OGH 28.09.1994, 9ObA135/94
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier und Dr.Steinbauer sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr.Barbara Hopf und Mag.Ernst Löwe als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Österreichische Nationalbank, Otto Wagner Platz 3, 1090 Wien, vertreten durch Dr.Gerda Kostelka-Reimer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Mag.Gerhard St*****, Angestellter, ***** vertreten durch Dr.Helga Hofbauer-Goldmann, Rechtsanwältin in Wien, wegen Erteilung der Zustimmung zur Kündigung, infolge Revision des Beklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 31 Ra 128/93-52, womit infolge Berufung des Beklagten das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom , GZ 24 Cga 66/90-41, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 21.645,- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 3.607,50 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Rechtliche Beurteilung
Die gerügten Verfahrensmängel, die in Wahrheit dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung zuzuordnen sind und die geltend gemachten angeblichen Aktenwidrigkeiten liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Der Revisionswerber versucht einerseits damit in unzulässiger Weise die auf Grund der Beweiswürdigung der Vorinstanzen getroffenen Feststellungen in Frage zu stellen, andererseits erschöpfen sich seine Ausführungen in der Darstellung von angeblichen Aktenwidrigkeiten ohne deren Relevanz für eine angebliche Unrichtigkeit des Berufungsurteiles darzutun (Fasching Lehrbuch2 Rz 1913).
Das Berufungsgericht hat die Frage, ob die mit der Informationsaufgabe des Betriebsrates nicht im Zusammenhang stehende Verspottung und Erniedrigung von Betriebsangehörigen oder die unrichtige Wiedergabe von betriebsinternen Aktennotizen die Erteilung der Zustimmung zur Kündigung nach den §§ 120, 121 Z 3 ArbVG rechtfertigt, zutreffend bejaht, sodaß es insoweit ausreicht, auf die Richtigkeit der Begründung des angefochtenen Urteils hinzuweisen (§ 48 ASGG).
Ergänzend ist den Ausführungen des Revisionswerbers folgendes entgegenzuhalten:
Ob das Kündigungsgrecht des Dienstgebers durch die Bindung an ein rechtskräftiges Disziplinarerkenntnis beschränkt ist und wie § 34 der Dienstbestimmungen der Österreichischen Nationalbank (Beilage F) über die Kündigung durch die Bank auszulegen ist (vgl Aufhebungsbeschluß des OLG Wien ON 14), braucht in diesem Verfahren auf Erteilung der Zustimmung zur Kündigung nicht untersucht werden, weil dieses Verfahren nur die betriebsverfassungsrechtliche Vorstufe für die auf das Vertragsverhältnis rechtsgestaltend wirkende Kündigung ist.
Im vorliegenden Fall geht es nicht um die Verletzung der Verschwiegenheitspflicht des § 115 Abs 4 ArbVG, weil dies voraussetzen würde, daß der Beklagte Geschäfts- und Betriebsgeheimnisses, die ihm in Ausübung seines Amtes bekannt worden sind, preisgegeben hat, was aber bei Informationen aus "Buffetgesprächen" oder bei anonymer Zusendung einer Kopie einer betriebsinternen Aktennotiz nicht ohne weiters der Fall sein konnte, sondern darum, ob der Beklagte durch den Inhalt der von ihm publizierten Informationen Dienstpflichten beharrlich verletzt hat und ob diese Art der Information zu den Pflichten eines Betriebsrates gehören. Nur in diesem Falle müßte geprüft werden, ob die Mandatsschutzklausel des § 120 Abs 1 ArbVG zur Anwendung gelangt, ob sein Verhalten unter Abwägung aller Umstände entschuldbar ist (Cerny ArbVG III 383 f mwN). Nach Geltendmachung von Ehrverletzungen und Disziplinwidrigkeiten als Gründe zur Rechtfertigung der Zustimmung zur Kündigung in diesem Prozeß war objektiv gesehen eine erhöhte Sensibilität des Beklagten bei Prüfung der Inhalte seiner weiteren Veröffentlichungen in der "Namensliste Leitbild OeNB" zu erwarten. Diese Inhalte waren durch die Interessenvertretungsaufgabe des § 38 ArbVG und das daraus resultierende Informationsrecht der Belegschaft inhaltlich eingegrenzt, hatten sachlich und das Ergebnis von sorgfältigen Recherchen zu sein und durften nicht dazu dienen, die Autorität von Mitgliedern der Führungsebene zu untergraben und sie persönlich lächerlich zu machen oder persönliche mit dem Betrieb in keinem Zusammenhang stehende Umstände breitzutreten.
Bei in der vordergründigen Absicht einer launigen, sensationellen, die Lesefreudigkeit fördernden Berichterstattung wortgewandt unter Verwendung gängiger Schlagworte gestalteten "Informationen", aus denen keine konstruktive sachliche Kritik an erkennbaren konkreten, die kollektiven Interessen betreffenden Entscheidungen der Betriebsführung geübt wird, die nur dazu dienen, Führungspersönlichkeiten herabzusetzen und in den Augen der Belegschaft lächerlich zu machen oder persönliche mit dem Betrieb nicht im Zusammenhang stehende Umstände, wie die Zugehörigkeit zu politischen Verbindungen darzustellen oder betriebsinterne Mitteilungen so zu verfälschen, daß der Eindruck einer in Wahrheit nicht zum Ausdruck gebrachten negativen Sinneseinstellung von Führungspersönlichkeiten (zum Rechtsstaat oder zur EU) entstehen und dadurch eine mögliche Verhandlungsposition der Klägerin beeinträchtigt werden kann, ist von vornherein ein Zusammenhang mit der befugten Mandatsausübung als Betriebsrat auszuschließen, sodaß die Mandatsschutzklausel nicht anzuwenden ist (Cerny aaO 384) und auch durch eine beabsichtigte Kündigung keine Benachteiligung oder Beschränkung der Betriebsratstätigkeit erfolgt.
Die vom Beklagten behaupteten Verhaltensweisen der Klägerin, wie die vom Beklagten als rechtswidrig bezeichnete Kündigung des Beklagten, das ihm erteilte Zutrittsverbot, seine Verwarnung, seine Suspendierung oder der Vorwurf der Veröffentlichung von Geschäfts- und Betriebsgheimnissen rechtfertigte nicht eine inadäquate unsachliche mit dem Verhalten der Klägerin aber auch mit der Betriebsratstätigkeit nicht zusammenhängende Reaktion und kann das Verhalten der Klägerin daher nicht als Provokation seines eigenen Verhaltens angesehen werden. Dazu kommt, daß der Beklagte nicht die Absicht hat, die Art seiner wenn auch publikumswirksamen interessanten "Berichterstattung" in Hinkunft zu ändern.
Nicht in jeder Äußerung gegen die Bankleitung ist eine Disziplinwidrigkeit gegeben. Die Bezeichnung des Generaldirektors einer Bank als "Sparefroh", der Vorwurf einer "brutalen Parteipolitik" oder die Verwendung einer einem Belegschaftsmitglied ähnlichen Karikatur mit der Mitteilung "Verwenden sie Schießscheiben mit dem Portrait eines geschätzten Kollegen, dann wird die Schießsektion mehr Zulauf haben" sind zwar teilweise keine sachlichen Äußerungen, sind aber im Gegensatz zu den des Beklagten nicht herabwürdigend.
Die Wiederholung der Disziplinlosigkeiten durch den Beklagten in Kenntnis der schon in der Verhandlung vom gegen ihn erhobenen Anschuldigung der Ehrverletzung und Disziplinlosigkeit durch sein Informationsblatt "Namensliste Leitbild OeNB" vom August 1992 auch in der Ausgabe vom aber auch seine Einstellung, die Art der Informationserteilung in Hinkunft nicht zu ändern, begründet das Element der für die Zustimmung zur Kündigung erforderlichen Beharrlichkeit der Verletzung seiner Dienstpflichten. Ob dem Kläger eine "ernste Verwarnung" erteilt wurde, die als Disziplinarmaßnahme unwirksam war (vgl 9 ObA 1002/93) aber als Verwarnung für die Beurteilung der Beharrlichkeit eines Verhaltens durchaus tauglich gewesen wäre, ist gar nicht mehr von Bedeutung.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 58 Abs 1 ASGG, §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:1994:009OBA00135.94.0928.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
CAAAD-96271