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OGH vom 12.08.1997, 10ObS233/97f

OGH vom 12.08.1997, 10ObS233/97f

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer und Dr.Ehmayr als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dipl.Ing.Walter Holzer (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Peter Stattmann (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Bruno N*****, Arbeitnehmer, ***** vertreten durch Dr.Werner Steinwender und Dr.Christian Mahringer, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagte Partei Salzburger Gebietskrankenkasse, 5024 Salzburg, Faberstraße 19-23, vertreten durch Dr.Johannes Honsig-Erlenburg, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Krankengeld, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 12 Rs 84/97b-9, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgerichtes vom , GZ 18 Cgs 251/96m-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Parteien haben die Kosten ihrer Rechtsmittelschriften selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war nach Beendigung seines Dienstverhältnisses in der Zeit vom 18.7. bis arbeitsunfähig und erhielt von seinem Dienstgeber mit Beendigung des Dienstverhältnisses eine Urlaubsentschädigung für Resturlaubstage ausbezahlt, die jedenfalls den Zeitraum 18.7. bis abdeckt.

Mit Bescheid vom lehnte die beklagte Partei den Antrag des Klägers auf Gewährung des Krankengeldes für den Zeitraum 18.7. bis mit der Begründung ab, daß der Kläger für diesen Zeitraum eine Urlaubsabfindung erhalten habe und deshalb sein Anspruch auf Krankengeld gemäß § 143 Abs 1 Z 3 ASVG für diese Zeit ruhe.

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger rechtzeitig Klage mit dem Begehren auf die abgelehnte Leistung. Es sei zwar richtig, daß er für den genannten Zeitraum von seinem seinerzeitigen Arbeitgeber eine Urlaubsentschädigung ausbezahlt erhalten habe. Diese Leistung führe jedoch nicht zum Ruhen des Krankengeldanspruches gemäß § 143 Abs 1 Z 3 ASVG.

Die beklagte Partei bestritt dieses Vorbringen und beantragte die Abweisung des Klagebegehrens.

Das Erstgericht wies ausgehend vom eingangs festgestellten unstrittigen Sachverhalt das Klagebegehren ab. Es führte in rechtlicher Hinsicht aus, daß gemäß § 143 Abs 1 Z 3 ASVG der Anspruch auf Krankengeld ruhe, solange der Versicherte aufgrund gesetzlicher oder vertraglicher Bestimmungen Anspruch auf Weiterleistung von mehr als 50 v.H. der vollen Geld- und Sachbezüge (§ 49 Abs 1 ASVG) vor dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit habe. Welche Ansprüche auf Weiterleistung der Geld- und Sachbezüge gemäß § 143 Abs 1 Z 3 ASVG ein Ruhen des Krankengeldes bewirken, werde im § 49 Abs 1 ASVG geregelt. Danach seien unter Entgelt die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer aus dem Dienstverhältnis Anspruch habe oder die er darüber hinaus aufgrund des Dienstverhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhalte. Aufgrund der bis geltenden Rechtslage seien gemäß § 49 Abs 3 Z 7 ASVG u.a. gewährte Urlaubsabfindungen nicht als Entgelt anzusehen gewesen. Aufgrund des Strukturanpassungsgesetzes 1996 sei jedoch ab in § 49 Abs 3 Z 7 ASVG der Ausdruck "nach gesetzlicher Vorschrift gewährte Urlaubsabfindungen" entfallen. Demnach handle es sich ab bei Urlaubsabfindungen um ein Entgelt im Sinne des § 49 Abs 1 ASVG, deren Ansprüche aufgrund gesetzlicher oder vertraglicher Bestimmungen ein Ruhen des Krankengeldanspruches gemäß § 143 Abs 1 Z 3 ASVG bewirken. Da der Kläger unbestritten für den Zeitraum 18.7. bis eine Urlaubsentschädigung ausbezahlt erhalten habe, habe die beklagte Partei den Anspruch des Klägers zu Recht abgelehnt.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Der Kläger vertrete in seinen Berufungsausführungen weiterhin die Ansicht, daß es sich bei der "Urlaubsabfindung" auch nach der Änderung des § 49 Abs 3 Z 7 ASVG durch das Strukturanpassungsgesetz 1996 (BGBl 1996/201) um kein Entgelt im sozialversicherungsrechtlichen Sinne, jedenfalls aber um keinen periodisch anfallenden, vom Arbeitgeber "weiterzuleistenden" Geld- oder Sachbezug im Sinne des § 143 Abs 1 Z 3 ASVG handle. Darüber hinaus stelle dieser Ruhenstatbestand auf einen Anspruch ab, der vor dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit bestanden habe, was bei der gegenständlichen Urlaubsabfindung ebenfalls nicht der Fall sei.

Diesen Ausführungen könne nicht gefolgt werden.

Nach der bis geltenden Rechtslage galten gemäß § 49 Abs 3 Z 7 ASVG u.a. "nach gesetzlicher Vorschrift gewährte Urlaubsabfindungen" - darunter seien sowohl die Urlaubsentschädigung gemäß § 9 UrlG als auch die Urlaubsabfindung nach § 10 UrlG zu verstehen gewesen (vgl SVSlg 39.915) - nicht als sozialversicherungspflichtiges Entgelt im Sinne des § 49 Abs 1 ASVG. In Abkehr von diesem Grundsatz unterlägen nach dem Strukturanpassungsgesetz 1996 mit Wirkung ab Urlaubsentschädigung und Urlaubsabfindungen der Beitragspflicht. Für die Zeit eines solchen Anspruches verlängere sich die Pflichtversicherung entsprechend (vgl § 11 Abs 2 ASVG). Diese Verlängerung der Pflichtversicherung habe auch Auswirkungen auf das Leistungsrecht der Krankenversicherung, in dem dadurch ein Ruhen des Krankengeldes oder Wochengeldes bewirkt werden könne (vgl ARD 4741/6/96; Choholka ua., Strukturanpassungsgesetz 1996 Änderungen im Sozialversicherungsrecht, SozSi 1996, 471 ff, insb 475).

Da der Kläger im vorliegenden Fall unbestritten für den Zeitraum 18.7. bis eine Vergütung für den nicht konsumierten Urlaub (Urlaubsentschädigung oder Urlaubsabfindung) ausbezahlt erhalten habe, verlängere sich um diesen Zeitraum die Pflichtversicherung, was wiederum insofern Auswirkungen auf das Leistungsrecht der Krankenversicherung habe, als dadurch für diesen Zeitraum ein Ruhen des Krankengeldes gemäß § 143 Abs 1 Z 3 ASVG bewirkt werde. Die von der beklagten Partei und ihr folgend vom Erstgericht vertretene Rechtsansicht entspreche daher dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers (vgl RV 72 BlgNR 20. GP 253).

Die vom Kläger dagegen vorgebrachten Einwendungen seien nicht stichhaltig. Daß es sich bei der Urlaubsentschädigung und Urlaubsabfindung nach der Änderung des § 49 Abs 3 Z 7 ASVG um sozialversicherungspflichtes Entgelt im Sinne des § 49 Abs 1 ASVG handle, bedürfe keiner näheren Erörterung. Der Ruhenstatbestand des § 143 Abs 1 Z 3 ASVG habe auch unter Berücksichtigung des darin verwendeten Begriffes "Weiterleistung" nicht zur Voraussetzung, daß es sich dabei um periodisch anfallende Zahlungen handle. Auch die weitere Wortfolge im § 143 Abs 1 Z 3 ASVG " ... Anspruch auf Weiterleistung von mehr als 50 v.H. der vollen Geld- und Sachbezüge vor dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit ..." bringe lediglich zum Ausdruck, daß der Anspruch auf Krankengeld zur Gänze ruhe, wenn der vom Arbeitsgeber nach dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit zu leistende Entgeltbetrag größer sei als 50 v.H. der vor dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit zu leistenden vollen Geld- und Sachbezüge. Inwiefern es sich dabei um eine unsachliche Regelung handeln solle, sei für das Berufungsgericht nicht nachvollziehbar. Bei der Urlaubsentschädigung bzw Urlaubsabfindung handle es sich vielmehr nach der nunmehrigen Rechtslage um ein sozialversicherungspflichtiges Entgelt, deren Bezug - wie beispielsweise auch der Bezug einer Kündigungsentschädigung - zu einer Verlängerung der Pflichtversicherung und damit auch zu einem Ruhen des Krankengeldbezuges führen könne.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens.

Die beklagte Partei beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung die Bestätigung des angefochtenen Urteils.

Die Revision ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

§ 49 Abs 3 ASVG bestimmt jene Vergütungen, Zulagen, Beihilfen usw, die nicht als Entgelt im Sinne des § 49 Abs 1 und 2 ASVG gelten. Mit Wirksamkeit vom ist § 49 Abs 3 Z 7 unmißverständlich dahin geändert worden, daß "nach gesetzlicher Vorschrift gewährte Urlaubsabfindungen" - anders als etwa Abfertigungen - vom Entgeltbegriff des § 49 Abs 1 und 2 nicht mehr ausgenommen sein sollen. Die Absicht des Novellengesetzgebers ist damit evident:

Urlaubsentschädigungen und Urlaubsabfindungen sollten künftighin als beitragspflichtiges Entgelt behandelt werden und damit zu einer entsprechenden Verlängerung des Pflichtversicherungsverhältnisses führen können (RV 72 BlgNR 20. GP 253). Daraus folgt aber auch das Ruhen eines Krankengeldanspruches nach § 143 Abs 1 Z 3 ASVG wegen Anspruchs auf Weiterleistung von mehr als der Hälfte der Geldbezüge vor dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit. Dem Berufungsgericht ist beizustimmen, daß auch der Begriff "Weiterleistung" nicht voraussetzt, daß es sich dabei um periodisch (monatlich, wöchentlich) anfallende Zahlungen handeln muß (vgl auch § 11 Abs 2 ASVG). Auch der Entgeltbegriff des § 49 knüpft nicht an "laufende weiterzuleistende" oder "periodisch anfallende" Bezüge an. Die dargestellte Regelung ist auch nicht unsachlich. Bei der Urlaubsentschädigung und Urlaubsabfindung handelt es sich um einen gesetzlichen Anspruch des Arbeitnehmers auf Abgeltung von bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch nicht verbrauchtem Urlaub in Geld. Nach der geltenden Rechtslage wäre es nicht angebracht, dem Arbeitnehmer für diesen Zeitraum sowohl Urlaubsentschädigung oder Urlaubsabfindung als auch Krankengeld zu zahlen (ebenso , 10 ObS 146/97m).

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG (hinsichtlich des Klägers) und § 77 Abs 1 Z 1 ASGG (hinsichtlich der beklagten Partei).