OGH vom 30.01.1968, 8Ob22/68
Norm
Kopf
SZ 41/13
Spruch
Mit der Einantwortung des Nachlasses ist bis zur Erledigung der Klage der auf den Rechtsweg verwiesenen minderjährigen Noterben zu warten.
Entscheidung vom , 8 Ob 22/68.
I. Instanz: Bezirksgericht Hietzing; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Das Erstgericht genehmigte den vom Erbenmachthaber vorgelegten Pflichtteilsausweis, wonach die Pflichtteile der mj. Noterbinnen Eleonore W. und Elisabeth W. je 785.168 S betragen. Es erklärte die Abhandlung für beendet und erließ die Einantwortungsurkunde. Es war der Ansicht, daß der zu 40 Cg .../66 des Landesgerichtes für ZRS. Wien anhängige Prozeß, betreffend die Ergänzung des Pflichtteils der mj. Noterbinnen, den getroffenen Anordnungen nicht im Wege stehe. Das Rekursgericht gab dem Rekurs der beiden mj. Noterbinnen Folge. Es änderte den Beschluß der ersten Instanz dahin ab, aß es dem vom Erbenmachthaber vorgelegten Pflichtteilsausweis die Genehmigung versagte, die beiden Noterbinnen mit ihren Pflichtteilsansprüchen auf den bereits zu 40 Cg .../66 des Landesgerichtes für ZRS. Wien anhängigen Rechtsstreit verwies und anordnete, daß mit dem Verlassenschaftsverfahren bis zur rechtskräftigen Beendigung dieses Rechtsstreites innezuhalten sei. Gleichzeitig hob es aus Anlaß des Rekurses der beiden mj. Noterbinnen die vom Erstgericht erlassene Einantwortungsurkunde auf. Es war der Ansicht, daß dem vom Alleinerben erstatteten Pflichtteilsausweis die Genehmigung zu versagen sei, weil hinsichtlich einer in den Nachlaß fallenden Liegenschaft nur der Wert im Zeitpunkt des Todes der Erblasserin zur Grundlage genommen worden sei. Die von den beiden mj. Noterbinnen behauptete Werterhöhung seit diesem Zeitpunkt, die Gegenstand des anhängigen Pflichtteilsergänzungsprozesses sei, dürfe nicht außer Betracht bleiben. Vor Feststellung und Sicherstellung der Pflichtteilsansprüche der beiden mj. Noterbinnen könne nicht mit der Einantwortung des Nachlasses vorgegangen werden. Es sei daher die bereits erlassene Einantwortung zu beheben und anzuordnen gewesen, daß bis zur Entscheidung über die Pflichtteilsergänzungsklage mit dem Verlassenschaftsverfahren innezuhalten sei.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Alleinerben nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Der Ansicht des Alleinerben, es liege bereits "wirkliche Zuteilung" des Pflichtteils vor, weil die im Verlassenschaftsverfahren festgestellten Pflichtteilsbeträge bereits ausbezahlt worden seien, ist unzutreffend. "Wirkliche Zuteilung" im Sinn des § 786 ABGB. ist erst die endgültige Festsetzung dessen, was den Pflichtteilsberechtigten aus dem Nachlaß gebührt, also die ziffernmäßige Feststellung des Pflichtteils durch gerichtliche Entscheidung oder Vergleich (SZ. XXXII 78 u. a.). Von einer endgültigen Festsetzung der Höhe des Pflichtteils kann aber so lange nicht gesprochen werden, als nicht über die Behauptung der beiden minderjährigen Noterbinnen, die auf den Zeitpunkt des Todes der Erblasserin abgestellte Schätzung der gegenständlichen Nachlaßliegenschaft im Verlassenschaftsverfahren entspreche nicht dem derzeitigen Wert der Liegenschaft, in dem darüber bereits anhängigen Prozeß entschieden ist.
Dem Alleinerben kann auch nicht darin gefolgt werden, daß die Rechte der beiden minderjährigen Noterbinnen durch die Verweisung auf den Rechtsweg hinlänglich gewahrt seien und daß keine Veranlassung bestehe, mit der Einantwortung des Nachlasses bis zur Erledigung dieses Prozesses zuzuwarten. Dem Rekursgericht ist vielmehr darin beizupflichten, daß im Hinblick auf die dem Verlassenschaftsgericht auf Grund der §§ 149, 162 AußStrG. bei Vorhandensein minderjähriger Noterben obliegenden Verpflichtungen vor der endgültigen Feststellung des Pflichtteils der minderjährigen Noterben nicht mit der Einantwortung des Nachlasses vorgegangen werden kann (vgl. NotZ. 1963 S. 122, EvBl. 1960 Nr. 64, Klang Komm.[2] III 898, nach Anm. 27).