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OGH vom 26.01.2017, 9ObA135/16t

OGH vom 26.01.2017, 9ObA135/16t

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Dehn, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner und die fachkundigen Laienrichter Dr. Johannes Pflug und KR Karl Frint in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Republik Österreich, *****, vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17–19, 1011 Wien, gegen die beklagte Partei M***** P*****, vertreten durch ZORN Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Wien, wegen 14.130,99 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Ra 51/16w-21, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Werden Bezüge irrtümlich angewiesen, obwohl sie nicht oder nicht in diesem Umfang gebühren, so können sie vom Dienstgeber zurückgefordert werden. Lediglich im Fall eines redlichen Verbrauchs durch den Dienstnehmer ist die Rückforderung ausgeschlossen. Dabei wird der gute Glaube beim Empfang und Verbrauch eines unrechtmäßigen Dienstbezugs nicht nur durch auffallende Sorglosigkeit ausgeschlossen, sondern schon dann verneint, wenn der Bedienstete zwar nicht nach seinem subjektiven Wissen, aber bei objektiver Beurteilung an der Rechtmäßigkeit des ihm ausgezahlten Bezugs auch nur zweifeln musste (RIS-Justiz RS0033826; 9 ObA 46/14a). Die Beweislast für die Unredlichkeit trifft gemäß § 328 ABGB den einen zu Unrecht ausgezahlten Dienstbezug rückfordernden Dienstgeber (RIS-Justiz RS0010182). Der Dienstnehmer darf nämlich grundsätzlich darauf vertrauen, dass alle ihm von Seiten des Dienstgebers zukommenden Leistungen auch wirklich endgültig zustehen (RIS-Justiz RS0010271 [T12]; 9 ObA 168/13s). Kriterien für die Beurteilung der Redlichkeit können in diesem Zusammenhang etwa die Höhe des Auszahlungsbetrags, dessen Relation zu den bisherigen Bezügen oder die (In-)Transparenz des Abrechnungssystems sein (vgl 9 ObA 46/14a). Die Frage, ob es dem Dienstgeber gelungen ist, die Unredlichkeit des Dienstnehmers zu beweisen, stellt zufolge ihrer Einzelfallbezogenheit regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO dar (s RIS-Justiz RS0033826 [T5]). Das ist auch hier nicht der Fall:

Dem Beklagten wurde von der Klägerin im Anschluss an das Ende seines Dienstverhältnisses ein Betrag von 6.798,41 EUR netto überwiesen, den er angesichts seiner stark schwankenden monatlichen Gehaltsauszahlungen und des Umstandes, dass er auch für sein früheres Dienstverhältnis zur Klägerin Nachzahlungen erhalten hatte, für „Aufrollungen, Abschlagszahlungen oder Sonderzahlungen“ im Zusammenhang mit der Beendigung des Dienstverhältnisses hielt. Die Klägerin hatte dem Beklagten davor auch Zulagen unrichtig ausbezahlt. Über seine Nachfrage sollte er warten, „ob etwas komme oder nicht“. In der Folge hatte sie ratenweise und vom Beklagten unbemerkt einen Teil der zu viel überwiesenen Zulagen von seinen Bezügen abgezogen, ohne ihn davon zu verständigen. Die Abkürzungen im Online-Banking verstand der Beklagte nicht. Die Darstellung auf dem Kontoauszug konnte auch vom Leiter des Besoldungsreferats nicht ohne weiteres nachvollzogen werden, zumal sie neben dem eingeklagten Betrag von 14.130,99 EUR brutto ua noch einen Sonderabzug sowie eine Lohnsteueraufrollung enthielt (womit der Klagsbetrag auch nicht dem ausbezahlten Nettobetrag entspricht). Wenn die Vorinstanzen in diesem Fall die Redlichkeit des Beklagten bejahten, so ist dies nach den gegebenen Umständen vertretbar. In dem der Entscheidung 9 ObA 46/14a zugrunde liegenden Fall waren die Bezüge jener Beklagten dagegen keinen Schwankungen unterworfen gewesen und zudem über einen Zeitraum von 15 Monaten in der Höhe des Doppelten des gesetzlichen Bruttolohns ausbezahlt worden.

2. Die Klägerin bezweifelt aber auch, dass der Beklagte den Betrag gutgläubig verbraucht habe, weil er rund ein dreiviertel Jahr nach Beendigung seines Dienstverhältnisses mit den auf seinem Konto vorhandenen Mitteln ein Auto um 20.000 EUR gekauft hatte. Ob in der Anschaffung eines Fahrzeugs mit gutgläubig vom Arbeitgeber empfangenen Mitteln ein Verbrauch liegt oder der aktuelle Wert des Fahrzeugs bereicherungsrechtlich abschöpfbar ist, kann hier aber dahin gestellt bleiben: Nach den Feststellungen hatte der Beklagte den Betrag „für sein Leben“ verbraucht. Angesichts seines nach dem Ende des Dienstverhältnisses wesentlich geringeren Einkommens (Berufsunfähigkeits-pension) und der bis zum Ankauf des Fahrzeugs verstrichenen Zeit von rund einem dreiviertel Jahr (Februar bis Herbst 2013) ist prima facie – und von der Klägerin unwiderlegt – auch anzunehmen, dass der Beklagte den Betrag bis dahin für seinen laufenden Lebensunterhalt verwendet hatte (zur diesbezüglichen Bedeutung des seit der irrtümlichen Auszahlung verstrichenen Zeitraums s schon Wachter, Zur Nichtrückforderbarkeit irrtümlich bezahlten Arbeitsentgelts bei gutgläubigem Verbrauch, in FS Strasser [1983] 147, 179 mwN). Es steht damit gerade nicht fest, dass die Anschaffung des Fahrzeugs mit den Mitteln der Klägerin erfolgt war.

3. Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision der Klägerin daher zurückzuweisen.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2017:009OBA00135.16T.0126.000

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