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OGH vom 30.09.2009, 9ObA16/09g

OGH vom 30.09.2009, 9ObA16/09g

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Zeitler und Mag. Michael Zawodsky als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei M***** M*****, vertreten durch MMag. Maria Größ, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei D***** W*****, vertreten durch Dr. Friedrich Fuchs, Rechtsanwalt in Wien, wegen 1.323,22 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Ra 113/08a-12, mit dem das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom , GZ 1 Cga 150/07w-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 334,66 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 55,78 EUR Umsatzsteuer) zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist seit Hausbesorgerin einer Liegenschaft in Wien. Der Hausbesorgerdienstvertrag wurde mit den damaligen Hauseigentümern, einem Ehepaar, geschlossen. Für die Dauer des Dienstverhältnisses wurde ihr eine Wohnung im Haus zugeteilt.

Mit Schenkungsvertrag vom schenkten die Eigentümer der Liegenschaft ihre daran bestehenden Hälfteanteile ihrer Tochter, der Beklagten; sie behielten sich aber das Fruchtgenussrecht an der Liegenschaft vor. Das Eigentum der Beklagten an der Liegenschaft und das daran bestehende Fruchtgenussrecht der vormaligen Eigentümer wurden gleichzeitig bücherlich einverleibt.

Die Klägerin begehrte in erster Instanz von der Beklagten letztlich 1.323,22 EUR sA. Die Beklagte habe während des gesamten Dienstverhältnisses die Sozialversicherungsbeiträge nicht vom Lohn der Klägerin abgezogen. Dadurch sei eine konkludente Vertragsänderung eingetreten, sodass die Klägerin einen Rechtsanspruch auf das Unterbleiben dieses Abzugs habe. Ab Jänner 2007 habe die Beklagte jedoch den Dienstnehmerbeitrag einseitig einbehalten.

Die Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen. Sie sei nicht passiv klagelegitimiert. Zwar sei sie grundbücherliche Eigentümerin der Liegenschaft; passiv klagslegitimiert seien aber die beiden Furchtgenussberechtigten, die auch Vertragspartner des Hausbesorgerdienstverhältnisses gewesen seien. Im Übrigen habe die Klägerin in einer Vereinbarung vom ausdrücklich anerkannt, dass das Hausbesorgerentgelt in der gesetzlichen Höhe laut Dienstvertrag gezahlt wird.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der Fruchtnießer habe das ausschließliche Recht auf Ausübung der Nutzungs- und Verwaltungsbefugnisse, das den Eigentümer von der Verwaltung zur Gänze ausschließe. Die ordentliche Verwaltung der Liegenschaft - und daher auch der Abschluss eines Hausbesorgerdienstvertrags - obliege daher dem Fruchtnießer. Passiv klagslegitimiert seien hier daher nur die Fruchtnießer, nicht aber die Beklagte.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei.

Es billigte die Rechtsauffassung, dass dem Fruchtnießer alle Nutzungs- und Verwaltungsbefugnisse über die Liegenschaft zustehen und der Eigentümer der belasteten Liegenschaft kein Recht auf die Benutzung und Verwaltung habe. Dass im zu beurteilenden Fall nicht die Fruchtnießer, sondern die Beklagte - allein oder zusammen mit den Fruchtnießern - die Liegenschaft verwaltet habe, habe die Klägerin in erster Instanz nicht behauptet. Ihr nunmehr dazu erstattetes Vorbringen verstoße gegen das Neuerungsverbot. Für die Arbeitgebereigenschaft spiele der Grad der Verfügungsmacht über die Liegenschaft eine wesentliche Rolle. Der intabulierte Fruchtnießer einer Liegenschaft, auf den auch alle Bestandverhältnisse übergingen, übernehme daher auch das Hausbesorgerdienstverhältnis.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil zur hier zu lösenden Rechtsfrage Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehle.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin.

Die Beklagte beantragt, die Revision nicht zuzulassen, hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht angeführten Grund zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.

I. Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts ist zutreffend. Es reicht daher aus, auf die Richtigkeit der ausführlichen Begründung der zweiten Instanz zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO). Ergänzend ist der Revisionswerberin wie folgt entgegenzutreten:

II. Zu Recht hat das Berufungsgericht auch darauf verwiesen, dass das Arbeitsverhältnis eines Hausbesorgers, dem eine Dienstwohnung zugewiesen wurde, sowohl bestandrechtliche als auch arbeitsrechtliche Elemente enthält. Es ist gemäß § 18 Abs 6 HBG nur aus erheblichen Gründen kündbar; auf die gerichtlich einzubringende Kündigung sind die §§ 562 bis 564 und 567 bis 575 ZPO über das Verfahren bei Streitigkeiten aus Bestandverträgen sinngemäß anzuwenden (§ 22 HBG; 9 ObA 139/93). Arbeitsrechtlich stehen bei einem Hausbesorgerarbeitsverhältnis die Verpflichtungen des Hausbesorgers hinsichtlich der betreuten Liegenschaft im Vordergrund, sodass für die Arbeitgebereigenschaft der Grad der Verfügungsmacht über die Liegenschaft eine wesentliche Rolle spielt. Der Hausbesitz wird als eine Art Unternehmen angesehen und daraus geschlossen, dass das Arbeitsverhältnis mit dem Hausbesorger auf den Erwerber des Hauses übergehe (9 ObA 139/93). Daraus hat das Berufungsgericht zu Recht geschlossen, dass auch der intabulierte Fruchtnießer einer Liegenschaft das Hausbesorgerdienstverhältnis übernimmt, der ja auch in bestehende Bestandverhältnisse eintritt (§ 2 Abs 1 MRG,§ 1120 ABGB;Iro in KBB² § 1120 Rz 3, 5).

II. Richtig ist, dass Arbeitgeber eines Hausbesorgers im Sinne des HBG grundsätzlich nur der Eigentümer eines Hauses ist (8 ObA 40/05y; 9 ObA 139/93 uva). Dies schließt aber - wie die Revisionswerberin selbst erkennt - die analoge Anwendung der Bestimmung des HBG in Fällen, in denen eine andere Person als der Hauseigentümer Vertragspartner des Hausbesorgers ist, nicht aus. Auch ein Arbeitsverhältnis zu dem, der die Rolle des Hauseigentümers einnimmt - wie etwa zum Gesamtmieter eines Hauses, der sich „in der vollständigen Herrschaft über den Bestandgegenstand wie der Eigentümer befindet" -, unterliegt den Vorschriften des HBG (9 ObA 139/93). Nichts anderes kann daher im hier zu beurteilenden Fall des Fruchtnießers gelten, der als Rechtsbesitzer der zu betreuenden Liegenschaft alle Nutzungs- und Verwaltungsbefugnisse und auch das Recht zur Vermietung und Verpachtung der auf der Liegenschaft befindlichen Bestandobjekte hat (RIS-Justiz RS0011877).

IV. Dass im hier zu beurteilenden Fall die beiden Fruchtgenussberechtigten trotz ihrer die Verwaltungsbefugnis des Eigentümers ausschließenden umfassenden Nutzungs- und Verwaltungsbefugnisse die Liegenschaft nicht (bzw nicht allein) verwaltet haben, hat die Klägerin in erster Instanz nicht behauptet. Auf das dazu im Rechtsmittelverfahren erstattete (im Übrigen wenig konkrete) Vorbringen ist das Berufungsgericht zu Recht wegen des im Berufungsverfahren geltenden Neuerungsverbots nicht eingegangen. Dass im Wortlaut der von der Klägerin mit der Hausverwaltung geschlossenen Vereinbarung vom im Zusammenhang mit der „Hausinhabung" nicht nur von den Fruchtnießern, sondern auch von der Beklagten die Rede ist, ist zwanglos auch als Hinweis auf die Stellung der Beklagten als bücherliche Eigentümerin interpretierbar und kann Vorbringen und Feststellungen darüber, dass die Fruchtnießer von ihren umfassenden Befugnissen nicht (bzw nicht allein) Gebrauch gemacht haben, nicht ersetzen.

V. Für die Annahme eines Betriebsübergangs iSd § 3 AVRAG fehlt jede Grundlage. Der Hausbesorgerdienstvertrag wurde mit der Klägerin von den damaligen Eigentümern abgeschlossen, die sich anlässlich der Übertragung ihres Eigentumsrechts auf ihre Tochter das Fruchtgenussrecht an der Liegenschaft vorbehalten haben, sodass - mangels Nachweises, dass sie von ihrem damit weiterbestehenden Verwaltungs- und Nutzungsrecht nicht Gebrauch gemacht haben - davon auszugehen ist, dass keine Änderung in der Verwaltung der Liegenschaft eingetreten ist.

VI. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.