OGH vom 12.05.2020, 11Os24/20v
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der FI Ponath als Schriftführerin in der Strafsache gegen Patrick R***** wegen des Vergehens der Untreue nach § 12 zweiter Fall, 153 Abs 1 StGB, AZ 9 U 45/18m des Bezirksgerichts Thalgau, über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil dieses Gerichts vom (ON 18 der U-Akten) erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin MMag. Jenichl zu Recht erkannt:
Spruch
Das Urteil des Bezirksgerichts Thalgau vom , GZ 9 U 45/18m-18, verletzt in seinem Strafausspruch § 153 Abs 1 StGB und § 43a Abs 2 StGB.
Dieses Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, wird in seinem Strafausspruch ebenso aufgehoben wie sämtliche gemeinsam mit dem Urteil verkündeten Beschlüsse (in Ansehung des Absehens auf Widerruf zu AZ 39 Hv 38/14a und AZ 48 BE 198/14t je des Landesgerichts Salzburg ersatzlos).
Die Sache wird in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Bezirksgericht Thalgau verwiesen.
Text
Gründe:
Mit in gekürzter Form ausgefertigtem Urteil des Bezirksgerichts Thalgau vom , GZ 9 U 45/18m-18, wurde Patrick R***** des Vergehens der Untreue nach § 12 „dritter“ Fall, 153 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er am in E***** Hannes A***** dazu bestimmt, die ihm von „Ad*****“ eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, wissentlich zu missbrauchen, indem er ihn zur Übergabe von Wettscheinen im Gesamtwert von 300 Euro ohne sofortige Bezahlung verleitete, wodurch dem genannten Unternehmen ein Vermögensschaden in dieser Höhe entstand, „obwohl beide wussten, dass diese Vorgehensweise von der Firma Ad***** untersagt war“.
Über den Angeklagten wurde nach § 153 Abs 1 StGB eine gemäß § 43a Abs 2 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten und eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 4 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit 60 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt. Zu allfälligen nach § 39 StGB rückfallsbegründenden Vorstrafen (vgl in diesem Sinn die Strafregisterauskunft ON 15) enthält das Urteil keine Feststellungen.
Mit zugleich gefasstem Beschluss wurde für die Dauer der Probezeit nach § 52 StGB Bewährungshilfe angeordnet und gemäß § 494a Abs 1 Z 2 und Abs 6 StPO iVm § 53 Abs 3 StGB vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht zu AZ 36 Hv 62/16m des Landesgerichts Salzburg abgesehen und die Probezeit auf fünf Jahre verlängert. In zulässiger Weise (vgl § 498 Abs 2 zweiter Satz StPO) bloß dem Hauptverhandlungsprotokoll zu entnehmen, ist überdies ein Absehen vom Widerruf der jeweils durch das Landesgericht Salzburg gewährten bedingten Strafnachsicht zu AZ 39 Hv 38/14a und (infolge des bereits erfolgten Widerrufs verfehlt [ON 15 S 4]) der bedingten Entlassung zu AZ 48 BE 198/14t (S 8 im der ON 18 angeschlossenen Protokoll) erfolgt.
Rechtliche Beurteilung
Wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt, verletzt das Urteil des Bezirksgerichts Thalgau vom in seinem Strafausspruch das Gesetz.
Das Vergehen der Untreue nach § 153 Abs 1 StGB ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen bedroht.
Diese vom Gesetz vorgesehene (im Gegenstand nicht durch Anwendung des § 39 StGB idF vor BGBl I 2019/105 auf einer entsprechenden Feststellungsbasis [§ 260 Abs 1 Z 4 StPO; vgl RIS-Justiz RS0091296, RS0111831, RS0091369] erweiterte) Höchststrafe hat das Bezirksgericht Thalgau durch Verhängung einer Geldstrafe zusätzlich zu der bereits die Höchstdauer von sechs Monaten ausschöpfenden Freiheitsstrafe überschritten. Eine Anwendung des § 43a Abs 2 StGB kam mangels eines sechs Monate Freiheitsstrafe übersteigenden Strafrahmens ebenso nicht in Betracht. Das gegenständliche Urteil verletzt daher im Strafausspruch § 153 Abs 1 StGB sowie § 43a Abs 2 StGB.
Da sich diese Gesetzesverletzungen zum Nachteil des Verurteilten ausgewirkt haben, war deren Feststellung mit konkreter Wirkung wie aus dem Spruch ersichtlich zu verknüpfen (§ 292 letzter Satz StPO).
Die Sache war daher dem Bezirksgericht Thalgau zu neuer Verhandlung und Entscheidung zu verweisen (Ratz, WK-StPO § 292 Rz 31).
Von der Aufhebung rechtslogisch abhängige Entscheidungen und Verfügungen gelten damit gleichermaßen als beseitigt (RIS-Justiz RS0100444).
Da der Strafausspruch bereits in Rechtskraft erwachsen und damit (in Ansehung der gewährten bedingten Strafnachsicht) der Lauf der Probezeit bereits in Gang gesetzt worden war, wird deren Beginn – mit lediglich deklarativer Wirkung (Ratz, WK-StPO § 290 Rz 55) – mit dem Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft des ursprünglichen Strafausspruchs festzuhalten sein (vgl RIS-Justiz RS0092039).
Eine neuerliche Entscheidung über das – unter Beachtung des Verschlechterungsverbots (§ 290 Abs 2 StPO) nur noch in Betracht kommende – Absehen vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht zu AZ 36 Hv 62/16m des Landesgerichts Salzburg sowie eine allfällige Verlängerung der Probezeit wird nur im Fall einer im Entscheidungszeitpunkt (auch unter Berücksichtigung des § 49 StGB; siehe ON 15) noch nicht abgelaufenen Widerrufsfrist (§ 56 StGB) zu treffen sein (vgl RISJustiz RS0091745, RS0092139, RS0091737).
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2020:0110OS00024.20V.0512.000 |
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