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OGH vom 05.08.2008, 8Ob2/08i

OGH vom 05.08.2008, 8Ob2/08i

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Spenling und Dr. Kuras und die Hofrätinnen Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der gefährdeten Parteien 1. mj. Ruben H*****, vertreten durch die Mutter Helga H***** und 2. Helga H*****, wider den Gegner der gefährdeten Parteien Mag. Friedrich H*****, vertreten durch Mag. Georg E. Thalhammer, Rechtsanwalt in Wien, infolge Rekurses des Gegners der gefährdeten Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom , AZ 48 R 273/07p, mit dem aus Anlass der Eingabe des Kindesvaters vom über diesen eine Ordnungsstrafe verhängt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Der Gegner der gefährdeten Parteien erhob gegen die gegen ihn erlassene einstweilige Verfügung nach § 382b EO einen Rekurs. Im Rekursverfahren brachte er auch einen Schriftsatz ein, in dem er ausfällige Äußerungen über die Erstrichterin und den Sachverständigen machte. So bezeichnete er ua den Sachverständigen als „willfähriges Charakterschwein" und das Verfahren als „ekelhaften Ausfluss einer persönlich motivierten Kinderfeindlichkeit der Erstrichterin".

Das Rekursgericht gab dem Rekurs nicht Folge und verhängte wegen dieser beleidigenden Ausfälle gemäß § 86 ZPO eine Ordnungsstrafe von 300 EUR. Diese Strafe sei erforderlich, „um einen zumindest den üblichen Kriterien sozialen Verhaltens sich annähernden Ton des Vaters zu erwirken".

Gegen die Verhängung der Ordnungsstrafe richtet sich der Rekurs des Gegners der gefährdeten Parteien mit dem Antrag, die verhängte Ordnungsstrafe als unberechtigt aufzuheben, in eventu diese auf ein „vertretbares Ausmaß zu reduzieren" oder „als uneinbringlich abzuschreiben."

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist jedenfalls zulässig, weil es weder auf die Höhe der Ordnungsstrafe noch auf das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO noch auf die Anrufbarkeit des Obersten Gerichtshofs im Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens, das Anlass für die Betrafung war, ankommt (vgl RIS-Justiz RS0036270, RS0119127; 9 Ob 136/06z).

Gemäß § 86 ZPO iVm mit §§ 402 Abs 4 und 78 EO (Konecny in Fasching/Konecny2 § 86 ZPO Rz 7) kann gegen eine Partei, welche die dem Gericht schuldige Achtung in einem Schriftsatz durch beleidigende Ausfälle verletzt oder etwa einen Sachverständigen beleidigt, eine Ordnungsstrafe verhängt werden. Zweck ist es, jede an das Gericht gerichtete Eingabe, deren Inhalt die dem Gericht schuldige Achtung oder den respektvollen Umgang mit den Verfahrensbeteiligten durch beleidigende Ausfälle verletzt, unter Sanktion zu stellen (Konecny aaO Rz 3). Sie dient der Wahrung einer sachlichen und unpersönlichen Ausdrucksweise und soll helfen, das Verfahren zu „entschärfen" (RIS-Justiz RS0036327, RS0036310). Durch die erörterte Bestimmung soll keineswegs eine in angemessener Form geäußerte sachliche Kritik verhindert, jedoch dazu beigetragen werden, in Eingaben eine sachliche Ausdrucksweise zu wahren und die Verletzung der dem Gericht gegenüber geschuldeten Achtung durch beleidigende Ausfälle zu verhindern (1 Nd 27/95 mwN).

Die aus dem zweitinstanzlichen Beschluss auszugsweise wörtlich wiedergegebenen Ausdrucksweisen des Rechtsmittelwerbers stellen keineswegs eine sachliche Kritik, sondern eindeutig unzulässige und nicht zu tolerierende Beleidigungen dar.

Der Rechtsmittelwerber versucht, sein Verhalten verharmlosend als entschuldbare Reaktion auf die Begründung der Entscheidung des Gerichts und die Beurteilung durch den Sachverständigen zu rechtfertigen, und insbesondere den Sachverständigen aufgrund „seiner charakterlichen Defizite ... legitim als Charakterschwein bezeichnet" zu haben; diese Bezeichnung sei „berechtigt und angemessen". Auch die übrigen Formulierungen werden nur mit haltlosen Rechtfertigungen verharmlost.

Der Rechtsmittelwerber, ein Akademiker, musste sich aber der beleidigenden Bedeutung seiner Äußerungen voll bewusst sein; dies hat mit einer sachlichen Kritik nichts zu tun. Die über die Grenzen sachlicher Kritik an gerichtlichen Entscheidungen und Sachverständigengutachten weit hinaus gehenden Äußerungen waren daher zulässigerweise mit der Verhängung einer Ordnungsstrafe zu ahnden.

Gegen die der Höhe nach ohnedies maßvolle Strafe wird im Rekurs nichts Konkretes vorgebracht, sondern nur auf die Belastung durch Unterhaltsleistungen verwiesen.

Insgesamt war daher dem Rekurs nicht Folge zu geben.