OGH vom 11.05.2006, 8ObA33/06w

OGH vom 11.05.2006, 8ObA33/06w

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Walter Zeiler und Robert Hauser als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Sylvia F*****, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Arbeitsmarktservice *****, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen Feststellung (Streitwert 630 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 15 Ra 45/05p-13, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 45 Cga 84/04b-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 166,56 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin stand von bis in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Ihre Dienstbehörde war das Amt des AMS *****.

Die im Zuge der Ausgliederung des AMS für Beamte geschaffene und bis befristete Übertrittsmöglichkeit gemäß § 64 Abs 6 AMSG blieb aufgrund einer Vereinbarung zwischen dem Vorstand des AMS, den Landesgeschäftsstellenleitern und dem Betriebsrat auch über den hinaus erhalten.

Am unterfertigte die Klägerin folgende Erklärung:

„Ich erkläre gemäß § 21 Beamten-Dienstrechtsgesetz, BGBl Nr 333/1979, meinen Austritt aus dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis mit Wirksamkeit vom und ersuche gemäß § 64 Abs 6 Arbeitsmarktservicegesetz, BGBl Nr 313/1994, um Aufnahme in ein Dienstverhältnis zum Arbeitsmarktservice."

Am unterfertigte die Klägerin einen Dienstvertrag, der auszugsweise wie folgt lautet:

„1. Dienstgeber ... Arbeitsmarktservice Tirol

...

3. Beginn des Dienstverhältnisses

...

8a. Mitarbeitervorsorgekasse:

Auf das Dienstverhältnis finden die Bestimmungen des betrieblichen

Mitarbeitervorsorgegesetzes ... Anwendung.

...

12. Kollektivvertrag: Für das Dienstverhältnis gelten die Bestimmungen des Kollektivvertrages für die Dienstnehmer/Innen des Arbeitsmarktservice vom in der jeweils geltenden Fassung, der in der Personalabteilung zur Einsicht aufliegt. Es wird ausdrücklich festgehalten, dass dieser Dienstvertrag in die im Kollektivvertrag für Dienstnehmer/Innen des Arbeitsmarktservice festgelegten Rechte und Pflichten des Dienstgebers und des Dienstnehmers/der Dienstnehmerin nicht eingreift."

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass auf ihr Dienstverhältnis die Abfertigungsbestimmungen des § 31 iVm § 52 des Kollektivvertrages für die Dienstnehmer/Innen des Arbeitsmarktservice anzuwenden sei. Durch Punkt 8a. des Dienstvertrages sei ein Eingriff in die kollektivvertraglich gewährleisteten Rechte der Klägerin erfolgt. Gemäß § 46 Abs 3 Z 3 BMVG würden kollektivvertragliche Abfertigungsbestimmungen weiter gelten, wenn nach dem unterbrochene Arbeitsverhältnisse unter Anrechnung von Vordienstzeiten beim selben Arbeitgeber fortgesetzt würden und durch eine nach dem anwendbare Bestimmung in einem Kollektivvertrag die Anrechnung von Vordienstzeiten für die Abfertigung festgesetzt werde. Gemäß § 52 des Kollektivvertrages seien die Bestimmungen über die Abfertigung gemäß § 31 in der bis geltenden Fassung auf alle Mitarbeiter/Innen, die nicht dem BMVG unterlägen, weiter anzuwenden. § 31 Abs 3 des Kollektivvertrages in der am geltenden Fassung bestimme, das sämtliche Dienst- oder Ausbildungszeiten im Bereich des BMAS zur Gänze für die Bemessung der Abfertigung anzurechnen seien. Im Dienstvertrag seien diese Vordienstzeiten auch korrekt für die Bemessung des Vorrückungsstichtages berücksichtigt worden. Das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis sei ausschließlich zum Zweck der Aufnahme eines privatrechtlichen Dienstverhältnisses beendet worden. Es sei das Dienstverhältnis beim selben Dienstgeber auf privatrechtlicher Basis fortgesetzt worden. Daher sei § 46 Abs 3 Z 3 BMVG anwendbar. Es widerspreche dem arbeitsrechtlichen „Gleichheitsgrundsatz", wenn ein Vertragsbediensteter, der in den Kollektivvertrag des AMS wechsle, besser gestellt werde als ein Beamter unter den selben Voraussetzungen.

Die Beklagte wendet ein, dass die Klägerin ihr öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis mit dem Dienstgeber Bund beendet und ein privatrechtliches Dienstverhältnis zu der vom Bund verschiedenen Rechtsperson Arbeitsmarktservice begründet habe. Es handle sich um zwei verschiedene Dienstgeber. Das privatrechtliche Dienstverhältnis unterliege zwingend dem Kollektivvertrag für die Dienstnehmer/Innen des AMS und dem BMVG. Der Kollektivvertrag sei hinsichtlich der Abfertigungsbestimmungen im § 31 ab dahingehend abgeändert worden, dass auf alle ab neu begründeten Dienstverhältnisse ausschließlich das BMVG anzuwenden sei. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Klägerin könne ihren Anspruch nicht auf § 46 Abs 3 Z 3 BMVG stützen, weil mangels Identität des Arbeitgebers die Bedingung dieser Gesetzesstelle, nämlich die Fortsetzung eines unterbrochenen Arbeitsverhältnisses beim selben Dienstgeber, nicht gegeben sei.

Das Berufungsgericht gab der dagegen von der Klägerin erhobenen Berufung nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei.

Rechtlich ging das Berufungsgericht davon aus, dass gemäß § 64 Abs 1 AMSG und der in diesem Umfang gleichlautenden Bestimmung des § 64 Abs 2 AMSG Beamte, die am im Bereich der Landesarbeitsämter und Arbeitsämter beschäftigt waren, dem jeweiligen Amt des Arbeitsmarktservices angehören. Den Arbeitnehmern des Arbeitsmarktservice blieben die am Tag vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes bestehenden Rechte mit der Maßgabe, dass ab für Vertragsbedienstete des Bundes geltende Bezugserhöhungen gebührten. Gemäß § 64 Abs 6 AMSG hätten Beamte, die den Ämtern des AMS angehörten, wenn sie bis einschließlich ihren Austritt aus dem Bundesdienst erklärten, Anspruch auf Aufnahme in ein Dienstverhältnis zum Arbeitsmarktservice mit Wirksamkeit des dem Austritt folgenden Monatsersten. Gemäß § 64 Abs 7 AMSG habe ein Beamter, der gemäß Abs 6 in ein Dienstverhältnis zum Arbeitsmarktservice übertrete, keinen Anspruch auf Abfertigung gemäß § 26 des Gehaltsgesetzes 1956.

Der „Dienstgeberwechsel" sei lange vor dem von der Klägerin erklärten Austritt und der Neubegründung des Dienstverhältnisses erfolgt. Der Wechsel sei so erfolgt, dass nunmehr die Beklagte als eigene Rechtspersönlichkeit geschaffen worden sei, wobei diese juristische Person ex lege neue Dienstgeberin der Klägerin geworden sei. Ein Eingriff in die Rechte der Klägerin aus ihrem Beamtendienstverhältnisses sei nicht erfolgt. Vielmehr sei die Klägerin weiterhin Beamtin mit allen Rechten und Pflichten geblieben. Ihre besoldungsrechtliche Stellung sei unverändert dem Gehaltsgesetz 1956 unterworfen gewesen. Daher sei der Klägerin ein Abfertigungsanspruch nur im Rahmen des § 26 GehG zugestanden. Es sei daher nicht erkennbar, inwiefern durch den „Dienstgeberwechsel" auch nur im entferntesten eine Benachteiligung der Klägerin dahin entstanden sei, dass ihr eine aufgrund ihrer bisherigen Rechtsstellung zustehende Abfertigung genommen worden sei. Selbst unter der nicht näher zu prüfenden Annahme, dass ein Betriebsübergang im Sinne des AVRAG oder der Betriebsübergangsrichtlinie stattgefunden habe, sei eine verpönte Benachteiligung der Klägerin nicht erkennbar. Es sei vielmehr ausschließlich in die Disposition der Klägerin gelegt gewesen, entweder ihre Stellung als Beamtin beizubehalten (ohne Recht auf eine Abfertigung mit Ausnahme des Falles des § 26 GehG) oder aber die Option wahrzunehmen, durch Austritt aus dem Beamtendienstverhältnis und zeitlich unmittelbar folgendem Abschluss eines Dienstvertrages ein privatrechtliches Dienstverhältnis einzugehen. Dieses neu begründete privatrechtliche Dienstverhältnis könne der Klägerin nur die durch Gesetz und Kollektivvertrag näher normierten Rechte vermitteln. Dieser Wechsel im Dienstnehmerstatus habe sich per 30. 11./ vollzogen. Sowohl in zeitlicher Beziehung als auch ausgehend von den gesetzlichen Grundlagen sei die Klägerin daher nicht schlechter gestellt worden.

Ausgehend von der Begründung des privatrechtlichen Dienstverhältnisses der Klägerin sei das BMVG im Sinne seines § 1 Abs 1 auf das Dienstverhältnis der Klägerin unmittelbar anwendbar. Auf die Übergangsregelung des § 46 Abs 3 Z 3 BMVG könne sich die Klägerin nicht stützen: Zum Zeitpunkt 30. 11./ habe der ursprüngliche Kollektivvertrag aus 1995 nicht mehr gegolten.

§ 46 Abs 3 Z 3 BMVG, der eine Ausnahme vom allgemeinen Prinzip der Geltung des neuen Abfertigungsrechtes bei Beginn eines Arbeitsverhältnisses nach normiere, beziehe sich darauf, dass ein Kollektivvertrag bei Wiederaufnahme eines Arbeitsverhältnisses zum selben Arbeitgeber die Anrechnung von Vordienstzeiten für die Abfertigung festsetze. Im Regelfall stellten derartige kollektivvertragliche Regelungen auf Fälle ab, in denen innerhalb einer bestimmten Zeit nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses erneut ein Arbeitsverhältnis zum selben Arbeitnehmer aufgenommen werde. Sichergestellt werden solle durch diese Regelung, dass kollektivvertragliche Normen dieser Art ihre materiellrechtliche Wirkung unverändert beibehielten. Die Neuaufnahme eines Arbeitsverhältnisses nach dem solle nicht dazu führen, dass auf Basis des bisherigen Rechts bereits erworbene abfertigungswirksame Zeiten durch das Inkrafttreten des BMVG verloren gingen. Der Regelungszweck dieser Bestimmung liege demnach darin, dass das Vorliegen einer kollektivvertraglichen Vordienstzeitanregelung für die Abfertigung ausreichend für die Anwendung dieser Ausnahmebestimmung sei. Unabhängig davon, ob hier überhaupt ein „unterbrochenes Arbeitsverhältnis" iSd § 46 Abs 3 Z 3 BMVG vorliege, könne sich die Klägerin auf diese Gesetzesbestimmung schon deshalb nicht berufen, weil sie als seinerzeitige Beamtin eine Abfertigungsanwartschaft nicht erworben habe. Zweck des § 46 Abs 3 Z 3 BMVG liege aber gerade darin, dass bereits bestehende Anwartschaften auf Abfertigung unter bestimmten Umständen nicht vernichtet werden sollten, sondern aufrecht zu halten seien. Eine nicht vorhandene Anwartschaft könne jedoch schon rein begrifflich nicht vernichtet werden. Überdies sei die Übergangsbestimmung des § 46 Abs 3 Z 3 BMVG auf die Klägerin schon deshalb nicht anzuwenden, weil auch der am bestehende Kollektivvertrag für die Klägerin nicht gegolten habe. Zum Stichtag habe es keine die Klägerin begünstigende Anrechnungsbestimmung gegeben. Die Anwendbarkeit des BMVG sei daher zulässig vereinbart worden. Die dagegen von der Klägerin erhobene Revision ist zulässig. Die Revision ist jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der erkennende Senat teilt die Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes zur Gänze. Es reicht daher aus, auf die Entscheidungsbegründung des Berufungsgerichtes zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Ergänzend ist den Revisionsausführungen entgegenzuhalten:

1. Ob zwischen dem früheren Dienstgeber der Klägerin (dem Bund) und der nun Beklagten wegen der umfangreichen Einflussmöglichkeiten des Bundes auf die Beklagte Dienstgeberidentität im arbeitsrechtlichen Sinn besteht, braucht deshalb nicht geklärt werden, weil selbst bei Bejahung dieser Identität der von der Klägerin behauptete Anspruch nicht gegeben ist.

2. Ebenso wenig bedarf es einer Prüfung, ob die Austrittserklärung aus dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis und das unmittelbar danach begründete privatrechtliche Dienstverhältnis zur Beklagten dem Begriff des „unterbrochenen Arbeitsverhältnisses" iSd § 46 Abs 3 Z 3 BMVG zu unterstellen ist.

3. Das Klagebegehren ist nämlich schon deshalb unberechtigt, weil

sowohl nach dem Wortlaut des § 46 Abs 3 Z 3 BMVG als auch nach dem

vom Berufungsgericht zutreffend hervorgehobenen Zweck dieser Regelung

eine Anwendung dieser Bestimmung auf die Klägerin deshalb

ausscheidet, weil der Klägerin vor Begründung ihres privatrechtlichen

Dienstverhältnisses (von der hier nicht relevanten Ausnahme nach § 26

GehG abgesehen, für welche in § 64 Abs 7 AMSG eine Sonderregelung

geschaffen wurde) keinerlei Abfertigungsansprüche zustanden: Vielmehr

waren und sind auf die Beamten und Beamtinnen der Ämter des Arbeitsmarktservice die Bestimmungen für öffentlich-rechtliche Bedienstete anzuwenden. Der Kollektivvertrag für die Dienstnehmer/Innen des Arbeitsmarktservice war auf das Dienstverhältnis der Klägerin bis zum Beginn des privatrechtlichen Dienstverhältnisses am nicht anwendbar. Zu diesem Zeitpunkt war eine kollektivvertragliche Abfertigung für neu eintretende Dienstnehmer nicht mehr vorgesehen. Vielmehr findet auf Dienstverhältnisse, deren vertraglich vereinbarter Beginn nach liegt, gemäß § 46 Abs 1 BMVG das BMVG Anwendung. Damit kann sich die Klägerin aber auch nicht auf die Übergangsbestimmung des § 52 der geltenden Fassung des Kollektivvertrages berufen: Die Anwendung dieser Bestimmung - die eine Abfertigung nach Maßgabe der ursprünglichen Regelung in § 31 des Kollektivvertrages vorsieht - setzt voraus, dass der betroffene Dienstnehmer nicht in den Geltungsbereich des BMVG fällt. Das ist aus den dargelegten Gründen bei der Klägerin nicht der Fall.

Die „Weitergeltung" von Abfertigungsregeln iSd § 46 Abs 3 Z 3 BMVG für die Klägerin ist daher denkunmöglich. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.