OGH vom 30.09.2005, 9ObA132/05k
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Zeitler und Dr. Herbert Stegmüller als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden (gefährdeten) Partei B***** GmbH, *****, vertreten durch Sattlegger - Dorninger - Steiner & Partner, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei (Gegner der gefährdeten Partei) Markus S*****, Finanzdienstvermittler, *****, vertreten durch Dr. Johannes Hintermayr ua, Rechtsanwälte in Linz, wegen EUR 17.500 sA und Unterlassung (hier: wegen einstweiliger Verfügung), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden (gefährdeten) Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 12 Ra 67/05t-14, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs der klagenden (gefährdeten) Partei wird gemäß §§ 402 Abs 4, 78 EO iVm § 526 Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).
Der Antrag auf Zuspruch von Kosten der Revisionsrekursbeantwortung wird gemäß §§ 402 Abs 4, 78 EO, § 508a Abs 2 zweiter Satz iVm § 521a Abs 2 ZPO abgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Die Rechtsauffassung der Vorinstanzen, dass § 25 HVertrG auch für den arbeitnehmerähnlichen Versicherungsvertreter gilt, entspricht der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (SZ 2002/122; 9 Ob 81/02f). Gründe, von dieser Rechtsprechung abzugehen, zeigt die Revisionswerberin nicht auf.
Die in 4 Ob 242/02w umfassend dargestellte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage, unter welchen Voraussetzungen die sogenannte „Kündigungshilfe" als sittenwidrig zu qualifizieren ist, hat die zweite Instanz ohnedies beachtet. Ob nach den dieser Entscheidung zu entnehmenden Grundsätzen das von der Klägerin bescheinigte Verhalten des Beklagten als sittenwidrig zu qualifizieren ist, ist eine Frage des Einzelfalls, der keine grundsätzliche Bedeutung zukommt. Von einer unvertretbaren Fehlbeurteilung der zweiten Instanz, die dessen ungeachtet die Zulässigkeit des Revisionsrekurses rechtfertigen könnte, kann keine Rede sein. Die Klägerin hat nur einen einzigen Fall von „Kündigungshilfe" bescheinigt, dessen Darstellung im Revisionsrekurs überdies im als bescheinigt angenommenen Sachverhalt nicht gedeckt ist. Zwar ist richtig, dass von einem „vorbereiteten Kündigungsschreiben" die Rede ist; dass sich der Beklagte - wie im Revisionsrekurs unterstellt wird - „vorgedruckter oder sonst auf mechanischem Weg vervielfältigter Kündigungsschreiben" bedient habe, ist den Feststellungen hingegen nicht zu entnehmen. Zudem wurde als bescheinigt angenommen, dass der Kunde die in Rede stehende Vertragsänderung aus finanziellen Gründen durchführte, und zwar deshalb, weil er seinen Dachboden kostenintensiv ausbaut und daher eine kurze Anlegezeit und eine reduzierte monatliche Prämie wollte. Es ist daher jedenfalls nicht unvertretbar, dass die zweite Instanz auf dieser Grundlage das Vorliegen einer nicht dem Leistungswettbewerb zuzuordnenden Kündigungshilfe, die geeignet wäre, in Wahrheit nicht davon überzeugte Personen zur Kündigung oder zu Änderungen von Verträgen zu bewegen (4 Ob 242/02w), verneint hat.
Nach Ansicht der Revisionsrekurswerberin hätte dessen ungeachtet dem Beklagten verboten werden müssen, Kunden der Klägerin zur Kündigung, Herabsetzung oder Änderung eines bestehenden Vertrags anzuleiten; schließlich werde dadurch nicht in seine Erwerbsmöglichkeit eingegriffen, weil es den Kunden freistehe, mehrere Verträge parallel zu halten. Diese Auffassung erweist sich aber angesichts des schon hervorgehobenen Umstands, dass der einzig bescheinigte Fall der Kündigungshilfe einen Kunden betrifft, der seinen Vertrag deshalb kündigte, weil er aus finanziellen Gründen einen Vertrag mit kürzerer Laufzeit und geringeren Prämien anstrebte, von vornherein als haltlos.