OGH vom 08.08.2013, 12Os79/13d
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Bandarra als Schriftführer in der Strafsache gegen Jan D***** und eine Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren und gewerbsmäßigen durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und Z 2, 130 erster und vierter Fall, 15 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Jan D***** und Anna K***** gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom , GZ 42 Hv 22/13y 53, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerden beider Angeklagter und die Berufung des Angeklagten Jan D***** wegen des Ausspruchs über die Schuld werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen (wegen des Ausspruchs über die Strafe) werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden Jan D***** des Verbrechens des schweren, gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 und 2, 130 erster und vierter Fall, 15 Abs 1 StGB (I./A./), des Vergehens der Datenbeschädigung nach § 126a Abs 1 StGB (I./B./), mehrerer Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (I./C./) und mehrerer Vergehen der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 3 StGB (I./D./) sowie Anna K***** des Vergehens des gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 129 Z 1 und 2, 130 erster und vierter Fall, 15 Abs 1 StGB und mehrerer Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB, jeweils als Beteiligte nach § 12 dritter Fall StGB (II./) schuldig erkannt.
Nach dem Schuldspruch haben
I./ Jan D*****
A./ fremde bewegliche Sachen jeweils (mit Ausnahme des Faktums I./A./1./e./) durch Aufbrechen von Eingangstüren zu Hotelzimmern, somit durch Einbruch Nachgenannten gewerbsmäßig mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern,
1./ weggenommen, und zwar
a./ in B*****
aa./ am (US 9 f) der Milija A***** und dem Ivan A***** eine Geldbörse, einen Schlüssel, Bargeld, zwei Laptops samt Zubehör und ein Handy im Gesamtwert von 1.259 Euro;
bb./ am dem Wilhelm G***** und der Margit G***** zwei Geldbörsen, Bargeld und einen Schlüssel im Gesamtwert von zumindest 281 Euro;
cc./ am dem Herbert Ka***** und der Ingeborg M***** zwei Geldbörsen, Bargeld und weitere Wertgegenstände im Gesamtwert von 1.270,60 Euro;
b./ am in B***** dem Karl Me***** und der Gisela Me***** Fahrzeugschlüssel, Bargeld, eine Badetasche und einen Ring im Gesamtwert von ca 2.000 Euro;
c./ am in B*****
aa./ dem Leopold Ke***** eine Geldbörse sowie 530 Euro Bargeld;
bb./ der Rosa H***** eine Ledergeldbörse, indem er überdies jeweils einen Möbeltresor aufbrach;
d./ am in S*****
aa./ dem Walter Gl***** ein Notebook und ein Handy im Gesamtwert von 1.199 Euro;
bb./ der Theresia Ko***** Bargeld in Höhe von 200 Euro;
e./ am in K***** der Zäzilia W***** eine Geldbörse, zwei Halsketten sowie Bargeld im Gesamtwert von 425 Euro;
2./ Bargeld und Wertgegenstände wegzunehmen versucht, und zwar
a./ am in S***** der Silvia Gr*****
b./ in K***** jeweils Verfügungsberechtigten des Kurhotels R*****,
aa./ am ;
bb./ am ;
wobei er den Diebstahl an Sachen mit 3.000 Euro übersteigenden Gesamtwert beging;
B./ Nachgenannte dadurch geschädigt, dass er jeweils automationsunterstützt verarbeitete Daten, über die er nicht verfügen durfte, unterdrückte, indem er Laptops als Datenträger eigenmächtig an sich nahm und behielt, und zwar
1./ am in B***** Milija A***** und Ivan A*****;
2./ am in S***** Walter Gl*****;
C./ Urkunden, über die er nicht verfügen durfte, durch eigenmächtiges An Sich Nehmen und Behalten unterdrückt, wobei er mit dem Vorsatz handelte, zu verhindern, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis von Rechten, Rechtsverhältnissen bzw Tatsachen gebraucht werden, und zwar
1./ in B*****
a./ am eine Bankomatkarte, einen Führerschein und diverse Kundenkarten der Milija A*****;
b./ am
aa./ eine E Card sowie diverse Kundenkarten des Wilhelm Gm*****;
bb./ einen Führerschein, eine E Card, einen Dienstausweis und diverse Kundenkarten der Margit Gm*****;
c./ am
aa./ einen Behindertenausweis, einen Führerschein, einen Zulassungsschein, eine Kontokarte, eine ÖAMTC Mitgliedskarte, eine E Card, einen Impfpass, mehrere Patientenausweise sowie eine KFZ Versicherungskarte des Herbert Ka*****;
bb./ eine E Card, einen Impfpass, diverse Kundenkarten und einen Personalausweis der Ingeborg M*****;
2./ am in B*****
a./ eine E Card und einen Führerschein der Gisela Me*****;
b./ einen Dienstausweis des Karl Me*****;
3./ am in B*****
a./ eine E Card und einen ÖBB Ausweis des Leopold Ke*****;
b./ einen Führerschein, eine E Card und eine Bankkarte der Rosa H*****;
4./ am in K***** einen Führerschein und eine E Card der Zäzilia W*****;
D./ unbare Zahlungsmittel, über die er nicht verfügen durfte, mit dem Vorsatz, deren Verwendung im Rechtsverkehr zu verhindern, unterdrückt, indem er sie eigenmächtig an sich nahm, und zwar
1./ in B*****
a./ am eine Bankomatkarte der Milija A*****;
b./ am
aa./ eine Kreditkarte und eine Bankomatkarte des Wilhelm G*****;
bb./ zwei Bankomatkarten der Margit G*****;
c./ am eine Bankomatkarte der Ingeborg M*****;
2./ am in B*****
a./ eine Bankomatkarte des Karl Me*****;
b./ eine Bankomatkarte der Gisela Me*****;
II./ Anna K***** zur Ausführung der unter den Punkten I./A./1./c./ bis e./; I./A./2./a./ und b./ und I./C./3./ und 4./ angeführten strafbaren Handlungen des Jan D***** beigetragen, indem sie Aufpasserdienste leistete bzw den Genannten psychisch in seinem Tatentschluss bestärkte, wobei sie ihren Tatbeitrag in der Absicht erbrachte, sich durch dessen wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.
Rechtliche Beurteilung
Den dagegen von Jan D***** aus Z 5 und von Anna K***** aus Z 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden kommt keine Berechtigung zu.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Jan D*****:
Die Mängelrüge (Z 5 dritter Fall) spricht mit ihrer Argumentation, wonach der Erstangeklagte keinen „überwiegenden Tatbeitrag“ geleistet habe, keine entscheidenden Tatsachen an (vgl Ratz , WK StPO § 281 Rz 399).
Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Anna K*****:
Betreffend Punkt II./ iVm I./A./1./d./ und e./ rügt die Rechtsmittelwerberin aus Z 5 vierter Fall, das Schöffengericht hätte keine Begründung für die Feststellungen zu ihren Tatbeiträgen geboten, lässt dabei jedoch außer Acht, dass sich die Tatrichter auf die in der Hauptverhandlung geständige Verantwortung der Angeklagten stützen konnten (US 17; ON 52 S 21 ff).
Den Umstand, dass die Zweitangeklagte bei ihrer Vernehmung in der Hauptverhandlung ihre zunächst geständige Verantwortung bei der Befragung durch den Verteidiger abschwächte, hat das Erstgericht berücksichtigt (US 17).
Der Vorwurf der Undeutlichkeit, weil die Beitragshandlungen der Angeklagten nur „pauschal und völlig allgemein und abstrakt“ dargestellt worden seien (Z 5 erster Fall), übergeht die dazu fallbezogen getroffenen konkreten Konstatierungen (US 12 f und US 15 f).
Die die subjektive Tatseite bei Punkt II./ iVm I./A./1./c./d./e./ und I./A./2./b./ betreffenden Ausführungen der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) vernachlässigen die erstgerichtliche Begründung, welche die diesbezüglichen Feststellungen aus „der Handlungsweise der Angeklagten und dem objektiven Geschehen im Zusammenhalt mit der geständigen Verantwortung des Erstangeklagten“ ableitete (US 18). Der Schluss von einem gezeigten Verhalten auf ein zu Grunde liegendes Wollen oder Wissen ist rechtsstaatlich vertretbar (RIS Justiz RS0116882).
Die von der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) vermisste Begründung der Konstatierungen zur subjektiven Tatseite betreffend Punkt II./ iVm I./C./3./ und 4./ des Schuldspruchs befindet sich auf US 18.
Soweit die Nichtigkeitsbeschwerde (nominell Z 5 vierter Fall, inhaltlich Z 9 lit a) betreffend den letztgenannten Punkt des Schuldspruchs Feststellungen dazu vermisst, welche „Verhinderungshandlungen“ die Angeklagte gesetzt habe, übersieht sie, dass ihr Täterschaft durch sonstigen Beitrag nach § 12 dritter Fall StGB und nicht unmittelbare Täterschaft zur Last liegt (vgl RIS Justiz RS0089420).
Z 5a will als Tatsachenrüge nur geradezu unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (das sind schuld oder subsumtionserhebliche Tatumstände, nicht aber im Urteil geschilderte Begleitumstände oder im Rahmen der Beweiswürdigung angestellte Erwägungen) und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern. Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS Justiz RS0118780). Indem die Rechtsmittelwerberin zu Punkt II./ iVm I./A./1./d./ und I./A./2./b./ behauptet, aus früherer gemeinsamer Begehung von Diebstählen mit dem Erstangeklagten und der Anmietung eines Hotelzimmers für die Nacht vom 4. auf den in der Nähe des Tatorts dürfe nicht auf ihre Täterschaft geschlossen werden, gelingt es nicht, derartige Bedenken zu wecken, zumal die erstgerichtliche Urteilsbegründung betreffend die in der Hauptverhandlung geständige Verantwortung der Angeklagten (US 17) von der Beschwerde außer Acht gelassen wird.
Soweit die Aufklärungsrüge im Übrigen ohne nähere Konkretisierung dem Erstgericht vorwirft, seiner amtswegigen Wahrheitsforschungsverpflichtung nicht nachgekommen zu sein, verkennt sie, dass Mängel der Sachverhaltsermittlung nur mit der Behauptung angefochten werden können, dass der Beschwerdeführer an einer darauf abzielenden Antragstellung (Z 4) gehindert war (RIS Justiz RS0115823).
Der Punkt II./ iVm I./C./3./ und 4./ des Schuldspruchs betreffende Vorwurf, das Schöffengericht habe keine ausreichenden Konstatierungen zur subjektiven Tatseite getroffen und sich mit dem substanzlosen Gebrauch der verba legalia begnügt, übergeht, dass ein Rechtsmangel infolge fehlender Feststellungen nur gegeben ist, wenn die verba legalia zirkulär verwendet werden, keinerlei Sachverhaltsbezug hergestellt wird und daher recht besehen gar keine Feststellungen vorliegen (RIS Justiz RS0119090, RS0098936). Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) legt nicht dar, weshalb die erstgerichtlichen Urteilsannahmen (US 16 iVm US 13 ff) diesen Anforderungen nicht genügen sollten. Der Vorwurf, im erstgerichtlichen Urteil fänden sich keinerlei Konstatierungen, auf welche Urkunden sich der Vorsatz der Zweitangeklagten konkret beziehen solle, trifft nicht zu, weil unmissverständlich auf die vom Erstangeklagten weggenommenen Karten und Ausweise verwiesen wird.
Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher ebenso wie die vom Angeklagten Jan D***** erhobene, im kollegialgerichtlichen Verfahren gesetzlich jedoch nicht vorgesehene Berufung wegen Schuld bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1, 283 Abs 1, 294 Abs 4, 296 Abs 2 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (wegen des Ausspruchs über die Strafe) folgt (§ 285i StPO).
Bleibt mit Blick auf § 290 Abs 1 StPO hinsichtlich der rechtlichen Unterstellung auch unter die Qualifikation nach § 130 erster Fall StGB anzumerken, dass eine Analyse der Gesamtheit des aus Tenor und Gründen bestehenden Urteils den Willen der Tatrichter hinreichend erkennen lässt, die gewerbsmäßige Absicht der Angeklagten auch hinsichtlich der Begehung des (mit den übrigen Taten realkonkurrierenden; vgl RIS Justiz RS0113904) nicht durch Einbruch begangenen Diebstahls einer Geldbörse, zweier Halsketten und von Bargeld (I./A./1./e./) festzustellen (vgl Ratz, WK StPO § 281 Rz 19).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.