VfGH vom 13.06.1981, B319/77
Sammlungsnummer
9119
Leitsatz
Werbungskostenverordnung 1975; keine Bedenken gegen § 1 Abs 1 Z 5 im Hinblick auf das Gleichheitsgebot; Nichtanwendung gegenüber einem Rechtsanwaltsanwärter - keine Willkür
Spruch
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I.1. Der Beschwerdeführer war seit Rechtsanwaltsanwärter. Mit Antrag vom begehrte er die Zuerkennung eines zusätzlichen Werbungskostenpauschales von 10% seiner steuerpflichtigen Bruttobezüge ab und die entsprechende Eintragung gemäß § 1 Abs 1 Z 5 der Verordnung BGBl. 698/1974 (im Hinblick auf den zeitlichen Anwendungsbereich richtig: Verordnung des Bundesministers für Finanzen vom , BGBl. 597, über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen - im folgenden kurz: WerbungskostenV) auf seiner Lohnsteuerkarte vorzunehmen. Als Begründung führte er an, daß die Berufsgruppe der Rechtsanwaltsanwärter der Berufsgruppe der Richteramtsanwärter, der dieses Pauschale zuerkannt worden sei, völlig gleichgehalten werden müsse.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, NÖ und Bgld. vom wurde dieser Antrag abgewiesen. Der ablehnende Bescheid wurde im wesentlichen damit begründet, daß die pauschalen Werbungskosten nur bei jenen Steuerpflichtigen berücksichtigt werden könnten, die in der WerbungskostenV ausdrücklich aufgezählt seien; für ähnliche Berufsgruppen bestehe nur die Möglichkeit, die tatsächlichen Werbungskosten nachzuweisen bzw. glaubhaft zu machen (Hinweis auf Erk. des ).
2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende, auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides, allenfalls die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt wird.
II. Der VfGH hat erwogen:
1. a) Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 8823/1980) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt, oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.
b) § 17 Abs 4 des Einkommensteuergesetzes 1972 ermächtigt den Bundesminister für Finanzen, in Fällen, in denen die genaue Ermittlung von Werbungskosten mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten verbunden ist, neben dem Werbungskostenpauschbetrag gemäß § 16 Abs 3 Durchschnittssätze für Werbungskosten im Verordnungswege für bestimmte Gruppen von Steuerpflichtigen nach den jeweiligen Erfahrungen der Praxis festzulegen.
Gestützt auf diese Gesetzesstelle erließ der Bundesminister für Finanzen die WerbungskostenV 1975, deren § 1 Abs 1 auszugsweise wie folgt lautet:
"§1 (1) Für nachstehend genannte Gruppen von Steuerpflichtigen werden nach den jeweiligen Erfahrungen der Praxis neben dem Werbungskostenpauschbetrag nach § 62 Abs 1 des Einkommensteuergesetzes 1972 folgende Durchschnittssätze für Werbungskosten auf die Dauer des aufrechten Dienstverhältnisses festgelegt:
1. ...
...
5. Richter, Richteramtsanwärter und staatsanwaltschaftliche Beamte:
10 v.H. der laufenden Bezüge, höchstens 3000 S monatlich (36.000 S jährlich);
6. ...
..."
c) Der Beschwerdeführer macht geltend, daß die Berufsgruppe der Rechtsanwaltsanwärter jener der Richteramtsanwärter "weitgehend gleichzusetzen" sei. In der WerbungskostenV sei dennoch ausdrücklich nur die Berufsgruppe der Richteramtsanwärter, nicht aber auch jene der Rechtsanwaltsanwärter erwähnt. Die belangte Behörde hätte die WerbungskostenV verfassungskonform auslegen und annehmen müssen, daß die Pauschalierungsbestimmung analog auch für Rechtsanwaltsanwärter gelte. Sollte aber eine solche verfassungskonforme Auslegung nicht möglich sein, sei die Verordnung wegen Verstoßes gegen das Gleichheitsgebot verfassungswidrig.
d) Diese Ansicht ist unzutreffend. Auch wenn die WerbungskostenV den von der belangten Behörde angenommenen Inhalt hat, daß nämlich wohl Richteramtsanwärter, nicht aber auch Rechtsanwaltsanwärter von ihr erfaßt werden, hat der VfGH unter dem Gesichtspunkt des vorliegenden Beschwerdefalles gegen die Verordnung keine verfassungsrechtlichen Bedenken, insbesondere nicht, daß sie das Gleichheitsgebot verletze.
Wie der VfGH - mit Bezugnahme auf die Vorjudikatur - im Erk. VfSlg. 7467/1974 (S 508) dargetan hat, verstoße eine Pauschalierung von Werbungskosten durch den Gesetzgeber an sich nicht gegen das Gleichheitsgebot. Wenn der Gesetzgeber für bestimmte Arten von Werbungskosten Pauschalbeträge vorsieht, die ohne besonderen Nachweis der tatsächlich getätigten Aufwendungen absetzbar sind, so diene dies der Vermeidung eines unwirtschaftlichen Verwaltungsaufwandes und findet darin eine sachliche Rechtfertigung. Es könne dem Gesetzgeber auch nicht entgegengetreten werden, wenn er die Pauschalierung auf einen bestimmten, von ihm leicht überblickbaren Personenkreis beschränkt habe. Der von der Pauschalierung nicht erfaßte Steuerpflichtige könne seine effektiven Werbungskosten nachweisen und damit zum Abzug bringen.
Der VfGH sieht sich durch die Beschwerdeausführungen nicht veranlaßt, von dieser Judikatur abzugehen. Sie ist auch auf die Pauschalierung von Werbungskosten durch Verordnung übertragbar.
e) Anhaltspunkte dafür, daß die belangte Behörde willkürlich vorgegangen wäre, hat das Verfahren nicht ergeben. Der Beschwerdeführer selbst bringt Derartiges nicht vor.
Insbesondere hat die Behörde das Gesetz nicht in einer derart unrichtigen Weise ausgelegt, daß dies auf Willkür schließen ließe; sie ist jedenfalls denkmöglich vorgegangen, wenn sie die vom Beschwerdeführer begehrte analoge Anwendung des § 1 Abs 1 Z 5 WerbungskostenV auch für Rechtsanwaltsanwärter nicht vorgenommen hat:
Die belangte Behörde kann sich auf die langjährige Judikatur des VwGH berufen, wonach in Verordnungen, die der WerbungskostenV 1975 geglichen haben, der Kreis der hievon erfaßten Steuerpflichtigen erschöpfend aufgezählt sei (vgl. ; Z 1956/76; Z 1840/76; Z 1020/77).
f) Der Beschwerdeführer ist sohin offenkundig nicht im Gleichheitsrecht verletzt worden.
2. Das Verfahren hat nicht ergeben, daß der Beschwerdeführer in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Rechtsnorm in einem Recht verletzt wurde.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.