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OGH vom 10.07.2008, 8ObA30/08g

OGH vom 10.07.2008, 8ObA30/08g

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Spenling und die Hofrätin Dr. Lovrek und die fachkundigen Laienrichter Univ.-Prof. Dr. Hans Lechner und Franz Stanek als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Maria P*****, Pensionistin, *****, vertreten durch Dr. Herbert Salficky, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Werner Piplits, Rechtsanwalt in Wien, wegen 14.724,65 EUR brutto sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 8 Ra 86/07m-16, womit über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom , GZ 13 Cga 90/06h-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 976,68 EUR (darin 162,78 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe :

Die am geborene Klägerin war ab bei der Beklagten als kaufmännische Angestellte beschäftigt. Für das Dienstverhältnis gilt der Kollektivvertrag der Handelsangestellten.

Am schloss die Klägerin mit der Beklagten eine Vereinbarung über die Inanspruchnahme von Altersteilzeit gemäß § 27 AlVG ab. Die Altersteilzeit wurde einvernehmlich in der Form „geblockt", dass die Vollzeitphase von bis dauern und die Freizeitphase im Zeitraum von bis laufen sollte. Die wöchentliche Normalarbeitszeit der Klägerin von 38,5 Stunden wurde um 50 % verringert und innerhalb eines Zeitraums von 4 Jahren und 5 Monaten so verteilt, dass sich im Zeitraum von bis eine durchschnittliche Wochenarbeitszeit von 19,25 Stunden ergab. Der Durchrechnungszeitraum wurde mit 52 Wochen festgelegt. Betreffend die Verteilung der Arbeitszeit wurde für den Zeitraum von bis eine „Vollzeitphase" vereinbart, in der weiterhin 38,5 Stunden wöchentlich gearbeitet wurden. Die Freizeitphase wurde für die Zeit von bis vereinbart. Durch die Herabsetzung der wochendurchschnittlichen Arbeitszeiten verringerte sich das bisherige Bruttomonatsgehalt von zuletzt 3.412 EUR auf 1.706 EUR. Durch die Gewährung eines Lohnausgleichs in Höhe von 50 % der Differenz der beiden vorangeführten Beträge betrug das für die durchschnittliche Wochenarbeitszeit gebührende Gehalt einschließlich Lohnausgleich 2.559 EUR.

In Punkt 8 der Altersteilzeitvereinbarung wurde festgelegt, dass „mit dem Ende der Altersteilzeitbeschäftigung am ... das Arbeitsverhältnis im beiderseitigen Einvernehmen aufgelöst" wird und das Arbeitsverhältnis daher jedenfalls mit diesem Zeitpunkt endet, „soferne es nicht vorher von einer der beiden Seiten durch Kündigung beendet wird".

Hintergrund der Altersteilzeitvereinbarung war, dass die Klägerin aufgrund der Pensionsreform 2000 mit einem Pensionsstichtag rechnen musste. Mit der Pensionsreform 2003 ergab sich für die Klägerin die Möglichkeit, die Pension zum Stichtag anzutreten, wobei jedoch damals noch eine Reduktion der Pension durch Abschläge zu erwarten gewesen wäre. Mit der Pensionsreform 2004 änderte sich die Rechtslage neuerlich, und zwar in der Form, dass es der Klägerin nun möglich wurde, zum Stichtag ohne Abschläge in Pension zu gehen.

Mit Schreiben der Pensionsversicherungsanstalt vom erhielt die Klägerin eine vorläufige Vorausberechnung ihrer Pension zum Stichtag . Sie sprach daraufhin ihren Vorgesetzten auf die Möglichkeit des Pensionsantritts an, erhielt jedoch den Rat, zunächst die Freizeitphase anzutreten; es wäre später noch möglich, über dieses Thema zu sprechen. Im Herbst 2004 sprach die Klägerin ihren Vorgesetzten zweimal darauf an, ob eine Änderung der Teilzeitvereinbarung im Hinblick auf den ihr nun offen stehenden Pensionstermin möglich sei; beide Male wurde sie auf den Personalverantwortlichen verwiesen. Da die Versuche der Klägerin, diesen Personalverantwortlichen telefonisch zu erreichen, erfolglos waren, wandte sie sich an die Arbeiterkammer, wo sie die Auskunft erhielt, dass sie im Falle eines Pensionsantritts ihr Dienstverhältnis unter Wahrung ihrer Abfertigungsansprüche selbst kündigen könne.

In ihrem Kündigungsschreiben vom , mit dem sie das Arbeitsverhältnis zum auflöste, wies die Klägerin auf die mit Jahresbeginn 2005 geänderten Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Pension wegen langer Versicherungsdauer hin.

Die Beklagte wollte die mit der Klägerin abgeschlossene Altersteilzeitvereinbarung nicht vorzeitig beenden.

Die Klägerin begehrt nunmehr 14.724,65 EUR brutto sA (Stundensatz von 21,11 EUR x 1.395,04 Stunden Mehrarbeit x 0,5) mit der Begründung, dass die Beklagte den Zuschlag zur Mehrarbeit nach § 19e AZG verweigere.

Die Beklagte stellte das Klagebegehren der Höhe nach außer Streit und wandte dem Grunde nach ein, dass die Klägerin die getroffene Altersteilzeitvereinbarung gebrochen habe. Im Zusammenhang mit einer Altersteilzeitvereinbarung sei § 19e Abs 2 AZG teleologisch auf Fälle der Arbeitgeberkündigung und einvernehmlichen Auflösung zu reduzieren und dürfe bei vorzeitiger Arbeitnehmerkündigung nicht angewendet werden.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

Seiner rechtlichen Beurteilung legte das Erstgericht zugrunde, dass § 19e Abs 2 AZG mangels Regelungslücke keinen Spielraum für eine teleologische Interpretation in der von der Beklagten gewünschten Form zulasse. Der Gesetzgeber habe offensichtlich ganz bewusst den Entfall des Anspruchs auf einen Zuschlag bei vorzeitiger Vertragsbeendigung auf den vorzeitigen Austritt des Arbeitnehmers ohne wichtigen Grund eingeschränkt. Daher gebühre der Klägerin im Hinblick auf die durch die Kündigung erfolgte Verkürzung der Freizeitphase ein 50 %-iger Zuschlag zum Guthaben an Normalarbeitszeit.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge und sprach aus, dass die Revision zulässig sei, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung dazu fehle, ob § 19e Abs 2 AZG auch dann Anwendung finde, wenn das Arbeitsverhältnis während des Laufs einer Altersteilzeitvereinbarung vom Arbeitnehmer zum Pensionsantritt gekündigt werde.

Nach § 19e Abs 2 AZG gebühre für zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestehende Guthaben an Normalarbeitszeit ein Zuschlag von 50 %, außer der Arbeitnehmer würde ohne wichtigen Grund vorzeitig austreten. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs sei auch die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses während einer laufenden Vereinbarung nach § 27 AlVG als Anwendungsfall des § 19e Abs 2 AZG zu qualifizieren, weil auch in diesem Fall ein Verbrauch des Guthabens nicht mehr möglich sei. Ein unberechtigter Austritt oder eine Vereitelung des Zeitausgleichs durch ein rechtswidriges Verhalten des Arbeitnehmers lägen nicht vor.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im klageabweisenden Sinn; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt.

In der Revision wird vorgebracht, dass der Wortlaut keineswegs die äußerst mögliche Grenze der Auslegung bilde, sondern dass zentraler Ausgangspunkt für jede Interpretation Sinn und Zweck einer Regelung sei. Nach den Gesetzesmaterialien ziele § 19e AZG darauf ab, zu verhindern, dass sich die Arbeitszeit (zugunsten des Arbeitgebers) ausschließlich an betrieblichen Bedürfnissen orientiere und der Arbeitnehmer keine Handhabe zur Mitgestaltung habe. In diesem Sinn setze die Anwendbarkeit des § 19e Abs 2 AZG voraus, dass der Arbeitgeber die Möglichkeit habe, in die Arbeitszeitgestaltung einzugreifen und aufgrund seines Verhaltens ein Zeitausgleich ausgeschlossen sei. Jedenfalls widerspreche es dem sozialpolitischen Ziel des § 19e AZG, diese Bestimmung auch dann anzuwenden, wenn der Arbeitnehmer entgegen einem entsprechenden Angebot des Arbeitgebers Zeitguthaben nicht verbrauche. Der Gesetzgeber habe diesen Fall offensichtlich nicht bedacht. Auch im vorliegenden Fall habe sich die Beklagte penibel an die getroffene Vereinbarung gehalten und auch keine Möglichkeit des „Gegensteuerns" mehr gehabt. Denke man die Rechtsansicht der Vorinstanzen weiter, habe es ein Arbeitnehmer durch Selbstkündigung in der Freizeitphase in der Hand, zusätzliches Entgelt in Form des Zuschlags zu beziehen, ohne dass der Arbeitgeber die ihn treffenden Verpflichtungen in irgendeiner Weise verletzt habe. Der Gedanke, dass ein Arbeitnehmer durch vereinbarungswidriges Verhalten zusätzliches Entgelt in Form eines „Strafzuschlags" lukriere, könne dem § 19e Abs 2 AZG nicht unterstellt werden.

Dazu wurde erwogen:

Der Oberste Gerichtshof hat sich mit der Frage, wann im Zusammenhang mit der Auflösung des Arbeitsverhältnisses während des Laufs einer Altersteilzeitvereinbarung ein Zuschlag für das Guthaben an Normalarbeitszeit nach § 19e Abs 2 AZG gebührt, in den Entscheidungen 9 ObA 96/04i, 9 ObA 82/05g und 8 ObA 63/06g auseinandergesetzt (RIS-Justiz RS0119870).

In der Entscheidung 9 ObA 96/04i (DRdA 2006/18 [Schindler]), der eine Arbeitgeberkündigung drei Monate vor Ende der „Vollarbeitsphase" bzw vor Beginn der „Freizeitphase" des Arbeitnehmers und das Fehlen einer den Zuschlag abbedingenden Kollektivvertragsklausel zugrunde lagen, hat der Oberste Gerichtshof nach eingehender Auseinandersetzung mit der einschlägigen arbeitsrechtlichen Fachliteratur ausgesprochen, dass die Sonderregelung des § 19e Abs 2 AZG alle Arbeiten erfasse, die im Zeitpunkt ihrer Leistung nicht als Überstunden qualifiziert seien, aber durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu einem Guthaben an Normalarbeitszeit geführt hätten. Auch die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses während einer laufenden Vereinbarung von Altersteilzeit nach § 27 AlVG sei als Anwendungsfall des § 19e Abs 2 AZG zu qualifizieren, weshalb jene Teile der Arbeit, die über die Normalarbeitszeit hinaus geleistet worden seien, mit einem Zuschlag von 50 % abzugelten seien. Ausgenommen sei vom Gesetz nur der Fall des ungerechtfertigten Austritts des Arbeitnehmers.

Während Schrank (Arbeitszeitflexibilität: Stoppsignale des OGH?, ZAS 2005/33, 193) die Ablehnung einer teleologischen Reduktion des 50 %-Zuschlags für Normalarbeitszeitguthaben nach § 19e Abs 2 AZG auf Zeiten, die ohne Flexibilisierungsbestimmungen überstundenzuschlagspflichtig gewesen wären, kritisierte (immerhin wäre bei einer Blockvariante im Fall einer vorzeitigen Beendigung des Dienstverhältnisses immer ein Normalarbeitszeitguthaben vorhanden), erschienen Schindler in seiner Entscheidungsanmerkung (DRdA 2006/18, 222 [224]) der Wortlaut des Gesetzes und die Wertungen des Gesetzgebers eindeutig, weshalb der Oberste Gerichtshof zu gar keinem anderen Ergebnis habe kommen können. Auch Anzenberger (Vorzeitige Beendigung geblockter Altersteilzeit - Vergütung der geleisteten Mehrstunden, ASoK 2005, 283) stimmte der Argumentation des Obersten Gerichtshofs zu und wies weiterführend darauf hin, dass die „privilegierte" Abgeltung nach § 19e Abs 2 AZG auch dann zu gewähren sei, wenn der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis selbst kündige oder schuldhaft ausscheide.

In der Entscheidung 9 ObA 82/05g bekräftigte der Oberste Gerichtshof seinen in 9 ObA 96/04i dargelegten Standpunkt. In diesem Fall war das Arbeitsverhältnis noch während der Vollarbeitsphase einvernehmlich aufgelöst worden, weil dem Arbeitnehmer die Invaliditätspension gewährt wurde. Die Entscheidung 8 ObA 63/06g (DRdA 2008/5; s auch Glosse Schindler zu DRdA 2008/6) ist im vorliegenden Zusammenhang insofern nicht einschlägig, als in dem dort zugrunde liegenden Fall der Zuschlag nach § 19e Abs 2 AZG kollektivvertraglich abbedungen war.

Zusätzlich zu den vom Gesetz ausdrücklich vorgesehenen Fällen des Entfalls des Zuschlags (unberechtigter vorzeitiger Austritt; von § 19e Abs 2 AZG abweichende kollektivvertragliche Regelung) befürworten Heilegger/Schwarz (in Cerny/Heilegger/Klein/Schwarz, Arbeitszeitgesetz [2008] Erl 1 zu §§ 19e und 19f AZG [475 f]) einen Entfall des Zuschlags dann, wenn der Verbrauch offener Zeitguthaben am Arbeitnehmer scheitert, weil dieser ohne triftigen Grund das Zeitguthaben nicht verbraucht. Die rechtliche Grundlage für diesen Standpunkt wird im Gedanken der Verletzung der Treuepflicht des Arbeitnehmers gesehen, der eine getroffene Vereinbarung vereitelt.

Diese Auffassung zeigt im Ergebnis wesentliche Wertungsaspekte auf, die noch durch Überlegungen zu den sozialversicherungsrechtlichen Rahmenbedingungen derartiger Vereinbarungen zu ergänzen sind.

Im Allgemeinen liegt der Zweck einer Vereinbarung über die „Altersteilzeit" ganz wesentlich auch darin, die einschlägigen sozialversicherungsrechtlichen Regelungen für die Leistung von Altersteilzeitgeld zu erfüllen. In diesem Sinne hat etwa der Oberste Gerichtshof schon wiederholt ausgesprochen, dass der sog „Lohnausgleich" bei vorzeitigen Beendigungen regelmäßig nicht in die Berechnung der Beendigungsansprüche mit einzubeziehen ist, weil davon auszugehen ist, dass er an die Bedingung des Altersteilzeitgeldbezugs nach § 27 AlVG geknüpft ist (RIS-Justiz RS0120428 mwN, insb 8 ObA 63/06g = DRdA 2008/5).

§ 27 AlVG in der hier maßgeblichen Fassung des SRÄG 2000, BGBl Nr I 92/2000, sah ua als Voraussetzung für die Gewährung von Altersteilzeitgeld an den Arbeitgeber vor, dass dieser bei ArbeitnehmerInnen ab Vollendung des 50. Lebensjahres für längstens sechseinhalb Jahre die Arbeitszeit auf 40 bis maximal 60 % der Normalarbeitszeit verringert, aber einen Lohnausgleich in Höhe von mindestens 50 % des Unterschiedsbetrags zwischen dem für die Normalarbeitszeit gebührenden Entgelt und dem der verringerten Arbeitszeit entsprechenden Entgelt gewährt. Das Altersteilzeitgeld soll dem Arbeitgeber den Aufwand des Lohnausgleichs zuzüglich der Sozialversicherungsabgaben ersetzen. Soweit die Vereinbarung unterschiedliche wöchentliche Arbeitszeiten - wie hier - vorsah, war die Voraussetzung der Herabsetzung auf höchstens 60 % der Normalarbeitszeit dann erfüllt, wenn diese 60 % im Durchrechnungszeitraum nicht überschritten wurden. Wurden diese Voraussetzungen nicht - oder nicht mehr - erfüllt, bzw waren sie von Anfang an nicht vorhanden, so war der Bezug von Altersteilzeitgeld einzustellen, bzw unter bestimmten Voraussetzungen dieses sogar zurückzufordern.

Für das hier maßgebliche Blockzeitmodell hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen (, GZ 2003/08/0156), dass bei vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach dem Erwerb von Zeitguthaben regelmäßig die Voraussetzungen für das Altersteilzeitgeld nicht gegeben sind, weil in dem dann eben verkürzten Durchrechnungszeitraum die Obergrenze, die der Gewährung des Altersteilzeitgeldes zugrundegelegt wurde (maximal 60 % der Normalarbeitszeit), überschritten wird. Eine Rückforderung war nach der auch hier noch anzuwendenden Gesetzeslage nach dieser Entscheidung auch bei einer Arbeitnehmerkündigung im Hinblick auf die Einschränkung der Rückforderungstatbestände („unwahre Angaben ...") nicht möglich. Mit der Novellierung des § 27 Abs 8 AlVG durch die Novelle BGBl I 2003/71 ist diese Einschränkung der Rückforderungsmöglichkeit gefallen (vgl allerdings dazu, dass weiter - wenngleich ohne nähere Begründung - vertreten wird, dass eine Rückforderung bei Vereitelung der Voraussetzungen des Altersteilzeitgeldes durch eine Arbeitnehmerkündigung nicht stattzufinden hat, Krapf/Keul Arbeitslosenversicherungsgesetz [Stand 2008] § 27 Rz 623 f). Ob vor dem Hintergrund der neuen Rechtslage die bisherige Rechtsprechung einer neuerlichen Überprüfung zu unterziehen ist, kann hier dahingestellt bleiben.

Insgesamt kann das System des Altersteilzeitgeldes so verstanden werden, dass durch den 50 %igen Lohnausgleich, der aus der Arbeitslosenversicherung finanziert wird, für die Arbeitnehmer ein Anreiz geschaffen werden sollte, einer Arbeitszeitreduktion zuzustimmen, weil die Entgeltreduktion durch den Lohnausgleich wesentlich geringer ist. Der 50 %ige Zuschlag für Guthaben an Normalarbeitszeit nach § 19e Abs 2 AZG wiederum unterstreicht die Intention des Gesetzgebers, einen Anreiz für den Arbeitgeber - primär im Zusammenhang mit der Flexibilisierung der Arbeitszeit - zu schaffen, den Zeitausgleich tatsächlich zu gewähren (Grillberger Arbeitszeitgesetz2, 161; Anzenberger aaO) und soll die erhöhte Möglichkeit der Flexibilisierung mit einer entsprechenden Gegenleistung verknüpfen (9 ObA 82/05g, Schindler DRdA 2006, 224). Dieser Anreiz zur tatsächlichen Gewährung kommt in Fällen des Blockzeitmodells im Rahmen von Altersteilzeitvereinbarungen jedenfalls nach Abschluss der Arbeitsphase im Wesentlichen eigentlich nur durch Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses bis zur Beendigung der Freizeitphase in Betracht. Insoweit ergibt sich also sowohl aus den Regelungen des § 27 AlVG als auch des § 19e AZG vor dem Hintergrund der Besonderheiten der Altersteilzeit, dass eine Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses bis zur Beendigung des „Durchrechnungszeitraums" gefördert werden soll. Der strukturelle Unterschied zu den sonst mit Zeitguthaben verbundenen Arbeitszeitmodellen liegt in der besonderen zusätzlichen Ausrichtung an den Interessen des Arbeitnehmers, und dass ein „Ausgleich" im laufenden Modell weder angestrebt noch gefördert ist.

Die Fälle der Arbeitgeberkündigung oder der einvernehmlichen Beendigung des Dienstverhältnisses sind nun dadurch gekennzeichnet, dass der Arbeitgeber an der Vereitelung des Verbrauchs des Zeitguthabens „mitwirkt". Eine besondere Schutzwürdigkeit des Arbeitgebers ist in diesem Zusammenhang daher nicht zu erkennen. Davon unterscheidet sich die Arbeitnehmerkündigung (ebenso wie der vom Gesetzgeber ausdrücklich geregelte Fall des unberechtigten vorzeitigen Austritts) dadurch, dass der Arbeitgeber die einseitige Beendigungserklärung des Arbeitnehmers hinnehmen muss und keinen Einfluss mehr auf den Verbrauch des Zeitguthabens nehmen kann. Dagegen kann sich der Arbeitgeber allerdings dadurch absichern, dass er - auch im Einklang mit dem Zweck des Altersteilzeitmodells - eine beidseitige Unkündbarkeit des Dienstverhältnisses, das im Regelfall jedenfalls mit dem Ende der Altersteilzeitbeschäftigung einvernehmlich endet, vereinbaren kann. Von dieser Möglichkeit hat der Arbeitgeber hier allerdings keinen Gebrauch gemacht, weil in Punkt 8 der Altersteilzeitvereinbarung ausdrücklich auf eine beidseitige Kündigungsmöglichkeit vor Ende des Arbeitsverhältnisses Bezug genommen wird.

Im Allgemeinen ist eine entsprechende Vereinbarung als Verweis auf die gesetzlichen Kündigungsmöglichkeiten für unbefristete Arbeitsverhältnisse zu verstehen. Dies ändert aber - selbst bei geänderten Möglichkeiten des Pensionsantritts - nichts an den von Heilegger/Schwarz (in Cerny/Heilegger/Klein/Schwarz, Arbeitszeitgesetz [2008] Erl 1 zu §§ 19e und 19f AZG [475 f]) im Hinblick auf die gemeinsame Verfolgung der wechselseitigen Interessen im Rahmen der Altersteilzeit hervorgehobenen Fürsorge- und Treuepflichten. Daraus ist abzuleiten, dass im Hinblick auf den eindeutig von den Vertragsparteien verfolgten Zweck der Erlangung von Altersteilzeitgeld nach § 27 AlVG auch auf die gesetzlichen Vorgaben in dieser Bestimmung Bedacht zu nehmen ist und der Arbeitnehmer vorweg mit dem Arbeitgeber zu versuchen hat, diesen Vorgaben weiter zu entsprechen. Dies ist dahin zu verstehen, dass eine Abänderung des Vertragsverhältnisses zu verhandeln ist, bei der das Kündigungsrecht so ausgeübt werden kann, dass die Vorgaben des § 27 AlVG erfüllt sind, also die bereits angefallenen Arbeitszeitguthaben verbraucht werden können, sodass insgesamt bezogen auf den sich dann ergebenden Durchrechnungszeitraum die Grenzen der Altersteilzeit eingehalten werden. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass nach Abschluss der Arbeitsphase dies regelmäßig nur durch Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses möglich ist und eine Kündigung des Arbeitnehmers davor als treuwidrig ausscheidet.

Für den vorliegenden Fall hat allerdings bereits das Berufungsgericht zutreffend ein treuwidriges Verhalten der Klägerin verneint, für die sich die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Inanspruchnahme der vorzeitigen Alterspension unvorhersehbar geändert hatten. Die Klägerin hat nämlich ihren Vorgesetzten im Hinblick auf die zunächst nicht voraussehbare Möglichkeit eines früheren Pensionsantritts auf eine Möglichkeit der Abänderung der Teilzeitvereinbarung angesprochen; die Versuche der Klägerin, jenen Personalverantwortlichen zu erreichen, an den sie ihr Vorgesetzter verwiesen hatte, schlugen jedoch fehl.

In Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht kann daher bei dieser Sachlage einem Verlust des Anspruchs auf den Zuschlag nach § 19e AZG nicht nahegetreten werden.

Da die Vorinstanzen zutreffenderweise den von der Klägerin begehrten Zuschlag als berechtigt angesehen haben, musste der Revision somit ein Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 50, 41 ZPO.