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OGH vom 23.03.2015, 11Os25/15h

OGH vom 23.03.2015, 11Os25/15h

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der Rechtspraktikantin Mag. Michlits als Schriftführerin in der Strafsache gegen Andrzej S***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren und durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1 und 2, 130 dritter und vierter Fall, 15 StGB und weiterer strafbarer Handlungen, AZ 31 HR 543/14v des Landesgerichts Innsbruck (im Ermittlungsverfahren AZ 10 St 294/14m der Staatsanwaltschaft Innsbruck; mittlerweile AZ 28 Hv 20/15g des Landesgerichts Innsbruck), über die Grundrechtsbeschwerde des Andrzej S***** gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Beschwerdegericht vom , AZ 11 Bs 28/15b (ON 134 der Hv Akten), nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Andrzej S***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Grundrechtsbeschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Oberlandesgericht Innsbruck einer Beschwerde des Andrzej S***** (samt Ergänzungen; ON 118, 127, 128) gegen den vom Landesgericht Innsbruck nach Abhaltung einer Haftverhandlung am gefassten Beschluss (ON 85, 86) auf Fortsetzung der über ihn am verhängten Untersuchungshaft (vgl das dazu ergangene Erkenntnis vom , 11 Os 14/15s [11 Os 15/15p]) nicht Folge und setzte seinerseits die Untersuchungshaft aus den Haftgründen der Flucht und Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 1 und 3 lit a, b und c StPO fort.

Nach den Annahmen des Oberlandesgerichts steht Andzej S***** im dringenden Verdacht, er habe

I) fremde bewegliche Sachen in einem insgesamt 50.000 Euro weit übersteigenden Gesamtwert durch Einbruch mit dem Vorsatz weggenommen oder wegzunehmen versucht, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern und dabei in der Absicht gehandelt, sich durch die wiederkehrende Begehung schwerer Diebstähle und Diebstähle durch Einbruch eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen und zwar:

1) in der Nacht auf den

a) in S***** Gewahrsamsträgern der S***** GmbH und Xhevdet A***** einen Möbeltresor, einen Koffer samt Inhalt, weitere Gegenstände im Gesamtwert von ca 2.000 Euro und 2.675,50 Euro Bargeld, wobei er ein Fenster aufbrach und dadurch einstieg;

b) in F***** Thomas L***** aus einer unversperrten Umkleidekabine einen dort abgestellten Golfbag samt Golfausrüstung im Wert von ca 3.400 Euro;

2) am in H***** Gewahrsamsträgern der T***** vorzufindende Wertgegenstände, wobei er Fenster aufzubrechen versuchte und die Tat infolge Entdeckung beim Versuch blieb;

3) zwischen 13. und in St***** Gewahrsamsträgern der Ö*****gesellschaft mbH (H*****) 2.250 Euro Bargeld sowie Lebensmittel und Gegenstände im Wert von insgesamt 290 Euro, wobei er ein Fenster und eine Türe zu einem Lagerraum aufbrach und einen vorgefundenen Tresor mit einem mitgebrachten Schneidbrenner aufschnitt;

4) am in O***** Gewahrsamsträgern des Gasthofs St***** Bargeld, zwei Apple I Pads, eine externe Festplatte, einen Laptop, Sonnenbrillen, eine Wanduhr und Zigaretten im Gesamtwert von ca 5.410 Euro, wobei er mehrere Schubladen im Thekenbereich aufbrach;

5) in der Nacht auf den in St. J***** Michael P***** diverse Gebrauchsgegenstände im Wert von ca 300 Euro, wobei er die linke vordere Seitenscheibe von dessen PKW einschlug;

6) in der Nacht auf den in W***** Gewahrsamsträgern des Hotels R***** Bargeld, Schlüssel und eine Mautkarte noch unbekannten Werts, wobei er im Bereich der Rezeption Behältnisse aufbrach;

7) in der Nacht auf den in G***** Gewahrsamsträgern des Golfclubs M***** Golfkleidung, Bargeld, Schlüssel, Alkoholika und „Sparbücher“ im Gesamtwert von ca 60.000 Euro, wobei er einen Schlosszylinder abdrehte sowie mehrere Türen und Behältnisse aufzwängte;

8) in der Nacht auf den in E***** Martin U*****, Ernst Sp***** und Gewahrsamsträgern des G***** zahlreiche Kleidungsstücke und Golfutensilien noch unerhobenen Werts, wobei er 45 Metallspinde und 14 Kästchen aufbrach sowie sämtliche Golfbags durchsuchte;

9) in der Nacht auf den in St. U***** Gewahrsamsträgern des Ho***** eine digitale Spiegelreflexkamera, eine Digitalkamera, ein Beschriftungsgerät und weitere Gegenstände unerhobenen Werts sowie ca 4.000 Euro Bargeld, wobei er Schlosszylinder mehrerer Türen abdrehte und Schubladen aufbrach;

10) am in S***** Petra Sc***** ein Notebook, zwei Banktaschen und eine Kellnergeldtasche unerhobenen Werts sowie ca 550 Euro Bargeld, wobei er den Schließzylinder der Bürotür abdrehte;

11) am in E***** Gewahrsamsträgern des „Go*****“ Kleidung und Schuhe im Gesamtwert von ca 14.000 Euro, wobei er ein Fenster aufzwängte und mehrere Türen und Behältnisse aufbrach;

12) am in W***** Gewahrsamsträgern der F***** Glasschneider, Hebekissen, Pedalschneider und eine Wärmebildkamera im Gesamtwert von ca 40.000 Euro, wobei er dazu ein Fenster aufbrach und in das Gebäude einstieg;

II) fremde Urkunden, über die er nicht verfügen durfte, mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechts, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden, und zwar

1) in der Nacht auf den in K***** Kennzeichentafeln des Konrad D*****;

2) in der Nacht auf den in R***** Kennzeichentafeln der Christine Mü***** und der Monika B*****;

3) zwischen 28. und in L***** Kennzeichentafeln der Renate Gf*****;

4) in der Nacht auf den in Wi***** Kennzeichentafeln des Willibald Br*****.

In rechtlicher Hinsicht subsumierte das Oberlandesgericht dieses als hafttragend erachtete Verhalten dem Verbrechen des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1, Z 2, 130 dritter und vierter Fall; 15 StGB (I) und den Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (II).

Mittlerweile hat die Staatsanwaltschaft gegen Andrzej S***** unter anderem wegen dieser Vorwürfe Anklage erhoben.

Rechtliche Beurteilung

Mit seiner gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts vom (ON 134) gerichteten Grundrechtsbeschwerde (ON 169) macht der Beschuldigte die Unzulässigkeit (schon) der Verhängung der Untersuchungshaft wegen der Verletzung von Verfahrensvorschriften und ausschließlich daraus abgeleitet die Unrichtigkeit der gemäß § 176 Abs 5 StPO getroffenen Entscheidung des Oberlandesgerichts über die Haftfortsetzung geltend, ohne dessen Annahmen zum dringenden Tatverdacht, zu den Haftgründen, zur Verhältnismäßigkeit der Untersuchungshaft oder deren Nichtsubstituierbarkeit durch gelindere Mittel zu beanstanden.

Angeblich auf das Grundrecht auf persönliche Freiheit ausstrahlende Rechtsverletzungen durch Verstöße gegen die „gerichtliche Vorführungs- und Vernehmungspflicht“ gemäß § 174 Abs 1 StPO und den „Anwaltszwang“ gemäß § 61 Abs 1 Z 1 zweiter Fall, Abs 3 StPO iVm § 173 Abs 4 StPO nach der eigenmächtigen Festnahme des Beschwerdeführers durch die Polizei am waren bereits Gegenstand des Erkenntnisses des Obersten Gerichtshofs vom (11 Os 14/15s [11 Os 15/15p]). Einer meritorischen Erledigung steht daher insoweit das Prozesshindernis der res iudicata entgegen (vgl dazu 14 Os 9/10w; 14 Os 149/09g; 14 Os 24/10a).

Weiters betrifft die (abermals) bestrittene Gesetzmäßigkeit der Fortsetzung der Anhaltung im Strafvollzug zu AZ 34 Hv 42/09t (AZ 46 BE 106/10t) des Landesgerichts Salzburg und deren Dauer nach der Erklärung des Staatsanwalts, keinen Antrag auf Untersuchungshaft zu stellen, das bezeichnete Strafverfahren des Landesgerichts Salzburg und kann daher von vornherein nicht zum Gegenstand einer Grundrechtsbeschwerde im Zusammenhang mit der erst danach im gegenständlichen Verfahren vom Landesgericht Innsbruck am verhängten Untersuchungshaft gemacht werden (§ 1 Abs 2 GRBG).

Im Übrigen lässt sich die Unzulässigkeit der einer Strafhaft nachfolgenden Verhängung (und Fortsetzung) der Untersuchungshaft über Antrag der Staatsanwaltschaft aufgrund einer nach Zuordnung von mutmaßlichem Diebsgut zu zahlreichen Einbruchsdiebstählen in der Zwischenzeit verdichteten Verdachtslage trotz ursprünglicher Ablehnung eines Antrags auf Untersuchungshaft aus dem Gesetz nicht ableiten. Ebensowenig ergibt sich aus diesem eine Verpflichtung für den Ankläger, in jedem Fall der Festnahme durch die Kriminalpolizei aus eigener Macht (§ 171 Abs 2 StPO) gleich zu Beginn des dadurch in Gang gesetzten Ermittlungsverfahrens auf Basis einer weniger verdichteten Verdachtslage einen Antrag auf Verhängung der Untersuchungshaft zu stellen (vgl § 172 Abs 3 letzter Satz StPO).

Die Behauptung der Gesetzwidrigkeit der Verhängung der Untersuchungshaft wegen der in Abwesenheit eines Verteidigers erfolgten gerichtlichen Vernehmung des Beschwerdeführers vor Verhängung der Untersuchungshaft am (§ 174 Abs 1 StPO) war ebenso bereits Gegenstand einer Grundrechtsbeschwerde des Angeklagten (11 Os 14/15s [11 Os 15/15p]) wie die Frage, ob dieses Pflichtverhör seinerzeit auch ohne Zustimmung des (damals) Beschuldigten auf Tonband diktiert werden durfte, und ob danach gemäß § 96 Abs 4 StPO vorgegangen wurde. Auch in diesem Punkt ist die vorliegende Grundrechtsbeschwerde somit wegen des Prozesshindernisses bereits entschiedener Sache nicht meritorisch zu erledigen.

Weshalb das auf dieser Aufnahme basierende Protokoll über die Vernehmung oder die Aussage des Beschuldigten als solche nach dem Gesetz in einer der Haftverhängung entgegenstehenden Weise nichtig sein sollte, macht im Übrigen auch die vorliegende Beschwerde nicht klar (vgl §§ 96 Abs 2, Abs 5 letzter Satz, 97 Abs 1 StPO;§ 166 StPO).

Soweit der Beschwerdeführer nunmehr überdies die Tatsache einer am in der Justizanstalt Salzburg erfolgten Festnahme durch die Justizwache im Anschluss an die bis dahin vollzogene Strafhaft bestreitet, ist er (vgl einmal mehr 11 Os 14/15s [11 Os 15/15p]) auf die durch seine eigenhändige Unterschrift belegte Ausfolgung der gerichtlich bewilligten Festnahmeanordnung samt Belehrung am hinzuweisen (ON 14 in ON 11).

Eine bereits entschiedene Sache (11 Os 14/15s [11 Os 15/15p]) betrifft weiters den Einwand der Unzulässigkeit der Verhängung der Untersuchungshaft zufolge der Festnahme durch die (an sich unzuständige) Justizwache am und wegen behaupteter Versäumnisse im Zusammenhang mit einer Belehrung über nach § 36 Abs 2 WÜK zustehende Rechte.

Der Beschwerdeführer wurde somit durch den angefochtenen Beschluss nicht im Grundrecht auf persönliche Freiheit verletzt.

Die Grundrechtsbeschwerde war daher ohne Kostenzuspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2015:0110OS00025.15H.0323.000