OGH vom 29.09.1999, 9ObA130/99d
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Hradil und die fachkundigen Laienrichter Dr. Hübner und Dr. Alvarado-Dupuy als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Andrea F*****, Hausfrau, *****, vertreten durch Dr. Peter Kaltschmid, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1010 Wien, wegen Feststellung des aufrechten Dienstverhältnisses (Streitwert S 264.000) über die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 15 Ra 16/99m-19, womit infolge Berufung der Klägerin das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 16 Cga 64/98m-15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S
10.800 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin wurde mit bis als vollbeschäftigte Ersatzkraft nach § 24 Z 1 AusG in den mittleren Dienst bei der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchungen in Innsbruck aufgenommen. Noch vor Ablauf dieser Befristung erstellte der unmittelbare Vorgesetzte der Klägerin am einen Bewährungsbericht über die Klägerin als Vertragsbedienstete im ersten Dienstjahr. Davon war die Klägerin schon am informiert worden. Dabei fragte die Klägerin ihren unmittelbaren Vorgesetzten, ob es eine Verlängerung ihres Dienstverhältnisses gebe und zeigte Interesse für eine Weiterbeschäftigung. Sie stellte jedoch kein ausdrückliches schriftliches oder mündliches Ansuchen um Weiterverlängerung.
Der Bewährungsbericht wurde dem Ministerium für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz weitergeleitet und dort von der für Personalangelegenheiten zuständigen Sachbearbeiterin bearbeitet, welche in weiterer Folge das Überprüfungsverfahren nach dem AusG einleitete. Der Bewährungsbericht wurde der Aufnahmekommission übermittelt, welche am einstimmig feststellte, daß eine Verlängerung des Dienstverhältnisses der Klägerin gerechtfertigt sei. Dieses Aufnahmegutachten wurde unverzüglich an die zuständige Sachbearbeiterin weitergeleitet, bei welcher es am 22. oder einlangte. Die Sachbearbeiterin bereitete am einen Nachtrag zum Dienstvertrag vorliegenden Inhalts vor: "Nachtrag gemäß § 4 Abs 1 des BG vom , BGBl Nr. 86 (VBG 1948) in der derzeit geltenden Fassung, zu dem am zwischen dem Bund ......... und Andrea F*****, geboren ........, als Dienstnehmer aufgrund des vorangeführten Gesetzes abgeschlossenen Dienstvertrags. Der nachstehend angeführte Punkt des Dienstvertrags hat ab wie folgt zu lauten: "6. Das Dienstverhältnis wird eingegangen auf bestimmte Zeit, und zwar für die Dauer der Abwesenheit vom Dienst wegen Karenzurlaubs der Vertragsbediensteten Renate E***** im Sinne des § 76 AusG 1989".
Noch am wurde dieser Nachtrag vom zuständigen Vorgesetzten im Ministerium abgezeichnet und unmittelbar darauf der Geschäftsstelle übergeben, welche den unterfertigten Nachtrag am per Post an die Lebensmitteluntersuchungsanstalt in Innsbruck absandte. Der Nachtrag langte dort am ein. Die Klägerin selbst war in der letzten Juliwoche 1994 auf Urlaub im Ausland. Ihr unmittelbarer Vorgesetzter befand sich vom 1. 8. bis auf Urlaub und war daher während dieser Zeit nicht in der Dienststelle anwesend. Die Klägerin arbeitete zunächst über den hinaus weiter und unterfertigte am 17. 8. den vorher erwähnten Nachtrag zum Dienstvertrag, nachdem sie davon bereits ein oder zwei Tage vorher erfahren hatte. Eine direkte mündliche oder schriftliche Kontaktaufnahme zwischen dem Ministerium einerseits und der Klägerin andererseits hatte es nicht gegeben. In der Folge wurde die Klägerin schwanger und am von einer Tochter entbunden. Die Klägerin trat in der Folge einen zweijährigen Karenzurlaub an und kehrte am wieder zu ihrer Dienststelle zurück. Über ihr Ersuchen wurde das Beschäftigungsausmaß auf zwanzig Wochenstunden reduziert, was in einem entsprechenden Nachtrag zum Dienstvertrag Niederschlag fand. Mit Schreiben vom wurde der Klägerin mitgeteilt, daß ihr Dienstverhältnis zur Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Innsbruck mit Ablauf des gemäß § 30 Abs 1 Z 8 VbG 1948 durch Zeitablauf ende.
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, daß ihr Dienstverhältnis über den hinaus aufrecht ist. Sie brachte hiezu vor, weder einen Antrag auf Verlängerung des Dienstverhältnisses nach dem Ausschreibungsgesetz gestellt zu haben, noch seien die dort zwingend angeordneten Fristen eingehalten worden. Sie habe ihr Dienstverhältnis über den hinaus fortgesetzt, noch ehe ein Nachtrag zum Dienstverhältnis vereinbart worden sei. Das Dienstverhältnis sei somit gemäß § 4 Abs 4 VBG in ein unbefristetes übergegangen.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sämtlichen Beteiligten, so auch der Klägerin, sei von Anfang an klar gewesen, daß sie nur als Karenzvertretung der VB Renate E***** eingestellt worden sei. Nach § 76 Abs 2 AusG sei die zweite Verlängerung zulässig, weil es sich hier um eine Spezialnorm gegenüber § 4 Abs 4 VBG handle. Die Fristen nach dem Ausschreibungsgesetz seien nicht zwingend.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es vertrat die Rechtsauffassung, daß es zu einer Verlängerung im Sinne des § 76 Abs 2 AusG gekommen sei. Der Klägerin sei von Anfang an bekannt gewesen, daß sich ihre Tätigkeit nur auf die Dauer der karenzbedingten Abwesenheit einer anderen Vertragsbediensteten erstrecken würde. Die Nichteinhaltung der Fristen des § 75 AusG sei zum Vorteil der Klägerin erfolgt, um dieser überhaupt eine Verlängerung des Dienstverhältnisses zu ermöglichen. Auch sei der Wunsch der Klägerin nach einer Weiterbeschäftigung als Mitteilung im Sinne des § 75 AusG zu werten.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Wohl sei gegen die in § 75 AusG geregelten Fristen verstoßen worden, doch handle es sich dabei nicht um absolut zwingende Normen. Den gesetzlichen Anordnungen könne nicht entnommen werden, daß bei Nichteinhaltung des vorgeschriebenen Vorgangs das nach wie vor befristete Dienstverhältnis in ein unbefristetes übergehen würde. Erfolge keine Entscheidung, so ende das Dienstverhältnis mit Ablauf der Befristung. Das Ersuchen der Klägerin um Weiterbeschäftigung sei als Mitteilung im Sinne des § 75 Abs 1 AusG zu werten, desgleichen komme dem von ihrem direkten Vorgesetzten erstellten Bericht die Qualifikation eines Berichtes im Sinne des § 75 Abs 2 AusG zu. Lediglich die Nichteinhaltung der Fristen im Sinne des § 75 AusG stelle einen Verstoß dar, welcher jedoch nicht schade und durch den späten Entschluß der Klägerin selbst bewirkt worden sei. Wesentlich sei, daß der Klägerin von Anfang an bekannt gegeben worden sei, daß sie nur für die Dauer der karenzbedingten Abwesenheit einer bestimmten Mitarbeiterin eingestellt worden sei.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der klagenden Partei aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Die Revision ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 4 Abs 4 VBG kann ein Dienstverhältnis, welches auf bestimmte Zeit eingegangen worden ist, auf bestimmte Zeit einmal verlängert werden; diese Verlängerung darf drei Monate nicht überschreiten. Wird das Dienstverhältnis darüber hinaus fortgesetzt, so wird es von da ab so angesehen, wie wenn es von Anfang an auf unbestimmte Zeit eingegangen worden wäre. Gemäß § 4a Abs 2 Z 3 VBG gilt § 4 Abs 4 ua dann nicht, wenn das Dienstverhältnis nach § 76 Abs 2 des AusG 1989, BGBl Nr 85, befristet verlängert wird.
Die Klägerin war von Beginn an als Ersatzkraft im Sinne des § 24 Z 1 AusG eingestellt worden, wobei unstrittig ist, daß ihr bekannt war, daß ihre Einstellung nur maximal auf die Dauer der karenzbedingten Abwesenheit einer bestimmten Vertragsbediensteten erfolgen sollte. Gemäß § 74 AusG ist der Unterabschnitt G (= §§ 75 f) des Ausschreibungsgesetzes auf Ersatzkräfte nach § 24 Z 1 anzuwenden, die (Z 2) eine Verlängerung ihres Dienstverhältnisses über die Dauer von acht Monaten hinaus anstreben. Strebt eine solche Ersatzkraft eine Verwendung gemäß § 75 Abs 1 AusG über die Dauer von acht Monaten hinaus an, so hat sie dies der das Aufnahmeverfahren durchführenden Dienststelle spätestens drei Monate vor dem vorgesehenen Ende des befristeten Dienstverhältnisses mitzuteilen. Nach Abs 2 leg cit hat der Fachvorgesetzte den Verwendungserfolg der Ersatzkraft zu überprüfen und das Ergebnis in einem Bericht zusammenzufassen. Der Bericht ist spätestens zwei Wochen nach Beginn der in Abs 1 genannten Frist von drei Monaten der das Aufnahmeverfahren durchführenden Dienststelle zu übermitteln. Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin bedarf eine Mitteilung im Sinn des § 75 Abs 1 AusG schon nach dem klaren Gesetzestext keines formellen Ersuchens oder Antrages. Die Weiterleitung eines entsprechenden Wunsches durch den unmittelbaren Dienstvorgesetzten an die das Aufnahmeverfahren durchführende Dienststelle erfüllt daher, wie vom Berufungsgericht zutreffend erkannt wurde, die Voraussetzungen einer Mitteilung genauso wie der im Abs 2 erwähnte Bericht des unmittelbaren Fachvorgesetzten mangels bestimmter Form auch in einen Routinebericht gekleidet werden kann. Es reicht daher insofern aus, auf die zutreffende Begründung des Berufungsgerichtes hinzuweisen (§ 510 Abs 2 ZPO).
Nach den Materialien (Regierungsvorlage 127 der Beilagen XVIII. GP) war es das Ziel der Novelle BGBl 366/1991, der Kritik am Ausschreibungsgesetz 1989 zu begegnen und insbesondere die Dauer und Umständlichkeit des Verfahrens, den mangelnden Bezug zur Entwicklung des Arbeitsmarktes, die fehlende Sachbezogenheit der Auswahlkriterien, die Starrheit und Inflexibilität des Auswahl- und Beurteilungsverfahren sowie die Unpersönlichkeit und Bürokratie des Verfahrens zu verbessern. Eine Neuregelung der Abschnitte VII (- darunter fällt das Ersatzkräfteüberprüfungsverfahren im Sinne der §§ 75 ff AusG -) und VIII, sollte - unter Wahrung des Objektivierungsgebotes - vor allem eine Straffung und Vereinfachung der Verfahrensabläufe sowie eine Flexibilisierung und qualitative Verbesserung der Auswahl- und Entscheidungsmöglichkeiten gewährleisten. Mißt man nun die Fristen des § 75 AusG an dieser Absicht des Gesetzgebers, wird offensichtlich, daß Dienststellen durch Beachtung dieser Fristen angehalten werden sollen, dem Beschleunigungsgedanken Rechnung zu tragen. Desgleichen soll den Dienststellen aber auch die für einen Verlängerungsvorgang notwendige Zeit dadurch eingeräumt werden, daß der Dienstnehmer verpflichtet wird, eine Verlängerungsabsicht mindestens drei Monate vor Ende seines befristeten Dienstverhältnisses mitzuteilen. Das Berufungsgericht hat schon zutreffend darauf verwiesen, daß dem Gesetzgeber nicht die Absicht unterstellt werden kann, er habe eine derart starre Regelung herbeiführen wollen, daß bei Versäumung einer dieser Fristen eine Verlängerung im Sinne des § 76 Abs 2 AusG jedenfalls verwehrt sei. Insbesondere kann nicht übersehen werden, daß die für die Aufnahme zuständige Dienststelle zwar nach Einlangen des Gutachtens der Aufnahmekommission (§ 75 Abs 4 AusG) spätestens aber nach fruchtlosem Ablauf der im § 75 Abs 5 angeführten Frist zu entscheiden hat, ob das Dienstverhältnis 1. befristet oder unbefristet verlängert wird oder 2. nicht verlängert wird (§ 76 Abs 1 AusG); doch besteht weder für die Bekanntgabe dieser Entscheidung noch für die Errichtung der schriftlichen Vertragsurkunde eine Fristbindung. Wenngleich Dienstverträge nach dem VBG auch durch konkludente Handlungen zustandekommen oder abgeändert werden können (SZ 34/196 ua), konnte die Klägerin im Hinblick auf die festgestellten Umstände (Einstellung als Ersatzkraft iSd § 24 Z 1 AusG vom Beginn an und Bekundung des Wunsches, dieses Dienstverhältnis zu verlängern), allein aus der Tatsache, daß sie über den Befristungszeitpunkt hinaus weiterbeschäftigt wurde, noch nicht auf eine uneingeschränkte Weiterverwendung schließen. Die vorliegende Verlängerung unterfällt sohin der Bestimmung des § 4a Abs 2 Z 3 VBG iVm § 76 Abs 2 AusG 1989, sodaß es zu keiner Verlängerung auf unbestimmte Zeit im Sinne des § 4 Abs 4 VBG gekommen ist.
Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41, 50 Abs 1 ZPO begründet.