OGH vom 28.06.2000, 9ObA129/00m
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Michael Manhard und Anton Liedlbauer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Zentralausschuss der Personalvertretung der Bediensteten der Stadtgemeinde K*****, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner ua, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Stadtgemeinde K*****, vertreten durch Dr. Erich Hermann und Dr. Markus Ludvik, Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung (Streitwert S 300.000), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 8 Ra 272/99z-15, womit das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 8 Cga 164/98b-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S
13.725 (darin S 2.287,50 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte ist Erhalter und Träger der J. G. A***** Musikschule der Stadt K*****. In dieser sind mehr als drei in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zur Beklagten stehende Musikschullehrer beschäftigt.
Der klagende Zentralausschuss begehrt gemäß § 54 Abs 1 ASGG die Feststellung, dass die zur Beklagten in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis stehenden Musikschullehrer der vorgenannten Musikschule bei Vorliegen der in § 15 NÖ Gemeinde-Vertragsbedienstetengesetz genannten Voraussetzungen Anspruch auf die Gewährung einer Kinderzulage im gesetzlichen Ausmaß und bei Vorliegen der im § 24 Abs 3 NÖ Gemeinde-Vertragsbedienstetengesetz genannten Voraussetzungen Anspruch auf die Gewährung einer Jubiläumsbelohnung im gesetzlichen Ausmaß haben.
Der Kläger bringt dazu im Wesentlichen vor, dass auf die Dienstverhältnisse der bei der Beklagten beschäftigten Musikschullehrer das NÖ GVBG zur Anwendung komme. Dies ergebe sich aus § 1 NÖ GVBG. Gemäß § 15 NÖ GVBG gebühre dem Vertragsbediensteten, der eine Kinderzulage erhalten habe, auch eine Studienbeihilfe. Dabei handle es sich um einen Entgeltanspruch. Gemäß § 24 Abs 3 NÖ GVBG gebühre dem Vertragsbediensteten aus Anlass einer zurückgelegten Dienstzeit von 25 und 40 Jahren eine Jubiläumsbelohnung. Die Beklagte bestreite, dass auch Musikschullehrer diese Ansprüche stellen könnten, weil für diese nur Abschnitt III des NÖ GVBG zur Anwendung gelange. Die §§ 15 und 24 seien jedoch im Abschnitt I des NÖ GVBG enthalten. Abschnitt III des GVBG sehe demgegenüber für die von den Gemeinden beschäftigten Vertragslehrer die sinngemäße Anwendung der Bestimmungen des Bundes-Vertragsbedienstetengesetzes 1948 idF BGBl Nr 519/1993 vor. Damit werde aber nur auf die Sonderbestimmungen für Vertragslehrer in den §§ 37 bis 49 VBG 1948 verwiesen. Dies gelte gemäß § 46 Abs 2 NÖ GVBG für Musikschullehrer nur insoweit, als durch die §§ 46a bis 46c NÖ GVBG nichts anderes bestimmt werde. Diese Bestimmungen enthielten Regelungen über die Lehrpflicht, die Einstufung und die Bezüge der Musikschullehrer. Die Auffassung der Beklagten, dass § 46 NÖ GVBG eine Gesamtverweisung auf das VBG 1948 enthalte und damit die Anwendung des ersten Abschnittes des NÖ GVBG auf Dienstverhältnisse von Musikschullehrern ausschließe, sei nicht haltbar; andernfalls käme schon der im ersten Abschnitt enthaltene § 1 NÖ GVBG über den Geltungsbereich für Musikschullehrer überhaupt nicht zur Anwendung, weiters sei auch die im Abschnitt I enthaltene Bestimmung des § 29 Abs 1 sinnentleert. Auch § 20 Abs 2 NÖ GVBG in einer früheren Fassung verweise ausdrücklich darauf, dass die vom Abschnitt II und III erfassten Vertragsbediensteten (somit auch Vertragslehrer) keinen Anspruch auf Verwaltungsdienstzulagen gehabt hätten. Auch diese Ausnahmebestimmung wäre entbehrlich gewesen, wenn Abschnitt I ohnedies nicht zur Anwendung gekommen wäre.
Zusammenfassend ergebe sich aus der gesamten Systematik des Gesetzes, dass auch die Bestimmungen des Abschnittes I, insbesondere die §§ 15 und 24 auf Musikschullehrer Anwendung zu finden hätten.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Für Vertragslehrer von Gemeinden gelte der Abschnitt III des NÖ GVBG. Dieser sehe eine statische Gesamtverweisung auf das VBG 1948 idF von 1993 vor. Diese Gesamtverweisung finde eine sachliche und eine persönliche Einschränkung; in sachlicher Hinsicht gelten für Musikschullehrer primär die §§ 46a bis 46c NÖ GVBG und insoweit nur subsidär das VBG 1948. Auf Musikschullehrer mit einem Beschäftigungsausmaß unter einem Drittel der Vollbeschäftigungszeit sei das VBG 1948 "nicht zwingend anzuwenden". Die Auffassung, dass nur eine Teilverweisung auf die §§ 37 bis 49 VBG 1948 beabsichtigt sei, finde im Gesetz keine Stütze. Wenngleich die Bestimmung des § 29 Abs 1 lit a NÖ GVBG entbehrlich sei, könne daraus nicht der Umkehrschluss gezogen werden, diese Bestimmung habe nur dann Sinn, wenn der gesamte I. Abschnitt des NÖ GVBG grundsätzlich für das Dienstverhältnis von Musikschullehrern gelte. Dies treffe auch für die mittlerweile außer Kraft getretene Bestimmung des § 20 Abs 2 NÖ GVBG zu, aus welcher ebenfalls nur eine Bestätigung der sich ohnehin aus dem dritten Abschnitt ergebenden Regelung zu ersehen gewesen wäre. Die Bezugnahme auf die Abschnitte II und V des NÖ GVBG (Sonderbestimmungen für andere Vertragsbedienstetengruppen) überzeuge insoweit nicht, als der in Abschnitt II enthaltene § 43 ausdrücklich die subsidäre Anwendung des Abschnittes I anordne und § 47a des Abschnittes V ausdrücklich nur auf einzelne Bestimmungen des NÖ GVBG verweise. Auf Musikschullehrer mit einem Beschäftigungsausmaß von mindestens einem Drittel der Vollbeschäftigung kämen daher - mit den vorgenannten Einschränkungen - nur die Bestimmungen des Bundes-Vertragsbedienstetengesetzes, nicht jedoch die §§ 15 und 24 NÖ GVBG zur Anwendung.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es vertrat die Rechtsauffassung, dass § 46 NÖ GVBG auf das VBG 1948 idF BGBl Nr 519/1993 verweise. Für die Geltung einzelner Bestimmungen des ersten Abschnittes des NÖ GVBG finde sich keine gesetzliche Grundlage.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es hat die Frage, ob die in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zur Beklagten stehenden Musikschullehrer Ansprüche nach §§ 15 und 24 Abs 3 NÖ GVBG geltend machen können, zutreffend verneint. Es reicht daher insoweit aus, auf die zutreffende und eingehende Begründung des Berufungsgerichtes hinzuweisen (§ 510 Abs 3 ZPO). Ergänzend ist den Ausführungen des Revisionswerbers entgegenzuhalten:
Rechtliche Beurteilung
Die hier maßgeblichen bzw von den Parteien zur Untermauerung ihrer Standpunkte herangezogenen Bestimmungen des NÖ Gemeinde-Vertragsbedienstetengesetzes in der hier anzuwendenden Fassung (dh vor der 38. Novelle) lauten wie folgt:
"Abschnitt I
Allgemeine Bestimmungen
§ 1 Geltungsbereich
(1) Dieses Gesetz gilt für Personen, die in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zu einer Gemeinde stehen (Vertragsbedienstete). ...
§ 14 Kinderzulage
Der Vertragsbedienstete hat Anspruch auf eine Kinderzulage, soweit ihm nicht auf Grund eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses eine gleichartige Zulage gebührt. Der Anspruch auf eine Kinderzulage sowie deren Ausmaß, Anfall und Einstellung richtet sich, sofern sich aus dem §§ 16 und 19 nichts anderes ergibt, nach den für die Gemeindebeamten geltenden Vorschriften.
§ 15 Studienbeihilfe
(1) Dem Vertragsbediensteten, der die Kinderzulage für ein Kind erhält, gebührt eine jährliche Studienbeihilfe von S 2.420, wenn dieses Kind eine andere als die Pflichtschule besucht. ... (Die weiteren Absätze enthalten diverse Abstufungen).
§ 24 Außerordentliche Zuwendungen für besondere Leistungen
... (3) Dem Vertragsbediensteten gebührt aus Anlass der Vollendung einer zurückgelegten Dienstzeit von 25 und 40 Jahren eine Jubiläumsbelohnung. Im Übrigen sind die Bestimmungen des § 53 Abs 3 bis 7 der NÖ Gemeindebeamtendienstordung 1976 sinngemäß anzuwenden.
...
§ 29 Besondere Vorschriften für die Festsetzung des Stichtages
(1) Die Festsetzung eines Stichtages findet nicht statt
a) bei Vertragsbediensteten, auf die gemäß § 46 die Rechtsvorschriften für die Vertragslehrer des Bundes sinngemäß anzuwenden sind; ..."
"Abschnitt III
Sonderbestimmungen für Vertragslehrer an den von den Gemeinden erhaltenen privaten Unterichtsanstalten
§ 46 Anwendungsbereich
Auf die an den von den Gemeinden erhaltenen privaten Unterrichtsanstalten verwendeten Vertragslehrer finden die Bestimmungen des Vertragsbedienstetengesetzes 1948, BGBl Nr 86 idF BGBl Nr 519/1993, sinngemäß Anwendung. Für Musikschullehrer gilt dies nur insoweit, als ihr Beschäftigungsausmaß mindestens ein Drittel der für die Vollbeschäftigung (§ 46a) vorgeschriebenen Wochenstundenanzahl beträgt und im Folgenden nichts anderes bestimmt ist.
§ 46a Lehrverpflichtung der Musikschullehrer
(1) ... (Lehrverpflichtung für vollbeschäftigte Musikschullehrer)
(2) (Lehrverpflichtung für Musikschulleiter)
(3) (Ab- bzw Aufrundung auf volle Wochenstunden)
(4) ... sofern bei einem vollbeschäftigten Musikschullehrer diese
zusätzliche Tätigkeit mehr als zwei Wochenstunden beträgt, ist sie als Mehrdienstleistung zu vergüten. § 61 Abs 3 und 4 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl Nr 519/1993, gelten sinngemäß ...
§ 46c Bezüge der Musikschullehrer
(1) Den Musikschullehrern gebühren Monatsbezüge
(2) Der Monatsbezug besteht aus dem Monatsentgelt gemäß § 41 Abs 1 des VBG 1948, BGBl Nr 86 idF BGBl Nr 519/1993, der Haushaltszulage gemäß §§ 4 und 5 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl Nr 54 idF BGBl Nr 519/1993 und der Leiterzulage (Abs 3).
(3) Dem Leiter der Musikschule gebührt eine Leiterzulage. Die Höhe dieser Zulage bestimmt sich nach § 57 Abs 2 des Gehaltsgesetzes 1956
...
(4) Außer dem Monatsbezug gebührt dem Musikschullehrer für jedes Kalendervierteljahr eine Sonderzahlung in der Höhe von 50 % des Monatsbezuges
(5) Teilbeschäftigten Musikschullehrern gebührt der Monatsbezug im aliquoten Ausmaß"
§ 37 des VBG 1948 (enthalten in: Abschnitt II: Sonderbestimmungen für Vertragsbedienstete im Lehramt - Anwendungsbereich) in der hier anzuwendenden, verwiesenen Fassung lautet wie folgt:
"§ 37
(1) Die Bestimmungen dieses Abschnittes gelten für Vertragslehrer des Bundes. Vertragslehrer im Sinne dieses Abschnittes sind Vertragsbedienstete, die im Lehramt oder an Bundeserziehungsanstalten, Bundeskonvikten, Blindeninstituten, Taubstummeninstituten oder an gleichartigen Anstalten als Erzieher verwendet werden.
(2) Auf Vertragslehrer finden, soweit in diesem Abschnitt nichts anderes bestimmt ist, die Bestimmungen des Abschnittes I - ausgenommen § 1 Abs 3 Z 2 - Anwendung ...".
Schon der klare Wortlaut des § 46 NÖ GVBG lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass auf die an den von den Gemeinden erhaltenen privaten Unterrichtsanstalten verwendeten Vertragslehrer die Bestimmungen des Vertragsbedienstetengesetzes 1948 sinngemäß Anwendung zu finden haben. Für Musiklehrer gilt dies mit den sich aus den §§ 46a ff ergebenden Ausnahmen. Das vom Kläger ins Treffen geführte Argument, dass sich insbesondere aus § 29 Abs 1 NÖ GVBG eindeutig ergebe, dass das VBG 1948 nur hinsichtlich der §§ 37 bis 49 (Sonderbestimmungen für Vertragslehrer des Bundes) Anwendung zu finden habe, vermag seinen Standpunkt nicht zu stützen: Gerade aus § 37 Abs 2 des VBG 1948 ergibt sich nämlich auch die Geltung der sonstigen Bestimmungen (= Abschnitt I) des VBG 1948.
Auch der weitere Verweis des § 46c Abs 2 NÖ GVBG auf die Haushaltszulage gemäß §§ 4 und 5 des Gehaltsgesetzes 1956 (- Pendant zur Kinderzulage im Sinne des § 14 NÖ GVBG -), der Verweis auf die Leiterzulage gemäß § 46c Abs 3 NÖ GVBG sowie der Hinweis auf eine Mehrdienstleistung nach dem Gehaltsgesetz 1956 (§ 46a Abs 4 NÖ GVBG (entsprechend der Bestimmung des § 45 VBG 1948) geben deutlich zu erkennen, dass Bezüge und Zulagen (- und nur um diese geht es im vorliegenden Rechtstreit -) nur aus den verwiesenen Normen, nicht jedoch aus dem ersten Abschnitt des NÖ GVBG zu ermitteln sind. Lediglich der Vollständigkeit halber sei darauf verwiesen, dass das NÖ GVBG in der nunmehr geltenden, auf den konkreten Sachverhalt noch nicht anzuwendenden Fassung, in seinem § 46 nach wie vor die Verweisung auf die Bestimmungen des VBG 1948 BGBl Nr 86 in der Fassung BGBl I Nr 10/1999 vorsieht und trotz eines eigenen, neuen Gehaltsschemas für Musikschullehrer (§ 46g) in seinem § 46f hinsichtlich der Zulagen immer noch die Verweisung auf § 4 des Gehaltsgesetzes 1956 enthält.
Wenngleich sich die generelle Anwendungsnorm des § 1 NÖ GVBG im Rahmen des Abschnittes I findet, ergibt sich daraus nicht der Umkehrschluss, dass der gesamte Abschnitt I auf Dienstverhältnisse von Musikschullehrern anzuwenden wäre, zumal dies in unlösbarem Widerspruch zur Anwendung der vorerwähnten Bestimmungen des VBG 1948 und des Gehaltsgesetzes stünde.
Die Kostenentscheidung ist in den §§ 41, 50 Abs 1 ZPO begründet.