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OGH vom 14.09.1999, 10ObS225/99g

OGH vom 14.09.1999, 10ObS225/99g

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Fellinger sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Carl Hennrich (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Dr. Manfred Mögele (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Wolfgang M*****, Pensionist, ***** vertreten durch Dr. Dieter Zaponig, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, 1081 Wien, Josefstädter Straße 80, vertreten durch Dr. Hans Houska, Rechtsanwalt in Wien, wegen Versehrtenrente, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Rs 52/99t-32, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 32 Cgs 84/96h-27, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der am geborene Kläger erlitt am als Postzusteller einen Dienstunfall, indem er vom Bremspedal seines Mopeds abrutschte, den Mopedlenker verriß und gegen einen Zaun prallte. Der Kläger zog sich dabei eine Zerrung der Halswirbelsäule sowie Prellungen zu. In einem vor dem Schiedsgericht der Sozialversicherung für Steiermark am zur AZ 23 C 24/83 abgeschlossenen Vergleich verpflichtete sich die beklagte Partei, dem Kläger für die Folgen dieses Arbeitsunfalles ab dem eine Versehrtenrente im Ausmaß von 20 vH als Dauerrente zu leisten. Mit Bescheid der beklagten Partei vom wurde über Antrag des Klägers die ihm zuerkannte Versehrtenrente mit einem Kapitalsbetrag von S 234.831,50 brutto abgefunden.

Mit Bescheid vom lehnte die beklagte Partei den Antrag des Klägers vom auf Erhöhung der Versehrtenrente ab.

Das Erstgericht wies das dagegen erhobene, auf Gewährung einer Versehrtenrente im gesetzlichen Ausmaß ab Antragstellung gerichtete Klagebegehren ab. Es stellte zusammenfassend fest, daß unfallchirurgisch-orthopädisch beim Kläger die Minderung der Erwerbsfähigkeit weiterhin 20 vH betrage, da im Vergleich zum maßgebenden Vorbefund (im eingangs erwähnten Vorverfahren) keine wesentliche Änderung eingetreten sei. Die festgestellte weitere Einschränkung der Beweglichkeit der Halswirbelsäule erreiche keinesfalls das für eine Wiedergewährung der Rente erforderliche Ausmaß von 10 vH. Neurologisch-psychiatrisch sei durch den Unfall keine Minderung der Erwerbsfähigkeit eingetreten. Die Gesamtminderung der Erwerbsfähigkeit betrage somit auch seit der Antragstellung weiterhin 20 vH.

In rechtlicher Hinsicht verwies das Erstgericht auf die Bestimmung des § 95 Abs 3 B-KUVG, wonach der Anspruch auf Versehrtenrente trotz der Abfindung bestehe, solange die Folgen des Arbeitsunfalles nachträglich eine wesentliche Verschlimmerung erfahren. Als wesentlich gelte gemäß § 94 Abs 1 B-KUVG eine Änderung der Verhältnisse nur, wenn durch sie die Minderung der Erwerbsfähigkeit des Versehrten durch mehr als drei Monate um mindestens 10 vH geändert werde, durch die Änderung ein Rentenanspruch entstehe oder wegfalle oder die Schwerversehrtheit entstehe oder wegfalle. Beim Kläger sei zwar eine weitere Einschränkung der Beweglichkeit der Halswirbelsäule eingetreten, diese Verschlimmerung bewirke aber keine Änderung der Minderung der Erwerbsfähigkeit um 10 vH, weshalb kein Anspruch des Klägers auf Wiedergewährung der Versehrtenrente bestehe.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es verneinte die behaupteten Verfahrensmängel (Unterlassung der Einholung eines weiteren orthopädischen Sachverständigengutachtens, der Einvernahme des Privatgutachters Dr. S***** als Zeugen und des Klägers als Partei sowie die Unterlassung der amtswegigen Erörterung des neurologisch-psychiatrischen Sachverständigengutachtens) und übernahm die bekämpften Feststellungen, insbesondere daß die Minderung der Erwerbsfähigkeit auch seit der Antragstellung insgesamt (nur) 20 vH betrage. Auf die Rechtsrüge ging das Berufungsgericht nicht ein, weil der Berufungswerber nicht vom festgestellten Sachverhalt, sondern von einer davon abweichenden Einschätzung des Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit ausgegangen sei.

Die wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision des Klägers ist nicht berechtigt.

Unter dem Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens rügt der Kläger neuerlich die schon in der Berufung behaupteten, vom Berufungsgericht aber verneinten angeblichen Mängel des erstgerichtlichen Verfahrens, wobei er diese wiederholte Rüge unter Berufung auf nicht näher bezeichnete Meinungen in der Literatur für zulässig erachtet.

Rechtliche Beurteilung

Der erkennende Senat hat in ständiger Rechtsprechung diese von einem Teil der Lehre, etwa Fasching, ZPR2 Rz 1909; Kuderna, ASGG2 Anm 3 zu § 87 und Hoyer, JBl 1991, 448 geäußerte Rechtsansicht mit teilweise ausführlicher Begründung abgelehnt (SSV-NF 7/74; 5/116; 3/115; 1/32 uva). Die Revision, in der keine neuen Argumente gegen die zuletzt von Ballon, Zu den Verfahrensmängeln im Zivilprozeßrecht, FS Matscher 15 ff geteilte Judikatur vorgebracht werden, bietet keinen Anlaß, davon abzugehen. Es können daher auch in einer Sozialrechtssache vom Berufungsgericht verneinte angebliche Mängel des erstgerichtlichen Verfahrens im Revisionsverfahren nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden. Auch die Begründung, die das Berufungsgericht für das Nichtvorliegen des Verfahrensmangels gegeben hat, ist der Überprüfung durch das Revisionsgericht entzogen (10 ObS 188/93 mwN ua).

Ein Mangel des Berufungsverfahrens könnte dann gegeben sein, wenn das Berufungsgericht die Mängelrüge aufgrund einer aktenwidrigen Begründung verworfen hätte (SZ 38/120 ua). Wenn jedoch das Berufungsgericht - wie im vorliegenden Fall - in erster Instanz beantragte und nicht durchgeführte Beweise für die Sachverhaltsermittlung nicht für erforderlich hält, so betrifft dies die nicht revisible Beweiswürdigung des Berufungsgerichtes.

Das Berufungsgericht hat die Überprüfung der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes mit der Begründung abgelehnt, daß keine gesetzmäßige (nämlich von den erstgerichtlichen Feststellungen ausgehende) Rechtsrüge vorliege. Dies hätte in der Revision als Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens gemäß § 503 Z 2 ZPO bekämpft werden müssen (SSV-NF 5/18 uva). Da solches weder ausdrücklich noch inhaltlich geltend gemacht wird, ist auf die Ausführungen zur Rechtsrüge nicht weiter einzugehen. Das Urteil des Berufungsgerichtes kann nämlich in einem solchen Fall nicht auf einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache beruhen, weshalb auch der Revisionsgrund des § 503 Z 4 ZPO nicht in Betracht kommt (SSV-NF 5/18 mwN uva).

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe für einen Kostenzuspruch nach Billigkeit liegen nicht vor und wurden auch nicht geltend gemacht.