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VfGH vom 08.10.1980, B341/79

VfGH vom 08.10.1980, B341/79

Sammlungsnummer

8895

Leitsatz

VStG 1950, keine Bedenken gegen § 50 Abs 6; keine denkunmögliche und keine willkürliche Anwendung

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I.1. Der Beschwerdeführer hat am seinen Pkw W ... in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone, nämlich in Wien 7 vor dem Haus Neubaugasse 45, abgestellt, ohne einen ordnungsgemäß entwerteten Parkschein am Pkw angebracht zu haben. Es wurde deshalb über ihn mit Organstrafverfügung eine Geldstrafe von S 200,- verhängt und ein zur postalischen Einzahlung des Strafbetrages geeigneter Beleg am Fahrzeug hinterlassen.

Den Beschwerdeausführungen zufolge habe der Beschwerdeführer in der Folge den Strafbetrag mit diesem Posterlagschein bei einem Postamt einzahlen wollen; der Postbeamte habe jedoch die Entgegennahme des Erlagscheines verweigert, weil er zu verschmutzt war. Am hat der Beschwerdeführer den Betrag von S 200,- auf das im Beleg angeführte Konto des Magistrates der Stadt Wien mit einem anderen Beleg eingezahlt.

Gegen den Beschwerdeführer wurde sodann ein ordentliches Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Wr. Landesregierung vom wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, durch das oben erwähnte Verhalten die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt und eine Verwaltungsübertretung nach § 1 Abs 3 iVm § 4 Abs 1 des Parkometergesetzes, LGBl. für Wien 47/1974, idF der Nov. LGBl. 30/1977 (im folgenden kurz: ParkometerG), begangen zu haben. Gemäß § 4 Abs 1 dieses Gesetzes wurde gegen den Beschuldigten eine Geldstrafe von S 300,-, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Arreststrafe in der Dauer von 12 Stunden verhängt.

2. Gegen diesen Berufungsbescheid wendet sich die vorliegende, auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Unversehrtheit des Eigentums geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides, allenfalls die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt wird.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. § 50 Abs 6 VStG 1950 bestimmt, daß die Organstrafverfügung gegenstandslos wird, wenn der Beanstandete die Zahlung des Strafbetrages oder die Entgegennahme des Beleges (§50 Abs 2 VStG) verweigert oder es unterläßt, den Strafbetrag binnen zwei Wochen unter Verwendung des Beleges einzuzahlen. Der Beschwerdeführer hat zwar rechtzeitig und auf das richtige Konto eingezahlt, sich dazu aber nicht des am Tatort zurückgelassenen Beleges bedient. Die über ihn verhängte Organstrafverfügung ist daher gegenstandslos geworden; die Behörde hatte so vorzugehen, als ob eine solche niemals erlassen worden wäre (vgl. VfSlg. 7126/1973 und 7303/1974).

2. Der Beschwerdeführer ist der Meinung, daß § 50 Abs 6 VStG dem Gleichheitsgebot widerspreche. Diese Bestimmung könne auch nicht in jedem Fall mit Gründen der Verwaltungsvereinfachung gerechtfertigt werden. Die Bestimmung führe zu einer willkürlichen Differenzierung, wenn den jeweils Betroffenen aus Gründen, die nicht "in ihnen liegen", die Möglichkeit zur Einzahlung mittels des "Orginalbeleges" genommen werde; so etwa - wie im Falle des Beschwerdeführers - wenn die Post die Entgegennahme des Zahlscheines wegen Verschmutzung ablehne, aber auch, wenn der Zahlschein, etwa durch Regen, unbrauchbar geworden sei. Ein Gesetz, das durch Zufall derartige, letztlich willkürliche Differenzierungen nach sich ziehe, könne - selbst wenn die zugrundeliegende Verwaltungsvereinfachung an und für sich sachlich wäre - nicht als dem Gleichheitsgrundsatz entsprechend betrachtet werden. Durch ein solches Gesetz werde letztlich willkürlich bestimmten Personen - so auch dem Beschwerdeführer - die "Rechtswohltat" der Organstrafverfügung genommen.

3. Der VfGH hat mit Erk. VfSlg. 7126/1973 und 7303/1974 dargetan, daß die vom Beschwerdeführer angezogene gesetzliche Regelung mit dem auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitsgebot im Einklang steht.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers veranlaßt den VfGH nicht zu einem Abgehen von dieser Auffassung.

Die Kontrolle der Einzahlung des mit Organstrafverfügung verhängten Strafbetrages ist - insbesondere bei Einsatz von elektronischen Datenverarbeitungsanlagen - wesentlich vereinfacht, wenn der vom Organ der öffentlichen Aufsicht übergebene oder hinterlassene Originalbeleg verwendet wird. Die Regelung liegt daher im Interesse einer Verwaltungsökonomie. Es ist unvermeidlich, daß eine an sich sachlich gerechtfertigte Regelung in Ausnahmefällen zu Härten führt. Die im Hinblick auf die Erreichung des Zieles einer Verwaltungsvereinfachung vorgenommene Regelung des § 50 Abs 6 VStG wird durch derart geringfügige Härten aber nicht unsachlich (vgl. zB VfSlg. 6471/1971, 8073/1977, 8087/1977). Es ist sohin sachlich begründbar, wenn auch in Fällen, in denen der Beanstandete gegen seinen Wunsch den Originalbeleg nicht verwenden kann, nicht der einheitliche im vorhinein festgesetzte Betrag (§50 Abs 1 vorletzter Satz VStG), sondern die Strafe nach den Regeln des § 19 VStG 1950 verhängt wird.

4. Der bekämpfte Bescheid beruht sohin auf Rechtsvorschriften, gegen die keine verfassungsrechtlichen Bedenken hervorgekommen sind.

Die belangte Behörde hat die Rechtsvorschriften offenkundig weder denkunmöglich noch willkürlich angewendet. Auch der Beschwerdeführer bringt derartiges nicht vor. Dies gilt auch für die Höhe der mit dem bekämpften Bescheid verhängten Strafe.

Der Beschwerdeführer ist demnach durch den angefochtenen Bescheid offenkundig weder im Eigentumsrecht noch im Gleichheitsrecht verletzt worden (vgl. auch hiezu die oben zitierte hg. Judikatur).

5. Die Verletzung anderer verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat das Verfahren nicht ergeben.

Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, ist der Beschwerdeführer auch nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.