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OGH vom 24.10.2005, 9ObA128/05x

OGH vom 24.10.2005, 9ObA128/05x

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden, durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Univ. Doz. Dr. Bydlinski sowie durch die fachkundigen Laienrichter Dr. Manfred Engelmann und Mag. Michael Zawodsky als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A***** HandelsgmbH, ***** vertreten durch Dr. Walter Fleissner, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Krystyna P*****, Hausbesorgerin, ***** vertreten durch Dr. Bertram Dietrich, Mag. Thomas Majoros und Mag. Claus Marchl, Rechtsanwälte in Wien, wegen Aufkündigung des Hausbesorgerdienstverhältnisses, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 7 Ra 52/05a-38, mit dem das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom , GZ 25 Cga 213/99x-34, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie zu lauten haben:

„Das Klagebegehren, die gerichtliche Aufkündigung vom sei zum wirksam und die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei das Objekt top 9 in *****, geräumt von eigenen Fahrnissen zu übergeben, wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 1.444,62 (darin EUR 236,10 an USt und EUR 28 an Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die klagende Partei ist weiters schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 491,52 (darin EUR 81,92 Umsatzsteuer) bestimmten Verfahrenskosten zweiter und dritter Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte ist seit 1978 Hausbesorgerin im Haus ***** in *****; sie bewohnt die Wohnung top Nr 9 als Dienstwohnung. Die Klägerin war zum Zeitpunkt der Einbringung der Aufkündigung Mehrheitseigentümerin (531/908 Anteile) der Liegenschaft, die im (schlichten) Miteigentum der Klägerin sowie einiger Wohnungseigentumsbewerber stand. Nachdem ein Sohn der Beklagten in einem anderen Gerichtsverfahren ausgesagt hatte, dass seine Mutter lediglich die „leichten" Arbeiten, wie das Abwischen der Fensterbänke und Stiegengeländer besorge, wogegen er alle anderen „schwereren" Arbeiten (Fensterputzen, Aufwaschen der Böden, Wechseln der Glühbirnen) verrichte, forderte ein Vertreter der Klägerin in einem als „Verwarnung" übertitelten Schreiben vom die Beklagte auf, unverzüglich und persönlich bestimmte Arbeiten (Kehren der Stiegen und Gänge, Waschen der Stiegen und Gänge, Kehren der Höfe, Reinigen der Waschküche und des Kellers) durchzuführen, und kündigte die Entlassung für den Fall an, dass die Beklagte sich fortgesetzt weigern würde, diese Tätigkeiten persönlich auszuführen. Auch nach dieser Aufforderung wurden die gröberen Arbeiten nach wie vor im Wesentlichen vom Sohn der Beklagten verrichtet. Die Beklagte selbst führte im Wesentlichen leichte Arbeiten wie das Abwischen von Fensterbänken und Handläufen durch; gelegentlich wischte sie auch den Boden auf oder kehrte die Stiegen.

Die Klägerin kündigte am das Hausbesorgerdienstverhältnis gerichtlich auf und begehrte die Übergabe der Hausbesorgerwohnung. Die Beklagte komme ihrer in den §§ 4 ff des HbG normierten Dienstpflicht nicht persönlich nach und weigere sich, die Hausbesorgerarbeiten durchzuführen. Sämtliche Arbeiten würden trotz schriftlicher Verwarnung durch unbekannte Personen bzw den Sohn der Beklagten, jedenfalls nicht persönlich, erledigt. Die Klägerin sei sowohl als Mehrheitseigentümerin als auch in ihrer Eigenschaft als Hausverwalterin im Rahmen der ordentlichen Verwaltung zur Kündigung des Hausbesorgerdienstverhältnisses berechtigt.

Die Beklagte wendete dagegen im Wesentlichen ein, die Klägerin sei nicht Mehrheitseigentümerin und damit aktiv nicht klagelegitimiert. Einzelne beschwerliche Arbeiten würden vom älteren Sohn durchgeführt, was durch § 4 HbG gedeckt sei. Leichtere Hausbesorgertätigkeiten führe die Beklagte selbst durch; sie sei auch geistig und körperlich in der Lage, diese zu erbringen. Insgesamt würden die Hausbesorgerobliegenheiten ordnungsgemäß erfüllt.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt, erklärte die Aufkündigung für wirksam und erkannte die Beklagte schuldig, die Wohnung zu übergeben. Nach herrschender Judikatur könne bei schlichtem Miteigentum auch der Mehrheitseigentümer allein ein Hausbesorgerdienstverhältnis aufkündigen. Die Klägerin sei sowohl zum Zeitpunkt der Einbringung der Aufkündigung als auch bei deren Zustellung Mehrheitseigentümerin gewesen. Eine Änderung der Mehrheitsverhältnisse hätte sich erst später im Zusammenhang mit der „Neuparifizierung" ergeben. Selbst wenn die Anteilsverteilung zu diesem (späteren) Zeitpunkt von Relevanz wäre, hätte die Klägerin über die Mehrheit der Anteile verfügt, weil weitere Miteigentümer der Klageführung zugestimmt haben. Der Kündigungsgrund der beharrlichen Weigerung zur persönlichen Erbringung der aus dem HbG erfüllten Verpflichtungen liege vor. Das Hausbesorgerdienstverhältnis stelle ein höchstpersönliches Vertrauensverhältnis dar. Es lasse daher eine Ersatzkraft zur dauernden Besorgung der Obliegenheiten nicht zu. Die Hausbesorgerdienste seien grundsätzlich in eigener Person zu leisten; § 17 HbG stelle lediglich eine - im Wesentlichen auf Fälle des Unglücks, des Urlaubes oder der Krankheit bezogene - Ausnahme dar. Eine Vertreterbestellung sei nur bei zeitlich begrenzter, vorübergehender Abwesenheit zulässig. Die Anordnung vom sei als gerechtfertigte Dienstgeberweisung, die eine persönliche Arbeitsleistung einmahne, zu qualifizieren. Die Kündigungsgründe des § 18 Abs 6 HbG seien bloß demonstrativ. Die über Monate fortgesetzte und somit beharrliche Weigerung der Beklagten, die Dienstleistungen persönlich zu erbringen, sei den gesetzlich geregelten Kündigungsfällen gleichwertig. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass im Arbeitsrecht generell die beharrliche Weigerung, sich durch den Gegenstand der Dienstleistung gerechtfertigten Anordnungen des Dienstgebers zu fügen, als Entlassungsgrund gelte.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte die Revision für nicht zulässig. Bei der Aufkündigung eines Hausbesorgerdienstverhältnisses komme es auf den Grundbuchstand bei Einbringung der Aufkündigung an. Die Aufkündigung könne durch die Mehrheit der Miteigentümer erfolgen. Die Anmerkung der Zusage der Einräumung des Wohnungseigentums für verschiedene Miteigentümer ändere nichts an der Aktivlegitimation der Mehrheitseigentümerin. Soweit sich die Beklagte darauf berufe, dass die Oberaufsicht und Verantwortung bei ihr verblieben sei, keine fremden Leute in das Haus gelassen geworden seien und eine Mithilfe durch im gemeinsamen Haushalt lebende Familienmitglieder bei der Verrichtung der Hausbesorgertätigkeit nicht gegen § 17 HbG bzw § 1153 ABGB verstoße, sei ihr entgegenzuhalten, dass ihr Sohn, der die gröberen Hausbesorgerarbeiten verrichte, unbekämpftermaßen mit seiner Mutter nicht im gemeinsamen Haushalt lebe. Gemäß § 2 Z 1 HbG „haben HausbesorgerInnen, sowohl die Reinhaltung als auch die Wartung und Beaufsichtigung eines Hauses im Auftrag des Hauseigentümers gegen Entgelt persönlich zu verrichten". Zu diesen für einen Hausbesorgerdienstvertrag essentialen Tätigkeiten habe sich die Beklagte verpflichtet. Beim Hausbesorgerdienstvertrag handle es sich um ein höchstpersönliches Rechtsverhältnis; die Leistungen laut HbG seien durch jene Person zu erbringen, mit welcher der Hauseigentümer vertraglich die Hausbesorgerarbeiten vereinbart habe. Da sich die Beklagte trotz ausdrücklichen Auftrags weiterhin geweigert habe, die Hausbesorgerarbeiten persönlich durchzuführen, liege eine Verletzung wesentlicher Vertragspflichten vor, sodass der Aufkündigung des Hausbesorgerdienstverhältnisses Berechtigung zukomme. Die Revision sei nicht zulässig, weil eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Beklagten erweist sich entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts als zulässig; sie ist auch berechtigt.

Das Berufungsgericht hat seine Auffassung, der Hausbesorger sei zur persönlichen Verrichtung der - hier allein strittigen - Reinigungsarbeiten verpflichtet, vor allem auf § 2 Z 1 HbG gestützt. Diese unter der Überschrift „Begriffsbestimmungen" stehende Regelung bestimmt, dass Hausbesorger im Sinne dieses Bundesgesetzes Personen sind, die sowohl die Reinhaltung als auch die Wartung und Beaufsichtigung eines Hauses im Auftrag des Hauseigentümers gegen Entgelt zu verrichten haben.

Auch wenn diese Formulierung für sich als Argument für eine höchstpersönliche Reinigungspflicht des Hausbesorgers verwendet werden könnte, darf doch nicht übersehen werden, dass § 2 HbG nur ganz grundsätzliche Begriffsbestimmungen („Hausbesorger" und „Hausbewohner") enthält, die nicht in jeder Hinsicht exakt sind und verschiedene Fragen offen lassen. In diesem Sinne weisen auch die Gesetzesmaterialien (Erläuternde Bemerkungen, abgedruckt bei Tades, Hausbesorger- und Hausbetreuerrecht5, 13) darauf hin, dass die Begriffsbestimmung nur die wesentlichen inhaltlichen Merkmale des Hausbesorgerdienstvertrags, nämlich die Verpflichtung zur Beaufsichtigung, Wartung und Reinhaltung enthalte, die dann in den §§ 3 und 4 näher ausgeführt würden.

Die - hier maßgebliche - Frage der „Reinhaltung und Wartung des Hauses" ist in § 4 HbG geregelt. Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen obliegt dem Hausbesorger nach dessen Abs 1 nicht etwa unmittelbar die Reinigung der dort näher genannten Bereiche des Hauses. Vielmehr formuliert das Gesetz, dass dem Hausbesorger „die Sorge" für die regelmäßige Reinigung... obliegt (Z 1); ähnlich wird in Z 2 als weitere Verpflichtung des Hausbesorgers die „Sorge" für die Beleuchtung des Hauses, ...., die Wartung der Wasserleitung, das Zusperren und Öffnen des Haustores... genannt.

Nachdem die detailliertere Regelung des § 4 Abs 1 HbG den bloßen Begriffsbestimmungen in § 2 HbG jedenfalls insoweit vorgeht, als darin im Einzelnen festgelegt wird, welche Pflichten den Hausbesorger im Hinblick auf die Reinhaltung und Wartung des Hauses treffen, liegt eine gesetzliche Basis für die Annahme einer höchstpersönlichen Pflicht zur Reinigung (und Wartung) nicht vor. Wenn das Gesetz anordnet, dass dem Hausbesorger „die Sorge" für die regelmäßige Reinigung obliegt, wird damit lediglich ausgedrückt, dass es in den Verantwortungsbereich des Hausbesorgers fällt, für eine regelmäßige (und ausreichende) Reinigung zu sorgen, also diese entweder selbst durchzuführen oder die Reinigung durch geeignete Dritte zu veranlassen.

Dieser Verpflichtung ist die Beklagte nach den maßgeblichen Feststellungen nachgekommen, hat doch ihr Sohn über ihre Veranlassung die anfallenden Reinigungsarbeiten durchgeführt. Auch die Klägerin wirft der Beklagten nicht eine unzureichende Reinigung vor. Die Klagebehauptung, Reinigungsarbeiten würden auch durch „unbekannte Personen" vorgenommen, wurde im Beweisverfahren nicht verifiziert (und wird auch in der Revisionsbeantwortung nicht mehr aufrechterhalten). Die Klägerin erhebt auch nicht den Vorwurf, die Beklagte hätte die Interessen der Hauseigentümer im Zusammenhang mit den von ihrem Sohn erbrachten Reinigungsleistungen nicht im Sinne des § 3 HbG mit Umsicht, Sorgfalt und Redlichkeit wahrgenommen. Werden die in § 4 Abs 1 Z 1 HbG angeführten Reinigungstätigkeiten in der gesetzlich vorgesehenen Frequenz und mit befriedigendem Ergebnis durchgeführt und geben auch sonst die Umstände der Reinigung oder die dazu herangezogenen Personen objektiv keinen Anlass für Reklamationen durch die Hausbewohner, ist dem Hausbesorger keine Verletzung der ihm nach den §§ 3 f HbG obliegenden Pflichten vorzuwerfen. Insbesondere war die Beklagte mangels einer Rechtsgrundlage für eine persönliche Reinigungspflicht auch nicht gehalten, der Weisung, die Reinigungstätigkeiten in Zukunft persönlich durchzuführen, nachzukommen.

Da somit ein Kündigungsgrund jedenfalls nicht vorliegt, erübrigt sich ein Eingehen auf die Aktivlegitimation der Klägerin.

In Anbetracht der Abänderung der Entscheidung der Vorinstanzen ist gemäß § 50 Abs 1 ZPO über die gesamten Verfahrenskosten unabhängig von den Kostenentscheidungen der Vorinstanzen abzusprechen. Die Kostenersatzpflicht der Klägerin für die gesamten Verfahrenskosten ergibt sich aus § 41 Abs 1 iVm § 50 Abs 1 ZPO. Die verzeichnete Stellungnahme vom ist in den Prozessakten nicht aufzufinden; die für den anberaumte Tagsatzung fand nicht statt. Eine Pauschalgebühr ist für die Berufung vom nicht angefallen (Anm 5 zu TP 2 iVm § 16 Abs 1 Z 1 lit a GGG).