VfGH vom 09.06.2011, B327/11
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Spruch
I. Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
II. Der Bund (Bundesminister für Finanzen) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.620,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1. Mit letztinstanzlichem Bescheid wurde dem Beschwerdeführer als Kindesvater gemäß § 18 Abs 1 Z 1 des Kinderbetreuungsgeldgesetzes die Rückzahlung von an die Kindesmutter ausbezahlten Zuschüssen zum Kinderbetreuungsgeld für das Jahr 2004 vorgeschrieben.
2. Der Verfassungsgerichtshof hat über die dagegen gerichtete, auf Art 144 B-VG gestützte - zulässige - Beschwerde erwogen:
3. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom , G184-195/10, § 18 Abs 1 Z 1 des Kinderbetreuungsgeldgesetzes, BGBl. I 103/2001, in seiner Stammfassung als verfassungswidrig aufgehoben und verfügt, dass diese Bestimmung nicht mehr anzuwenden ist; dieser Ausspruch wurde am kundgemacht (BGBl. I 11/2011).
4. Gemäß Art 140 Abs 7 B-VG ist daher die aufgehobene Gesetzesbestimmung nicht nur in den Anlassfällen, sondern (jedenfalls ab der Kundmachung der Aufhebung) ausnahmslos in allen Fällen und folglich auch im vorliegenden Beschwerdefall nicht mehr anzuwenden (vgl. VfSlg. 15.401/1999).
5. Die Behörde hatte bei ihrer Entscheidung die verfassungswidrige Gesetzesbestimmung anzuwenden und hat sie auch angewendet, wobei es nach Lage des Falles offenkundig ist, dass diese Anwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war.
6. Der Beschwerdeführer wurde also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in seinen Rechten verletzt. Der Bescheid ist daher aufzuheben.
7. Eine mündliche Verhandlung war entbehrlich (§19 Abs 4 Z 3 VfGG).
8. Die Kostenentscheidung beruht auf § 88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 400,-- sowie eine Eingabengebühr gemäß § 17a VfGG in der Höhe von € 220,-- enthalten.