreten durch Dr. Heinz Oppitz und Dr. Heinrich Neumayr, Rechtsanwälte in Linz, wegen Feststellung (Streitwert S 100.000 sA), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 12 Ra 7/01p-12, womit das Urteil des Landesgerichtes Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 7 Cga 55/00v-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie zu lauten haben:

"Es wird festgestellt, dass das Dienstverhältnis zwischen den Parteien über den hinaus bis zum aufrecht weiterbestanden hat.

Das Mehrbegehren der klagenden Partei, es möge festgestellt werden, dass das Dienstverhältnis zwischen den Parteien auch über den hinaus aufrecht weiterbesteht, wird hingegen abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 5.073,60 (darin S 845,60 USt) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz und die mit S 4.436,88 (darin S 739,48 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die klagende Partei ist weiters schuldig, der beklagten Partei die mit S 3.043,20 (darin S 507,20 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahren binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin war ab Vertragslehrerin der beklagten Partei; seit war sie an der Volksschule O***** tätig. Sie befand sich zunächst in einem befristeten, seit in einem unbefristeten Dienstverhältnis.

Die Klägerin kaufte täglich in einem Lebensmittelgeschäft in O***** ein. Am steckte sie ein Stück Käse im Wert von S 20 in ihre Stofftasche, deklarierte es aber nicht an der Kasse; am nächsten Tag, dem , verschwieg sie bei der Kasse eine Flasche Geschirrspülmittel im Wert von S 27,90; in beiden Fällen wusste sie, dass diese Waren zu bezahlen gewesen wären. Beim zweiten Vorfall vom wurde die Klägerin nach dem Passieren der Kasse von der Geschäftsinhaberin kontrolliert und hierauf Anzeige bei der Gendarmerie erstattet.

Die Klägerin war am 15. und dienstfrei gestellt. In dieser Zeit fand eine Besprechung mit der Klägerin statt, an der der Bezirksschulrat, die Direktorin und deren Stellvertreterin teilnahmen. Ab befand sich die Klägerin wieder im Dienst. Mit Schreiben des Bezirksschulrates B***** vom wurde am der Landesschulrat für Oberösterreich von den Vorfällen informiert, der seinerseits am den Zentralausschuss für Landeslehrer an allgemeinen Pflichtschulen von der beabsichtigten Entlassung der Klägerin verständigte. Am fand hierüber eine Sitzung des Zentralausschusses statt. Am langte beim Landesschulrat die Mitteilung des Zentralausschusses ein, dass gegen die Entlassung der Klägerin kein Einwand erhoben werde. Diese Mitteilung ging dem zuständigen Beamten des Landesschulrates am zu. Sein noch am selben Tag verfasstes, auf § 34 Abs 1 und 2 lit b Vertragsbedienstetengesetz 1948 (im Folgenden VBG) gestütztes Entlassungsschreiben erhielt die Klägerin nach den Osterfeiertagen am .

Die Durchführung eines Strafverfahrens gegen die Klägerin unterblieb, nachdem sie im Rahmen der Diversion S 12.500 zugunsten des Bundes gezahlt hatte.

Die Klägerin begehrt mit der vorliegenden Klage zuletzt die Feststellung, dass das Dienstverhältnis zwischen den Parteien über den hinaus aufrecht weiterbestehe. Die Entlassung sei von der beklagten Partei verspätet ausgesprochen worden; sie sei überdies unbegründet.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, dass die Entlassung rechtzeitig erfolgt sei; sie sei im Übrigen berechtigt, weil die Handlungen der Klägerin Vertrauensunwürdigkeit begründet hätten.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren unter Zugrundelegung der eingangs wiedergegebenen Feststellungen ab. Die Entlassung sei rechtzeitig erfolgt; die Klägerin habe keinen Grund zur Annahme gehabt, dass die beklagte Partei vom Entlassungsrecht keinen Gebrauch machen werde. An das außerdienstliche Verhalten eines Volkschullehrers müsse ein besonders strenger Maßstab angelegt werden. Volksschülern würden die Grundwerte des sozialen Verhaltens vermittelt. Dem Lehrer komme dabei eine besondere Vorbildfunktion zu. Auch wenn ein Teil der Eltern die Klägerin als Lehrerin besonders schätze, sei sie objektiv betrachtet als vertrauensunwürdig zu qualifizieren, weil vom Standpunkt des vernünftigen dienstlichen und geschäftlichen Ermessens für den Dienstgeber die objektiv gerechtfertigte Befürchtung bestehe, dass seine Interessen und Belange durch die Klägerin gefährdet seien.

Das Berufungsgericht gab der dagegen erhobenen Berufung der Klägerin nicht Folge und trat der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes bei. Der Grundsatz der Unverzüglichkeit der Entlassung dürfe nicht überspannt werden. Die Willensbildung erfordere bei juristischen Personen mehr Zeit als bei natürlichen Personen. Durch die Einschaltung der Personalvertretung könne es einige Wochen dauern, bis der Entscheidungsprozess abgeschlossen sei. Die Klägerin habe nach den mit ihr geführten Gesprächen davon ausgehen müssen, dass aus den Vorfällen Konsequenzen gezogen werden. Die Entlassung sei aber auch inhaltlich begründet gewesen. Gerade im kindlichen Alter komme der Vorbildfunktion eines Lehrers eine tragende Rolle zu. Es sei daher, auch wenn es sich um ein außerdienstliches Verhalten handle, ein strenger Maßstab anzulegen. Aus der Sicht des Dienstbetriebes und der gerechtfertigten Interessen des Dienstgebers habe es sich um ein gravierendes Fehlverhalten der Klägerin gehandelt, das der beklagten Partei ihre Weiterbeschäftigung nicht mehr zumutbar gemacht habe.

Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne der Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragte, der Revision nicht Folge zu geben.

Die Revision ist teilweise berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 2 Abs 1 lit a Landesvertragslehrergesetz 1996 ist auf Landesvertragslehrer das VBG anzuwenden. Das Berufungsgericht hat zunächst die Frage der Rechtzeitigkeit der Beendigungserklärung der beklagten Partei zutreffend gelöst, sodass insoweit auf die Richtigkeit der Begründung der Berufungsentscheidung hingewiesen werden kann (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO). Richtig macht die Revisionswerberin geltend, dass eine Entlassung (aber auch eine Kündigung) nach dem VBG unverzüglich ausgesprochen werden muss (Arb 11.343; RdW 1999, 610; RIS-Justiz RS0028543, RS0029131, RS0029273). Ob die Beendigung rechtzeitig oder verspätet vorgenommen wurde, lässt sich regelmäßig nur nach den Umständen des einzelnen Falles beurteilen (DRdA 1984/10 [Aphathy]; RIS-Justiz RS0031571) Der Grundsatz, dass Entlassungs(Kündigungs-)gründe unverzüglich geltend zu machen sind, darf jedenfalls nicht überspannt werden (RdW 1999, 610; RIS-Justiz RS0031587).

Dazu führte das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang zutreffend aus, dass bei der Beurteilung der Rechtzeitigkeit einer Entlassung (oder Kündigung) bei juristischen Personen allgemein darauf Bedacht zu nehmen ist, dass die Willensbildung in der Regel umständlicher ist als bei physischen Personen; es müssten daher solche Verzögerungen anerkannt werden, die in der Natur des Dienstverhältnisses oder sonst in den besonderen Umständen des Falles sachlich begründet sind (RIS-Justiz RS0029328). Im vorliegenden Fall kommt noch besonders dazu, dass die beklagte Partei die Organe der Personalvertretung nach den §§ 9 Abs 1 lit i, 14 Abs 1 lit a, 42 Bundes-Personalvertretungsgesetz (PVG) einzuschalten hatte (ARD 4121/23/89; RdW 1999, 610; RIS-Justiz RS0028543, RS0029273). Aus der von der Revisionswerberin zitierten Entscheidung 9 ObA 182/88 (= Arb

10.779) ist für ihren Standpunkt nichts zu gewinnen; dort verstrich nämlich zwischen dem Eingang der Zustimmung der Personalvertretung beim Dienstgeber und der anschließenden Zustellung der Entlassung an den Dienstnehmer ein Zeitraum von einem Monat (im vorliegenden Fall hingegen lediglich ein Zeitraum von einigen Tagen); der Grund für die einmonatige Verzögerung lag im zitierten Fall in der Untätigkeit des zur Entscheidung berufenen Organs. Soweit die Revisionswerberin Zweifel an der Richtigkeit der von den Vorinstanzen festgestellten Daten anmerkt, ist sie darauf zu verweisen, das dem Obersten Gerichtshof die Überprüfung der Beweiswürdigung entzogen ist (Kodek in Rechberger ZPO2 § 503 Rz 1). Ausgehend von den vorstehenden Erwägungen war aber - wie bereits die Vorinstanzen zutreffend ausführten - der im vorliegenden Fall verstrichene Zeitraum nicht unangemessen lag, um berechtigterweise darauf zu vertrauen, dass der Dienstgeber auf die Ausübung des des Entlassungs-(oder Kündigungs-)rechts verzichte (Arb 11.343; RIS-Justiz RS0029273). Es ist daher von der Rechtzeitigkeit der Beendigungserklärung der beklagten Partei auszugehen.

Zur Frage der Rechtfertigung der Entlassung kann hingegen der Beurteilung der Vorinstanzen nicht beigetreten werden:

Mangels strafgerichtlicher Verurteilung der Klägerin scheidet ein Amtsverlust nach § 27 StGB iVm § 34 Abs 3 VBG von vornherein aus. Im Übrigen stellt aber die beispielsweise Aufzählung von Entlassungsgründen in § 34 Abs 2 VBG nicht ausdrücklich auf strafbare Handlungen des Vertragsbediensteten ab; es kommt aber unter Umständen eine Entlassung wegen Vertrauensunwürdigkeit nach § 34 Abs 2 lit b VBG in Betracht (Pfeil DRdA 1991/48; Eichinger, RdW 1997, 211 [213]). In diesem Sinne stützte die beklagte Partei die vorzeitige Auflösung des Dienstverhältnisses mit der Klägerin auf die vorgenannte Bestimmung. Danach kann das Dienstverhältnis vorzeitig durch Entlassung aufgelöst werden, wenn sich der Vertragsbedienstete einer Handlung oder einer Unterlassung schuldig macht, die ihn des Vertrauens des Dienstgebers unwürdig erscheinen lässt. Ob Vertrauensunwürdigkeit gegeben ist, hängt davon ab, ob für den Dienstgeber vom Standpunkt vernünftigen kaufmännischen Ermessens die gerechtfertigte Befürchtung besteht, dass seine Belange durch den Dienstnehmer gefährdet seien. Maßgebend ist, ob das Verhalten des Dienstnehmers das Vertrauen des Dienstgebers so schwer erschüttert hat, dass diesem die Fortsetzung des Dienstverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann (Arb 10.001; Arb 10.212; RdW 1998, 475 ua). Hiebei ist nicht nur der letzte, unmittelbar zur Entlassung führende Vorfall, sondern das Gesamtverhalten des Dienstnehmers innerhalb eines längeren Zeitraumes zu berücksichtigen. Ob die Befürchtung, dass die Belange des Dienstgebers durch den Dienstnehmer gefährdet seien, gerechtfertigt ist, entscheidet allerdings nicht das subjektive Empfinden des Dienstgebers, sondern ein objektiver Maßstab, der nach der Verkehrsauffassung unter Berücksichtigung des Umstandes des Einzelfalles anzuwenden ist (Arb 10.212; RdW 1998, 475 ua). Die Vertrauensunwürdigkeit kann auch auf Handlungen beruhen, die mit dem Dienstverhältnis in keinen oder keinem unmittelbaren Zusammenhang stehen (Kuderna, Entlassungsrecht2 87 f; Arb 10.212; ARD 4506/18/93; RIS-Justiz RS0080088). Der Vertragsbedienstete hat sich nämlich nicht nur im Dienst, sondern auch außerhalb des Dienstes seiner Stellung angemessen und ehrenhaft zu betragen (§ 5 Abs 1 VBG).

Dass eine Handlung gerichtlich strafbar ist, bewirkt im Vertragsbedienstetenrecht nicht automatisch, dass sie jedenfalls auch einen Entlassungsgrund bildet. Gerade bei strafbaren Handlungen, die - wie im vorliegenden Fall - mit dem Dienstverhältnis in keinem unmittelbaren Zusammenhang stehen, ist besonders sorgfältig zu prüfen, ob sie tatsächlich so beschaffen sind, dass dem Dienstgeber die Fortsetzung des Dienstverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann (Arb 10.212; ARD 4506/18/93). Dabei ist im vorliegenden Fall neben der unbestrittenen Unbescholtenheit der Klägerin auch zu berücksichtigen, dass ihre Schuld nach Auffassung der Staatsanwaltschaft als nicht schwer anzusehen war (§ 90a Abs 2 Z 2 StPO) und es auch nicht der Bestrafung bedurfte, um sie von strafbaren Handlungen abzuhalten oder der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken (§ 90a Abs 1 StPO). Diese Beurteilung veranlasste die Staatsanwaltschaft dazu, von der Verfolgung einer strafbaren Handlung der Klägerin nach Entrichtung eines Geldbetrages zugunsten des Bundes zurückzutreten (§ 90c Abs 1 StPO). Berücksichtigt man weiters, dass das Dienstverhältnis der Klägerin zum Zeitpunkt der Entlassung bereits rund siebeneinhalb Jahre bestand und das frühere Vorfälle, die gegen die Vertrauensunwürdigkeit der Klägerin sprechen, von der beklagten Partei nicht behauptet wurden, so kann - auch bei Berücksichtigung der Aufgaben der Schule nach § 2 Schulorganisationsgesetz und der von den Vorinstanzen hervorgehoben, einer Volksschullehrerin regelmäßig zugeschriebenen Vorbildwirkung - nicht angenommen werden, dass dem Dienstgeber die Fortsetzung des Dienstverhältnisses selbst für die Dauer der Kündigungsfrist unzumutbar war. Diese Sicht teilte offenbar auch die Schulleitung, die die Klägerin nach zwei Tagen Dienstfreistellung wieder in den Dienst stellte.

Zu beachten ist jedoch weiters, dass eine entgegen den Vorschriften des § 34 VBG ausgesprochene Entlassung nach § 30 Abs 3 VBG als Kündigung gilt, wenn der angeführte Auflösungsgrund einen Kündigungsgrund iSd § 32 Abs 2 VBG darstellt; nur wenn auch kein Kündigungsgrund vorliegt, ist die ausgesprochene Entlassung rechtsunwirksam. Dabei kommt es nach der Rechtsprechung darauf an, ob die zur Begründung der Entlassung angeführten Tatumstände einen "entsprechenden" Kündigungsgrund nach § 32 Abs 2 VBG bilden (EvBl 1966/275; 4 Ob 47/79; RIS-Justiz RS0082120 ua). Der Vertragsbedienstete kann im Bestreitungsfall die Fortsetzung des Dienstverhältnissees durch Einbringung einer Klage auf Feststellung des aufrechten Dienstverhältnisses begehren (Kuderna aaO 200). Während im Falle der Entlassung ein Sachverhalt verwirklicht sein muss, der seinem Gewicht nach die Weiterbeschäftigung des Vertragsbediensteten schlechthin unzumutbar erscheinen lässt, ist dies bei der Kündigung nicht erforderlich (ARD 4850/21/97; DRdA 1999/36 [Alvarado-Dupuy]).

Im vorliegenden Fall drängt sich als "entsprechender" Kündigungsgrund jener nach § 32 Abs 2 Z 6 VBG auf. Danach ist der Dienstgeber zur Kündigung insbesondere dann berechtigt, wenn der Vertragsbedienstete ein Verhalten gesetzt hat, das nicht geeignet ist, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben aufrechtzuerhalten, sofern nicht die Entlassung in Frage kommt. Ein auch außerdienstliches strafbares Verhalten des Vertragsbediensteten kann den Interessen des Dienstes abträglich sein und das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben untergraben. Hiebei sind insbesondere Art und Inhalt der strafbaren Handlung, das verletzte Rechtsgut, die Dienststellung des Vertragsbediensteten und des ihm zugewiesenen Aufgabenbereichs zu berücksichtigen. Ein Ladendiebstahl einer Volksschullehrerin ist unter Anlegung eines objektiven Maßstabs nach der Verkehrsauffassung (Arb 11.179) dem Ansehen und den Interessen des Dienstes abträglich (Kuderna aaO 211) und nicht geeignet, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben der Volksschullehrerin aufrechtzuerhalten. An dieser Beurteilung ändert es auch nichts, dass sich einzelne Eltern beim Landesschulrat für Oberösterreich für die Klägerin verwendet haben. Zusammenfassend ist das Verhalten der Klägerin dem Kündigungsgrund nach § 32 Abs 2 Z 6 VBG zu unterstellen.

Fraglich bleibt nur noch, wann die als Kündigung der Klägerin zu behandelnde Entlassung vom wirksam wurde. Dabei ist zunächst zu beachten, dass das Dienstverhältnis des Vertragsbediensteten durch Kündigung mit Ablauf der Kündigungsfrist endet, wenn es auf unbestimmte Zeit eingegangen worden ist (§ 30 Abs 1 Z 9 VBG). Nach § 33 VBG beträgt die Kündigungsfrist für beide Teile nach einer Dauer des Dienstverhältnisses von fünf Jahren (aber noch nicht zehn Jahren) drei Monate. Sie hat, wenn sie nach Monaten bemessen ist, mit dem Ablauf eines Kalendermonats zu enden. Da sohin bei Anwendung des § 33 VBG am (bzw ) eine ordnungsgemäße Kündigung der Klägerin nur zum möglich gewesen wäre, hat das Dienstverhältnis zwischen den Parteien bis zu diesem Zeitpunkt fortbestanden; das darüber hinausgehende Feststellungsbegehren der Klägerin ist dagegen nicht berechtigt (4 Ob 47/79).

Geht man sohin davon aus, dass die Klägerin durch ihr als erwiesen angenommenes Verhalten zwar nicht den Entlassungsgrund nach § 34 Abs 2 lit b VBG, wohl aber den Kündigungsgrund nach § 32 Abs 2 Z 6 VBG verwirklicht hat, dann ist das Feststellungsbegehren bis zum Kündigungstermin () berechtigt; darüber hinaus ist ihm jedoch durch die ab wirksame Kündigung die Grundlage entzogen. Der Revision der Klägerin war daher nur teilweise Folge zu geben und es waren in diesem Umfang die Entscheidungen der Vorinstanzen abzuändern.

Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen (§ 43 Abs 1 ZPO). Der Stattgebung des Feststellungsbegehrens über den hinaus bis zum (teilweises Obsiegen der Klägerin) steht die Abweisung des Feststellungsbegehrens, soweit es über den hinausgeht (teilweises Unterliegen der Klägerin), gegenüber. Es kann hier weder gesagt werden, dass sich Obsiegen und Unterliegen etwa gleichgewichtig gegenüberstehen, noch dass die Klägerin nur mit einem verhältnismäßig geringfügigen Teil ihres Begehrens obsiegt hätte oder unterlägen wäre (§ 43 Abs 2 ZPO); es ist wohl von einem gewichtigerem Obsiegen der beklagten Partei auszugehen. Lässt sich aber das Verhältnis wie im vorliegenden Fall nicht eindeutig rechnerisch bestimmen, so hat das Gericht das Verständnis des erfolgreichen und des abgewiesenen Begehrens nach freiem Ermessen zu bemessen (RIS-Justiz RS0035831). Dieses wird mit 1 : 3 angenommen; die Klägerin ist sohin mit einem Viertel erfolgreich und hat daher der Beklagten die halben Kosten des erst-, zweit- und drittinstanzlichen Verfahrens zu ersetzen (§ 43 Abs 1 iVm § 50 Abs 1 ZPO; Fucik in Rechberger, ZPO2 § 43 Rz 5).