OGH vom 23.06.1997, 16Ok14/97
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Kartellrechtssachen durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Birgit Langer als Vorsitzende sowie die fachkundigen Laienrichter Kommerzialräte Dr.Fidelis Bauer, Dkfm.Joachim Lamel, Hon.Prof.Dr.Walter Fremuth und Dr.Thomas Lachs in der Kartellrechtssache der Antragstellerin Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte, ***** wider die Antragsgegnerinnen 1. Österreichische A*****- Verlagsgesellschaft mbH, ***** 2. Österreichischer A*****verband, ***** und 3. P*****verband *****, alle vertreten durch Schönherr, Barfuß, Torggler & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung nach § 8a KartG, infolge Rekurses der Antragsgegnerinnen gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Kartellgericht vom , GZ 25 Kt 559/96-21, den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
1. Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird mit der Maßgabe bestätigt, daß der Spruch der Entscheidung zu lauten hat:
"Zwischen (allen oder nahezu allen) selbständigen österreichischen Apothekern besteht eine Verhaltensabstimmung betreffend die Einhaltung einheitlicher Preise hinsichtlich des in der Preisliste Band 2 enthaltenen Apothekennebensortiments, wobei als Mittel der wettbewerbsrelevanten Verhaltensabstimmung (§ 11 KartG) die von der Österreichischen A*****-Verlagsgesellschaft mbH herausgegebene Preisliste Band 2 dient."
2. Die Gegenäußerung der Antragstellerin wird als verspätet zurückgewiesen.
3. Die Replik der Antragsgegnerinnen auf die Gegenäußerung der Antragsstellerin wird als unzulässig zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Der Zweitantragsgegner, die Interessensvertretung selbständiger Apotheker, und der Drittantragsgegner, die Organisation der angestellten Apotheker, gründeten kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges die Erstantragsgegnerin, eine GmbH, unter anderem deshalb, weil beide ein gemeinsames Organ herausgeben wollten. Die Geschäftsanteile der Erstantragsgegnerin werden zu je 50 % von dem Zweit- und dem Drittantragsgegner gehalten.
Die von der Erstantragsgegnerin ua herausgegebene österreichische Apothekerzeitung ist nicht nur Verbandsorgan der beiden genannten Verbände, sondern auch der österreichischen Apothekerkammer und der pharmazeutischen Gehaltskasse. Die Erstantragsgegnerin ist auch Herausgeber der "Spezialitäten-Preisliste" Band 1 in der gesetzlich zulässige Höchstpreise für Arzneimittel veröffentlicht werden. Der Spezialitäten-Preisliste Band 1 ist die Preisliste Band 2 zugeordnet. Diese enthält nicht nur Verkaufspreise für Artikel aus dem sogenannten Apothekennebensortiment im engeren Sinn (zB Zahncremen, Kosmetikartikel, Kindernährmittel, Inhalatoren, Blutdruckmeßgeräte), sondern auch für Hilfsmittel und Heilbehelfe. Auf dem Deckblatt der Preisliste 2 ist die Bezeichnung "Preisliste" deutlich hervorgehoben. Nicht hervorgehoben befindet sich auf dem Deckblatt der Satz "Die in diesem Band angeführten Preise sind unverbindliche Richtpreise". Auf der Innenseite des hinteren Deckblattes befindet sich eine Zeichenerklärung zur Preisliste, in welcher der "Privatverkaufspreis" als "unverbindlicher Richtpreis mit MwSt" erläutert ist.
Die Preisliste 2, die von nahezu allen Apotheken in Österreich bezogen wird, erscheint in der heutigen Form seit 1966. Vorerst war sie in Buchform, allerdings nicht monatlich, erschienen. 1996 kostete sie S 3.600,--, bei Subskription von Band 1 und 2 wurden S 6.840,-- verrechnet.
In der Preisliste 2 sind etwas über 16.000 Artikel enthalten. Davon sind etwas über 7.000 Artikel auch mit einem Rezeptzeichen und einem "Krankenkassenpreis ohne MwSt" versehen. Die Apotheken verrechnen für die in der Preisliste 2 enthaltenen Produkte regelmäßig als "Privatverkaufspreis" die in der Preisliste 2 ausgewiesenen Preise. Nur ganz ausnahmsweise werden die Produkte zu geringeren Preisen verkauft. Hinsichtlich der in der Preisliste genannten Preise besteht auch regelmäßig keine Verhandlungsbereitschaft der Apotheker gegenüber Privatkunden.
Die Erstantragsgegnerin bestimmt auf unterschiedliche Arten, in welcher Höhe die Privatverkaufspreise in der Preisliste 2 ausgewiesen werden:
Wenn die Erzeuger der in der Preisliste 2 aufgenommenen Produkte nicht nur den Apothekeneinkaufspreis, sondern auch einen Verkaufspreis als Richtpreis bekanntgeben, wird dieser vom Erzeuger bekanntgegebene Privatverkaufspreis in die Preisliste 2 übernommen. Beispielsweise sind die für Kindernährmittel ausgewiesenen Privatverkaufspreise von den Erzeugern bekanntgegebene Preise. Für Kindernährmittel ist die Berücksichtigung eines relativ geringen Aufschlages charakteristisch. Allerdings können Kindernährmittel in Großmärkten günstiger als in Apotheken eingekauft werden.
Wenn die Erzeuger nur den Apothekeneinkaufspreis (= Großhandelsverkaufspreis) bekanntgeben, rechnet die Erstantragsgegnerin einen Satz von etwa 40 oder 44 % hinzu, um den in der Preisliste 2 veröffentlichten Privatverkaufspreis zu ermitteln. Die Sätze von 40 bzw 44 % sind die höchsten Aufschlagssätze nach dem Gesamtvertrag. Soweit ein Kassenpreis besteht, wird diesem vielfach auch nur die MwSt hinzugezählt. Der Apothekeneinkaufspreis entspricht dem Großhandelsverkaufspreis. Auch dabei handelt es sich um einen vom Erzeuger bekanntgegebenen Richtpreis, an den sich die Großhändler regelmäßig halten. In Österreich arbeiten etwa zehn Großhändler für die Apotheken. Auch diese beziehen die Preisliste 2.
Die nunmehrige Erstantragsgegnerin beantragte mit Schriftsatz vom , ON 1, die Feststellung, daß die Preisliste Band 2 den Ausnahmetatbestand des § 12 Abs 1 2. Satz KartG verwirkliche.
Mit Schriftsatz vom , ON 3a, beantragte die Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte unter Bezugnahme auf den Feststellungsantrag der nunmehrigen Erstantragsgegnerin ihrerseits bezüglich dieser sowie des Zweit- und des Drittantragsgegners festzustellen, daß ein Sachverhalt vorliege, der dem Kartellgesetz unterliege. Die Mitteilungen, die die Erstantragsgegnerin in Form einer monatlichen Preisliste tätige, enthalte Mitteilungen, die die Zweit- und Drittantragsgegner als Berufsverbände an ihre Mitglieder richten wollten. Die Bekanntgabe der genannten Preise entspreche auch dem Willen der Zweit- und Drittantragsgegner, die Eigentümer der Erstantragsgegnerin seien. Die vorliegende Preisempfehlung sei dem Zweit- und dem Drittantragsgegner zuzurechnen und als Empfehlung an ihre Mitglieder einzustufen. Die Berufsausübung des Apothekers enthalte in weit stärkerem Maß als bei anderen freiberuflich Tätigen Elemente unternehmerischer Natur. Die Ausnahme des § 31 Z 3 KartG sei daher bei der im Kartellrecht gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise iSd § 1 KartG nicht anwendbar. Die Liste sei daher bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise jedenfalls als unverbindliche Verbandsempfehlung einzustufen.
Die Wirtschaftskammer Österreich vertrat in einer Stellungnahme, ON 4, die Ansicht, anhand des vorliegenden Sachverhaltes werde ein inhärenter Wertungswiderspruch des Kartellgesetzes offensichtlich, wonach unverbindliche Preis- und Kalkulationsempfehlungen, die an Angehörige eines freien Berufes gerichtet seien, nicht dem Anzeigeverfahren gemäß den §§ 31 ff KartG unterworfen würden.
Die Erstantragsgegnerin nahm mit Eingabe vom , ON 7, ihren Feststellungsantrag ON 1 zurück. Mit einer Stellungnahme vom gleichen Tag, ON 8, legten die drei Antragsgegner dar, die Bezeichnung der Erstantragsgegnerin als "Gemeinschaftsunternehmen" der Zweit- und der Drittantragsgegner sei falsch; beide seien keine Unternehmer, sondern Vereine nach dem Vereinsgesetz. Die Herausgabe der Preisliste Band 2 gehöre zum statutarischen Unternehmensgegenstand der Erstantragsgegnerin und diene dem Erwerbszweck dieser GmbH. Daß dies alles dem Willen der beiden Gesellschafter entspreche, sei evident. Die von der Antragstellerin daran geknüpfte Schlußfolgerung, es handle sich bei der Preisliste 2 um eine Empfehlung der beiden Hälftegesellschafter der Erstantragsgegnerin an ihre Mitglieder, sei jedoch unhaltbar. Die Erstantragsgegnerin sei weder eine "gesetzliche berufliche Interessenvertretung" noch ein "Verein von Unternehmen". Die Preisliste sei angesichts der laufend wechselnden Vielfalt der Produkte und ihrer Preise für alle beteiligten Wirtschaftskreise ein unverzichtbarer Arbeitsbehelf, auf den die Abonnenten monatlich warteten und einen nicht gerade geringen Kaufpreis zahlten.
Das Erstgericht stellte fest, daß die Herausgabe der Preisliste Band 2 durch die Erstantragsgegnerin ein Mittel der wettbewerbsrelevanten Verhaltensabstimmung im Rahmen eines zwischen (allen oder nahezu allen) selbständigen Österreichischen Apothekern bestehenden Verhaltenskartell sei.
In rechtlicher Hinsicht führte es aus, daß es sich bei der Preisliste 2 um keine unverbindliche Verbandsempfehlung im Sinn des § 31 KartG handle, weil sie an Angehörige eines freien Berufes gerichtet sei (§ 31 Z 3 KartG); dazu zählten die selbständigen Apotheker, deren Berufsausübung eine höhere Bildung voraussetze und deren Tätigkeit gemäß § 2 Abs 1 Z 11 EO von der Gewerbeordnung ausgenommen sei.
Auch wenn Angehörige eines freien Berufes nicht Adressaten einer unverbindlichen Verbandsempfehlung iSd § 31 KartG sein könnten, seien sie Unternehmer im Sinn des Kartellgesetzes und die Normen des Kartellrechts auf sie grundsätzlich anwendbar. Ein Empfehlungskartell (§ 12 KartG) liege nicht vor, weil die Preise ausdrücklich als "unverbindliche Richtpreise" bezeichnet worden seien und nicht festgestellt werden konnte, daß zur Durchsetzung der in der Preisliste 2 enthaltenen Preise ein wirtschaftlicher oder gesellschaftlicher Druck ausgeübt werden solle oder ausgeübt werde, weshalb der Ausnahmetatbestand des § 12 Abs 1 Satz 2 KartG erfüllt sei.
Es liege jedoch ein Verhaltenskartell iSd § 11 KartG vor: Aufeinander abgestimmte - also weder zufällige noch marktbedingte - Verhaltensweisen von wirtschaftlich selbständig bleibenden Unternehmern oder von Verbänden von Unternehmen seien, wenn durch sie der Wettbewerb tatsächlich beschränkt werde, nach § 11 Abs 1 KartG Verhaltenskartelle. Dieser Kartelltatbestand sei in Anlehnung an das Verbot abgestimmter Verhaltensweisen in Art 85 I EWGV eingeführt worden und diene als Auffangtatbestand für den Fall, daß ein Absprachekartell nicht nachgewiesen werden könne oder ein anderer kartellrechtlicher Tatbestand (Empfehlungskartell, unverbindliche Verbandsempfehlung) nicht verwirklicht sei.
Die festgestellte nahezu lückenlose Gleichpreisigkeit der österreichischen Apotheken hinsichtlich der in der Preisliste 2 genannten Produkte beruhe auf keinem Zufall und sei keine nur marktbedingte Verhaltensweise, sondern lasse sich aufgrund des festgestellten Sachverhaltes nur aus der übereinstimmenden Beachtung der mit Willen des Zweitantragsgegners herausgegebenen Preisliste Band 2 erklären. Aufgrund einer jahrzehntelangen Erfahrung könnten die österreichischen Apotheker darauf vertrauen, daß alle - oder jedenfalls nahezu alle - österreichischen Apotheker die Preisliste praktisch lückenlos befolgten. Eine Verhaltenskoordination im Sinn des § 11 Abs 1 KartG müsse nicht unmittelbar zwischen den beteiligten Unternehmen herbeigeführt werden, sondern könne auch durch Einbeziehung dritter Personen verwirklicht werden. An der Verhaltensabstimmung seien auch die Produzenten beteiligt, wobei die von ihnen für den Verkauf vorgesehenen Preise in die Preisliste 2 übernommen würden.
Zwischen allen (zumindest aber zwischen den allermeisten) österreichischen selbständigen Apothekern bestehe daher ein Verhaltenskartell hinsichtlich der Preise der in der Preisliste 2 genannten Produkte. Die Herausgabe der Preisliste 2 sei ein - allen Beteiligten offensichtlich als solche erkennbares - Mittel der wettbewerbsrelevanten Verhaltensabstimmung. Wie aufgrund einer (sonstigen) Feststellungsklage seien auch (hier) Feststellungen hinsichtlich der am Verfahren nicht unmittelbar beteiligten selbständigen Apotheker zulässig; ihnen gegenüber könne der Beschluß allerdings nicht in Rechtskraft erwachsen.
Dagegen richtet sich der Rekurs der Antragsgegner wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den Spruch des angefochtenen Beschlusses dahingehend abzuändern, daß festgestellt werde, daß die Herausgabe der Preisliste Band 2 durch die Erstantragsgegnerin kein dem Kartellgesetz unterliegender Sachverhalt sei.
Die Antragstellerin erstattete zwar eine Gegenäußerung, allerdings nach Ablauf der vierwöchentlichen Frist des § 53 Abs 2 KartG (Zustellung des Rekurses ; Postaufgabe der Gegenäußerung ), weshalb sie als verspätet zurückzuweisen ist.
Die Antragsgegner haben zu dieser Gegenäußerung eine "Replik" erstattet, die als unzulässig zurückzuweisen ist: Solche "Repliken" sind nicht vorgesehen; als Ergänzung ihres Rekurses wäre die Replik wegen der Einmaligkeit des Rechtsmittels erst recht als unzulässig zurückzuweisen (KOG , Okt 7/91 mit ablehnender, allerdings nicht überzeugender Kritik von Barfuß in ecolex 1992, 99).
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist im Ergebnis nicht berechtigt.
Die Rekurswerberin wendet sich schwerpunktmäßig - mit mehr oder minder spitzfindigen Argumenten - gegen die vom Erstgericht getroffene Feststellung, die Herausgabe der Preisliste Band 2 durch die Erstantragsgegnerin sei ein Mittel der wettbewerbsrelevanten Verhaltensabstimmung im Rahmen eines zwischen (allen oder nahezu allen) selbständigen Apothekern bestehenden Verhaltenskartell, und meint, diese Feststellung lasse sich mit § 8a KartG nicht vereinbaren; dieser gestatte nur festzustellen, ob und inwieweit ein Sachverhalt dem Kartellgesetz unterliege. Dies bedeute die allgemeine Befugnis des Kartellgerichtes, auf Antrag festzustellen, ob und inwieweit ein konkreter Sachverhalt unter das Kartellgesetz zu subsumieren sei. Die Feststellung müsse Rechtswirkungen im Hinblick auf die Frage des "dem KartG-Unterliegens" eines verfahrens - und feststellungsrelevanten Sachverhaltes haben können. Dies sei bei der bekämpften Feststellung nicht der Fall. Die Herausgabe einer Preisliste durch die Erstantragsgegnerin sei kein dem Kartellgesetz unterliegender Sachverhalt: Derartiges könnte bloß für die angebliche Verhaltensabstimmung zwischen den selbständigen österreichischen Apothekern zutreffen, von der die angefochtene Entscheidung - schon nach der Formulierung des Spruches - bloß ausgehe.
Um diesen - eher stilistischen - Einwänden Rechnung zu tragen, hat der erkennende Senat den Spruch umformuliert. Dies ändert aber nichts daran, daß die Feststellung, es liege ein Verhaltenskartell zwischen den selbständigen Apothekern vor, die sich als Mittel der Verhaltensabstimmung über die Letztverbraucherpreise der von der Erstantragsgegnerin herausgegebenen Preisliste bedienten, berechtigt ist.
Aufgrund des festgestellten Sachverhalts, daß die Erstantragsgegnerin im Eigentum der Zweit- und Drittantragsgegner, zweier Vereine, die die beruflichen Interessen der selbständigen und der angestellten Apotheker vertreten, steht, deren Verlagsorgan ist und Preislisten, die die Mitglieder der Zweit- und Drittantragsgegner benötigen, herausgibt, insbesondere auch die hier relevante Preisliste Band 2 mit ihren Willen verlegt, bestehen keine Bedenken, auch ihnen die Herausgabe der Preisliste Band 2 zuzurechnen. Wie die Berufsvereinigungen organisiert sind (Gesellschaft, Verein oder sonst wie, zB Interessenvertretung, ist gleichgültig (Gleiss/Hirsch, Komm EG-Kartellrecht4 Art 85 Rz 70). Daß der für eine Abstimmung nötige Kontakt über Dritte hergestellt werden kann, ist unstrittig (Koppensteiner, Wettbewerbsrecht3 193; Langen/Bunte, Komm zum deutschen und europäischen Kartellrecht, § 25 GWB Rz 18) und entspricht der Praxis zu Art 85 EGV (Gleiss/Hirsch aaO Rz 97).
Soweit die Antragsgegner darzulegen versuchen, daß es dem Erstgericht nicht gelungen sei, ein aufeinander abgestimmtes Verhalten der Apotheker aufzuzeigen, genügt es auf die ausführliche und schlüssige Begründung des Erstgerichtes, die oben wiedergegeben wurde, zu verweisen; als Mittel der von den Antragsgegnern vermißten "Fühlungnahme" zwischen den Apotheken bediente man sich der Preisliste 2.
Ob ein übereinstimmendes Verhalten von Unternehmern als Verhaltenskartell zu beurteilen ist, kann mangels ausdrücklicher Vereinbarung in der Regel nur aus Indizien abgeleitet werden (Koppensteiner aaO 193); das Verhaltenskartell ist ein "Auffangtatbestand" (Koppensteiner aaO 190), wenn ein anderer kartellrechtlicher Tatbestand nicht greift.
Die von mehr als 1000 selbständigen Apothekern - unabhängig von den sonstigen marktbedingten Gegebenheiten - den Letztverbrauchern einheitlich, genau der Preisliste Band 2 entsprechend verrechneten Preise, für tausende verschiedene Artikel lassen sich weder durch "Zufall" noch durch "marktbedingtes Verhalten" erklären. Auf dem vorliegenden Markt besteht kein Zwang zum "Mitziehen"; es ist kein Marktleader vorhanden, dessen Preisen man zwecks Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit folgen müßte (näheres zum Tatbestand des abgestimmten Verhaltens und seiner Abgrenzung zu einem rein "zufälligen" oder "marktbedingten" Verhalten Koppensteiner aaO 191 mwN). Wie das Erstgericht zutreffend ausgeführt hat, läßt diese einheitliche Preisgestaltung gegenüber den Letztverbrauchern unter den gegebenen Begleitumständen nur den Schluß darauf zu, daß die selbständigen Apotheker die zahllosen Artikel deshalb zum gleichen Preis verkaufen, weil sie sich vorher - mittels der Preisliste 2 - informiert haben, was ihre Kollegen hiefür verlangen werden und sie aufgrund jahrzehntelanger Erfahrung erwarten können, daß sich ihre Kollegen auch an diese Preise halten (Koppensteiner aaO 192).
Der Umstand, daß die Apotheker diese Preisliste kaufen müssen, liegt offenkundig darin, daß ihre Erzeugung recht kostspielig ist, sodaß sie den Mitgliedern der Zweit- und Drittantragsgegner nicht gratis abgegeben werden kann; daraus kann aber nicht der Schluß gezogen werden, daß die Apotheker ihr Verhalten nicht mittels dieser Preisliste abstimmten. Auch das Argument, daß die Preisliste den einzelnen Apothekern die Preiskalkulation hinsichtlich tausender Artikel erspare und daher recht praktisch (und insofern trotz des relativ hohen Preises offenbar noch immer kostengünstig) ist, ändert nichts daran, daß in diesem Bereich der Preiswettbewerb zwischen Apothekern mittels abgestimmten Verhalten durch diese Preisliste ausgeschaltet wird: Der Kern dieses kartellrechtlich relevanten Verhaltens liegt in der Aufgabe der - sonst nur vom Wettbewerb kontrollierten - Unabhängigkeit wettbewerblichen Handelns. Eine Verhaltensabstimmung liegt vor, wenn die Unternehmer wie hier die praktische Zusammenarbeit an die Stelle des mit Risken verbundenen Wettbewerbs treten lassen und mit der Koordinierung oder Fühlungnahme insoweit ihre Selbständigkeit aufgeben.Der Tatbestand des § 11 KartG (Verhaltenskartell) ist daher verwirklicht.
Dies steht allerdings nur gegenüber den Antragsgegnern, die die Mittel zu diesem abgestimmten Verhalten unmittelbar oder mittelbar zur Verfügung stellen, rechtskräftig fest. Auch wenn die Feststellung abgestimmten Verhaltens gegenüber den dieses abgestimmte Verhalten unmittelbar setzenden selbständigen Apotheker mangels deren Beteiligung am Verfahren keine Rechtskraftwirkung entfalten kann, ändert das nichts daran, daß nunmehr rechtskräftig feststeht, daß die Antragsgegner durch Herausgabe der Preisliste 2 an dem abgestimmten Verhalten der Apotheker mitgewirkt haben. Ihnen ist daher deren Herausgabe nur mehr unter der Voraussetzung des § 18 Abs 3 KartG gestattet.
Erst in einem allfälligen Genehmigungsverfahren (§§ 23 ff KartG) wird zu prüfen sein, ob dieses abgestimmte Verhalten der selbständigen Apotheker volkswirtschaftlich gerechtfertigt ist (§ 23 Z 3 KartG). Sollte in einem solchen Verfahren die volkswirtschaftliche Rechtfertigung dieses mittels der Preisliste 2 abgestimmten Verhaltens festgestellt werden oder eine übereinstimmende Mitteilung gemäß § 11 Abs 1 Z 4 KartG beigebracht werden, stünden der Herausgabe der Preisliste 2 in der bisherigen Form keine kartellrechtlichen Bedenken entgegen.