OGH 10.12.2020, 12Os77/20w
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. PD Oshidari, Dr. Michel-Kwapinski, Dr. Brenner und Dr. Haslwanter in der Strafsache gegen Bastian L* und weitere Angeklagte wegen des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Markus H* gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Jugendschöffengericht vom , GZ 9 Hv 35/20k-66, sowie über dessen Beschwerde gegen den unter einem gefassten Beschluss auf Widerruf einer bedingten Strafnachsicht und auf Verlängerung von Probezeiten nach Anhörung der Generalprokuratur nichtöffentlich (§ 62 Abs 1 zweiter Satz OGH-Geo 2019) den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch in Rechtskraft erwachsene Schuldsprüche weiterer Angeklagter enthält, wurde Markus H* des Verbrechens der Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs 1 StGB (I./B,/), des Verbrechens der Brandstiftung nach §§ 12 dritter Fall, 169 Abs 1 StGB (I./C./1./) sowie des Vergehens der Sachbeschädigung nach §§ 12 dritter Fall, 125 StGB (II./B./) schuldig erkannt.
Danach haben in E*
I./ an fremden Sachen ohne Einwilligung „der Berechtigten“ eine Feuersbrunst durch Einbringen einer externen Zündquelle verursacht und zu verursachen versucht, und zwar
A./ Bastian L* am , indem er in einer Lagerhalle am Frachtenbahnhof Benzin ausbrachte und diese in Brand setzte, wodurch die Lagerhalle in Vollbrand geriet;
B./ Bastian L* und Markus H* im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter am , indem sie im Bereich der E* aufgestapeltes Holz mit einer Grillpaste entzündeten, wodurch dieses in Vollbrand geriet, wobei infolge rechtzeitigen Ablöschens durch die Feuerwehr (US 11) ein weiteres Ausbreiten der Flammen auf den Bereich der Au unterblieb;
C./ beigetragen, nämlich
1./ Markus H* und Magdalena W* zu der zu I./A./ genannten strafbaren Handlung des Bastian L*, indem sie diesen zum Brandort chauffierten, in der Nähe auf ihn warteten und ihn im Anschluss wieder abholten;
...
II./ am nachgenannte fremde Sachen mit einem 5.000 Euro jedenfalls nicht übersteigenden Gesamtschaden beschädigt oder zerstört, und zwar
A./ Bastian L*
1./ durch Einwerfen einer Rauchbombe in einen Mistkübel der Stadtgemeinde E*;
2./ durch Ausbringen von Benzin auf einem aus Metall gefertigten Müllcontainer der En* AG Oberösterreich;
B./ Markus H* und Magdalena W* zu den zu II./A./1./ und 2./ genannten strafbaren Handlungen des Bastian L* beigetragen, indem sie diesen jeweils zum Tatort chauffierten, in der Nähe auf ihn warteten und im Anschluss wieder abholten.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5a StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten H* ist nicht berechtigt.
Die Tatsachenrüge (Z 5a) will nur geradezu unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel – unter gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiserwägungen – verhindern (RIS-Justiz RS0118780). Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen – wie sie die Berufung wegen Schuld des Einzelrichterverfahrens einräumt – wird durch sie aber nicht eröffnet (RIS-Justiz RS0119583).
Das Vorbringen der Nichtigkeitsbeschwerde, der Angeklagte habe sich zu I./B. des Schuldspruchs vollinhaltlich schuldig bekannt, weshalb auch seine zu den übrigen Fakten leugnende Verantwortung glaubwürdig wäre, entspricht nicht den Kriterien des angesprochenen Nichtigkeitsgrundes.
Durch die Berufung auf den Zweifelsgrundsatz (§ 14 StPO, Art 6 Abs 2 MRK) wird ein aus Z 5a des § 281 Abs 1 StPO beachtlicher Mangel nicht behauptet (RIS-Justiz RS0102162).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).
Zu der von der Generalprokuratur in ihrer Stellungnahme angeregten amtswegigen Aufhebung (§ 290 Abs 1 zweiter Satz StPO) von Teilen des angefochtenen Urteils bleibt anzumerken, dass nach dem Erkenntnis des verstärkten Senats des Obersten Gerichtshofs vom zu AZ 13 Os 24/20h der Tatbestand der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB ein abstraktes Gefährdungsdelikt umschreibt, der die als fehlend reklamierten Feststellungen nicht verlangt.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Strafrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2020:E130099 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
JAAAD-95210