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OGH vom 26.04.2001, 8ObA308/00b

OGH vom 26.04.2001, 8ObA308/00b

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Kuras sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Michael Manhard und Walter Darmstädter als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Tiroler Gebietskrankenkasse, 6021 Innsbruck, Klara-Pölt-Weg 2, vertreten durch Dr. Ludwig Hoffmann, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Peter Alexander K*****, Komplementär der Ing. K***** KG, *****, vertreten durch Dr. Markus Orgler, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 189.751,36 sA und Feststellung (Streitwert S 15.000,--), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 13 Ra 31/00g-23, mit dem infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 46 Cga 118/99z-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie zu lauten haben:

"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei zu Handen des Klagevertreters S 189.751,36 samt 4 % Zinsen aus S 164.790,06 ab und aus S 24.961,30 ab binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Es wird festgestellt, dass die beklagte Partei, der klagenden Partei für alle künftigen Pflichtleistungen, die aus Anlass des Arbeitsunfalles vom ihres am geborenen Pflichtversicherten Mehmet K***** zu erbringen haben wird, gemäß § 334 ASVG ersatzpflichtig ist."

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei

a) die mit S 52.908,60 (darin enthalten S 8.818,10 USt) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz sowie die

b) mit S 25.411 (darin enthalten S 2.468,50 USt und S 10.600 an Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die

c) mit S 23.915 (darin enthalten S 1.775,50 USt und S 13.250 an Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens

binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte führt den Schmiedebetrieb der Familie K***** seit 1973 als persönlich haftender Gesellschafter und Geschäftsführer der KG. In diesem Betrieb mit etwa 80 bis 90 Mitarbeitern war er selbst im gesamten Bereich des Verkaufes und der Kundenbetreuung hinsichtlich der Großkunden zuständig. Er befasste sich mit Verwaltungsangelegenheiten und unternahm auch vor Ort Kontrollgänge durch die Werkstätten. Diese wurden jeweils von von ihm eingesetzten und ihm direkt unterstellten Vorarbeitern geleitet. Die Vorarbeiter waren innerhalb ihres Produktionsbereiches für die Beaufsichtigung der ihnen unterstellten Arbeitnehmer verantwortlich und hatten auch den allgemeinen Auftrag des Beklagten, durch Einschulung von Aufsichtsmaßnahmen für die Arbeitssicherheit zu sorgen. Bei einer jährlich stattfindenden Belegschaftsbesprechung wurden die Arbeiter ua auch auf die mit der Bedienung der Maschinen verbundenen Gefahren hingewiesen. Konkrete Anweisungen, mit welchen Sicherheits- und Schutzbestimmungen sich die Vorarbeiter vertraut zu machen und wie sie die Mitarbeiter einzuschulen hatten sowie worauf sie bei der Vermittlung der Sicherheitsvorschriften besonders Bedacht zu nehmen hätten, erteilte der Beklagte nicht. Er verließ sich auf die Qualifikation seiner Mitarbeiter, deren Erfahrung und "Hausverstand". Bei den jährlichen Kontrollen des Arbeitsinspektorrates ergaben sich regelmäßig verschiedene Beanstandungen, und zwar insbesondere hinsichtlich der in der Werkstätte verwendeten Pressen und deren mangelnden Schutzvorrichtungen. Dabei wurde auch wiederholt auf eine Exzenterpresse des Fabrikates "Weingarten" Baujahr 1942 eingegangen und auch darauf hingewiesen, dass bei dieser grundsätzlich eine "Zweihandauslösung" zu verwenden sei. Bei den verschiedenen Inspektionen wurde ua 13 mal festgestellt, dass statt dieser eine Fußauslösung eingerichtet war bzw bei Pressen der Schalter überhaupt mittels eines Isolierbandes niedergehalten wurde. Der Beklagte wurde auf das Erfordernis der unverzüglichen Behebung der Unzulänglichkeiten, die Gefahr von Unfällen und von Regressansprüchen der Sozialversicherungsträger hingewiesen.

Der Beklagte studierte diese zahlreichen Schreiben des Arbeitsinspektorrates, gab aber nur fallweise seinen Vorarbeitern Anweisungen, bestimmte beanstandete Sicherheitsrisiken zu beseitigen und sicherheitstechnische Umbauten an den Maschinen vornehmen zu lassen. Er beantwortete die Schreiben des Unfallverhütungsdienstes niemals und ließ regelmäßig auch nicht sämtliche aufgezeigten Sicherheitsmängel beheben.

So ereigneten sich im Laufe der Jahre (neben zahlreichen anderen vgl. Beil ./B) auch vier einschlägige Arbeitsunfälle, bei denen Arbeitnehmer mit Fingern oder Händen in die Maschine gerieten und erheblich verletzt wurden.

Bei dem Betrieb der hier maßgeblichen Exzenterpressen standen jeweils drei Bedienungsarten zur Auswahl, und zwar Einhand-, Zweihand- oder Fußbedienung. Dabei dürfen nach den Herstellervorgaben und den Arbeitnehmerschutzbestimmungen Fußbedienungen nur bei -hier nicht gegebenen- Arbeiten mit geschlossenen Werkzeugen erfolgen, um zu verhindern, dass die Hände in den Pressbereich gelangen. Eine Einhandbedienung ist nur für das Pressen von warmen Werkstücken mit glühendem Material, das mit einer langstieligen Zange gehalten wird, zulässig. Hingegen ist bei Werkstücken, die zum Bearbeiten mit der Hand in die Presse einzulegen und zu entfernen sind, nur die Zweihandbedienung erlaubt, weil sie garantiert, dass mit beiden Händen voneinander entfernt an der Maschine angebrachte Schalter gleichzeitig ergriffen werden müssen, um den Pressvorgang auszulösen. Damit ist dann gewährleistet, dass beide Hände während des Pressvorganges außerhalb des Gefahrenbereiches sind. Ferner ist eine Hubunterbrechung bzw Nachschlagsicherung vorgesehen, die bei Loslassen des Hubknopfes einen Stillstand der Presse bewirkt.

Einer der Vorarbeiter im Betrieb war Arnold H*****, der seit acht Jahren im Betrieb beschäftigt und seit drei Jahren Vorarbeiter war. Er verfügt über ausgezeichnete fachliche Kenntnisse, eine große Arbeitserfahrung und war auch regelmäßig über die Bedienungsanleitungen und Sicherheitsvorschriften auf dem Laufenden. Der Beklagte griff in die dem Vorarbeiter überlassene Arbeitseinteilung kaum ein. Arnold H***** schulte seine Arbeiter ein und wies sie auf die Sicherheitsrisken hin. Einer davon war Mechmet K*****, der als "Springer" in verschiedenen Produktionsbereichen eingesetzt wurde. Dabei hatte er auch immer wieder mit Exzenterpressen zu tun, wobei es sich jedoch um Maschinen handelte, die im Pressbereich mit Lichtschranken versehen waren, die beim Passieren von Händen den Hub sofort stoppen und Verletzungen verhindern.

Als am kalte Werkstücke zu kalibrieren waren, jedoch die ursprünglich dafür vorgesehene Exzenterpresse, die mit Lichtschranken ausgestattet war, defekt war, setzte Arnold H***** diesen Springer an der alten Exzenterpresse Marke Weingarten ein, die keine solche Lichtschranken hat. Er wollte wegen des hohen Produktionsdrucks einen Arbeitsverzug verhindern. Diese Maschine war in den letzten drei Jahren ausschließlich zum Pressen warmer Werkstücke mit Einhandbedienung verwendet worden. Einer der beiden Druckschalter zur Ausübung des Hubes war über Anweisung des Vorarbeiters abmontiert worden, eine Hubunterbrechung war allerdings vorhanden. Diese Maschine war im Laufe der Jahre mehrfach beanstandet worden. Der Beklagte befand sich an diesem Vormittag nicht im Betrieb. Er musste nicht mit der vom Vorarbeiter verfügten Kaltpressung mit Einhandbedienung rechnen. Gefahrenhinweistafeln oder Bedienungsanleitungen waren an der Maschine nicht angebracht, ebensowenig war der Schaltkasten, an dem die verschiedenen Einstellungen geregelt werden, versperrt.

Der Vorarbeiter wies nun den "Springer" an, an der Exzenterpresse kalte Werkstücke mit einer Hand einzulegen und nach dem Kalibrieren zu entfernen, obwohl dem Vorarbeiter die Verletzungsgefahr bewusst war. Er demonstrierte die Bearbeitung und wies auch auf die Gefährlichkeit der Arbeitsvorgänge hin. Danach nahm der Springer einige Pressungen selbst vor und versicherte, damit zu Rande zu kommen. Er wusste über die Verletzungsrisken Bescheid. Es war ihm auch klar, dass bei kalten Werkstücken eine Zweihandbedienung erforderlich war, um Handverletzungen zu vermeiden. Er hielt sich aber an die Arbeitsanweisungen des Vorgesetzten und nahm die ihm aufgetragenen Kaltpressungen vor. Gegen 10.30 Uhr hatte er mit der rechten Hand ein Werkstück eingelegt und die Hand noch nicht aus dem Stanzbereich entfernt, betätigte nun jedoch -wohl aus Unachtsamkeitmit der linken Hand den auslösenden Schalter und verlor bei dem Pressvorgang den rechten Zeigefinger zur Gänze. Ferner erlitt er am Ring- und Kleinfinger multiple Brüche.

Die klagende Gebietskrankenkasse hat an dem Verletzten folgende Leistungen erbracht:

bis spätestens :

Krankengeld S 33.922,06

bis

(62 Tage a S 547,13)

Krankenbehandlung zumindest

18.4. bis S 26.254,80

(136 Tage a S 193,05)

2.9. bis S 14.362,92

(62 Tage a S 231,66)

24. 12. bis S 725,40

(4 Tage a S 181,35)

Rettungstransportkosten S 735,30

Klinikaufenthaltskosten

8. bis S 88.789,58;

bis spätestens :

Entgeltfortzahlungsrefundierung an den

Dienstgeber

1.6. bis S 3.161,20

8.4. bis S 10.879,40

1.5. bis S 10.920,70

insgesamt zumindest S 189.751,36.

Die Klägerin begehrt gestützt auf §§ 334 ASVG einerseits den Ersatz der von ihr erbrachten Leistungen von S 189.751,36 samt 4 % Zinsen aus S 164.790,06 seit und aus S 24.961,30 seit und andererseits die Feststellung, dass der Beklagte für alle künftigen Pflichtleistung aus Anlass des Arbeitsunfalles vom gemäß § 334 ASVG ersatzpflichtig ist. Sie stützt sich darauf, dass das Verhalten des Beklagten grob fahrlässig gewesen sei und auch wiederholt beanstandet worden sei. Die Arbeitnehmerschutzvorschriften seien bewusst missachtet worden, um schneller produzieren zu können. Der Beklagte habe seine Aufsicht unterlassen und die Maschinen seien auch nicht entsprechend ausgestattet gewesen. Das Haftungsprivileg des Arbeitgebers solle aber nur die normalen Haftungsfälle, nicht aber grobe Fahrlässigkeit abdecken.

Grobe Fahrlässigkeit liege insbesondere deshalb vor, weil der Beklagte keine konkreten Anweisungen an seine Vorarbeiter gegeben habe, den Beanstandungen nicht nachgegangen sei und diese auch nicht weitergeleitet habe. Jedenfalls liege ein Organisationsverschulden vor.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, dass der Unfall nur darauf zurückzuführen sei, dass der Arbeitnehmer als Raucher die Maschine auf Einhandbetrieb umgestellt habe. Bei einem Betrieb seiner Größenordnung mit ca 60 Arbeitnehmern sei es nicht vermeidbar, dass fallweise Arbeitnehmerschutzbestimmungen nicht eingehalten werden. Daraus sei aber noch nicht eine auffallende Sorglosigkeit abzuleiten. Vielmehr sei das Unternehmen durchaus bestrebt gewesen, die Arbeitnehmerschutzbestimmungen einzuhalten. Anders als das Arbeitsinspektorat habe ein Betrieb dieser Größenordnung auch produktive Leistungen zu erbringen und könne keine eigenen Betriebsabteilungen zur Organisation des Arbeitsablaufes einrichten. Der Beklagte sei damit auch nicht befasst gewesen. Für die Bearbeitung warmer Werkstücke sei der Einhandbetrieb zulässig gewesen. Die Bearbeitung von kalten Werkstücke habe im Betrieb eine absolute Ausnahme gebildet. Die Sicherheitsvorschriften seien den Mitarbeitern bekannt gewesen. Zum Zeitpunkt des Unfalles sei der Beklagte auch nicht im Betrieb gewesen und habe von der Kalibrierung kalter Werkstücke in der Exzenterpresse im Einhandbetrieb keine Kenntnis gehabt. Die Beklagte habe nie jemanden dazu verhalten, gegen die Bestimmungen zu verstoßen und sei davon ausgegangen, dass seine Mitarbeiter diese einhalten. Der Beklagte habe nicht annehmen können, dass in der Presse kalte Werkstücke unter Außerachtlassung der Sicherheitsvorschriften bearbeitet werden.

Schließlich machte der Beklagte auch noch ein Mitverschulden des verletzten Arbeitnehmers geltend und relevierte insoweit verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Bestimmung des § 334 Abs 3

ASVG.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es beurteilte den einleitend zusammengefasst dargestellten Sachverhalt dahin, dass nach den Umständen des konkreten Einzelfalles eines grobe Fahrlässigkeit des Beklagten im Sinn des § 334 ASVG nicht anzunehmen sei. Zwar stelle die wiederholte Nichtbeachtung der Unfallverhütungsvorschriften trotz wiederholter Beanstandungen durch das Arbeitsinspektorrat und den Unfallverhütungsdienst der AUVA grundsätzlich eine grobe Fahrlässigkeit dar. Diese sei jedoch nicht ursächlich gewesen, da der verletzte Arbeitnehmer die Bedienungsart weder selbst gewählt habe noch uninformiert gewesen sei. Die Anweisung hinsichtlich des Einhandbetriebes stamme aber nicht vom Beklagten selbst, sondern vom erfahrenen und sonst verlässlichen Vorarbeiter. Sie sei nur darauf zurückzuführen, dass die andere Maschine, die mit einer Lichtschranke versehen war, defekt gewesen sei. Der Beklagte habe mit dieser Vorgangsweise nicht rechnen müssen. Im Hinblick auf die jahrelange Zuverlässigkeit und die Fachkenntnis des Vorarbeiters falle dem Beklagten kein Auswahlverschulden im Sinn des § 1315 ABGB zur Last. Ein Organisationsverschulen sei zu verneinen, da dem Vorarbeiter ebenso wie dem Arbeiter die sicherheitstechnisch richtige und gefahrenvermeidende Bedienungsart der Presse ohnehin bekannt gewesen sei. Insgesamt liege daher trotz des wiederholten Verstoßes gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften keine grobe Fahrlässigkeit vor.

Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der klagenden Partei nicht Folge. Es schloss sich dabei rechtlich den Ausführungen des Erstgerichtes an, die hier maßgebliche Presse sei in den letzten Jahren nur zur zulässigen Einhandbedienung bei warmen Werkstücken verwendet worden und der Beklagte müsse sich die rechtswidrige Anordnung des Vorarbeiters nicht zurechnen lassen. Die richtige Vorgangsweise sei dem Arbeitnehmer ohnehin bekannt gewesen, sodass es auch nicht maßgeblich sei, dass es an geeigneten Gefahrenhinweisen und einer Bedienungsanleitung gemangelt habe.

Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht mangels Vorliegens einer Rechtsfrage im Sinne des § 46 Abs 1 ASGG als nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil erhobene außerordentliche Revision der Klägerin ist zulässig, da eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zum Umfang der an Vorarbeiter im Zusammenhang mit der Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften zu erteilenden Belehrungen nicht vorliegt. Die Revision ist auch berechtigt.

Gemäß § 333 Abs 4 ASVG iVm § 334 Abs 1 ASVG haftet ua der Geschäftsführer und Komplementär einer Kommanditgesellschaft dem Sozialversicherungsträger für alle aus einem Arbeitsunfall nach dem ASVG zu gewährenden Leistungen, wenn er den Arbeitsunfall grob fahrlässig verursacht hat. Maßgeblich wird daher die Frage, ob dem Beklagten ein grob fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen ist.

Dabei haftet er grundsätzlich nur für eigenes, nicht aber auch für

fremdes, wenn auch grobes Verschulden (vgl RIS-Justiz RS0085276 =

insb SZ 40/164, EvBl 1973/264, 550, SZ 57/17 = JBl 1985, 111 ua;

Teschner/Widlar MGA ASVG § 335 Anm 2).

Damit wird entscheidend, gegen welche ihn unmittelbar treffenden Verpflichtungen der Beklagte verstoßen hat. Er war Leiter des gesamten Unternehmens und direkter Vorgesetzter der Vorarbeiter. Er war damit für die gesamte Organisation des Betriebes und auch eine entsprechende Information und Schulung der Vorarbeiter verantwortlich (vgl allgemein auch zum Organisationsverschulden RIS-Justiz RS0023796 mit zahlreichen weiteren Nachweisen insb SZ 41/146; EvBl 1970/334, 605; SZ 60/256 = JBl 1988, 318 uva). Insbesondere hat ihn im Rahmen dieser Verantwortung auch die Verpflichtung getroffen, für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer zu sorgen und die entsprechenden Maßnahmen zur Verhütung arbeitsbedingter Gefahren auch durch Information und Unterweisung sowie Bereitstellung einer geeigneten Organisation und der erforderlichen Mittel zu treffen (vgl § 3 ArbeitnehmerInnenschutzG, ebenso § 14 Arbeitnehmerinnen- schutzG zur Frage der Unterweisung). Die Unterweisungen der Vorarbeiter müssen dabei auf deren Aufgabenbereich und die Gefahrenmomente abgestimmt sein (vgl § 14 Abs 3 ArbeitnehmerinnenschutzG, dazu auch Schrammhauser/Heider ArbeitnehmerInnenschutzG3, 95). Dabei ist an den Beklagten als unmittelbar Verantwortlichen der Maßstab der Sachverständigenhaftung des § 1299 ABGB anzulegen (RIS-Justiz RS0026555, zuletzt 8 ObA 301/98t und 8 ObA 336/98i uva).

Der Beklagte hat jedoch gegen diese Verpflichtung verstoßen. Trotz zahlreicher Beanstandungen durch das Arbeitsinspektorrat und den Unfallverhütungsdienst hatte er es unterlassen, klare und konkrete Anweisungen an die Vorarbeiter zu geben. Dabei ist zu berücksichtigen, dass gerade das Arbeiten an Maschinen ohne entsprechende Einrichtungen zur Verhinderung der Verletzung von Mitarbeitern an ihren Händen beanstandet wurde. Ferner ist es wiederholt in diesem Zusammenhang zu Arbeitsunfällen gekommen.

Vom Begriff der groben Fahrlässigkeit -auch im Sinne des § 334 Abs 1 ASVG (vgl Krejci-Böhler in Tomandl [Hrsg] System des österr. Sozialversicherungsrechts Punkt 3.3.4.1)-werden nun als solches nur ungewöhnliche, auffallende Vernachlässigungen bei vorhersehbaren Schäden erfasst (vgl RIS-Justiz RS0085373 mit zahlreichen weiteren Nachweisen, etwa zuletzt 9 ObA 219/97i, 9 ObA 403/97y und 9 ObA 85/99m; RIS-Justiz RS0030644 mwN). Wenngleich nun die Übertretung von einzelnen Arbeitnehmerschutzbestimmungen und Unfallverhütungsvorschriften an sich noch kein grobes Verschulden begründen muss (vgl RIS-Justiz RS0052197) ist doch auf die Gefährlichkeit der Situation besonders Bedacht zu nehmen (vgl ferner auch RIS-Justiz RS0022698). Hier hat es nun der dafür verantwortliche Beklagte trotz wiederholter Verstöße gegen die Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes und damit im Zusammenhang stehender Verordnungen (damals noch die Allgemeinen Maschinen- und Gerätesicherheitsverordnung BGBl NR 219/1983 sowie die Allgemeine Arbeitnehmerschutzverordnung BGBl 218/1983, insb § 34, und die Maschinen-Schutzvorrichtungsverordnung BGBl 43/1961 insb § 26), zahlreicher Arbeitsunfälle und dem Weiterbetrieb von besonders gefährlichen Maschinen unterlassen, den Vorarbeitern klare und konkrete Anordnungen über die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften zu geben. Im Hinblick auf die wiederholt eingetretenen einschlägigen Arbeitsunfälle kann aber dieses Verhalten nur als grob fahrlässig im Sinne des § 334 Abs 1 ASVG angesehen werden.

Es war daher die Haftung des Beklagten für die von der Klägerin erbrachten Leistungen zu bejahen. Da dem verletzten Arbeitnehmer ein relevantes Mitverschulden ohnehin nicht anzulasten ist, bedarf es auch keiner näheren Auseinandersetzung mit den vom Beklagten gegen die Verfassungsmäßigkeit des Ausschlusses der Berücksichtigung eines Mitverschuldens des Arbeitnehmers durch § 334 Abs 3 ASVG vorgebrachten Argumente (vgl dazu, dass allgemein die Bestimmungen des § 334 ASVG bereits als verfassungsrechtlich unbedenklich eingestuft wurde RIS-Justiz RS0053797 = SZ 62/206 = JBl 1990, 594).

Insgesamt war daher der Revision der Klägerin Folge zu geben und es waren die Entscheidungen der Vorinstanzen im klagsstattgebenden Sinne abzuändern.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 2 ASGG iVm den §§ 50 und 41 ZPO.