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OGH vom 18.12.2007, 14Os128/07s

OGH vom 18.12.2007, 14Os128/07s

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Philipp und Hon.-Prof. Dr. Schroll sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Aschaber als Schriftführerin in der Strafsache gegen Josef H***** wegen des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 und Abs 4 erster Fall StGB und einer anderen strafbaren Handlung, AZ 37 Hv 163/06i des Landesgerichtes Innsbruck, über die Beschwerden des Sachverständigen ao. Univ.-Prof. Dr. Martin S***** gegen die Gebührenbestimmungsbeschlüsse des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom , GZ 6 Bs 61/07g-22, 23, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Den Beschwerden wird Folge gegeben, die angefochtenen Beschlüsse, die im Übrigen unberührt bleiben, werden jeweils im das Mehrbegehren abweisenden Teil aufgehoben und dem Oberlandesgericht Innsbruck wird insoweit die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Text

Gründe:

Das Oberlandesgericht Innsbruck bestellte im zu AZ 6 Bs 61/07g geführten Berufungsverfahren ao. Univ.-Prof. Dr. Martin S***** zum Sachverständigen und beauftragte ihn mit der Erstellung eines gerichtsmedizinischen Gutachtens zum Alkoholisierungsgrad des Angeklagten zum Unfallszeitpunkt auch mit Blick auf die Frage einer gesteigerten Alkoholempfindlichkeit des Angeklagten nach einem Schädelbruch (ON 5).

Nach Erstellung des schriftlichen Gutachtens (ON 13) legte der genannte Sachverständige am eine Gebührennote über 540 EUR (ON 14). Er stützte seinen Anspruch auf die Autonomen Honorarrichtlinien der österreichischen Ärzteschaft und begründete dies damit, dass Alkoholgutachten keine dem Katalog des § 43 GebAG vergleichbare Leistungen seien.

Mit dem - hier zunächst angefochtenen - Beschluss vom (ON 23) bestimmte das Oberlandesgericht die Kosten für die beauftragte „Erstellung eines Alkoholisierungsgutachtens und eines Gutachtens zur Frage des Einflusses eines Schädelbruchs auf das Alkoholverhalten im Körper" mit 121,20 EUR und wies das Mehrbegehren von 418,80 EUR ab. Es begründete seine Entscheidung im Wesentlichen damit, dass „Alkoholgutachten" zwar im Katalog des § 43 GebAG nicht explizit erwähnt seien, doch komme § 49 Abs 1 GebAG zur Anwendung; dabei sei nach ständiger Judikatur des Oberlandesgerichtes Innsbruck ein Gutachten über die Beeinträchtigung einer Person durch Alkohol nach § 43 Abs 1 Z 1 lit b GebAG zu honorieren. Da fallbezogen „die beiden Gutachten in komplizierterer Form als die der ständigen Rechtsprechung zugrunde liegenden erstellt" worden seien, „nämlich aufgrund neuer Erkenntnisse bezüglich der Rückrechnung des Alkoholgehaltes in der Atemluft", sei die Arbeit des Sachverständigen hier nach § 43 Abs 1 Z 1 lit c GebAG zu honorieren. Für die Teilnahme an der Berufungsverhandlung am beanspruchte der Sachverständige mit Gebührennote vom 675 EUR (ON 17). Dabei legte er der Berechnung seines Anspruchs (mit gleicher Begründung wie oben) erneut die Autonomen Honorarrichtlinien der österreichischen Ärzteschaft zugrunde.

Mit dem - gleichfalls angefochtenen - Beschluss vom (ON 22) bestimmte das Oberlandesgericht Innsbruck die Gebühren des gerichtsmedizinischen Sachverständigen „für die Erläuterung der erstellten Gutachten und die Beantwortung weiterer Fragen in der Berufungsverhandlung am " mit 122,70 EUR und wies das Mehrbegehren in Höhe von 552,30 EUR ab. In der Begründung führt das Erstgericht aus, dass sich die oben genannte Gebührennote „nicht auf die Erstellung eines Alkoholgutachtens, sondern auf die diesbezügliche Erläuterung in der Berufungsverhandlung vom und die Beantwortung zusätzlich gestellter Fragen des Senates" beziehe. Diese hätten dahin gelautet, ob die Trinkverantwortung des Angeklagten mit dem festgestellten Alkoholisierungsgrad vereinbar sei, sowie, ob das Anflutungsphänomen ebenso wie der Umstand, dass der Bierkonsum unmittelbar vor dem Unfall stattgefunden habe, schon bei der Berechnung mitbewertet worden seien. Darum müsse sich der Gebührenanspruch des Sachverständigen auf § 35 Abs 2 GebAG stützen, welcher für Ergänzungen des Sachverständigen in Bezug auf das schriftlich erstattete Gutachten oder dessen Aufklärung bzw Erläuterung eine Gebühr für Mühewaltung vorsehe, welche in einem je nach aufgewendeter Zeit und Mühe entsprechend niedrigeren Verhältnis zu der Gebühr für die Grundleistung nach richterlichen Ermessen zu bestimmen sei. Fallbezogen erscheine die Hälfte der Grundgebühr angemessen. Generell komme bei der Bewertung von Alkoholisierungsgutachten § 49 Abs 1 GebAG zum Tragen. Da die beiden Gutachten „in komplizierter Form" (Berücksichtigung neuer Erkenntnisse bezüglich der Rückrechnung des Alkoholgehalts in der Atemluft) erstellt worden seien, sei die Arbeit des Sachverständigen nach § 43 Abs 1 Z 1 lit c GebAG zu honorieren gewesen. Für die beiden zusätzlich in der Berufungsverhandlung zu beantwortenden Fragen sei aufgrund der geringen Schwierigkeitsgrades der Gebührenanspruch gemäß § 43 Abs 1 Z 1 lit a GebAG festgesetzt worden.

In beiden bekämpften Beschlüssen vermeinte das Oberlandesgericht abschließend, dass die in der (zur Stellungnahme der Oberstaatsanwaltschaft erstatteten) Äußerung des Sachverständigen vom (ON 20) „zusätzlich geltend gemachten Gebühren" (für Aktenstudium, Hilfskräfte ua) keine Berücksichtigung hätten finden können, weil der Sachverständige gemäß § 38 GebAG den Anspruch auf seine Gebühr binnen 14 Tagen nach Abschluss seiner Tätigkeit hätte geltend machen müssen; dieser Zeitraum wäre aber bereits abgelaufen gewesen.

Den gegen beide Beschlüsse vom gerichteten Beschwerden des Sachverständigen ao. Univ.-Prof. Dr. Martin S***** kommt im Ergebnis Berechtigung zu.

Rechtliche Beurteilung

Das zunächst im Rahmen beider Beschwerden erhobene Vorbringen, dass die Erstellung von „Alkoholisierungsgutachten" oder die Klärung der Frage, ob das Vorliegen bestimmter Verletzungen „das Alkoholverhalten" beeinflusst, nicht solche Leistungen seien, welche den in § 43 GebAG angeführten Leistungen „ähnlich" im Sinn des § 49 GebAG sind, geht allerdings fehl.

Denn der Umstand, wonach - laut Vorbringen des Beschwerdeführers - bei „Alkoholisierungsgutachten" eine körperliche Untersuchung durch den Sachverständigen im Regelfall nicht erforderlich sei (wiewohl diese zwecks Erhebung allfälliger Besonderheiten aber dennoch ratsam wäre) und vielmehr bloß eine „anamnestische Befragung" durchgeführt werde, schließt eine - vom Gesetzgeber geradezu intendierte (Krammer/Schmidt SDG-GebAG3 § 49 GebAG Anm 2) - sinngemäße Anwendung des § 43 GebAG iSd § 49 GebAG nicht aus (RIS-Justiz RS0121920; siehe auch Krammer/Schmidt aaO § 43 E 1 und § 49 E 2 f).

Das Oberlandesgericht irrt allerdings, wenn es vermeint, dass die in der Äußerung des Sachverständigen vom (ON 20) „zusätzlich geltend gemachten Gebühren" deshalb keine Berücksichtigung hätten finden dürfen, weil der Sachverständige ao. Univ.-Prof. Dr. Martin S***** solcherart seinen Anspruch nicht binnen 14 Tagen nach Abschluss seiner Tätigkeit geltend gemacht habe. Denn nachträgliche Aufklärungen zu bereits bezeichneten Gebühren fallen nicht unter die Präklusivfrist des § 38 Abs 1 GebAG; demzufolge sind auch Verschiebungen der einzelnen Positionen der Gebührennote grundsätzlich zulässig (Krammer/Schmidt aaO § 38 E 46). Auch etwa im Fall, dass ein Sachverständiger seine Gebühren pauschal geltend macht, darf das Gericht nicht mit willkürlicher Aufteilung der begehrten Pauschalgebühr auf die einzelnen Gebührenbestandteile vorgehen, sondern muss vielmehr den Sachverständigen nach § 39 Abs 1 GebAG zu einer Aufgliederung auffordern (Krammer/Schmidt aaO § 39 E 33 ff).

Daher hätte das Oberlandesgericht fallbezogen bei Prüfung der Gebührenansprüche des Sachverständigen die in dessen Äußerung vom (ON 20) enthaltenen nachträglichen Aufschlüsselungen der Gebührennoten ON 14 und 17 zum Gegenstand seiner Entscheidung machen müssen.

Allerdings wird der Sachverständige hinsichtlich dieser nachträglichen (in ON 20 erfolgten) „Umstellung" der Gebührennoten vor der neuerlichen Beschlussfassung Aufklärungen zu geben haben. So sind insbesondere die in der Aufstellung „Gebührennote vom " (S 115 f) verzeichneten Positionen „Kostenersatz Material für körperliche Untersuchung, § 31 GebAG", „Archivierung, Verpackung, § 31 GebAG" und „Assistenz bei der körperlichen Untersuchung, § 30 GebAG" sowie in der Aufstellung „Gebührennote vom " (S 117) die Position „Beiziehung von Hilfskräften für Aushebung der Unterlagen, Archivierung, Telefonate etc, § 30 GebAG" noch näher aufklärungsbedüftig.