OGH vom 19.03.2002, 10ObS203/01b
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Thomas Keppert (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Günther Degold (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Willibald W*****, ohne Beschäftigung, ***** vertreten durch Philipp & Partner Rechtsanwälte und Strafverteidiger OEG in Mattersburg, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, 1092 Wien, Roßauer Lände 3, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Invaliditätspension, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 8 Rs 98/01t-46, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt als Arbeits- und Sozialgericht vom , GZ 17 Cgs 134/97k-41, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:
Spruch
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und in der Sache selbst dahin zu Recht erkannt, dass die Urteile der Vorinstanzen zu lauten haben:
"1. Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, dem Kläger die Invaliditätspension im gesetzlichen Ausmaß ab dem zu gewähren, besteht dem Grunde nach für den Zeitraum vom bis zum zu Recht.
2. Der beklagten Partei wird aufgetragen, dem Kläger vom bis zum bis zur Erlassung des die Höhe der Leistung festsetzenden Bescheides eine vorläufige Zahlung von S 2.500 monatlich zu erbringen, und zwar die bis zur Zustellung dieses Urteils fälligen vorläufigen Zahlungen binnen 14 Tagen, die weiteren jeweils im Nachhinein am Ersten des Folgemonats.
3. Das Mehrbegehren auf Gewährung der Invaliditätspension über den im Punkt 1. genannten Zeitraum vom bis zum hinaus wird abgewiesen."
Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger die mit 294,97 EUR bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin enthalten 94,16 EUR Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Bei dem am geborenen Kläger besteht nach einem am im Rahmen seiner Beschäftigung als Dachdecker erlittenen Arbeitsunfall ein Zustand nach Verletzung des linken Ellennervs in Höhe des Ellbogens mit mehreren Revisionen und Suralistransplantat sowie Neurombildung mit inkompletter Ellennervenparese links. Es bestehen Atrophien der kleinen Handmuskulatur, ein inkompletter Faustschluss, ein Streckdefizit des 4. und 5. Fingers sowie Gefühlsstörungen im autonomen Versorgungsgebiet des linken Ellennervs. Dadurch kommt es zu einer Einschränkung der Fingerfertigkeit sowie der Greif- und Haltefunktion der linken Hand. Der Kläger kann noch leichte, mittelschwere und schwere Arbeiten verrichten, wobei jedoch Arbeiten an höhenexponierten Stellen mit Absturzgefahr - ausgenommen einige Sprossen einer Zimmerleiter - dem Kläger nicht mehr zumutbar sind. Da die Halte- und Greiffunktion der linken Hand beeinträchtigt ist, kann der Kläger diese Hand nur mehr als Hilfshand einsetzen. Der Kläger ist einordenbar, unterweisbar und umschulbar. Dieser Zustand besteht im Wesentlichen seit Antragstellung und wird sich in der Zukunft nicht wesentlich bessern. Der Kläger hat den Beruf eines Dachdeckers erlernt und war in den in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag () erworbenen 72 Beitragsmonaten der Pflichtversicherung nach dem ASVG in 53 Beitragsmonaten als Dachdecker beschäftigt. Von einem Dachdecker werden mittelschwere Arbeiten im Gehen und Stehen an exponierten Stellen (Dächern, Gerüsten, Leitern) sowie Arbeiten im Freien unter Witterungseinflüssen, in gebückter Körperhaltung und eine vollständig erhaltene Halte- und Greiffunktion beider Hände gefordert. Der Kläger ist aufgrund seines medizinischen Leistungskalküls nicht mehr in der Lage, die Tätigkeit eines Dachdeckers zu verrichten. Auch Spezialisierungen im Rahmen des Berufes eines Dachdeckers sind dem Kläger nicht mehr möglich. Der Lehrberuf eines Dachdeckers hat keine verwandten Lehrberufe. Auch eine Schulung für Aufstiegsmöglichkeiten ist nicht sinnvoll, weil bei den geforderten Tätigkeiten das Leistungskalkül des Klägers überschritten wird.
Die beklagte Partei lehnte mit Bescheid vom den Antrag des Klägers vom auf Gewährung der Invaliditätspension mit der Begründung ab, die Pension aus den Versicherungsfällen der geminderten Arbeitsfähigkeit falle erst dann an, wenn durch die Rehabilitationsmaßnahmen die Wiedereingliederung des Versicherten in das Berufsleben nicht bewirkt werden könne. Da jedoch beim Kläger durch Rehabilitationsmaßnahmen die Wiedereingliederung in das Berufsleben bewirkt werden könnte, bestehe für die Dauer der Weigerung kein Pensionsanspruch.
Dagegen erhob der Kläger rechtzeitig Klage mit dem eingeschränkten Begehren, die beklagte Partei sei schuldig, dem Kläger "die Invaliditätspension im gesetzlichen Ausmaß ab dem Stichtag - abgesehen von dem Zeitraum, für den dem Kläger das Übergangsgeld zuerkannt und auch tatsächlich ausbezahlt worden sei - zu gewähren". Der Kläger habe sich nicht geweigert, an Rehabilitationsmaßnahmen teilzunehmen. Er sei bisher allen Vorladungsterminen zu Untersuchungen oder Besprechungen nachgekommen. Im Rahmen der Rehabilitationsmaßnahmen sei die Eignung des Klägers zum bautechnischen Zeichner überprüft worden. Dabei habe sich herausgestellt, dass die entsprechenden Testergebnisse beim Kläger unterdurchschnittlich gewesen seien, weshalb dieses Ausbildungsziel nicht mehr weiter verfolgt worden sei. Es lägen daher die Voraussetzungen für die Gewährung der Invaliditätspension vor. Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein: Im Rahmen einer Teamberatung am sei dem Kläger über dessen Wunsch die Möglichkeit eingeräumt worden, eine Anstellung als Verkaufsberater zu suchen, um mittels Dienstgeberzuschuss während der Einschulungszeit die beantragte Umschulung zu gewährleisten. Da der Kläger bisher keine Stelle angenommen habe, habe eine derartige Rehabilitationsmaßnahme nicht beginnen können. Es werde jedoch im Mai 1998 ein weiteres Teamgespräch stattfinden, bei welchem dem Kläger konkrete Rehabilitationsmaßnahmen angeboten werden. Eine konkrete berufliche Rehabilitation des Klägers sei bisher aus nicht von der beklagten Partei zu verantwortenden Gründen unterblieben. Vor Schluss der mündlichen Verhandlung brachte die beklagte Partei noch vor, dass der Kläger durch Schulungsmaßnahmen die Kenntnisse und Fähigkeiten eines Lagerangestellten erwerben könne und sie regte daher die anstaltsinterne Überprüfung dieser Schulungsmaßnahme an. Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, dem Kläger ab "mit Ausnahme der Zeiten der Gewährung von Maßnahmen der Rehabilitation und des für diese Zeiten gewährten Übergangsgeldes und mit Ausnahme der Zeiten der zu Recht erfolgten Versagung von Übergangsgeld" die Invaliditätspension im gesetzlichen Ausmaß zu gewähren. Es stellte noch fest, dass der Kläger bis zum im Rahmen der Rehabilitation nach 200 Stunden zu einer Lagerfachkraft ausgebildet wurde und seither einen Arbeitsplatz als Lagerfachkraft nicht erhalten hat. Es steht nicht fest, dass er als Lagerangestellter, zu dem er noch auszubilden wäre, innerhalb von sechs Monaten einen entsprechenden Arbeitsplatz erhalten wird. Sowohl der Beruf einer Lagerfachkraft als auch der Beruf eines Lagerangestellten, dessen Kenntnisse und Fähigkeiten sich der Kläger in sechs Monaten zusätzlicher Ausbildung erwerben könnte, haben mit dem Beruf eines Dachdeckers nichts zu tun. Der Kläger könnte weder seine praktischen Fähigkeiten noch seine theoretischen Kenntnisse eines Dachdeckers in diesen Berufen - mit Ausnahme der Kenntnisse über die Lagerhaltung eines Dachdeckers - verwerten. Ein Dachdecker würde sich daher bei der Tätigkeit als Lagerfachkraft oder als Lagerangestellter seinen Berufsschutz nicht erhalten. Zur Zeit werden dem Kläger keinerlei Rehabilitationsmaßnahmen gewährt. Die Beklagte gewährte dem Kläger mit Bescheid vom für den Zeitraum vom bis Rehabilitationsmaßnahmen und das dafür gebührende Übergangsgeld im gesetzlichen Ausmaß. Mit rechtskräftigem Urteil des Erstgerichtes vom , GZ 17 Cgs 104/99a-22, wurde die beklagte Partei verpflichtet, dem Kläger auch über den hinaus bis zum das Übergangsgeld im gesetzlichen Ausmaß für die bis geplante Rehabilitationsmaßnahme zu gewähren.
Das Erstgericht beurteilte den festgestellten Sachverhalt rechtlich dahin, dass der Kläger seit als invalid im Sinn des § 255 Abs 1 ASVG gelte, weil ihm die Ausübung seines erlernten und überwiegend ausgeübten Berufes seit diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich sei. Der Kläger erfülle damit alle Voraussetzungen für die Gewährung der Invaliditätspension nach § 255 Abs 1 ASVG. Die Tatsache, dass der Kläger innerhalb von fünf Wochen und insgesamt innerhalb von 200 Stunden zu einer Lagerfachkraft ausgebildet worden sei, zeige, dass dabei keine besonders hohe Qualifikation erreicht worden sei. Auch die Möglichkeit einer zusätzlichen Ausbildung in der Dauer von sechs Monaten zum Lagerangestellten erreiche allein schon aufgrund der Dauer der Ausbildung nicht das in einem Lehrberuf geforderte Niveau an Kenntnissen und Fähigkeiten. Die bisher erfolgten Rehabilitationsmaßnahmen und die von der beklagten Partei ins Auge gefasste Rehabilitationsmaßnahme zur Ausbildung des Klägers zu einem Lagerangestellten stellten keine zumutbaren Rehabilitationsmaßnahmen dar. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Kläger seit nunmehr sechs Monaten einen Arbeitsplatz als Lagerfachkraft nicht erhalten habe und dass nicht feststehe, dass der Kläger mit der Ausbildung zum Lagerangestellten einen entsprechenden Arbeitsplatz innerhalb von sechs Monaten erhalten werde, sei das Erstgericht der Ansicht, dass durch die ins Auge gefasste Rehabilitationsmaßnahme die Wiedereingliederung des Klägers in das Berufsleben nicht bewirkt werden könne.
Über Berufung der beklagten Partei hob das Berufungsgericht das Ersturteil auf und verwies die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Das Berufungsgericht ging bei seiner Entscheidung zunächst davon aus, dass der Kläger Berufsschutz als gelernter Dachdecker im Sinn des § 255 Abs 1 ASVG genieße, weil er nach den insoweit unbekämpften Feststellungen in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag überwiegend als Dachdecker beschäftigt gewesen sei.
Zum Vorbringen der beklagten Partei, wonach der Kläger die Qualifikation für den Beruf eines Lagerangestellten in einem Zeitraum von sechs Monaten zusätzlicher Ausbildung erwerben könnte, verwies das Berufungsgericht auf die Ausführungen des Obersten Gerichtshofes in der Entscheidung 10 ObS 314/99w vom , wonach es für die Frage des Pensionsfalls nach Gewährung von Maßnahmen der Rehabilitation im Sinn des § 86 Abs 3 Z 2 letzter Satz ASVG lediglich entscheidend sei, ob der Versicherte nach erfolgreicher Rehabilitation wieder imstande sei, seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit oder eine andere Tätigkeit, die derselben Berufsgruppe zuzurechnen sei, weil sie eine ähnliche Ausbildung und gleichwertige Kenntnisse und Fähigkeiten verlange, zu verrichten. Die fehlende Nachfrage nach Arbeit falle nur in den Risikobereich der Arbeitslosenversicherung, nicht aber in jenen der Pensionsversicherung.
In einer weiteren Entscheidung vom , 10 ObS 49/00d, habe der Oberste Gerichtshof dargelegt, dass die Rehabilitation nicht notwendigerweise an den bisherigen Beruf anknüpfe. Die beruflichen Maßnahmen der Rehabilitation ermöglichten dem Versicherten vielmehr auch die Ausbildung für eine neue berufliche Tätigkeit. Es könne daher im Rahmen der beruflichen Rehabilitation über den Umfang einer Nachschulung hinaus grundsätzlich auch zu einer Umschulung eines überwiegend in erlernten Berufen tätigen gewesenen Versicherten auf einen anderen vergleichbar qualifizierten Beruf mit anderer Ausbildung und anderen zur Ausübung erforderlichen Kenntnissen und Fähigkeiten kommen. Bei der jeweils unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu beurteilenden Frage der Zumutbarkeit einer beruflichen Rehabilitationsmaßnahme werde die Ausbildung und die bisherige Tätigkeit des Versicherten, ein bestehender Berufsschutz sowie Inhalt und Dauer der ins Auge gefassten Rehabilitationsmaßnahme eine wesentliche Rolle spielen. Es bestehe kein Anspruch des Versicherten auf eine bestimmte Rehabilitationsmaßnahme, sondern der Versicherungsträger müsse eine angemessene Rehabilitationsmaßnahme gewähren. Auch Arbeitsmarktprognosen seien bei der Zumutbarkeitsfrage mitzuberücksichtigen. So würde beispielsweise eine bloße Risikoumverteilung auf die Arbeitslosenversicherung dem gesetzlichen Auftrag nicht gerecht werden.
Es lasse sich zwar dieser zuletzt zitierten Entscheidung ein Abgehen von der früher zitierten Entscheidung, wonach die konkrete Erlangung eines Arbeitsplatzes nicht Voraussetzung für eine erfolgreiche Rehabilitation sei, nicht entnehmen, doch sei jedenfalls dann, wenn von vornherein die Arbeitsmarktprognosen so schlecht seien, dass keine realistische Chance bestehe, einen Arbeitsplatz in dem Beruf zu erlangen, auf den die Umschulung im Rahmen der beruflichen Rehabilitation erfolgt sei, diese Rehabilitationsmaßnahme als unzumutbar anzusehen.
Im vorliegenden Fall lasse sich den Feststellungen des Erstgerichtes zwar entnehmen, dass "nicht feststehe", dass der Kläger innerhalb von sechs Monaten einen Arbeitsplatz als Lagerangestellter erhalten werde. Es sei jedoch im Hinblick auf die vorzitierte Entscheidung des Obersten Gerichtshofes eine entsprechende Prognose, ob überhaupt und bejahendenfalls innerhalb welchen Zeitraums der Kläger realistischerweise mit der Erlangung eines Arbeitsplatzes rechnen könnte, erforderlich. Überdies sei es notwendig, darzulegen, in welchem Ausmaß der Kläger in seinem Beruf als Dachdecker erworbenes Wissen über Lagerhaltung in die Ausbildung als Lagerangestellter einbringen könne, vor allem aber auch, wie sich die Einkommensituation des Lagerangestellten gegenüber jener des Dachdeckers mit der Qualifikation des Klägers darstelle. Erst nach Vorliegen dieser ergänzenden Feststellungen könne abschließend beurteilt werden, ob die von der beklagten Partei in Aussicht genommene Umschulung des Klägers als Lagerangestellter zumutbar sei. Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil der bisherigen Rechtsprechung nicht mit Sicherheit entnommen werden könne, ob die Voraussetzung des "vergleichbar qualifizierten" Berufes nur dann erfüllt sei, wenn die Umschulung ein zeitlich ähnliches Ausmaß wie die Erlernung des bisher ausgeübten Berufes (unter Berücksichtigung allenfalls bereits vorhandener Kenntnisse und Fähigkeiten) erfordere oder ob es primär auf die Verdienstmöglichkeiten und die Wertigkeit des bisher ausgeübten Berufes einerseits und des Berufes, in den die Umschulung erfolge, in den Augen der Bevölkerung ankomme.
Gegen diesen Aufhebungsbeschluss richtet sich der auf den Rechtsmittelgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Rekurs des Klägers mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss des Berufungsgerichtes aufzuheben und in der Sache selbst das Ersturteil wieder herzustellen. Hilfsweise werden weitere Aufhebungsanträge gestellt.
Die beklagte Partei hat sich am Rechtsmittelverfahren nicht beteiligt.
Der Rekurs ist berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Der Kläger macht in seinen Rechtsmittelausführungen im Wesentlichen geltend, die beklagte Partei hätte bereits aufgrund seines Pensionsantrages vom sowohl die Invalidität als auch die Sinnhaftigkeit der Rehabilitation prüfen und beurteilen müssen, ob aufgrund der Dauer und des Umfanges der Ausbildung des Klägers, der von ihm bisher ausgeübten Tätigkeit und seines Alters das Rehabilitationsziel überhaupt erreichbar sei. Die Feststellungen des Erstgerichtes seien dahin zu beurteilen, dass das Rehabilitationsziel beim Kläger nicht erreicht werden könne. Die von der beklagten Partei erstmals in der Tagsatzung am ins Auge gefasste Umschulung des Klägers zum Lagerangestellten sei dem Kläger aufgrund des seit der Einbringung seines Pensionsantrages verstrichenen Zeitraumes von mehr als vier Jahren unzumutbar. Der Kläger habe daher Anspruch auf die von ihm begehrte Invaliditätspension. Diesen Ausführungen kommt Berechtigung zu.
Wie der erkennende Senat bereits in den Entscheidungen 10 ObS 314/99w (= SSV-NF 14/2 ua) und 10 ObS 49/00d (= DRdA 2001/7 [Naderhirn] = ZAS 2002/3 [Karl] ua) unter Darstellung des Schrifttums dargelegt hat, wurde mit den auch hier bereits anzuwendenden Bestimmungen des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl 201, im Bereich der Versicherungsfälle der geminderten Arbeitsfähigkeit bzw der Erwerbsunfähigkeit der Grundsatz "Rehabilitation vor Pension" im österreichischen Sozialversicherungsrecht verankert. Danach ist seither ein Antrag auf eine Pension aus einem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit gemäß § 361 Abs 1 letzter Satz ASVG gleichzeitig als Antrag auf Rehabilitation zu werten. Das Erfordernis der Zustimmung des Versicherten zur Einleitung von Rehabilitationsmaßnahmen ist mit Einführung des Grundsatzes "Rehabilitation vor Pension" aufgehoben worden. Dem Versicherten, der einen Antrag auf Pension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit stellt, wird sein Rehabilitationswille somit kraft Gesetzes aufoktroyiert. Er hat zwar die Möglichkeit, die Rehabilitationsmaßnahmen zu verweigern, ohne dass der Sozialversicherungsträger unmittelbaren Zwang auf ihn ausüben kann, mittelbar besteht ein entsprechender Zwang aber über die an eine solche Verweigerung geknüpften Konsequenzen in der Leistungsgewährung. Für die Dauer der Gewährung von Rehabilitationsmaßnahmen besteht kein Anspruch auf eine Pension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit (§ 307 ASVG). Es gebührt vielmehr das Übergangsgeld, das seiner Höhe nach aber der Pension entspricht (§ 306 ASVG). Entzieht sich der Behinderte den Rehabilitationsmaßnahmen oder vereitelt oder gefährdet er durch sein Verhalten ihren Zweck, so ist das Übergangsgeld zu versagen (§ 307b ASVG). Die den Verlust des Übergangsgeldes anordnende Bestimmung des § 307b ASVG stellt auch nicht darauf ab, ob der Versicherte auf die Folgen seines Verhaltens ausdrücklich hingewiesen worden ist. Eine besondere Versagung der Pension als Folge der Verweigerung von Rehabilitationsmaßnahmen ist demgegenüber nicht ausdrücklich vorgesehen. Dies bedeutet aber nicht, dass der Versicherte trotz einer Vereitelung der Rehabilitation Anspruch auf Pension hat. Könnte nämlich die Arbeitsfähigkeit des Versicherten beispielsweise durch eine zumutbare Heilbehandlung so verbessert werden, dass ihm die Ausübung einer Erwerbstätigkeit möglich wird, trifft den Versicherten nach ständiger Rechtsprechung eine entsprechende Mitwirkungspflicht. Der Versicherte hat es daher nicht in der Hand, durch Vereitelung der Rehabilitation seine Wiedereingliederung in das Berufsleben auszuschließen und damit den Anfall der Pension zu erreichen. Werden einem Versicherten zumutbare Rehabilitationsmaßnahmen gewährt, so fällt die Pension wegen geminderter Arbeitsfähigkeit, auf die der Versicherte zwar einen Anspruch hat, wenn er alle Voraussetzungen erfüllt, nach § 86 Abs 3 Z 2 letzter Satz ASVG erst dann an, wenn durch die Rehabilitationsmaßnahme die Wiedereingliederung des Versicherten in das Berufsleben nicht bewirkt werden kann. Voraussetzung für den Anfall der Pension ist somit, dass die dem Versicherten gewährten Rehabilitationsmaßnahmen die Wiedereingliederung nicht bewirken können. Geht das Nicht-Bewirken der Wiedereingliederung auf die Vereitelung zumutbarer Rehabilitationsmaßnahmen zurück, wird der Pensionsanfall nicht ausgelöst. Entzieht sich der Versicherte den Rehabilitationsmaßnahmen, kann die Pension somit nicht anfallen (Karl aaO 23).
Auch im Falle von befristet zuerkannten Pensionen gelangt man auf der Grundlage von § 86 Abs 3 Z 2 letzter Satz ASVG zum Ergebnis, dass dem Versicherten, der zumutbare Rehabilitationsmaßnahmen vereitelt, die Pension nicht länger zu leisten ist. Seit dem Strukturanpassungsgesetz 1996 sind Pensionen aus den Versicherungsfällen der geminderten Arbeitsfähigkeit grundsätzlich befristet für die Dauer von längstens 24 Monaten zuzuerkennen (§ 256 ASVG). Besteht nach Ablauf der Frist die Invalidität bzw Berufsunfähigkeit weiter, so ist die Pension auf Antrag für jeweils längstens 24 weitere Monate zuzuerkennen. Im Sinne einer gerechten und effizienten Umsetzung des Grundsatzes "Rehabilitation vor Pension" muss auch dieser Antrag auf Weitergewährung der Pension als Antrag auf Leistung von Rehabilitation gewertet werden. Gleichgültig, ob aufgrund eines "gewöhnlichen" Pensionsantrags oder eines Antrags auf Weitergewährung der befristeten Pension festgestellt wird, dass Invalidität bzw Berufsunfähigkeit zwar (nach wie vor) vorliegt, dem Versicherten aber Maßnahmen der Rehabilitation zu gewähren sind, fällt die Pension gemäß § 86 Abs 3 Z 2 letzter Satz ASVG immer erst dann an, wenn durch die Rehabilitationsmaßnahmen - und nicht durch ihre Vereitelung - die Wiedereingliederung nicht bewirkt werden kann (Karl aaO).
Der Versicherungsträger hat somit aufgrund eines Antrages auf Invaliditätspension, der gleichzeitig als Antrag auf Rehabilitation zu werten ist, sowohl die Invalidität zum Stichtag als auch die Sinnhaftigkeit der Rehabilitation zu prüfen. Dabei hat er unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfanges der Ausbildung des Versicherten sowie der von ihm bisher ausgeübten Tätigkeit, aber auch seines Alters, zu beurteilen, ob das Rehabilitationsziel überhaupt erreichbar ist. Kommt der Versicherungsträger zu dem Ergebnis, dass er Rehabilitationsmaßnahmen gewährt, hat er bei Vorliegen der Invalidität den Anspruch auf Pension jedenfalls nur für 24 Monate anzuerkennen, gleichzeitig aber auch auszusprechen, dass die Invaliditätspension wegen Gewährung von Maßnahmen der Rehabilitation vorläufig nicht anfällt (DRdA 2001/7 [Naderhirn] = ZAS 2002/3 [Karl]; Gründler, Die Pension3 128).
Im vorliegenden Fall erfüllte der Kläger zum Stichtag die Voraussetzungen für die Gewährung der Invaliditätspension nach § 255 Abs 1 ASVG, weil er nach den Feststellungen in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag überwiegend in seinem erlernten Beruf als Dachdecker beschäftigt war und er aufgrund seines medizinischen Leistungskalküls nicht mehr in der Lage ist, diese Tätigkeit oder eine andere noch in Betracht kommende Verweisungstätigkeit zu verrichten. Der Kläger hatte somit im Sinne der dargelegten Ausführungen grundsätzlich Anspruch auf Gewährung der Invaliditätspension ab dem Stichtag .
Nach der bereits zitierten Bestimmung des § 86 Abs 3 Z 2 letzter ASVG fällt die Invaliditätspension, wenn dem Versicherten zumutbare medizinische oder berufliche Maßnahmen der Rehabilitation gewährt werden, erst dann an, wenn durch die Rehabilitationsmaßnahmen die Wiedereingliederung des Versicherten in das Berufsleben nicht bewirkt werden kann. Die beklagte Partei lehnte mit dem angefochtenen Bescheid vom den Pensionsantrag des Klägers mit der Begründung ab, dass durch die Verweigerung von Rehabilitationsmaßnahmen durch den Kläger dessen Wiedereingliederung in das Berufsleben nicht bewirkt werden könne. Es wurde bereits näher dargelegt, dass die Pension nicht anfällt, wenn sich der Versicherte in Verletzung seiner Mitwirkungspflicht zumutbaren Rehabilitationsmaßnahmen entzieht. Nach ständiger Rechtsprechung führt nur eine schuldhafte, also eine zumindest leicht fahrlässige Verletzung der Duldungs- oder Mitwirkungspflicht des Versicherten zum Verlust des Anspruches (SSV-NF 7/8, 6/14 ua), wobei die Behauptungs- und Beweislast für eine Verletzung dieser Mitwirkungspflicht durch den Versicherten den beklagten Versicherungsträger trifft. Die beklagte Partei hat jedoch zu einer angeblichen Vereitelung zumutbarer Rehabilitationsmaßnahmen durch den Kläger, wie sie im angefochtenen Bescheid vom behauptet wird, überhaupt kein Prozessvorbringen erstattet. Sie hat in ihrem Schriftsatz vom (ON 13) lediglich vorgebracht, dass dem Kläger im Rahmen einer Teamberatung am über dessen Wunsch die Möglichkeit eingeräumt worden sei, eine Anstellung als Verkaufsberater zu suchen, um mittels Dienstgeberzuschusses während der Einschulungszeit die beantragte Umschulung zu gewährleisten. Da der Kläger bisher keine Stelle angenommen habe, habe eine derartige Rehabilitationsmaßnahme nicht beginnen können. Abgesehen davon, dass sich dieses Vorbringen der beklagten Partei auf erst nach der Erlassung des angefochtenen Bescheides liegende Umstände bezieht, hat die beklagte Partei auch in diesem Vorbringen nicht behauptet, dass den Kläger am Nichteingehen eines Arbeitsverhältnisses ein Verschulden treffe. Ein den Nichtanfall der Pension rechtfertigendes Verschulden könnte jedoch nur angenommen werden, wenn der Kläger ein mögliches Arbeitsverhältnis nicht eingegangen wäre oder gar nicht versucht hätte, einen Arbeitsplatz zu finden, obwohl ihm dies möglich gewesen wäre.
Im Übrigen wurde von der beklagten Partei auch gar nicht vorgebracht, dass dem Kläger vor Erlassung des angefochtenen Bescheides eine konkrete Rehabilitationsmaßnahme gewährt (bzw zumindest angeboten und vom Kläger abgelehnt) worden sei. Dieser Umstand wäre jedoch Voraussetzung dafür, dass beim Kläger trotz Erfüllung der Voraussetzungen für die Gewährung der beantragten Invaliditätspension diese Pension nicht anfällt. Auch in der Tagsatzung vom wurde dem Kläger von der beklagten Partei keine konkrete Rehabilitationsmaßnahme angeboten, sondern es wurde lediglich die anstaltsinterne Überprüfung von Maßnahmen zur Umschulung des Klägers auf den Beruf eines Lagerangestellten angeregt. Es erübrigt sich somit im vorliegenden Fall ein Eingehen auf die Frage, ob sich das gerichtliche Verfahren nicht allein auf die Überprüfung der Zumutbarkeit von im Anstaltsverfahren angebotenen Rehabilitationsmaßnahmen zu beschränken hat.
Es ist daher entgegen der von der beklagten Partei im angefochtenen Bescheid vertretenen Rechtsansicht nicht davon auszugehen, dass der Kläger Rehabilitationsmaßnahmen vereitelt und dadurch einen Nichtanfall seiner Pension zum Stichtag bewirkt hat, weshalb dem Kläger grundsätzlich die begehrte Leistung ab diesem Tag zusteht. Die Invaliditätspension gebührt nach § 256 Abs 1 ASVG längstens für die Dauer von 24 Monaten ab dem Stichtag. Besteht nach Ablauf der Befristung Invalidität weiter, so ist die Pension jeweils für die Dauer von längstens 24 Monaten weiter zuzuerkennen, sofern die Weitergewährung der Pension spätestens innerhalb von drei Monaten nach deren Wegfall beantragt wurde. Im vorliegenden Fall ist Stichtag der , sodass bei Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz am die Zweijahresfrist des § 256 Abs 1 ASVG bereits längst abgelaufen war. In diesem Fall verlängert sich die Befristung jeweils um weitere Zweijahresfristen, sodass der Anspruch des Klägers auf Invaliditätspension grundsätzlich für den Zeitraum vom bis zum zu Recht besteht (vgl auch 10 ObS 160/01d). Nach Ablauf dieser Frist wird über entsprechenden Antrag des Klägers auf Weitergewährung der Invaliditätspension, welcher ebenfalls als Antrag auf Rehabilitation zu werten ist, zu prüfen sein, ob insbesondere im Hinblick auf mittlerweile durchgeführte Rehabilitationsmaßnahmen Invalidität des Klägers weiterhin vorliegt. Nach § 307 ASVG besteht für die Dauer der Gewährung von Maßnahmen der Rehabilitation kein Anspruch auf eine Leistung aus einem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit, ausgenommen der Anspruch auf Knappschaftspension. Der Lebensunterhalt des Rehabilitanden ist für die Dauer der Gewährung von Maßnahmen der Rehabilitation entweder durch das Übergangsgeld (§ 306 ASVG) oder in den Fällen der sozialen Rehabilitation durch den Arbeitsverdienst gesichert. Besteht aber im Zeitpunkt der Gewährung der Rehabilitationsmaßnahmen bereits ein Anspruch auf eine Pension aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit, wird dieser Anspruch durch die Gewährung der Rehabilitation nicht berührt. Die Pension soll den Lebensunterhalt in gleicher Weise garantieren, wie dies vor Einleitung der Rehabilitationsmaßnahmen der Fall war. Dem entsprechend besteht für Pensionisten auch kein Anspruch auf Übergangsgeld (vgl Teschner/Widlar, MGA ASVG 71. ErgLfg Anm 1 zu § 307).
Die Beklagte gewährte dem Kläger mit rechtskräftigem Bescheid vom für den Zeitraum vom bis Rehabilitationsmaßnahmen und das dafür gebührende Übergangsgeld im gesetzlichen Ausmaß. Mit rechtskräftigem Urteil des Erstgerichtes vom , GZ 17 Cgs 104/99a-22, wurde die beklagte Partei verpflichtet, dem Kläger auch über den hinaus bis zum das Übergangsgeld im gesetzlichen Ausmaß zu gewähren. Das auf die Gewährung des Übergangsgeldes auch für den Zeitraum vom bis gerichtete Mehrbegehren wurde abgewiesen. Im Hinblick auf dieses Ergebnis des Vorverfahrens erkannte das Erstgericht die beklagte Partei im gegenständlichen Verfahren schuldig, dem Kläger ab "mit Ausnahme der Zeiten der Gewährung von Maßnahmen der Rehabilitation und des für diese Zeiten gewährten Übergangsgeldes und mit Ausnahme der Zeiten der zu Recht erfolgten Versagung von Übergangsgeld" die Invaliditätspension im gesetzlichen Ausmaß zu gewähren. Ausgehend von dieser vom Kläger unbekämpft gebliebenen Entscheidung des Erstgerichtes erweist sich das Klagebegehren unter Berücksichtigung der Ausführungen über die notwendige Befristung des Pensionsanspruches daher für den Zeitraum vom bis als berechtigt, weshalb der beklagten Partei unter sinngemäßer Anwendung des § 273 Abs 1 ZPO auch die Erbringung einer vorläufigen Zahlung für diesen Zeitraum aufzutragen war. Das über den genannten Zeitraum hinausgehende Mehrbegehren war hingegen abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a) ASGG.