VfGH vom 16.12.1999, B3077/97
Sammlungsnummer
15698
Leitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Abweisung des Antrags eines Arztes betreffend Honorarforderungen gegen die Gebietskrankenkasse aus einem Einzelvertrag; Zuständigkeit der Landesberufungskommission gegeben; keine Bedenken gegen die Zusammensetzung der Landesberufungskommission; keine Zweifel an Unparteilichkeit der Mitglieder; keine Einschränkung der Prüfungsbefugnis des Verfassungsgerichtshofs hinsichtlich der Zusammensetzung und Besetzung der belangten Behörde; keine Willkür
Spruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1.1. Der Beschwerdeführer ist Arzt für Allgemeinmedizin in Tirol. Er hat am mit der Tiroler Gebietskrankenkasse einen Einzelvertrag abgeschlossen, den diese zum gekündigt hat. Unter Berufung darauf, daß die zwischen dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger für die Tiroler Gebietskrankenkasse einerseits und der Tiroler Ärztekammer andererseits abgeschlossene Honorarordnung wegen Verkürzung über die Hälfte "nichtig und nach § 879 ABGB sittenwidrig" sei, begehrte der Beschwerdeführer mit näherer Begründung nachträglich eine Honorarnachzahlung aus diesem Vertragsverhältnis in Höhe der von ihm errechneten Differenz zwischen der tatsächlich erfolgten und der seiner Meinung nach angemessenen Honorierung.
1.2. Über Antrag des Beschwerdeführers ging infolge Ablaufs der gesetzlichen Entscheidungsfrist die Entscheidungsbefugnis über den genannten Antrag von der paritätischen Schiedskommission auf die Landesberufungskommission für Tirol über. Im Verfahren vor der Landesberufungskommission erstattete die Tiroler Gebietskrankenkasse als Antragsgegnerin eine Gegenschrift, in der sie die Zuständigkeit der Landesberufungskommission in Zweifel zog und daher die Zurückweisung, in eventu die Abweisung des Antrags begehrte. Die Landesberufungskommission bejahte ihre Zuständigkeit zur Entscheidung über den Antrag des Beschwerdeführers, wies diesen jedoch - mit ausführlicher Begründung - ab:
Die Landesberufungskommission gibt zunächst sowohl den Antrag als auch die Gegenschrift der Antragsgegnerin in weiten Passagen wörtlich wieder. Sodann setzt sie sich mit den Argumenten beider Seiten auseinander und begründete ihre Entscheidung im wesentlichen wie folgt:
1.3.1. Ihre Zuständigkeit zur Entscheidung über den Antrag des Beschwerdeführers leitet die Landesberufungskommission - in Auseinandersetzung mit den ihre Unzuständigkeit behauptenden Argumenten der Antragsgegnerin - daraus ab, daß sie im Zuge der Entscheidung über Streitigkeiten aus dem Einzelvertrag auch die Gültigkeit von Bestimmungen des Gesamtvertrages zu beurteilen habe, die gemäß § 341 Abs 3 ASVG zugleich Inhalt des dem vor ihr auszutragenden Rechtsstreit zugrunde liegenden Einzelvertrages seien. Diese Zuständigkeit zur inzidenten Beurteilung der Gültigkeit solcher Vertragsbestimmungen entfalte freilich keine Bindungswirkung gegenüber den Parteien des jeweiligen Gesamtvertrages, weshalb durch die Inanspruchnahme ihrer Zuständigkeit auch nicht unzulässig in die Kompetenzen der zur Entscheidung über die Geltung und Anwendung (von Bestimmungen) eines Einzelvertrages zuständigen Landesschiedskommission bzw. der Bundesschiedskommission eingegriffen werde. Die Landesberufungskommission führt weiter aus, ihre Zuständigkeit sei trotz bereits erfolgter Endigung des Einzelvertrages zwischen dem Antragsteller und der Antragsgegnerin gegeben, weil die Bestimmungen der §§344 Abs 1 und 3 sowie des 345 Abs 2 ASVG die paritätische Schiedskommission und in weiterer Folge die Landesberufungskommission zur Entscheidung von Streitigkeiten berufe, die in rechtlichem oder tatsächlichem Zusammenhang mit dem Einzelvertrag stünden. Dieser Zusammenhang jedoch könne unmittelbar oder auch nur mittelbar bestehen und müsse auch im Zeitpunkt der Antragstellung nicht mehr vorliegen.
1.3.2. In der Sache selbst begründet die Landesberufungskommission ihre Entscheidung im wesentlichen damit, daß die angegriffene Honorarordnung weder sittenwidrig noch nach den Gesichtspunkten des Gleichheitssatzes nichtig, sondern bei Berücksichtigung der den Inhalt der Gesamtverträge determinierenden Bestimmung des § 342 ASVG durchaus sachlich und ausgewogen sei. Die Landesberufungskommission führt aus:
"Die vom Antragsteller kritisierte Honorarordnung ist Inhalt des Gesamtvertrages zwischen der Ärztekammer für Tirol und dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger, daher (auch) für die Antragsgegnerin.
Gemäß § 342 Abs 1 Z 3 ASVG haben die zwischen dem Hauptverband und den Ärztekammern abzuschließenden Gesamtverträge die Rechte und Pflichten der Vertragsärzte, insbesondere auch ihre Ansprüche auf Vergütung der ärztlichen Leistung zu regeln (Z3). Gemäß § 342 Abs 2 ASVG ist die Vergütung der vertragsärztlichen Tätigkeit grundsätzlich nach Einzelleistungen zu vereinbaren. Die Vereinbarungen über die Vergütung der ärztlichen Leistungen sind in Honorarordnungen zusammenzufassen, die einen Bestandteil der Gesamtverträge darstellen. Die Gesamtverträge sollen eine Begrenzung der Ausgaben der Träger der Krankenversicherung für die vertragsärztliche Tätigkeit (einschließlich der Rückvergütung bei Inanspruchnahme der wahlärztlichen Hilfe) enthalten. Während die beiden ersten Sätze des § 342 Abs 2 ASVG imperativ formuliert und damit absolut verpflichtend sind, enthält der dritte Satz dieser Bestimmung lediglich eine Zielvorgabe für den Hauptverband und die Krankenversicherungsträger, deren Erreichung sie im Rahmen der Vertragsverhandlungen mit der Ärzteschaft anzustreben haben. Der Gesetzgeber war sich also offenbar dessen bewußt, daß das Ausmaß der Erreichung des vorgegebenen Zieles nicht unwesentlich vom Verhandlungsgeschick der Vertragsparteien und deren Kompromißbereitschaft abhängt. Daß der Wille des Gesetzgebers bezüglich des 3. Satzes des § 342 Abs 2 ASVG etwas anders gelagert war als bezüglich der beiden vorangegangenen Sätze, zeigt der Umstand, daß die Regierungsvorlage zum ASVG, welche zunächst die Formulierung 'Die Gesamtverträge haben ...'
enthalten, dahingehend abgeändert wurde, daß schließlich die Wortfolge '... Die Gesamtverträge sollen eine Begrenzung enthalten' Gesetz wurde. Der Gesetzeswortlaut wurde in seinem befehlenden Charakter ganz bewußt abgeschwächt. An dieser Tatsache ändert auch die Feststellung des Sozialausschusses nichts, daß die nunmehrige Sollbestimmung nach Auffassung des Ausschusses eine Verpflichtung, derartige Vorkehrungen zu treffen, beinhaltet, wenn wirtschaftliche Gründe dies notwendig machen (vgl Gehrmann-Rudolf-Teschner-Fürböck, ASVG, 59. Erg.Lieferung, S 1616).
Im übrigen wollte der Gesetzgeber bei Erlassung der Bestimmung des § 342 Abs 2 ASVG eine Abkehr vom früher üblichen Fallpauschale und mehr Leistungsgerechtigkeit bei der ärztlichen Vergütung erreichen. Ein strikter Auftrag, die Honorierung ausschließlich nach Einzelleistungen vorzunehmen, kann in dieser gesetzlichen Anordnung nicht erblickt werden, was die Formulierung 'grundsätzlich' nahelegt. Auch zeigt die Bestimmung des § 131 Abs 1 letzter Satz ASVG, wobei auf die Bestimmung des § 131 in § 342 Abs 2 ASVG ausdrücklich verwiesen ist, daß der Gesetzgeber nach wie vor mit pauschalen Vergütungsformen rechnet. Ein reines Einzelleistungssystem birgt die Gefahr einer weithin unkontrollierbaren Leistungs- und Kostenausweitung in sich. Deswegen ist in § 342 Abs 2 ASVG für den Gesamtvertrag eine Begrenzung der Ausgaben der Krankenversicherungsträger für die vertragsärztlichen Vergütungen einschließlich der Wahlarzthilfe vorgesehen. Die vom Gesetz als gesollt formulierte Gesamtausgabenbegrenzung läßt sich mit einem reinen Einzelleistungssystem nicht vereinbaren. Hiezu kommt, daß gemäß § 342 Abs 1 Z 3 ASVG der Gesamtvertrag für eine wirtschaftliche Behandlungs- und Verschreibweise zu sorgen hat. Damit ist klargestellt, daß der Krankenversicherungsträger nicht bloß auf die Rolle eines reinen Zahlers beschränkt sein soll, sondern im Sinne des Wirtschaftlichkeitsgebotes auch auf die ärztliche Leistungserbringung Einfluß nehmen soll. Die Honorargestaltung gehört mit Sicherheit zu den Mitteln, mit denen die Kosten der ärztlichen Hilfe beeinflußt werden können. Damit ist ein Mischsystem zwischen Pauschalierung und Einzelleistung durchaus zulässig (vgl Grillberger in Strasser, a.a.O., 357).
Unter diesem Blickwinkel der Gesamtausgabenbegrenzung ist die vom Antragsteller hier bemängelte Limitierungsbestimmung zu betrachten, jedoch nach Ansicht der Landesberufungskommission zulässig. Jede Gesamtausgabenbegrenzung führt dazu, daß die einzelnen Leistungen des Vertragsarztes umso geringer vergütet werden, je mehr Leistungen von der Ärzteschaft insgesamt erbracht werden, wobei degressive Honorargestaltungen und Limitierungsbestimmungen ein zulässiges Mittel darstellen. Der Vertragsarzt ist vor Überraschungen sicher, weil im vorhinein die Punktewerte festliegen und die Limitierungen bekannt sind. Aus dem Vorrang des Einzelleistungssystems folgt auch nicht, daß jede Einzelleistung für sich betrachtet abgegolten sein muß, weil es sachliche Gründe gibt, gewisse Leistungen zu pauschalieren. Vor allem bezogen auf die Problematik der Überarztung scheinen solche Pauschalierungen durchaus zulässig (Grillberger, a.a.O., 364).
In diesem Zusammenhang ist aus der letztgültigen Honorarordnung für Ärzte für Allgemeinmedizin und Fachärzte, auf die sich auch der Einzelvertrag des Antragstellers bezieht, festzuhalten, daß in diesen Gesamtvertrag verschiedenste Ärztegruppen einbezogen sind, nämlich zum einen die Ärzte für Allgemeinmedizin, zum anderen auch die Fachärzte für Augenheilkunde, Chirurgie, Unfallchirurgie, Orthopädie, Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten, Haut- und Geschlechtskrankheiten, Urologie, Innere Medizin sowie Kinder- und Jugendheilkunde. Zum anderen werden verschiedenste Leistungen in den Leistungskatalogen aufgezählt, wobei im Abschnitt B) (besondere Bestimmungen) festgelegt ist, daß die Honorierung der Vertragsärzte nach Einzelleistungen im Sinne der Bestimmung dieser Honorarordnung erfolgt und daß die vertragsärztlichen Leistungen entweder nach Punkten (Grund- und Sonderleistungen) oder nach festen Schilling-Werten (Sonographie, Echocardiographie, ärztliches Gespräch, Röntgenunkosten, Bereitschaftsdienstzulagen, Wegegebühren und Sonderleistungshonorare der medizinischen Hauskrankenpflege sowie der Vorsorgemedizin) vergütet werden. Fachärzte dürfen (grundsätzlich) nur Behandlungsfälle ihres Fachgebietes verrechnen. Diesbezüglich wird auf die mit Wirksamkeit geltende Honorarordnung verwiesen, die dem Bescheid in der Anlage als integrierender Bestandteil angeschlossen ist.
Der Antragsteller kann aus der Bestimmung des § 342 Abs 2 ASVG weder ein Recht auf ein sozial adäquates Einkommen ableiten, weil, wie Grillberger a.a.O. aufzeigt, dadurch einer umfassenden Interessenabwägung nicht Rechnung getragen würde. Insgesamt sind bei dieser Interessenabwägung nämlich auch die Beitragsverpflichtungen zu berücksichtigen, ferner die Zugänglichkeit von Kassenarztstellen, der Aspekt der kostengünstigen Auslastung von Geräten und vor allem auch die Verteilung der Honorierung von ärztlichen Leistungen im Sinne einer Umschichtung. In diesem Sinne ist den Parteien des Gesamtvertrages ein entsprechender Spielraum zuzubilligen, auch bezogen auf Limitierungsbestimmungen. Diese sind sicher solange zulässig, als sie sich auf durchschnittliche Erfahrungswerte stützen, wobei davon ausgegangen werden kann, daß diese Erfahrungswerte wohl von der verhandelnden Ärztekammer eingebracht und berücksichtigt werden.
Das Problem der Sittenwidrigkeit der Honorarordnung ist zudem nicht im Sinne des § 879 ABGB zu betrachten, sondern, weil der Gesamtvertrag ein Normenvertrag ist, unter dem Blickwinkel des verfassungsrechtlich gewährleisteten Gleichheitssatzes zu prüfen. Dieser Gleichheitssatz bindet jeden Regelsetzer und beinhaltet nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes Sachangemessenheit und Verhältnismäßigkeit. Der den Vertragspartnern von Gesamtverträgen eingeräumte Gestaltungsspielraum darf nicht in willkürlicher oder unverhältnismäßiger Weise ausgenutzt werden (vgl hiezu Tomandl, Schadenersatz wegen inkorrekter ärztlicher Honorarordnungen in ecolex 1993, 328). Ebenso wie Art 8 EMRK richtet sich der Gleichheitsgrundsatz (Art7 B-VG; Art 2 StGG) an den Gesetzgeber und setzt ihm inhaltliche Schranken, indem er verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen (VfSlg 8457/1978, 10064/1984; 10084/1984 u.a.m.). Innerhalb dieser Schranken ist es dem Gesetzgeber von der Verfassung her auch durch den Gleichheitsgrundsatz nicht verwehrt, seine politischen Zielvorstellungen auf geeignete Art zu verfolgen. Ob eine Regelung zweckmäßig ist, ob mit ihr der optimale Weg zur Zielerreichung beschnitten wird, sind Fragen, die nicht unter dem Blickwinkel des Gleichheitsgebotes zu prüfen sind. Es können mehrere, inhaltlich voneinander abweichende Bestimmungen durchaus gleichheitsgemäß sein. Ein Gesetz ist nicht schon dann gleichheitswidrig, wenn sein Ergebnis nicht in allen Fällen als befriedigend angesehen werden kann. Diese Überlegungen sind auf die hier zu beurteilenden Gesamtverträge samt Honorarordnungen zu übertragen. Ausgehend von den Vorgaben des Gesetzgebers kann nicht gesagt werden, daß Sittenwidrigkeit oder Gleichheitswidrigkeit der bekämpften Honorarordnung im Sinne der Auffassung des Antragstellers gegeben wäre. Wie in anderen Verfahren vor der Landesberufungskommission greift auch hier der Antragsteller eine einzige Leistung heraus, nämlich die Honorierung für Ordinationen und leitet aus der seiner Meinung nach unsachgemäßen Bewertung und Bemessung der Ordinationen Gleichheitswidrigkeit ab. Der Antragsteller übersieht jedoch, daß nicht nur diese einzelne Leistung bei seiner Honorierung durch die Antragsgegnerin in Frage steht, sondern eine Vielzahl von anderen Leistungen, die bei einer allfälligen Gleichheitswidrigkeit auch ins Kalkül gezogen werden müßten. Dies tut jedoch der Antragsteller nicht. Zum anderen ist auch zu bedenken, daß durch die Honorarordnung die Interessen verschiedenster Gruppen der Ärzteschaft untereinander in Einklang zu bringen sind, wobei der bereits erwähnte Gesichtspunkt der Verteilung der Honorierung ärztlicher Leistungen im Sinne einer Umschichtung zu berücksichtigen ist. Daß die Antragsgegnerin (im Zusammenspiel mit seiner eigenen Interessenvertretung) eine grob unbillige Umschichtung durch die vorliegende Honorarordnung vorgenommen hätte, wird gleichfalls nicht behauptet.
Abschließend ist aber auch noch zu bedenken, daß es keinesfalls Sache der angerufenen Behörde sein kann, an die Stelle allenfalls nichtiger Regelungen der Honorarordnung andere zu setzen. Dies muß allein Aufgabe der vertragschließenden Parteien des Gesamtvertrages bleiben (vgl allgemein Krejci, Über unerlaubte Honorarordnungen für Kassenärzte, Versicherungsrundschau 1991, 145; ders. in Teilnichtige Honorarordnung, ZAS 1993, 5; in diesem Sinne auch SSV-NF 8/B3 und 8/B9).
Damit kommt eine 'Vertragsanpassung' im Sinne der Ausführungen des Antragstellers nicht in Frage."
2.1. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art 144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte nach Art 6 EMRK, auf Gleichheit vor dem Gesetz und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird.
2.2.1. Die Beschwerde führt aus, nach der Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte als auch des Verfassungsgerichtshofs müsse ein den Vorschriften des Art 6 EMRK entsprechendes Tribunal so zusammengesetzt sein, daß keine berechtigten Zweifel an der Unabhängigkeit seiner Mitglieder entstünden, wobei bei der Beurteilung der Fairneß eines Verfahrens auch der äußere Anschein von Bedeutung sei. An der Verhandlung und Entscheidungsfindung in der Landesberufungskommission hätten zwei Mitglieder mitgewirkt, deren jeweilige Stellung als Vizedirektoren der Antragsgegnerin des Beschwerdeführers den Anschein der Befangenheit hervorzurufen geeignet sei. Da vorliegendenfalls "Funktionäre und Organmitglieder der mitbeteiligten Partei Tiroler Gebietskrankenkasse, also plakativ gesprochen des 'Prozeßgegners' des Beschwerdeführers", als stimmberechtigte Mitglieder dem Tribunal angehört hätten, das über den Antrag des Beschwerdeführers entschieden habe, könnten diese "nur als 'Sprachrohr' des Prozeßgegners verstanden werden". Die vorliegende Konstellation erwecke "derart gravierende Zweifel an der Unparteilichkeit" der genannten Tribunalmitglieder, daß "den Postulaten des Art 6 MRK durch die vorliegende Zusammensetzung der Landesberufungskommission in eklatantester Weise widersprochen" werde.
2.2.2. Im übrigen wendet sich die Beschwerde gegen die von der belangten Behörde vorgenommene rechtliche Beurteilung des Antrages des Beschwerdeführers und wirft ihr im wesentlichen eine gehäufte Verkennung der Rechtslage vor.
Zu Unrecht gehe die belangte Behörde davon aus, daß gemäß § 36 Abs 6 der Honorarordnung Präklusion bzw. Verfall der meisten der vom Beschwerdeführer geltend gemachten Forderungen eingetreten sei.
Desgleichen sei die Ansicht der belangten Behörde unrichtig, wonach "das Problem der Sittenwidrigkeit der Honorarordnung nicht unter dem Blickwinkel des § 879 ABGB zu betrachten (sei), sondern, weil der Gesamtvertrag ein Normenvertrag sei, unter dem Blickwinkel des verfassungsrechtlich gewährleisteten Gleichheitssatzes". In Lehre und Rechtsprechung sei längst anerkannt, daß Kollektivverträge an die Grundrechte gebunden seien. So habe auch der Verwaltungsgerichtshof in einem näher bezeichneten Erkenntnis ausgesprochen, daß die Kollektivvertragsparteien bei ihrer kollektiven Rechtsgestaltung an die Grundrechte, insbesondere an den verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz mit der Konsequenz gebunden seien, daß ein Verstoß dagegen die im Einzelfall wahrzunehmende Nichtigkeit der Regelung nach § 879 ABGB zur Folge habe. Da für den Gesamtvertrag nichts anderes gelten könne, folge daraus, daß, "wenn Vertragsparteien von Gesamtverträgen den ihnen eingeräumten Gestaltungsspielraum in willkürlicher oder unverhältnismäßiger Weise ausnützen, die Nichtigkeit einer Regelung, hier der Honorarordnung, nach § 879 ABGB" eintrete. Daraus schließt die Beschwerde weiters, daß die belangte Behörde verpflichtet gewesen wäre, vom Beschwerdeführer angebotene Beweise aufzunehmen, "um eine tatsächliche Willkürlichkeit der inkriminierten Regelung der Honorarordnung auch beurteilen zu können".
Die Beschwerde wendet sich schließlich gegen die Annahme der belangten Behörde, auch ein allfälliges, auf § 934 ABGB gestütztes Begehren des Beschwerdeführers sei im Zeitpunkt der Antragstellung bereits (größtenteils) verfristet gewesen. Aus allen diesen Umständen versucht die Beschwerde abzuleiten, daß "der angefochtene Bescheid in mehrfacher Hinsicht die Rechtslage verkennt und damit gleichheitswidrig im Sinne des Art 7 B-VG ist".
3. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift aber abgesehen. Die Tiroler Gebietskrankenkasse hat als mitbeteiligte Partei eine Äußerung zum Gegenstand des Verfahrens erstattet, in der sie den Ausführungen des Beschwerdeführers entgegentritt und sinngemäß die Abweisung der Beschwerde beantragt.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Die im vorliegenden Zusammenhang maßgeblichen Rechtsvorschriften lauten:
1.1. § 341 ASVG lautet auszugsweise:
"(1) Die Beziehungen zwischen den Trägern der Krankenversicherung und den freiberuflich tätigen Ärzten werden durch Gesamtverträge geregelt, die für die Träger der Krankenversicherung durch den Hauptverband mit den örtlich zuständigen Ärztekammern abzuschließen sind. Die Gesamtverträge bedürfen der Zustimmung des Trägers der Krankenversicherung, für den der Gesamtvertrag abgeschlossen wird. Die Österreichische Ärztekammer kann mit Zustimmung der beteiligten Ärztekammer den Gesamtvertrag mit Wirkung für diese abschließen.
...
(3) Der Inhalt des Gesamtvertrages ist auch Inhalt des zwischen dem Träger der Krankenversicherung und dem Arzt abzuschließenden Einzelvertrages. Vereinbarungen zwischen dem Träger der Krankenversicherung und dem Arzt im Einzelvertrag sind rechtsunwirksam, insoweit sie gegen den Inhalt eines für den Niederlassungsort des Arztes geltenden Gesamtvertrages verstoßen.
..."
1.2. §§344 bis 345 ASVG lauten auszugsweise:
"Paritätische Schiedskommission
§344. (1) Zur Schlichtung und Entscheidung von Streitigkeiten, die in rechtlichem oder tatsächlichem Zusammenhang mit dem Einzelvertrag stehen, ist im Einzelfall in jedem Land eine paritätische Schiedskommission zu errichten. Antragsberechtigt im Verfahren vor dieser Behörde sind die Parteien des Einzelvertrages.
(...)
(3) Die paritätische Schiedskommission ist verpflichtet, über einen Antrag ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach dessen Einlangen, mit Bescheid zu entscheiden. Wird der Bescheid dem Antragsteller innerhalb dieser Frist nicht zugestellt oder wird dem Antragsteller schriftlich mitgeteilt, daß wegen Stimmengleichheit keine Entscheidung zustande kommt, geht auf schriftliches Verlangen einer der Parteien die Zuständigkeit zur Entscheidung an die Landesberufungskommission über. Ein solches Verlangen ist unmittelbar bei der Landesberufungskommission einzubringen. Das Verlangen ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf Stimmengleichheit oder nicht ausschließlich auf ein Verschulden der Behörde (§73 AVG 1950) zurückzuführen ist.
(4) Gegen einen Bescheid der paritätischen Schiedskommission kann Berufung an die Landesberufungskommission erhoben werden.
Landesberufungskommission
§345. (1) Für jedes Land ist auf Dauer eine Landesberufungskommission zu errichten. Diese besteht aus einem Richter des Dienststandes als Vorsitzenden und aus vier Beisitzern. Der Vorsitzende ist vom Bundesminister für Justiz zu bestellen; der Vorsitzende muß ein Richter sein, der im Zeitpunkt seiner Bestellung bei einem Gerichtshof in Arbeits- und Sozialrechtssachen tätig ist. Je zwei Beisitzer werden von der zuständigen Ärztekammer und dem Hauptverband entsendet.
(2) Die Landesberufungskommission ist zuständig:
1. zur Entscheidung über Berufungen gegen Bescheide der paritätischen Schiedskommission und
2. zur Entscheidung auf Grund von Devolutionsanträgen gemäß § 344 Abs 3.
(3) § 346 Abs 3 bis 7 gelten sinngemäß auch für die Landesberufungskommission und deren Mitglieder."
Die in § 345 Abs 3 ASVG verwiesenen, sinngemäß anzuwendenden Bestimmungen des § 346 Abs 3 bis 7 ASVG regeln in ihrem (originären) Anwendungsbereich u.a. die Ernennung und Abberufung der Mitglieder der Bundesschiedskommission; sie lauten:
"(3) Die Mitglieder der Bundesschiedskommission und ihre Stellvertreter werden vom Bundesminister für Justiz für eine Amtsdauer von fünf Jahren berufen. Sie haben bei Ablauf dieser Amtsdauer ihr Amt bis zu dessen Wiederbesetzung auszuüben. Neuerliche Berufungen sind zulässig.
(4) Der Bundesminister für Justiz hat ein Mitglied der Bundesschiedskommission oder einen Stellvertreter seines Amtes zu entheben, wenn sich ergibt, daß
1. bei einem Mitglied (Stellvertreter) aus dem Richterstand die Voraussetzungen für seine Berufung nicht gegeben waren;
2. sich das Mitglied (der Stellvertreter) einer groben Verletzung oder dauernden Vernachlässigung seiner Amtspflichten schuldig gemacht hat;
3. bei einem Mitglied (Stellvertreter), das (der) von der Österreichischen Ärztekammer oder dem Hauptverband entsendet wurde, ein wichtiger persönlicher Grund zur Enthebung vorliegt, und die Österreichische Ärztekammer oder der Hauptverband seine Enthebung unter Berufung darauf beantragt;
4. das Mitglied (der Stellvertreter) seine Berufstätigkeit durch Übertritt in den Ruhestand beendet oder selbst um seine Amtsenthebung ersucht. Wird ein Mitglied enthoben, ist sein Stellvertreter für die Dauer eines laufenden Verfahrens heranzuziehen, bis ein neues Mitglied durch die hiezu befugte Stelle bestellt (entsendet) und berufen wird.
(5) Wird ein Mitglied (Stellvertreter) seines Amtes enthoben, so hat die hiezu befugte Stelle innerhalb von drei Monaten ein neues Mitglied (Stellvertreter) zu bestellen (entsenden). Die Amtsdauer solcher Mitglieder (Stellvertreter) endet mit dem Ablauf der jeweils laufenden fünfjährigen Amtsdauer. Für die weitere Ausübung des Amtes durch solche Mitglieder (Stellvertreter) oder ihre Wiederbestellung gilt Abs 3 sinngemäß. Verabsäumt es die Österreichische Ärztekammer binnen drei Monaten ein neues Mitglied (Stellvertreter) zu entsenden, so hat über Antrag des Hauptverbandes der Bundesminister für Justiz einen Richter (Abs2) als Ersatz für das seines Amtes enthobene Mitglied zu bestellen. Verabsäumt es der Hauptverband binnen drei Monaten ein neues Mitglied (Stellvertreter) zu entsenden, so ist die Österreichische Ärztekammer berechtigt, einen derartigen Antrag zustellen. Die Amtsdauer eines solcherart bestellten Mitgliedes (Stellvertreters) endet, sobald die hiezu befugte Stelle die Entsendung nachholt.
(6) Die Mitglieder der Bundesschiedskommission sind in Ausübung ihres Amtes unabhängig und an keine Weisungen gebunden.
(7) Entscheidungen der Bundesschiedskommission unterliegen weder der Aufhebung noch der Abänderung im Verwaltungswege."
2.1. Die belangte Behörde hat zurecht ihre Zuständigkeit zur Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreites in Anspruch genommen:
Zwar ist zur Schlichtung und Entscheidung von Streitigkeiten zwischen den Parteien eines Gesamtvertrages über die Auslegung oder die Anwendung eines bestehenden Gesamtvertrages die Landesschiedskommission zuständig, gegen deren Entscheidungen Berufung bei der Bundesschiedskommission erhoben werden kann (§345a i.V.m. § 346 ASVG). Die Zuständigkeit der belangten Behörde zur Entscheidung von Streitigkeiten, die in rechtlichem oder tatsächlichem Zusammenhang mit dem Einzelvertrag stehen, umfaßt aber auch die Kompetenz, im Zuge der Feststellung des Inhaltes des Einzelvertrages vorfrageweise die Gültigkeit von Bestimmungen des Gesamtvertrages zu beurteilen, die sie - ihre Gültigkeit vorausgesetzt - als Inhalt des jeweils in Rede stehenden Einzelvertrages ihrer Entscheidung zugrunde zu legen hätte.
Soweit sie also als notwendiges Element ihrer rechtlichen Beurteilung auch Fragen der Gültigkeit (und damit insoweit auch des "ob" der Einwirkung der betreffenden Bestimmungen des Gesamtvertrages auf den Einzelvertrag) zu prüfen hat, gleicht der Gegenstand ihrer rechtlichen Beurteilung zwar jenem der Landesschiedskommission (bzw. der Bundesschiedskommission) bei der Entscheidung von Streitigkeiten über die Auslegung und Anwendung eines bestehenden Gesamtvertrages (in diesem Sinne, wenngleich von Kompetenzüberschneidung sprechend: Mosler in:
Strasser (Hrsg.), Arzt und gesetzliche Krankenversicherung, 1995, 403), freilich ohne hinsichtlich der bloß vorfrageweisen Beurteilung der Gültigkeit des Gesamtvertrages für die zur Entscheidung über die Gültigkeit des Gesamtvertrages zuständige Landesschiedskommission irgendeine Bindungswirkung zu entfalten (s. ; weiters die Erkenntnisse des , sowie , B2425/96 und , B1121/97).
2.2. In einem Bericht vom hat es die Europäische Kommission für Menschenrechte für mit Art 6 EMRK unvereinbar gehalten, daß in der Landesberufungskommission Vertreter der Parteien des Gesamtvertrages als Beisitzer tätig werden. Der Antragsteller müsse befürchten, daß die solchermaßen bestellten Beisitzer eigene, seinen Interessen zuwiderlaufende Interessen vertreten könnten. Die Mitwirkung dieser Interessenvertreter nehme daher der Landesberufungskommission den Anschein der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit (EKMR vom , Appl. Nr. 17291/90, Rom Hortolomei gegen Österreich, §§45 ff.).
Die EKMR hält die vom ASVG gewählte Konstruktion nicht schlechthin für konventionswidrig. Sie leitet die Verletzung des Art 6 EMRK erst aus der Kombination der kritisierten Zusammensetzung der Behörde mit dem Ausschluß der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ab (aaO, §§48 ff.).
Gemäß Art 32 EMRK hat das Ministerkomitee mit Entscheidung von eine Verletzung des Art 6 EMRK festgestellt und eine Entschädigungssumme für den Beschwerdeführer des damaligen Anlaßverfahrens festgesetzt.
2.2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat bereits in seinen Erkenntnissen VfSlg. 11729/1988 und 12083/1989 ausgesprochen, daß Streitigkeiten aus dem Einzelvertrag in den Kernbereich der durch Art 6 Abs 1 EMRK erfaßten zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen fallen (vgl. auch VfSlg. 13553/1993). Der Verfassungsgerichtshof war daher der Meinung, daß eine über solche Streitigkeiten absprechende Behörde den Anforderungen des Art 6 EMRK entsprechen muß; er hat keine Veranlassung, von dieser Rechtsprechung abzugehen.
Die Landesberufungskommission für das Land Tirol ist eine nach der Bestimmung des Art 133 Z 4 B-VG eingerichtete, sogenannte Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag. Die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes ist nicht für zulässig erklärt. Der Verfassungsgerichtshof hat in der Vergangenheit bereits wiederholt ausgesprochen, daß es sich bei den Landesberufungskommissionen um Behörden handelt, die den Anforderungen des Art 6 EMRK entsprechen (vgl. VfSlg. 14909/1997 mwN).
2.2.2. Der Verfassungsgerichtshof sieht sich auch durch den zitierten Bericht der EKMR und die Entscheidung des Ministerkomitees nicht veranlaßt, von dieser Rechtsprechung abzurücken:
a) Der Verfassungsgerichtshof bleibt bei seiner Rechtsprechung, wonach die geforderte Unabhängigkeit und Unparteilichkeit einer zur Berufung über "civil rights" i.S.d. Art 6 EMRK berufenen Behörde dann fehlt, wenn bestimmte Tatsachen objektiv Anlaß dafür geben, diese Unparteilichkeit in Zweifel zu ziehen (vgl. zuletzt B 1809 - 1811/97).
b) Wie aber bereits in den Erkenntnissen VfSlg. 9887/1983 und 11912/1988 näher dargetan wurde, läßt sich allein aus der gesetzlich vorgeschriebenen Mitwirkung sogenannter Interessenvertreter an der Entscheidung eine - auch nur scheinbare - Abhängigkeit von den Streitparteien nicht ableiten:
Zum einen handelt es sich bei diesen Mitgliedern zwar um Vertreter beider gegenbeteiligter Interessenssphären. Die auch gegenüber den sie entsendenden Organisationen weisungsfreien Mitglieder des Kollegialorgans, die in einer Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag im Sinne des Art 133 Z 4 B-VG tätig sind, fungieren aber keinesfalls als persönliches Sprachrohr der einen oder anderen Partei; sie sollen vielmehr aus der Sicht ihrer jeweiligen Berufserfahrungen als Experten sachliche Gesichtspunkte sowohl aus der Sicht der Sozialversicherung als auch aus jener der ärztlichen Berufsausübung in den Entscheidungsvorgang einbringen. Ein Verstoß gegen die geforderte Unparteilichkeit könnte daher, wie der Gerichtshof bereits in seinem Erkenntnis VfSlg. 12470/1990 mit näherer Begründung ausgesprochen hat, nur im Einzelfall in besonderen Umständen liegen, die sich etwa aus einer für die Entscheidung relevanten dienstlichen oder organisatorischen Abhängigkeit der bestellten Kommissionsmitglieder ergeben (vgl. zuletzt VfSlg. 14909/1997; ferner das Urteil des EGMR in der Sache Sramek vom , Serie A Nr 84, 20 = EuGRZ 1985, S 336 ff, und jüngst das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B2835/96).
c) Eine solche dienstliche oder organisatorische Abhängigkeit entsteht aber nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes nicht schon dadurch, daß die Parteien des Gesamtvertrages die Beisitzer der Landesberufungskommission nominieren. Sie kann auch nicht aus dem Umstand abgeleitet werden, daß gemäß § 345 Abs 3 i.V.m. § 346 Abs 4 Z 3 ASVG der Bundesminister für Justiz ein Mitglied der Landesberufungskommission bei Vorliegen eines wichtigen persönlichen Grundes auf Antrag der jeweils entsendenden Institution abzuberufen hat. Das gesetzliche Erfordernis eines wichtigen persönlichen Grundes schließt eine Bedachtnahme auf den Inhalt der Entscheidungstätigkeit des betreffenden Mitgliedes von vornherein aus. Zudem unterliegt die Abberufung durch Bescheid des Bundesministers für Justiz nicht nur im vollen Umfang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle: Ob der im konkreten Fall zur Abberufung herangezogene Grund vor dem verfassungsrechtlichen Hintergrund auch des Art 6 EMRK Bestand haben kann, unterliegt auch der uneingeschränkten Kognition des Verfassungsgerichtshofes.
d) Die Prüfungsbefugnis des Verfassungsgerichtshofes unterliegt auch in der Frage, ob die Landesberufungskommission ordnungsgemäß besetzt war und ob die Mitwirkung von Mitgliedern unter dem Aspekt des Art 6 EMRK Anlaß zu Zweifeln an der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Behörde geben könnte, keiner Einschränkung.
e) Angesichts der gesetzlich verbürgten Weisungsfreiheit der Mitglieder der Landesberufungskommission könnte daher eine den Anschein der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit beeinträchtigende Konstellation auch im Lichte des zitierten Kommissionsberichtes nur etwa dann vorliegen, wenn die konkret zur Entscheidung berufenen Mitglieder der Kommission an der Gestaltung des Gesamtvertrages mitgewirkt hätten, oder sonst besondere Gründe vorlägen, welche ihre Unabhängigkeit und Unparteilichkeit zur Entscheidung von bestimmten Rechtssachen mit Recht in Zweifel ziehen ließen.
Solche konkreten Vorwürfe sind aber weder vom Beschwerdeführer geltend gemacht worden, noch im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof hervorgekommen.
2.3.1. Ein willkürliches Verhalten kann der Behörde unter anderem dann vorgeworfen werden, wenn sie den Beschwerdeführer aus unsachlichen Gründen benachteiligt hat oder aber, wenn der angefochtene Bescheid wegen gehäuften Verkennens der Rechtslage in einem besonderen Maße mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch steht (zB VfSlg. 10337/1985, 11436/1987).
Einer Behörde kann aber auch dann, wenn sie unrichtig entschieden hat, nicht Willkür zur Last gelegt werden, sofern sie nur bemüht war, richtig zu entscheiden, indem sie Gründe und Gegengründe gegeneinander abgewogen hat. Dies bedeutet, daß es unter dem Blickwinkel des Gleichheitssatzes in der Regel nicht ausreichen würde, wenn die Behörde nur die für die Abweisung eines Anspruches maßgeblichen Gründe aufzählt, es jedoch unterläßt, sich mit den Gründen auseinanderzusetzen, die für die Bejahung der Anspruchsberechtigung zu sprechen scheinen, so daß sie gar nicht in die Lage kommen könnte, Gründe und Gegengründe einander gegenüberzustellen und dem größeren Gewicht der Argumente den Ausschlag geben zu lassen (zB VfSlg. 9665/1983, 12102/1989, 12477/1990).
2.3.2. Die belangte Behörde hat sich ausführlich nicht nur mit der Argumentation des Beschwerdeführers einerseits und der Antragsgegnerin andererseits, sondern auch mit in der Literatur und in der Rechtsprechung vertretenen Auffassungen zum Gegenstand ihrer Entscheidung auseinandergesetzt. Sie hat umfassend Gründe und Gegengründe gegeneinander abgewogen und alle notwendigen rechtlichen Elemente ihrer Entscheidung erörtert.
Es kann aus der Sicht des vorliegenden Beschwerdefalls dahinstehen, ob die Nichtigkeit gesamtvertraglicher Bestimmungen unmittelbar aus den Grundrechten und insbesondere dem Gleichheitssatz herrühren, oder ob ein Widerspruch zu diesen Grundrechten (bloß) ihre Sittenwidrigkeit im Sinne des § 879 ABGB herbeiführen kann bzw. ob zusätzlich zu den Maßstäben, die sich aus den Grundrechten ergeben, auch andere Überlegungen über die Sittenwidrigkeit von Verträgen auf Gesamtverträge angewendet werden können, wie die Beschwerde meint.
Die belangte Behörde hatte schon deshalb keine Veranlassung, in ein Ermittlungsverfahren zur Frage der Angemessenheit der Honorarordnung einzutreten, weil diese als Resultat von Verhandlungen zwischen Interessenvertretungen, die einander widerstreitende Interessen zu vertreten haben, Ausdruck des zwischen diesen gegenbeteiligten Interessen erzielten Interessenausgleichs sind und insoweit auch die Vermutung der Angemessenheit der zu erbringenden Leistungen und des für diese Leistungen geschuldeten Entgelts für sich haben. Besondere Umstände, welche die Angemessenheit der Honorarordnung in Zweifel ziehen könnten, wurden vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Die Unterlassung von Ermittlungen durch die belangte Behörde zur Frage der Angemessenheit der Honorarordnung vermag daher den Vorwurf der Willkür nicht zu begründen.
2.3.3. Die von der belangten Behörde im Hinblick auf ihre Rechtsauffassung letztlich offengelassene Frage der Verfristung eines Teiles der geltend gemachten Forderungen des Beschwerdeführers bedarf - als für den angefochtenen Bescheid nicht tragend - keiner weiteren Erörterung.
2.4. Die belangte Behörde hat demnach gegenüber dem Beschwerdeführer keine Willkür geübt. Ob aber der angefochtene Bescheid in jeder Hinsicht dem Gesetz entspricht, hat der Verfassungsgerichtshof nicht zu beurteilen. Dies auch dann nicht, wenn die belangte Behörde nach der Vorschrift des Art 133 Z 4 B-VG eingerichtet und die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zur Überprüfung ihrer Entscheidung ausgeschlossen ist (vgl. VfSlg. 13762/1994 mit Hinweisen auf die Vorjudikatur).
3. Die vom Beschwerdeführer behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat somit nicht stattgefunden. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß der Beschwerdeführer in sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, daß er in seinen Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Dies konnte gemäß § 19 Abs 4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.