OGH vom 06.09.1966, 8Ob221/66
Norm
Handelsgesetzbuch § 118;
Kopf
SZ 39/138
Spruch
Bei der Bucheinsicht gemäß § 118 HGB. kann dem Gesellschafter die Beiziehung eines Buchsachverständigen nicht verwehrt werden
Entscheidung vom , 8 Ob 221/66
I. Instanz: Kreis- als Handelsgericht Krems an der Donau; II.
Instanz: Oberlandesgericht Wien
Text
Das Erstgericht hat dem Antrag des Antragstellers, den Antragsgegnern aufzutragen, ihm und seinem Bevollmächtigten, dem Buchsachverständigen Wilhelm Ch., Einsicht in die Handelsbücher und Unterlagen der Firma zu gewähren, vollinhaltlich stattgegeben. Hinsichtlich der Frage, ob auch dem Buchsachverständigen Wilhelm Ch. Bucheinsicht zu gewähren sei, hat es den Standpunkt eingenommen, es müsse dem Antragsteller zugebilligt werden, daß er sich bei der Ausübung seines Bucheinsichtsrechtes eines Buchprüfers bediene, zumal komplizierte Fragen auf dem Gebiete der Buchhaltung, insbesondere aber Fragen steuerrechtlicher Natur, nur von Fachleuten mit besonderen Fachkenntnissen gelöst werden könnten.
Das Rekursgericht hat in teilweiser Abänderung des erstgerichtlichen Beschlusses den Antrag, den Antragsgegnern aufzutragen, auch dem Bevollmächtigten des Antragstellers, dem Buchprüfer Wilhelm Ch. Bucheinsicht zu gewähren, abgewiesen. Würde dem Buchsachverständigen, wie es der Antragsteller anstrebe, unbeschränkt Bucheinsicht gewährt werden, so käme dies einer unzulässigen Übertragung des höchstpersönlichen Rechtes gleich.
Der Oberste Gerichtshof hat dem Revisionsrekurs des Antragstellers teilweise Folge gegeben und den zweitinstanzlichen Beschluß dahin abgeändert, daß er zu lauten hat:
"Den Antragsgegnern wird aufgetragen, dem Antragsteller Einsicht in alle Handelsbücher und Unterlagen der Firma W. zu gewähren, wobei sich der Antragsteller der Mitwirkung des Buchsachverständigen Wilhelm Ch, bedienen kann.
Das darüber hinausgehende Begehren des Antragstellers wird abgewiesen."
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Das Recht des Gesellschafters, in die Geschäftsbücher Einsicht zu nehmen, kann grundsätzlich vom Gesellschafter nur persönlich ausgeübt werden (EvBl. 1962 Nr. 378), weil den anderen Gesellschaftern nicht zugemutet werden kann, daß dritte Personen Einblick in die Gesellschaftsverhältnisse gewinnen. Nur dann, wenn dem Gesellschafter die persönliche Ausübung dieses Rechtes aus besonderen Gründen, etwa wegen längerdauernder Erkrankung oder Abwesenheit, nicht möglich ist, muß ihm zugebilligt werden, das Bucheinsichtsrecht durch einen Bevollmächtigten ausüben zu lassen. Dem Rekursgericht ist darin beizupflichten, daß der Antragsteller keine Umstände dargetan hat, die die persönliche Ausübung des Bucheinsichtsrechtes als unmöglich erscheinen ließen.
Entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes können aber das Vorbringen und der Antrag des Antragstellers nicht dahin verstanden werden, daß es dem Antragsteller ausschließlich darum zu tun sei, dem Buchsachverständigen ein selbständiges Bucheinsichtsrecht zu verschaffen, daß also von den Antragsgegnern gar nicht verlangt worden sei, dem Antragsteller die Möglichkeit zu verschaffen, sich bei der Ausübung des Bucheinsichtsrechtes der Hilfe des Buchsachverständigen zu bedienen. Der Antragsteller hat auf den Einwand der Antragsgegner hin, daß es sich bei dem Bucheinsichtsrecht um ein höchstpersönliches Recht handle, unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, er wolle sich der Mitwirkung des von ihm in seinen Steuerangelegenheiten zugezogenen Buchsachverständigen bedienen. Bei der Auslegung des in diesem Belange nicht eindeutigen Wortlautes des Antrages muß auf dieses Vorbringen Bedacht genommen werden. Eine solche Mitwirkung des Buchsachverständigen bei der persönlich vorzunehmenden Bucheinsicht kann dem Gesellschafter grundsätzlich nicht verwehrt werden, es sei denn, daß die Mitwirkung völlig überflüssig wäre oder Belangen der Gesellschaft widerspräche. Der Gesellschafter, der den Dritten zuzieht, übernimmt damit die Verantwortung für einen allfälligen Mißbrauch des an sich höchstpersönlichen Rechtes durch den Dritten (vgl. Weipert im Reichsgerichtsrätekommentar[2] zu § 118 HGB. Anm. 4, Schlegelberger, Kommentar zum HGB.[4] zu § 118 HGB. Anm. 3). Daß die Zuziehung des den Antragsteller in Steuersachen beratenden Buchsachverständigen überflüssig sei oder Belangen der Gesellschaft widerspräche, kann nach der Sachlage nicht gesagt werden. Der Antragsteller kann sich daher bei der von ihm persönlich vorzunehmenden Bucheinsicht der Mitwirkung des von ihm namhaft gemachten Buchsachverständigen bedienen. In diesem Umfang war dem Revisionsrekurs Folge zu geben. Soweit der Antragsteller darüber hinaus anstrebt, daß dem Buchsachverständigen ein gleiches Bucheinsichtsrecht wie ihm selber zugestanden werde, wurde sein Antrag vom Rekursgericht mit Recht abgewiesen.