OGH vom 30.01.2018, 9ObA127/17t

OGH vom 30.01.2018, 9ObA127/17t

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon.Prof. Dr. 

Dehn und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Stefula sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johannes Pflug und Herbert Bauer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei R***** R*****, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Republik Österreich – Bund (Bundesministerium für Finanzen), vertreten durch die

Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1011 Wien, wegen Feststellung (Streitwert 31.000 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 9 Ra 129/16f32, womit das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom (richtig) , GZ 25 Cga 36/14t28, in der Hauptsache bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung lautet:

„1. Das Klagebegehren, es werde zugunsten der klagenden Partei und zulasten der beklagten Partei festgestellt, dass die beklagte Partei verpflichtet sei, der klagenden Partei jeden Schaden zu ersetzen, der ihr daraus entstehe, dass es die beklagte Partei unterlassen habe, im Rahmen des zwischen den Parteien bestehenden Hausbesorger-Dienstverhältnisses die sozialversicherungsrechtliche Anmeldung bei der Wiener Gebietskrankenkasse durchzuführen und die sozialversicherungsrechtlichen Beiträge, insbesondere jene zur Pensionsversicherung zu leisten, und zwar in der Zeit ab und weiterhin, wird abgewiesen.“

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 13.572,15 EUR (darin 2.745,70 EUR an Barauslagen) bestimmten Kosten aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der am ***** 1952 geborene Kläger war seit Vertragsbediensteter des beklagten Bundes. Nach dem Inhalt des Dienstvertrags betätigte er sich als Heizer und Hausarbeiter. Die Beklagte meldete ihn als Arbeiter bei der Gebietskrankenkasse an.

Mit in den Jahren 1984 bis 1987 errichteten Nachträgen zum Dienstvertrag, welche jeweils zu dessen mit „Sonstige Vereinbarungen“ betitelten Punkt 15. erfolgten, übernahm der Kläger zusätzlich zunächst die „Stellung des Hausbesorgers im Sinne des [Hausbesorgergesetzes]“ (im Folgenden: HbG) für das bundeseigene Gebäude W*****. Dabei wurde vereinbart, dass der Kläger für seine Hausbesorgertätigkeit „ein von der Finanzlandesdirektion festgesetztes Entgelt, welches nach den geltenden Mindestlohntarifen für Wien sowie der geltenden Hausbesorgerentgeltverordnung für Wien berechnet wurde“, erthält. Weiters war vorgesehen, dass die Hausbesorgertätigkeit von jedem Vertragsteil zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden kann. 1987 übernahm der Kläger mit einem Nachtrag zum Dienstvertrag „zusätzlich zu den bisherigen Vereinbarungen“ die Stellung des Hausbesorgers im Sinne HbG für das bundeseigene Gebäude D*****, dies gegen ein weiteres Hausbesorgerentgelt. Einige Monate später wurde in einem Nachtrag die Beendigung der Tätigkeit als Hausbesorger für das Objekt W***** und festgehalten, dass die Hausbesorgertätigkeit nur mehr das bundeseigene Gebäude D***** betrifft. Mit dem letzten, mit datierten Nachtrag zum Dienstvertrag wurde das Hausbesorgerentgelt auf 15.966,20 ATS und die Wohnraumbewertung auf 2.007,40 ATS erhöht.

Mit Wirksamkeit vom wurde der Kläger in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis als Beamter übernommen. Die Einreihung erfolgte im Planstellenbereich des Bundesministeriums für Finanzen, Untergliederung Finanzlandesdirektion, auf die Planstelle eines Offizials (Dienstklasse III, Verwendungsgruppe P3 „Beamter in handwerklicher Verwendung“). Die Betätigung war die eines „Heizers und Hausarbeiters“.

Sowohl der Ernennungsbescheid (Beilage ./2) als auch der ihm zugrundeliegende Antrag (Beilage ./3) enthielten den Vermerk „Beilagen“, wobei jeweils (unter anderem) angeführt war: „Standesausweis“. Im Standesausweis (Beilage ./4) war als „Art der Verwendung“ angeführt: „Facharbeiter im erlernten Beruf und Hausbesorger im Amtsgeb.“

Der Kläger wurde von der Beklagten bei der Gebietskrankenkasse zum abgemeldet. Die Abmeldung wurde ihm durch Übermittlung eines Durchschlags bekannt, auf welchem als Abmeldungsgrund „Übern.i.d.öffentl.rechtl.DV.ab “ angegeben war.

Die Tätigkeit des Klägers war vor und nach seiner Pragmatisierung die gleiche. Für seine Hausbesorgertätigkeit bekam er seit eine „Nebentätigkeitsvergütung“. Sein Bezug als Beamter betrug zuletzt 2.146,41 EUR, seine Nebentätigkeitsvergütung für seine Hausbesorgertätigkeit 2.758,58 EUR ohne und 3.232,90 EUR mit Dienstwohnung.

Die Beklagte zog ab vom klägerischen Bezug allmonatlich einen Pensionsbeitrag auf der Basis der (nur) aus Grundbezug und Verwaltungsdienstzulage errechneten Beitragsgrundlage ab. Bezogen auf die unter dem Titel „Nebentätigkeit“ geleisteten Beträge wurde ein Pensionsbeitrag weder abgezogen noch an einen gesetzlichen Sozialversicherungsträger abgeführt.

Das vom Kläger als Hausbesorger zu betreuende Objekt D***** diente (zumindest) überwiegend Amtszwecken im Sinne des § 1 Abs 2 lit d HbG.

Der Kläger realisierte anhand der Gehaltszettel den Begriff Pensionsbeitrag, nicht aber die Tatsache, dass dieser vom beklagen Bund nur vom Beamtenbezug und nicht auch von der „Nebentätigkeitsvergütung“ berechnet wurde. Von sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen hatte er keine Kenntnis und zog er auch keine Erkundigungen ein. Er nahm an, dass auch das Entgelt für die Hausbesorgertätigkeit zu einem Pensionsanspruch führen würde. Dass dies nicht der Fall war, erfuhr er im Verlauf der Monate Oktober und November 2012, als er sich bei seiner Personalvertretung in Richtung Inanspruchnahme der „Hacklerregelung“ im Herbst 2013 erkundigte.

Mit Bescheid vom , Zl. 00302155/014-PA-Wi/2015, stellte das Finanzamt Wien fest, dass dem (hier) Kläger die für seine Nebentätigkeit gemäß § 37 BDG 1979 als Hausbesorger beim Finanzamt ***** [wobei es sich um das Objekt D***** handelt] laufend ausgezahlte Nebentätigkeitsvergütung gemäß § 25 GehG mit Wirkung ab (vorübergehend bis zum Dienstantritt nach der seit bestehenden Dienstunfähigkeit) nicht gebühre. Über Beschwerde des Klägers wurde dieser Bescheid vom BVerwG mit Entscheidung vom , W128 2110501-1/4E, ersatzlos aufgehoben.

Der Abschluss eines „Sondervertrages“ im Sinne des § 36 VBG und eine dahingehende Zustimmung des Bundeskanzlers waren nicht feststellbar.

Der stellte das aus dem Spruch ersichtliche Feststellungsbegehren. Er vertritt die Ansicht, dass er seine Tätigkeit als Hausbesorger auch nach dem einzig und allein auf privatrechtlicher Grundlage ausgeübt habe und damit die Beklagte sozialversicherungsrechtliche Beiträge, insbesondere auch jene zur Pensionsversicherung, abzuführen gehabt hätte. Sein Dienstverhältnis als Hausbesorger sei ein solches nach dem HbG, was sich aus Punkt 15. des Dienstvertrags ergebe, nicht nach dem VBG, weshalb es nicht durch die Pragmatisierung nach § 30 Abs 1 Z 3 VBG geendet habe. Es bestehe mangels Kündigung bis heute fort.

Die beantragte die Abweisung der Klage. Das gesamte Vertragsbedienstetenverhältnis sei zum in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis überführt worden. Weil seither kein dem ASVG unterliegendes Dienstverhältnis mehr bestehe, sei der Kläger anlässlich der Pragmatisierung zu Recht bei der GKK abgemeldet und seien keine auf einem privatrechtlichen Dienstverhältnis beruhende Beiträge mehr entrichtet worden. Nach dem auf das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis anzuwendende Recht seien Pensionsbeiträge allein auf Grundlage des Beamtengehalts, nicht der Nebentätigkeitsvergütung abzuführen gewesen (§ 59 Pensionsgesetz 1965). Im Übrigen erhob die Beklagte einen Mitverschuldens- und einen Verjährungseinwand.

Das gab der Klage statt. Es schloss sich der vom BVerwG in seiner Entscheidung vom , W128 2110501-1/4E, vertretenen Rechtsauffassung an, dass der Kläger nach wie vor in Bezug auf die Hausbesorgertätigkeit in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zum beklagten Bund stehe, folglich für diese Tätigkeit Pensionsversicherungsbeiträge abzuführen gewesen wären. Der Mitverschuldens- und der Verjährungseinwand seien unberechtigt.

Das bestätigte dieses Urteil. Es schloss sich der Beurteilung an, dass die Hausbesorgertätigkeiten des Klägers aufgrund von übereinstimmenden Willenserklärungen der Streitteile vertraglich auf den Bestimmungen des HbG gefußt hätten. Zudem führte das Berufungsgericht ins Treffen, dass der zwischen den Streitparteien seinerzeit geschlossene Vertrag die Voraussetzungen eines Sondervertrags nach § 36 VBG nicht erfülle bzw der Abschluss eines solchen, insbesondere die Unterfertigung des Vertrags durch den Bundeskanzler, nicht feststellbar gewesen sei. Hieraus folgerte das Berufungsgericht, dass die zwischen den Streitteilen betreffend die Hausbesorgertätigkeit des Klägers getroffenen Vereinbarungen, die eine über die Entlohnungsbestimmungen des VBG hinausgehende Entlohnung des Klägers vorgesehen hätten, nicht rechtswirksam Inhalt des Vertragsbedienstetenverhältnisses des Klägers zur Beklagten geworden seien; hinsichtlich der Hausbesorgertätigkeit des Klägers sei losgelöst vom Dienstverhältnis des Klägers als Vertragsbediensteter und vom Geltungsbereich des VBG ein eigener Dienstvertrag geschlossen worden. Da gemäß § 25 Abs 1 GehG dem Beamten eine angemessene Nebentätigkeitsvergütung nur gebühre, soweit die Nebentätigkeit nicht nach anderen bundesgesetzlichen Vorschriften oder – wie hier nach Ansicht des Berufungsgerichts – nach den Bestimmungen eines privatrechtlichen Vertrags zu entlohnen ist, handle es sich bei dem zwischen den Streitteilen für die Hausbesorgertätigkeit vereinbarten Entgelt auch nicht um eine Nebentätigkeitsvergütung im Sinn des § 25 Abs 1 GehG.

Im Übrigen teilte das Berufungsgericht die Ansicht des Erstgerichts hinsichtlich der Verwerfung des Mitverschuldens- und Verjährungseinwands. Es ließ die ordentliche Revision zu einer – näher dargelegten – Frage der Verjährung zu.

Gegen die Berufungsentscheidung richtet sich die Revision der Beklagten mit einem auf Abweisung der Klage gerichteten Abänderungsantrag.

Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, die Revision der Beklagten zurückzuweisen, hilfsweise ihr keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die ordentliche

Revision ist zwecks Klarstellung der Rechtslage zum Verhältnis zwischen § 1 VBG und § 1 HbG zulässig; sie ist auch berechtigt.

1. Gemäß seinem § 1 Abs 1 Satz 1 in der zum Zeitpunkt der Pragmatisierung () des Klägers gültigen Fassung ist das VBG „soweit nicht die Abs 3 bis 5 oder die §§ 2b bis 2d etwas anderes bestimmen, auf Personen anzuwenden, die in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund stehen“. Von den in Abs 1 genannten Ausnahmebestimmungen kommt für den vorliegenden Fall einzig jene des § 1 Abs 3 lit a VBG (in der am geltenden Fassung; heute: § 1 Abs 3 Z 1 VBG) in Betracht. Danach

findet das VBG unter anderem keine Anwendung „auf Personen, deren Dienstverhältnis durch das […] Hausbesorgergesetz, BGBl Nr 16/1970 geregelt ist“.

1.1. Eine solche Ausnahmeregelung enthielt das VBG bereits in seiner Stammfassung (BGBl 1948/86). Danach fand das VBG „auf Personen, deren Dienstverhältnis oder deren Entlohnung durch […] das Bundesgesetz vom , BGBl Nr 878 (Hausbesorgerordnung [im Folgenden: HbO]), geregelt ist“, nicht Anwendung.

Nach der Legaldefinition des § 1 Abs 1 HbO war Hausbesorger, „wer vom Eigentümer (Verwalter) eines Hauses mit der Beaufsichtigung, Wartung und Reinhaltung des Hauses sowie mit sonstigen Besorgungen für das Haus betraut ist“, nicht hingegen – aufgrund der (einzigen), in § 1 Abs 2 HbO vorgesehenen, hier nicht weiter interessierenden Ausnahme – „Personen, die die angeführten Dienstleistungen in einem industriellen oder gewerblichen Zwecken dienenden Hause verrichten […] wenn sie in dieser Tätigkeit der Gewerbeordnung unterstehen“.

1.2. Mit der Novelle BGBl 1957/27 wurde § 1 Abs 2 HbO neu gefasst. Fortan waren vom Geltungsbereich der HbO unter anderem „3. Personen, welche die im Abs 1 bezeichneten Dienstleistungen in einem Gebäude besorgen, das ausschließlich oder überwiegend unmittelbar Amts- oder Betriebszwecken einer Gebietskörperschaft (Bund, Bundesland, Gemeindeverband, Gemeinde) dient und im Eigentum dieser Gebietskörperschaft steht, sofern diese Personen als Angehörige des Amts oder Betriebs in einem Dienstverhältnis zu dieser Gebietskörperschaft stehen“, ausgenommen. Zweck dessen war, Überschneidungen zwischen Vorschriften der HbO und solchen des öffentlichen Dienstrechts zu vermeiden (ErläutRV 32 BlgNR 8. GP 4; vgl auch Ziehensack, VBG § 1 Rz 3).

1.3. Das an die Stelle der HbO tretende HbG (BGBl 1970/16) übernahm – soweit für den vorliegenden Fall von Interesse – die Abgrenzung des personellen Anwendungsbereichs aus der HbO (vgl 9 ObA 215/94). Nach § 1 Abs 1 HbG gelten die Vorschriften des HbG für das privatrechtliche Dienstverhältnis von Hausbesorgern, soweit § 1 Abs 2 HbG nichts anderes bestimmt. Nach § 1 Abs 2 lit d HbG finden die Vorschriften des HbG keine Anwendung auf das Dienstverhältnis von Personen, die Dienste eines Hausbesorgers „in einem Gebäude verrichten, das ausschließlich oder überwiegend unmittelbar Amtszwecken einer Gebietskörperschaft dient, sofern diese Personen in einem Dienstverhältnis zu dieser Gebietskörperschaft stehen“. Den Gesetzesmaterialien zum HbG (ErläutRV 1419 BlgNR 11. GP 11) ist zu entnehmen,

- dass die Formulierung (auch) dieser Ausnahmevorschrift (auch) im Hinblick auf die Abgrenzung durch § 1 Abs 3 lit a [heute: § 1 Abs 3 Z 1] VBG erfolgte;

- dass das seinerzeitige Kriterium „im Eigentum dieser Gebietskörperschaft“ als überflüssig ausgeschieden wurde, da es keinen Unterschied machen kann, ob das betreffende Gebäude im Eigentum der Gebietskörperschaft steht oder von dieser etwa nur gemietet wurde;

- dass Bedienstete des öffentlichen Dienstes „somit, wenn sie Tätigkeiten als Hausbesorger verrichten, dann nicht dem HbG [unterliegen], wenn sie entweder pragmatisiert sind (arg e contrario § 1 Abs 1 des Entwurfes [= § 1 Abs 1 HbG]) oder wenn das Gebäude Amtszwecken jener Gebietskörperschaft dient, oder [...]“;

- dass der Gesetzgeber dazu die „sozialpolitische Überlegung“ hatte, „daß dieses so anzuwendende Dienstrecht in der Regel günstiger ist als die Bestimmungen des HbG“.

1.4. Die Ausnahmebestimmung des § 1 Abs 2 lit d HbG steht unverändert in Geltung.

1.5. Zusammengefasst erfolgte die Formulierung des § 1 Abs 2 lit d HbG bewusst im Hinblick auf die Bestimmung des § 1 Abs 3 lit a [heute: Z 1] VBG. Der Gesetzgeber bezweckt die Vermeidung von Überschneidungen zwischen den Vorschriften der HbO bzw heute des HbG und solchen des öffentlichen Dienstrechts. Dem Ausschluss von Hausbesorgertätigkeiten in Ämtern und dergleichen aus dem Anwendungsbereich des HbG liegt die sozialpolitische Überlegung zugrunde, dass das anzuwendende Dienstrecht in der Regel günstiger ist als die Bestimmungen des HbG.

1.6. Die Tätigkeit des Klägers als Hausbesorger ist demnach nach Wortlaut und Zweck des HbG nicht von diesem erfasst.

2. Das BVerwG begründete seine (in einem Rechtsstreit zwischen dem Finanzamt und dem Kläger ergangenen) Entscheidung vom , W128 2110501-1/4E (= Beilage ./M), damit, dass die Hausbesorgertätigkeit „aufgrund von übereinstimmenden Willenserklärungen vertraglich auf den Bestimmungen des HbG fußt“ und dass die Regelung des § 1 Abs 2 lit d HbG „einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung, die Bestimmungen [des HbG] doch zur Anwendung gelangen zu lassen, nicht entgegensteht“, weshalb das VBG nach seinem § 1 Abs 3 Z 1 [bzw lit a] nicht anzuwenden sei.

2.1. Zunächst ist festzuhalten, dass die aus der Entscheidung ersichtliche Rechtsansicht des BVerwG – wie bereits vom Berufungsgericht zutreffend erkannt – keine Bindungswirkung für den vorliegenden Rechtsstreit hat. Auch bei verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen kann Bindungswirkung allenfalls der Spruch der Entscheidung besitzen (hier also der Umstand, dass der der Entscheidung zugrundeliegende bekämpfte Bescheid aufgehoben wurde), nicht aber die rechtliche Beurteilung (vgl

allgemein RIS-Justiz RS0041357; zur Bindungswirkung eines verwaltungsgerichtlichen Erkenntnisses vgl 1 Ob 127/15f).

2.2. Der Oberste Gerichtshof vermag sich anders als das Berufungsgericht aber auch inhaltlich nicht der referierten Rechtsansicht des BVerwG anzuschließen:

Nach § 1 Abs 3 lit a VBG (in der zum Zeitpunkt der Pragmatisierung gültigen Fassung; heute § 1 Abs 3 Z 1 VBG) ist das VBG nicht anzuwenden, „

auf Personen, deren Dienstverhältnis durch das […] HbG geregelt ist“. Es kommt also auf eine Regelung des Dienstverhältnisses durch das HbG an, nicht darauf, ob im Falle, dass das HbG einen bestimmten Fall nicht erfasst (hier: wegen Erfüllung des Ausnahmetatbestands des § 1 Abs 2 lit d HbG), die Parteien dennoch die Anwendung des HbG vereinbarten. Hier ist das Dienstverhältnis nicht durch das HbG geregelt, sondern bloß durch die Vereinbarung, deren Inhalt im Sinne einer Vertragsschablone das HbG ist (vgl zur Vertragsschablone allgemein Schrammel in Marhold/Burgstaller/Preyer, AngG2 § 6 Rz 2; Radner in Mazal/Risak, Arbeitsrecht I Kap I Rz 5, 125).

Auch wegen des Zwecks der Ausnahmeregelung des § 1 Abs 2 lit d HbG, zu vermeiden, dass es zu Überschneidungen zwischen dem Regelungsregime des HbG und jenem des VBG kommt (ErläutRV 32 BlgNR 8. GP 4), muss der Wortlaut des § 1 Abs 3 lit a [bzw Z 1] VBG, der eine Regelung eines Dienstverhältnisses „durch das HbG“ verlangt, beachtet werden. Den Fall genügen zu lassen, dass Parteien sich durch bloße Vereinbarung dem Regelungsregime des HbG im Sinne einer Vertragsschablone unterwerfen, um eine Nichtanwendbarkeit des VBG anzunehmen, würde zudem dem Grundsatz zuwiderlaufen, dass keine Möglichkeit besteht, Personen, die unter das VBG fallen, durch bloße Vereinbarung aus dessen Anwendungsbereich herauszureklamieren; das VBG kann rechtsgeschäftlich nicht abbedungen werden (Ziehensack, VBG § 1 Rz 20).

3. Aus dem soeben genannten Grund kann im Übrigen der Ansicht des Berufungsgerichts, weil kein Sondervertrag nach § 36 VBG vorliege, sei die zwischen den Streitparteien für die Hausbesorgertätigkeit geschlossene Vereinbarung vom Geltungsbereich des VBG „losgelöst“, nicht gefolgt werden. Das VBG gilt nach seinem § 1 Abs 1 für alle Personen, die in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund stehen, wenn sie nicht unter eine Ausnahmebestimmung fallen. Das VBG bezweckt die Gleichbehandlung all dieser Personen. Gerade die (grundsätzliche) Gleichbehandlung abzusichern ist Ziel des § 36 VBG (vgl Ziehensack, VBG § 36 Rz 1; Thunhart, Sonderverträge im öffentlichen Dienst gemäß § 36 VBG, ZfV 2002, 486 [486]). Die Ansicht, § 36 VBG sei nicht erfüllt und daher der Vertrag „vom Geltungsbereich des VBG losgelöst“, stellt einen Zirkelschluss dar, weil bei Nichtanwendbarkeit des VBG auch keine Verletzung von dessen § 36 angenommen werden könnte. Aus § 36 VBG ist für den Kläger nichts zu gewinnen.

4. Als Zwischenergebnis ist festzuhalten:

Zumal der Kläger 1984 bis 1988 Vertragsbediensteter des Bundes war, wobei er aufgrund der in den Dienstvertrag aufgenommenen Zusatzvereinbarungen auch als Hausbesorger fungierte, und er diese Tätigkeit in einem überwiegend Amtszwecken im Sinne des § 1 Abs 2 lit d HbG dienenden Gebäude, nämlich einem Finanzamt, ausübte, fand auf sein Dienstverhältnis das HbG wegen Erfüllung des Ausnahmetatbestands des § 1 Abs 2 lit d HbG keine Anwendung.

Weil es allein hierauf ankommt und nicht auf die Vereinbarung des HbG im Sinne einer Vertragsschablone, war der Ausnahmetatbestand des § 1 Abs 3 lit a [heute: Z 1] VBG nicht erfüllt. Folglich galt von 1984 bis 1988 für das Dienstverhältnis des Klägers – auch in Bezug auf seine Hausbesorgertätigkeit – zum beklagten Bund das VBG (vgl Brunner/Rath, Ausgewählte Fragen zum Arbeitsrecht der Hausbesorger und Hausbetreuer, ASoK 2004, 253 [254]).

5. Der Kläger wurde mit Wirksamkeit zum in ein öffentlichrechtliches Dienstrechtsverhältnis übernommen, also pragmatisiert (Ziehensack, VBG § 30 Rz 3). Nach der durch die 3. Vertragsbedienstetengesetz-Novelle (BGBl 1961/165; hierzu ErläutRV 429 BlgNR 9. GP 17) eingeführten Bestimmung des § 30

 Abs 1 Z 3 [damals noch: lit c] VBG endet das Dienstverhältnis durch Übernahme des Vertragsbediensteten in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis zum Bund. § 30 VBG lässt „das“, also –  lege non distinguente  – das gesamte Dienstverhältnis eines Vertragsbediensteten, der sich pragmatisieren lässt, enden. Für eine Betrachtung, ob das Dienstverhältnis möglicherweise zwei (oder gar mehr), jeweils eine gewisse Eigenständigkeit aufweisende Bereiche hat und damit der eine Bereich ein anderes rechtliches Schicksal haben könnte als der andere (vgl 4 Ob 168/80; 9 ObA 119/05y; RISJustiz RS0028743), lässt § 30

 Abs 1 Z 3 VBG keinen Raum. Derartiges liefe dem erkennbaren Zweck der Vorschrift des § 30 Abs 1 Z 3 VBG, Rechtsklarheit zu schaffen, zuwider. Die Pragmatisierung ist eine Zäsur.

6. Hiervon ausgehend ist letztlich für den Kläger auch nichts aus der Bestimmung des § 25 Abs 1 Satz 1 GehG zu gewinnen, wonach, soweit die Nebentätigkeit eines Beamten nicht nach anderen bundesgesetzlichen Vorschriften oder den Bestimmungen eines privatrechtlichen Vertrags zu entlohnen ist, dem Beamten eine angemessene Nebentätigkeitsvergütung gebührt. Der 1984 bis 1988 (in Etappen) abgeschlossene privatrechtliche Vertrag des Klägers zum Bund war – wie erörtert – ein solcher nach dem VBG und endete durch die Pragmatisierung in seiner Gesamtheit. Ein neuer privatrechtlicher Vertrag über die Hausbesorgertätigkeit wurde nach dem nicht geschlossen und ist damit hier nicht zu beurteilen.

7. Dem Prozessstandpunkt des Klägers, der beklagte Bund wäre aufgrund eines weiterhin in Bezug auf seine Hausbesorgertätigkeit bestehenden privatrechtlichen Dienstverhältnisses auch nach dem verpflichtet gewesen, sozialversicherungsrechtliche Beiträge, insbesondere jene zur Pensionsversicherung, abzuführen, ist damit die Grundlage entzogen. Die Urteile der Vorinstanzen sind im klagsabweisenden Sinn abzuändern, ohne dass auf die weiteren gegen die Klage erhobenen Einwendungen der Beklagten (Fragen der Schadensminderung und der Verjährung) einzugehen ist.

8. Dass bei der Beamtenpension des Klägers zu Unrecht dessen Tätigkeit als Hausbesorger unberücksichtigt bleibt, hat der Kläger nicht behauptet. Die Festsetzung der Beamtenpension ist im Übrigen keine Angelegenheit im Sinne des § 1 JN und fällt damit nicht in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte.

9. Der Kläger hat nach § 41 ZPO (in Bezug auf die Rechtsmittelverfahren iVm § 50 ZPO) Prozesskostenersatz zu leisten. Gegen die vom beklagten Bund verzeichneten erstinstanzlichen Kosten erhob der Kläger keine Einwendungen. Offenbare Unrichtigkeiten des Kostenverzeichnisses lagen nicht vor. Bei den für die Berufung verzeichneten Kosten war – zugunsten des Klägers – ein der Finanzprokuratur unterlaufener Additionsfehler (richtige Summe: 2.269,60 EUR) zu berücksichtigen.

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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2018:009OBA00127.17T.0130.000

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