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VfGH vom 26.09.2000, b320/99

VfGH vom 26.09.2000, b320/99

Sammlungsnummer

15917

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Entscheidung der Landeskommission für Jagd- und Wildschäden über den Anspruch auf Ersatz von Wildschäden; keine kompetenzrechtlichen Bedenken gegen die Schadenersatzregelungen im Nö JagdG 1974; keine Bedenken gegen die Aufteilung der Amtskosten des Verfahrens; Verfassungskonformität der Zusammensetzung der Landeskommission; kein Verstoß gegen die gemäß EMRK geforderte Unparteilichkeit der Kommissionsmitglieder

Spruch

Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.a) Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes. Mit Bescheid der Bezirkskommission für Jagd- und Wildschäden für den Wirkungsbereich der Bezirksbauernkammer Hainfeld-Lilienfeld (im folgenden kurz: Bezirkskommission) wurde festgestellt, daß die von der Einschreiterin geltend gemachten Ansprüche auf Ersatz von Wildschäden, die durch Schwarzwild auf einem näher bezeichneten Grundstück verursacht wurden, dem Grunde nach zu Recht bestehen. Eine näher bezeichnete Jagdgesellschaft wurde als Jagdausübungsberechtigte (Pächter) des Genossenschaftsjagdgebietes, zu dem die betroffene Grundfläche gehört, verpflichtet, der Einschreiterin für diesen Wildschaden Schadenersatz in Höhe von 4140 öS zu bezahlen. Der darüber hinausgehende Antrag auf Zuspruch von Schadenersatz wurde abgewiesen. Zur Entrichtung der Gesamtkosten des Verfahrens in Höhe von 9.900 öS wurden mit einem Anteil von 1,908% die Jagdgesellschaft und mit einem Anteil von 98,092% die Geschädigte verpflichtet.

Rechtsgrundlagen dieses Bescheides sind die §§101, 106, 110, 116, 117 und 119 des NÖ Jagdgesetzes 1974, LGBl. 6500-0, in Verbindung mit den Abschnitten 10 und 11 der NÖ Jagdverordnung, LGBl. 6500/1-0, (jeweils in der geltenden Fassung).

Die Höhe der Schadenersatzansprüche, deren Geltendmachung schließlich zur Erlassung dieses Bescheides führte, war von der Geschädigten mit insgesamt 216.926,75 öS beziffert worden. Der in der Folge vom Schlichter vorgeschlagene Vergleichsversuch war mangels Zustimmung der Geschädigten erfolglos geblieben, weshalb über die Schadenersatzansprüche die zuvor erwähnte Bezirkskommission zu entscheiden hatte (s. dazu den unten zitierten § 110 Abs 4 NÖ JagdG 1974).

b) Mit Bescheid der Landeskommission für Jagd- und Wildschäden beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung (im folgenden kurz: Landeskommission) wurde der Berufung der Geschädigten gegen den Bescheid der Bezirkskommission teilweise stattgegeben und diese Erledigung dahin abgeändert, daß die Kosten des Verfahrens erster Instanz (unter Beibehaltung des oben angeführten Aufteilungsschlüssels) mit 8.599,40 öS (gerundet 8600 öS) festgesetzt wurden. Das darüber hinausgehende Berufungsbegehren wurde abgewiesen.

2. Gegen den Bescheid der Landeskommission wendet sich die vorliegende, auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde der Geschädigten, in der die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten sowie die Verletzung von Rechten durch Anwendung verfassungswidriger Gesetzesbestimmungen behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt. Weiters erstattete die jagdausübungsberechtigte Jagdgesellschaft in ihrer Eigenschaft als mitbeteiligte Partei eine Äußerung.

II. Die zur Beurteilung des vorliegenden Falles maßgebenden Bestimmungen des NÖ Jagdgesetzes 1974 lauten:

"§101

Haftung für Jagd- und Wildschäden

(1) Der Jagdausübungsberechtigte ist verpflichtet, in seinem Jagdgebiet den an Grund und Boden, an den land- und forstwirtschaftlichen Kulturen oder an deren noch nicht eingebrachten Erzeugnissen,


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a)
bei Ausübung der Jagd von ihm selbst, von seinen Jagdgästen, Jagdaufsehern und Treibern sowie durch die Jagdhunde dieser Personen verursachten Schaden (Jagdschaden),
b)
von den jagdbaren Tieren verursachten Schaden (Wildschaden), soferne dieser nicht auf Grundstücken eingetreten ist, auf denen die Jagd gemäß § 17 Abs 1 und 2 ruht,

nach den Vorschriften dieses Gesetzes zu ersetzen.

(2) - (3) ... "

"§106

Schadensermittlung

(1) Bei der Ermittlung von Jagd- und Wildschäden ist, wenn eine Vereinbarung zwischen dem Geschädigten und dem Jagdausübungsberechtigten nicht zustandekommt, der Schadensberechnung der ortsübliche Marktpreis der beschädigten oder vernichteten Erzeugnisse zugrunde zu legen.

(2) Schäden an noch nicht erntereifen Erzeugnissen sind in dem Umfang zu ersetzen, in dem sie sich zur Zeit der Ernte auswirken. Können die Schäden durch Wiederanbau oder durch Anbau einer anderen Frucht oder Inanspruchnahme von Förderungsmaßnahmen ausgeglichen oder vermindert werden, ist der Vermögensnachteil nach dem Mehraufwand und allfälligen Minderertrag zu bemessen.

(3) Erreicht jedoch der Jagd- oder Wildschaden ein solches Ausmaß, daß ohne Umbruch und ohne Anbau einer anderen Frucht ein entsprechender Ernteertrag nicht mehr zu erwarten ist, so hat der Jagdausübungsberechtigte die für den Anbau erforderliche Arbeit sowie das hiefür aufzuwendende Saatgut und den sich allfällig ergebenden Minderertrag des zweiten Anbaues zu ersetzen.

(4) - (5) ..."

"§107

Ersatz von Jagd- oder Wildschäden

(1) Jagd- oder Wildschäden sind vom Geschädigten binnen zwei Wochen, nachdem ihm der Schaden bekannt wurde, bei sonstigem Verlust des Anspruches beim Jagdausübungsberechtigten oder dessen Bevollmächtigten geltend zu machen. Kommt binnen zwei Wochen nach Geltendmachung ein Vergleich über den Schadenersatz nicht zustande, so ist über diesen nach den nachfolgenden Bestimmungen abzusprechen.

(2) ..."

"§110

Anmeldung des Schadens, Aufgaben des Schlichters

(1) Der Geschädigte hat innerhalb von zwei Wochen nach fruchtlosem Ablauf der für einen Vergleich gemäß § 107 Abs 1 festgesetzten Frist bei der örtlich zuständigen Bezirkshauptmannschaft seinen Anspruch auf Ersatz von Jagd- und Wildschäden anzumelden. In seinem Antrag hat er den Schaden ziffernmäßig zu bezeichnen. (...)

(2) Die Bezirkshauptmannschaft hat aus dem Kreis der von ihr bestellten Schlichter einen nach Schadensort und Schadensart Geeigneten zu bestimmen und ihm den Entschädigungsantrag unverzüglich zur Behandlung zuzuweisen. Der Schlichter hat (...) eine Besichtigung des behaupteten Schadens (Lokalaugenschein) (...) vorzunehmen und in der Folge einen schriftlichen Befund zu erstatten. Dieser Befund ist beiden Verfahrensparteien auszufolgen. Auf der Grundlage dieses Befundes hat der Schlichter einen Vergleichsversuch zu unternehmen, der auch die Höhe des von ihm angenommenen Schadens und der Kosten des Verfahrens zu umfassen hat.

(3) ...

(4) Der Schlichter hat über den Vergleichsversuch eine Niederschrift aufzunehmen. (...) Scheitert der Vergleichsversuch, so hat der Schlichter in der Niederschrift die hiefür maßgeblichen Gründe festzuhalten und die Angaben des Geschädigten über seine nunmehr ziffernmäßig zu bestimmende Schadensforderung und die Angaben des Jagdausübungsberechtigten über die von ihm anerkannte Schadenshöhe aufzunehmen. Die Niederschrift ist vom Schlichter mit seinem Befund der Bezirkshauptmannschaft zu übermitteln. Über den Anspruch auf Ersatz von Jagd- und Wildschäden hat sodann die nach dem Schadensort zuständige Bezirkskommission zu entscheiden."

"§117

Aufteilung der Kosten des Verfahrens

(1) Kosten, die einer Partei aus ihrer eigenen Teilnahme sowie aus jener eines Vertreters, allenfalls eines Rechtsbeistandes, erwachsen, hat die Partei selbst zu tragen (Parteienkosten).

(2) Hinsichtlich der Tragung aller übrigen Kosten, die aus dem Verfahren über Schadenersatzansprüche vor der Bezirkskommission, der Landeskommission und vor dem Schlichter erwachsen (Amtskosten), gelten folgende Bestimmungen:


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a)
Der zur Leistung eines Schadenersatzes verpflichtete Jagdausübungsberechtigte hat vorbehaltlich der Bestimmungen der litb und c diese Kosten zu tragen.
b)
...
c)
(...) Wenn der Geschädigte mit seinem Ersatzanspruch teils obsiegt, teils unterliegt, sind die Kosten zwischen Geschädigtem und Jagdausübungsberechtigtem in jenem Verhältnis zu teilen, das sich jeweils gemäß § 110 Abs 4 aus der vom Geschädigten begehrten Schadenssumme und der vom Jagdausübungsberechtigten anerkannten Schadenssumme zur Höhe der Schadensfeststellung der Bezirkskommission ergibt.
(...)"

Die näheren Regelungen über die Berechnung der Amtskosten enthält § 35 iVm §§37 bis 41 der NÖ Jagdverordnung.

Hinsichtlich der Zusammensetzung der Landeskommission für Jagd- und Wildschäden normiert § 120a Abs 1 NÖ JagdG 1974, daß ihr unter anderem "zwei auf dem Gebiet der Land- und Forstwirtschaft sachkundige Personen, nach Anhörung der Landes-Landwirtschaftskammer" (litd) und "zwei auf dem Gebiet des Jagdwesens sachkundige Personen, nach Anhörung des Landesjagdverbandes" (lite) angehören. Gemäß § 120a Abs 2 leg. cit. sind die Mitglieder der Landeskommission in Ausübung ihres Amtes an keine Weisungen gebunden.

III. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Gemäß § 120 Abs 2 NÖ JagdG 1974 entscheidet über Berufungen gegen Bescheide der Bezirkskommission für Jagd- und Wildschäden die Landeskommission für Jagd- und Wildschäden. Gegen Bescheide der Landeskommission für Jagd- und Wildschäden ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig (s. § 120a Abs 5 NÖ JagdG 1974). Der Instanzenzug ist daher erschöpft. Auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen sind gegeben.

Die Beschwerde ist zulässig.

2.a) Die Beschwerdeführerin erhebt zunächst den Vorwurf, die Wildschadenersatzregelung des § 101 NÖ JagdG 1974 bzw. die übrigen einschlägigen Normen seien verfassungswidrig, weil sie gegen Art 15 Abs 9 B-VG verstießen, demzufolge die Länder im Bereich ihrer Gesetzgebung befugt sind, die zur Regelung des Gegenstandes erforderlichen Bestimmungen auch auf dem Gebiet des Straf- und Zivilrechtes zu treffen. Das Bedenken wird damit begründet, daß das NÖ JagdG 1974 aufgrund der betreffenden Regelungen einen Geldersatz vorsehe und damit Naturalrestitution ausschließe. Eine solche Abweichung von den im ABGB (§1323) festgelegten Prinzipien sei nicht erforderlich iS des Art 15 Abs 9 B-VG.

Diesem Vorwurf ist die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes entgegenzuhalten, daß es an sich sachlich begründet ist, aufgrund der gegebenen Besonderheiten das Schadenersatzrecht für Wildschäden einer speziellen, von den Schadenersatzbestimmungen des ABGB allenfalls abweichenden Regelung zu unterziehen und der Landesgesetzgeber als Jagdgesetzgeber dazu nach Art 15 Abs 9 B-VG zuständig ist (s. VfSlg. 8849/1980; vgl. auch VfSlg. 8989/1980).

b) Weiters führt die Beschwerdeführerin ins Treffen, daß bei der Entschädigung auf den ortsüblichen Marktpreis für die Bodensanierung durch einen befugten Gewerbetreibenden abzustellen sei. Das sei jedoch im angefochtenen Bescheid nicht geschehen, weshalb entweder diesem eine denkunmögliche Gesetzesanwendung zugrunde liege oder das Gesetz wegen Unsachlichkeit verfassungswidrig sei.

Die Grundsätze der Schadensermittlung normiert § 106 NÖ JagdG 1974. Den dem Verfassungsgerichtshof vorliegenden Verwaltungsakten ist zu entnehmen, daß der Amtssachverständige eine Kostenaufstellung für eine Dauerwiesensanierung eingeholt hat und diese Kostenaufstellung seinem Gutachten zugrunde gelegt hat. Die Behauptung, die Behörde sei willkürlich vorgegangen, indem sie nur von fiktiven Preisen ausgegangen sei, trifft daher nicht zu. Damit geht auch der subsidiär erhobene Vorwurf der allfälligen Verfassungswidrigkeit einer - von der Beschwerde nicht näher präzisierten - Gesetzesvorschrift, welche (bei Annahme der Gesetzeskonformität des Bescheides) behauptetermaßen den Schadenersatzanspruch schmälere, ins Leere.

c) Dem Vorwurf, § 117 NÖ JagdG 1974 sei verfassungswidrig, weil diese Bestimmung - unabhängig vom Obsiegen oder Unterliegen - keinen Ersatz der Kosten rechtsfreundlicher Vertretung im Verfahren vorsehe und weil weiters die normierte Aufteilung der Amtskosten aus näher dargelegten Gründen die Durchsetzung berechtigter Jagdschäden erschwere sowie die Beschwerdeführerin mit den Kosten eines erfolgreichen Rechtsmittels und (in Zusammenhang mit dem Einschreiten des Schlichters) mit den Kosten eines "notorisch untauglichen Verfahrensschrittes" belaste, ist folgendes entgegenzuhalten:

Was die Frage des Ersatzes der Kosten rechtsfreundlicher Vertretung betrifft (s. § 117 Abs 1 NÖ JagdG 1974), gesteht die Beschwerdeführerin selbst zu, daß sie im konkreten Wildschadensverfahren durch keinen Anwalt vertreten war. Die betreffende Norm ist daher nicht präjudiziell. Daran vermag auch der Hinweis der Beschwerdeführerin nichts zu ändern, daß sie die bestehende Regelung davon abgehalten habe, einen Anwalt beizuziehen.

Die Bedenken gegen die Gestaltung der Aufteilung der Amtskosten (§117 Abs 2 NÖ JagdG 1974) vermag der Verfassungsgerichtshof nicht zu teilen. Er verkennt zwar nicht, daß die Beschwerdeführerin etwa 98% der Kosten des Verfahrens zu tragen hat und somit dem zugesprochenen Schadenersatz von 4140 öS eine Kostenersatzverpflichtung von insgesamt (erstinstanzliches Verfahren und Berufungsverfahren) etwa 9000 öS gegenübersteht. Die Beschwerdeführerin ist jedoch darauf hinzuweisen, daß - wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend ausführt - (auch) der Geschädigte die Höhe der von ihm zu tragenden Kosten beeinflussen kann, indem er Schadenersatzforderungen in möglichst realistischer Höhe stellt (arg.: "... aus der vom Geschädigten begehrten Schadenssumme ..." in § 117 Abs 2 litc NÖ JagdG 1974). Da die Beschwerdeführerin ihre Schadenersatzansprüche mit insgesamt knapp 217.000 öS quantifiziert hatte (s. oben, Pkt. I.1.a), muß sie die Auferlegung eines entsprechend hohen Anteils der Amtskosten gegen sich gelten lassen. Die - im konkreten Fall zweifellos gegebene - einseitige Belastung der Beschwerdeführerin mit den Verfahrenskosten ergibt sich also nicht aus der erwähnten Norm als solcher, sondern aus dem extremen Mißverhältnis zwischen begehrter und aufgrund des Ergebnisses des Sachverständigengutachtens zugesprochener Schadenssumme. Der Gesetzgeber ist in Zusammenhang mit der Regelung des Kostenersatzes bei einer (verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässigen (s. z.B. VfSlg. 13.659/1993, S 807)) Durchschnittsbetrachtung nicht verhalten, auf Fälle einer solch krassen Fehleinschätzung der Höhe des vermeintlich gebührenden Schadenersatzes Bedacht zu nehmen.

Daß die Einschaltung des Schlichters (§110 NÖ JagdG 1974) ein notorisch untauglicher Verfahrensschritt sei, wird von der Beschwerdeführerin nicht näher belegt. Der Verfassungsgerichtshof sieht daher keinen Anlaß, die von der belangten Behörde in der Gegenschrift getroffene Feststellung in Zweifel zu ziehen, daß "die überwiegende Anzahl der Wildschadenverfahren spätestens anlässlich der Schadenschätzung des Schlichters durch einen Vergleich beendet" werde.

d) Zum Vorwurf, daß die im § 120a NÖ JagdG 1974 vorgesehene Mitwirkung zweier Jagdvertreter in der Landeskommission gegen Art 6 EMRK verstoße und die Bedenken, daß durch die vermutete Mitwirkung von Jagdkarteninhabern und Jagdausübenden im Verfahren eine weitere Verletzung des Art 6 EMRK stattgefunden hätte, stellt der Verfassungsgerichtshof folgendes fest:

Es steht außer Zweifel, daß die zur Entscheidung über Jagd- und Wildschäden berufene Oberkommission als Tribunal im Sinne des Art 6 EMRK eingerichtet ist. Im Erkenntnis VfSlg. 14.213/1995 hat der Verfassungsgerichtshof hinsichtlich der Verfassungskonformität der Zusammensetzung der Landeskommission für Jagd- und Wildschäden beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung ausgeführt, daß die Zugehörigkeit von Beamten und von Sachverständigen (auch wenn sie von einer beruflichen Interessenvertretung nominiert werden) grundsätzlich der Tribunalqualität der Behörde nicht schadet. Der Verfassungsgerichtshof bleibt bei seiner Rechtsprechung, wonach die geforderte Unabhängigkeit und Unparteilichkeit eines Tribunals im Sinne des Art 6 EMRK nur dann fehlt, wenn bestimmte Tatsachen objektiv Anlaß dafür geben, diese Unparteilichkeit in Zweifel zu ziehen (vgl. aus der letzten Zeit ). § 120a Abs 1 NÖ JagdG 1974 sieht vor, daß sachkundige Personen - und zwar sowohl nach Anhörung der Landes-Landwirtschaftskammer einerseits als auch des Landesjagdverbandes andererseits bestellte Mitglieder - bei der Entscheidungsfindung im Tribunal beteiligt sind. Eine Verfassungswidrigkeit dieser Norm besteht somit nicht.

Ein Verstoß gegen die geforderte Unparteilichkeit könnte daher, wie der Gerichtshof im Erkenntnis VfSlg. 12.470/1990 (S 161) hinsichtlich einer im gegebenen Zusammenhang vergleichbaren Kommission mit näherer Begründung ausgesprochen hat, nur im Einzelfall in besonderen Umständen liegen, die sich aus einer dienstlichen oder organisatorischen Abhängigkeit der bestellten Kommissionsmitglieder ergeben. Dies vermag der Verfassungsgerichtshof im vorliegenden Fall nicht zu erkennen. Er kann den vorgebrachten Bedenken gegen die Mitwirkung bestimmter Personen und dem Vorwurf ihrer mangelnden Unparteilichkeit nicht folgen.

3. Die behaupteten Verletzungen verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte haben somit nicht stattgefunden.

Das Verfahren hat nicht ergeben, daß die Beschwerdeführerin in von ihr nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt wurde. Die Beschwerde war daher abzuweisen.

IV. Diese Entscheidung konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.