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OGH vom 14.09.1994, 9ObA136/94

OGH vom 14.09.1994, 9ObA136/94

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Steinbauer sowie durch die fachkundigen Laienrichter Mag.Dr.Walter Zeiler und Mag.Gabriele Jarosch als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Manfred G*****, Angestellter, ***** vertreten durch Dr.Giampaolo Caneppele, Rechtsanwalt in Villach, wider die beklagte Partei Johannes Z*****, vertreten durch Waldbauer Paumgarten Naschberger Partnerschaft, Rechtsanwälte in Kufstein, wegen S 16,225.000,-- (Revisionsinteresse S 150.000,--), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 8 Ra 103/93-113, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Teilurteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 32 Cga 28/87-108, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 8.370,-- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.395,-- Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger begehrt von der Beklagten zuletzt ausgedehnt S 16,225.000,-- an Vergütungs- bzw Entschädigungsansprüchen für Diensterfindungen. Das Verfahren in erster Instanz wurde zunächst auf das Patent Nummer 295458 bzw 301587 eingeschränkt und bezieht sich auf einen Teilanspruch von S 3,000.000,-- als Gesamtvergütung für die Diensterfindung eines Brems- und Beschleunigungssystem für die von der beklagten Partei hergestellten Druckmaschinen, deren Verwendung infolge der damit verbundenen Leistungssteigerung eine Preisanhebung der Maschinen um 15 % zur Folge gehabt habe. Da die Beklagte diese Diensterfindung auch nach Auflassung der beiden Patente in Österreich weiter benütze, sei sie zu einer Vergütung verpflichtet.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Der Kläger habe für die Patente eine Pauschalabgeltung im Jahr 1968 erhalten und habe es 17 Jahre bei der geleisteten und angenommenen Pauschalabgeltung belassen. Er habe dadurch seine Ansprüche auch für die Zukunft verwirkt. Der Kläger sei mit Entwicklungsaufgaben betraut gewesen, weshalb die erfinderische Tätigkeit im Rahmen des Arbeitsvertrages gelegen sei. Eine wirtschaftliche Nutzung der Erfindungen des Klägers sei nicht erfolgt. Darüber hinaus seien die Ansprüche verjährt.

Das Erstgericht gab mit Teilurteil dem Klagebegehren mit S 150.000,-- sA statt und wies das Mehrbegehren von S 2,850.000,-- sA rechtskräftig ab. Es stellte folgenden wesentlichen Sachverhalt fest:

Der Kläger war vom bis bei der beklagten Partei beschäftigt. Ab 1960 war er im Angestelltenverhältnis tätig, wobei er nacheinander Betriebstechniker, Konstrukteur und Konstruktionsassistent war. Seit 1973 war er Konstruktionsgruppenleiter und technisch leitender Mitarbeiter mit Entwicklungstätigkeit. Er ist Erfinder der Patente 295458 und 301587, die in den Jahren 1967 und 1968 angemeldet wurden. Die den Erfindungen zugrundeliegenden Aufgaben wurden nicht vom Beklagten gestellt. Der Kläger hatte die Initiative zu den Erfindungen selbst ergriffen. Ihm war der gesamte betriebsinterne Stand der Technik und die Erfahrungen des Unternehmens geläufig, er erhielt aber keinerlei dienstliche Weisungen im Zusammenhang mit den Erfindungen und machte die Erfindungen in Eigenregie zu Hause. Am erhielt er vom Beklagten S 50.000,-- brutto als Abgeltung für Diensterfindungen, worin auch die zu den zwei bezeichneten Patenten gemachten Erfindungen inbegriffen sind. Die theoretisch längste Laufdauer des Patentes 295458, das seit verfallen ist, ist der , des Patentes 301587, das am auslief, der . Die Verkaufswerte der Teile, die Erfindungen des Klägers beinhalteten, hätten in den Jahren 1983 bis 1989 S 7,178.338,-- betragen. Der Beklagte habe die Patente relativ früh fallengelassen, habe die Erfindungen aber weiter benützt. Die Verwendung der Patente sei Anlaß für eine 15 % Preiserhöhung gewesen, die an die Abnehmer weitergegeben worden sei. Reklamationen hinsichtlich der Maschinen, die die Erfindungen des Klägers nutzten, habe es nicht gegeben. Nach 1982 seien keine Beschleunigungseinrichtungen in Funktion mehr festzustellen. Bei älteren Maschinen sei es im Bereiche der Bremseinrichtungen zu Schwierigkeiten gekommen. Im Zusammenhang mit der nunmehrigen Konstruktion der Bremseinrichtungen, die die Patente des Klägers benützten, sei eine Neukonstruktion des Rahmens vorgenommen worden, deren zusätzliche Kosten dem Abnehmer in Rechnung gestellt worden seien, aber einen maschinenbautechnischen Vorteil ergeben haben, als es zu einer Verstärkung der gesamten Konstruktion gekommen sei, was eine Verbesserung der Wartung und Lebensdauer der Maschinen bedeutet habe.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsansicht, daß dem Kläger gemäß § 8 Abs 1 PatG für die während des Bestandes des Dienstverhältnisses gemachten Erfindungen aufgrund der Überlassung an den Dienstgeber sowie für die Einräumung eines Benützungsrechtes eine angemessene Vergütung zustehe. Darunter sei nicht grundsätzlich eine einmalige Leistung zu verstehen. Die Höhe der Vergütung sei gemäß § 273 ZPO unter Bedachtnahme auf die im § 9 PatG beispielsweise erwähnten Umstände der Lizensanalogie festzusetzen, wobei eine Vergütung über den hinaus nicht erfolgen könne, da ab diesem Zeitpunkt die Erfindungen des Kläger freier Stand der Technik gewesen seien. Die bis zu diesem Stichtag getätigten Gesamtumsätze in Gesamthöhe von S 7,178.338,-- seien für die Bemessung der Vergütung heranzuziehen, für die ein Betrag von S 150.000,-- für den Zeitraum ab 1983 als Vergütung angemessen sei. Der bisher gewährte Vergütungsbetrag von S 50.000,-- könne bestenfalls als Vergütung für den Zeitraum zwischen 1968 und 1983 angesehen werden. Verjährung liege nicht vor, weil der Kläger keine Forderungen geltend mache, die länger als drei Jahre vor dem Klagetag lägen.

Das Gericht der zweiten Instanz gab der Berufung des Beklagten nicht Folge.

Da der Kläger weder ausdrücklich zur Erfindertätigkeit angestellt war, noch für seine Erfindertätigkeit, soweit es die zwei klagegegenständlichen Patente betrifft, ein höheres Arbeitsentgelt erhielt, seien die die Vergütung einschränkenden Bestimmungen des § 8 Abs 2 PatG nicht anzuwenden. Der Vergütungsanspruch entstehe nicht erst mit Beginn des Patentschutzes sondern mit der Inanspruchnahme der patentfähigen Erfindung durch den Arbeitgeber und werde jeweils mit der einzelnen Benützungshandlung fällig. Eine ausdrückliche vertragliche Vereinbarung über eine Pauschalvergütung liege nicht vor. Die Entgegennahme des Vergütungsbetrages von S 50.000,-- und das Stillschweigen in der Folge könne nicht als Verzicht auf weitere zustehende Vergütungsansprüche gewertet werden.

Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der beklagten Partei aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Klageabweisung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die klagende Partei stellt den Antrag, der Revision des Beklagten keine Folge zu geben.

Die Revision ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die in der Berufung gerügte und vom Berufungsgericht verneinte Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz durch Unterlassung der Beiziehung eines maschinenbautechnischen Sachverständigen kann nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht mehr mit Erfolg als Mangel des Berufungsverfahrens geltend gemacht werden (SZ 27/4, SZ 60/157; ÖBl 1984, 109; RZ 1989/16, RZ 1992/57; DRdA 1991/10, 9 Ob A 22/94 ua).

Es gibt keinen Vergütungsanspruch nach § 8 Abs 1 PatG für zum Patent angemeldete Diensterfindungen nach Ablauf des Patentes bzw über die Patentdauer des § 28 Abs 1 PatG hinaus (Collin, Vergütung von Diensterfindungen RdW 1984, 342; Collin, Inovationshandbuch 272). Der Dienstgeber kann sich jedoch nicht dadurch seiner Verpflichtung auf Leistung einer besonderen Vergütung entziehen, daß er vor Ablauf der theoretisch längsten Laufdauer des Patentes nach § 28 Abs 1 PatG das Erlöschen des Patentes nach § 46 Abs 1 PatG herbeiführt (ÖBl 1986, 59) oder auf seine Rechte an der Erfindung verzichtet (§ 15 Abs 1 PatG), aber weiterhin die Erfindung unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Verwertbarkeit in Anspruch nimmt (Friebel/Pulitzer Österreichisches Patentrecht2 152). Der Vergütungsanspruch entsteht nach § 12 PatG mit der Inanspruchnahme (Collin, Vergütung von Diensterfindungen RdW 1984, 342; ÖBl 1986, 59) und bleibt daher für die Dauer der Inanspruchnahme der Diensterfindung während der Dauer des Patentes auch dann bestehen, wenn der Dienstgeber vorzeitig auf die Diensterfindung verzichtet oder das Patent mit oder ohne Zustimmung des Arbeitnehmers erlöschen läßt. Da die Zustimmung des Arbeitnehmers zum Erlöschen des Patentes den Anspruch auf Vergütung nicht ausschließt, bedurfte es auch der Einvernahme der vom Beklagten geführten Zeugen zu diesem Beweisthema nicht.

Da der Kläger nicht ausdrücklich zur Erfindertätigkeit angestellt war (§ 8 Abs 2 PatG), sondern er sich selbst die Erfindungsaufgabe stellte, stand ihm sein Entgeltanspruch auch nicht teilweise im Hinblick auf seine Erfindertätigkeit zu, weil der einem Dienstnehmer zustehende Arbeitslohn regelmäßig nicht Entgelt für Erfindertätigkeit ist. Unter Entgelt für eine bedungene Arbeitsleistung kann nicht Entgelt für eine nicht bedungene Arbeitsleistung fallen (Friebel/Pulitzer aaO 150). In einem ihm allenfalls zukommenden höheren, den kollektivvertraglichen Lohn übersteigenden Entgelt ist daher kein Teil einer angemessenen Vergütung für die Erfindung zu erblicken (vgl ÖBl 1979, 59). Nur wenn ausdrücklich eine Anstellung zur Erfindertätigkeit erfolgt wäre und der Kläger vorwiegend mit dieser Tätigkeit befaßt gewesen wäre, seine Tätigkeit zur Erfindung geführt hätte und er im Hinblick auf die vereinbarte Erfindertätigkeit ein höheres Entgelt bezogen hätte, würde dies seinen Anspruch auf Vergütung unter Umständen bis zur gänzlichen Aufhebung mindern. Weil der Kläger nicht unter den im § 8 Abs 2 PatG angeführten Voraussetzungen seine Erfindungen machte, ist es ohne Belang, wenn der Kläger laut Vorbringen des Beklagten ab 1970 überdurchschnittliche Gehaltserhöhungen erhalten hat und ausgehend vom kollektivvertraglichen Gehalt und einer leistungsbezogenen Überzahlung von 15 % rund S 10.000,-- als Abgeltung seiner Erfindertätigkeit anzusehen wäre. Der Beklagte übersieht dabei, daß der Kläger das Entgelt nicht im Hinblick auf die vereinbarte Erfindertätigkeit bezogen hat. Jede Leistung des Arbeitgebers ist daher mangels anderer Vereinbarung als Entgelt für die Zurverfügungstellung der Arbeitskraft für die vereinbarte Arbeitsleistung aufzufassen (Martinek-M.u.W. Schwarz AngG7 177, 221 mwN), das aber nur Entgelt für die bedungene Arbeitsleistung ist, zu der nach der Vereinbarung nicht die Erfindertätigkeit zählte (Friebel/Pulitzer aaO 150). Der Vergütungsanspruch besteht sohin im vorliegenden Fall unabhängig von der Beschaffenheit des Entgelts (Friebel/Pulitzer aaO 149).

Daß der Kläger 1969 als Abgeltung für Diensterfindungen unter anderem auch der gegenständlichen, einen Betrag von S 50.000,-- erhielt, schließt einen weiteren Anspruch auf Erhöhung der Vergütung nach § 10 PatG für weitere zukünftige Benützungshandlungen nicht aus (Friebel/Pulitzer aaO 153; Collin Inovationshandbuch 84), zumal doch der Vergütungsanspruch jeweils erst mit den einzelnen Benutzungshandlungen fällig wird (Collin aaO 278; ÖBl 1986, 59) und die Vergütung dem Gesamtwert der Erfindung während der ganzen Schutzfrist entsprechen soll (JBl 1961, 182) und die Pauschalabgeltung aus dem Jahr 1968 keinen Hinweis auf die Abgeltung zukünftiger Benützungshandlungen enthält.

Aus dem Stillschweigen des Klägers seit dem Jahr 1969 bis zur Klage und der Unterlassung eines Änderungsbegehrens bis zu diesem Zeitpunkt läßt sich jedenfalls bei der gegebenen Möglichkeit eine Erhöhung der Vergütung innerhalb der dreijährigen Verjährungszeit des § 19 PatG zu begehren, die der Kläger bei der im Dezember 1985 erhobenen Klage, die Ansprüche ab 1983 betreffend eingehalten hat, nicht zweifelsfrei ein konkludenter Verzicht auf Vergütung bzw Ergänzung des Vergütungsbetrages für die geltend gemachten und nicht verjährten Benützungshandlungen ableiten (ÖBl 1986, 59), zumal das österreichische Recht eine Verwirkung von Rechten durch bloße Nichtgeltendmachung grundsätzlich nicht kennt (ÖBl 1986, 59).

Die nunmehrige Geltendmachung verstößt auch nicht gegen Treu und Glauben, weil die jahrelange Nichtgeltendmachung der fälligen Ansprüche nur bewirkt, daß für länger als drei Jahre zurückliegende Ansprüche die Klagbarkeit infolge Verjährung erloschen ist (vgl 9 Ob A 70-71/90) und der Kläger durch sein bloßes Stillschweigen keine Handlungen setzte, aus denen der Beklagten nach Treu und Glauben auf einen Verzicht hätte schließen können.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO.